‚Alte Rollenbilder belasten heutige Beziehungen’
Erstellt von Hans-Georg Nelles am 10. Januar 2010
Die nach wie vor unausgewogene Aufgabenverteilung zwischen Mann und Frau bei Haushalt und Kinderbetreuung ist Hauptgrund für die Unzufriedenheit in Paarbeziehungen und sogar „Beziehungskiller Nummer eins“. Darauf wies der Wiener Theologe, Psychotherapeut und Geschlechterforscher Erich Lehner am Schlusstag der diesjährigen Pastoraltagung zum Thema „Beziehung leben zwischen Ideal und Wirklichkeit“ in Salzburg hin.
Das überkommene Beziehungsmodell, wonach der Mann Familienernährer, seine Partnerin Hausfrau und „Teilzeitzuarbeiterin“ ist, sei nach wie vor „eingegraben in gesellschaftliche Strukturen“ und enge individuelle Lebensgestaltungsmöglichkeiten stark ein, so Lehner. Diese Strukturen gelte es in Gesellschaft und Kirche zu überwinden, um Beziehungen leichter glücken zu lassen.
Als veränderungshemmend zeigte der an der Universität Klagenfurt lehrende Geschlechterforscher etwa die vorfindliche Arbeitswelt auf, die von „verfügbaren Männern“ ausgehe; ähnlich hemme, dass im Bereich der Bildung das Üben der Schulkinder in den familiären Bereich verwiesen werde, aber auch ein traditionelles Mutterbild, das die alleinige Versorgung der Kleinkinder durch die Mutter als entscheidend für deren gesunde Entwicklung postuliere.
Studien würden demgegenüber klar aufzeigen, dass die zusätzliche Präsenz des Vaters den Start eines Kindes ins Leben deutlich erleichtere. Wenn Mutter, Vater und Kind eine Dreiecksbeziehung („Triade“) ermöglicht werde, erlangten die Kinder eine höhere kognitive und soziale Kompetenz, erklärte Lehner.
Der Wissenschaftler zeigte anhand aktueller Studien auf, dass in Österreich partnerschaftlich gestaltete Beziehungen im Sinne von „halbe-halbe“ eine „extrem seltene“ Lebensform darstellen. Die zwei Millionen österreichischen Paare teilen sich die Hausarbeit im Durchschnitt wie folgt auf: Bei 57 % der Paare ist allein die Frau zuständig, bei 28 % sind es beide Partner, in 12 % hilft der Frau eine dritte Person. Auch wenn beide Partner voll berufstätig sind, ändert sich diese Verteilung nur unwesentlich zugunsten der Frauen. Im Blick auf die Kinderbetreuung ist in 36 % der Paare die Mutter alleinverantwortlich, 54 % teilen sich die Verantwortung – wobei Väter mehr spielen als sich um den Haushalt zu kümmern.
Von den Frauen geäußerte Unzufriedenheit mit dieser Aufgabenverteilung würden von ihren männlichen Partnern oft so lange „überhört“, bis die Frauen nur mehr in einer Trennung die Chance auf Verbesserung sehen. „Die Männer sind oft erst dann veränderungsbereit, wenn es schon zu spät ist“, sagte Lehner. Für das Gelingen von Partnerschaften seien Status, Sexappeal und sogar Liebe weniger wichtig als Kompetenz bei der Konfliktlösungen und Stressbewältigung.
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