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lebe deinen Traum!

Archiv für September, 2022

… die meisten erkennen mittlerweile den Mehrwert dieses Ansatzes

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 29. September 2022

Interview mit Gregor Keiner

Du bist schon lange in der Geburtsvorbereitung für Väter tätig. Wie war der Blick darauf, als du mit dieser Arbeit begonnen hast?

Ja, ich habe damit angefangen 2004. Also das ist jetzt wirklich 18 Jahre her. Das heißt, die Geburtsvorbereitung ist jetzt endlich volljährig. Wir haben damals ein Projekt gestartet, noch mit Martin Verlinden im Sozialpädagogischen Institut. Es gab schon ein bisschen Geburtsvorbereitung für Väter, die war unstrukturiert, noch nicht wirklich aufgearbeitet, auch nicht evaluiert. Und salopp würde ich jetzt sagen, dass man die Väter in der Regel davon überzeugen musste, an diesen Stunden teilzunehmen, weil die selber wenig davon gehört hatten, und wenig Ideen hatten im Zusammenhang mit der Geburtsvorbereitung. Die war und ist weiblich konnotiert und die Väter kamen da überhaupt nicht vor.

Die Väter konnten dann in der Regel mit dem Angebot super viel anfangen, waren im Nachhinein sehr überrascht, fanden das toll, waren aber sozusagen von der Erwartungshaltung mehr auf so technische Dinge eingestellt, die eine Geburt mitbringt: wie atmen, Stellungen einnehmen, Frau unterstützen, das war so der Fokus. Und die eigenen Themen, die eine Rolle spielten, waren selten Gegenstand. Es waren eher die Erwartungsfragen, die wir damals an die Väter gerichtet haben. Im Nachhinein war das Feedback aber häufig so, dass da der Wunsch geäußert wurde, sich mehr unter Vätern zu treffen, dass der Fokus auf die eigene Befindlichkeit während des Geburtsvorgangs als hilfreich empfunden wurde. Also auch solche Fragen, wie: Was kann ich machen, wenn es mir zu viel wird? Wo bleibt meine eigene Unversehrtheit? Und so weiter. Und es war auch häufig dieser Aspekt: Wir sind ja Männer. Wir werden Väter. Wenn das Kind auf der Welt ist, dann wird es für uns viel interessanter. Da bestand viel Bedarf, dazu mehr Informationen zu bekommen.

Also wie baue ich eine gute Beziehung auf? Wie gehe ich mit dem Kind um, wenn meine Frau das eigentlich viel mehr für sich vereinnahmt? Wie regle ich das mit dem Arbeitgeber? Damals war das Elterngeld und die Novelle des Gesetzes gerade neu, aber noch nicht so differenziert, wie wir es jetzt haben. Also da gab es viel Beratungsbedarf in die Richtung für die Zeit nach der Geburt. Was Väter für sich tatsächlich als Thema dann begriffen hatten. Ich kann mich erinnern, dass ich auch bei Hebammen viel Überzeugungsarbeit leisten musste, weil das in dem Feld damals noch nicht üblich war und manchmal sogar auch als Angriff verstanden wurde, dass da jetzt Männer kommen und in ein weiblich konnotiertes Feld hineinarbeiten wollen. Also das war auch immer viel Überzeugungsarbeit, dann meinen Standpunkt zu erklären und meinen Ansatz und den Nutzen, der natürlich ein riesengroßer Synergieeffekt ist, darzulegen.

Und ich fand es dann spannend, als dann die Familienhebamme quasi „geboren“ wurde und sich dann auch über die frühen Hilfen, die damals eingeführt wurden, das Thema Gewaltprävention auch auf dem Plan stand. Ich habe versucht, da wissenschaftlich so ein bisschen mehr zu argumentieren und die Geburtsvorbereitung auch als Gewaltprävention zu etablieren.

Ich habe versucht, den Kurs auch unter verschiedenen Akzenten zu differenzieren: bildungsgewohnte Väter, Väter mit Migrationshintergrund, Väter aus sozial schwächer strukturierteren Familien, Väter in der Stadt, auf dem Land und so weiter. Das war allerdings nur bedingt möglich, weil vor allem bildungsgewohnte Väter Zugänge zur Geburtsvorbereitung hatten.

Was hat sich seitdem verändert?

Vor allem ist es das Selbstverständnis, das sich sehr stark verändert hat und das in zwei Richtungen. Auf der einen Seite gibt es ein Umdenken. Die neuen Väter, die sich ja mittlerweile fragen, ob sie nicht vielleicht auch neue Mütter bräuchten, die sind ja damals „erfunden“ und haben sich ja auch weiterentwickelt. Nicht nur zahlenmäßig, wir wissen es von den ganzen Untersuchungen, neben den ganzen Bekunden mehr Carearbeit machen zu wollen, gibt es ja tatsächlich auch Väter, die dies machen. Und auf der anderen Seite, das habe ich immer wieder festgestellt, es ist wichtig, wenn Politik Rahmenbedingungen schafft, die Gesellschaft aufgreifen kann. Und durch die Veränderungen des Elterngeldes in vor allem der Elternzeit ist tatsächlich das Bedürfnis der stillen Gruppe der Väter, die sich gerne auch mehr engagieren, getroffen wurden. Und es waren diese beiden Bewegungen, die dazu geführt haben, dass das Thema mittlerweile selbstverständlich ist.

Mein Kurs ist im letzten Jahr auch in einem Fernsehfeature aufgenommen worden. Und es wurde immer wieder bekräftigt, ja, das ist eine super Sache. Warum gibt es das eigentlich so wenig?

Die Väter melden sich heute selbst an. Wir haben keinen Kurs, der auch nur einen Platz frei hätte. Es gibt einen Riesenbedarf, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, weil immer mehr verstanden wird, dass diese ganzen „weichen“ Themen wie Bindungen, Beziehungen aufbauen, Regulation, Gesundheitsprävention einfach eine große Bedeutung haben. Es gibt mittlerweile ein unübersichtliches Angebot an Büchern, Ratgebern, Podcasts und Sendungen, die Geburtsvorbereitung für Väter hat vor diesem Hintergrund an Bedeutung gewonnen und ist zu einer Selbstverständlichkeit geworden, zumindest in der Stadt Was mich sehr freut.

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… die Kultur der Geburtshilfe in Deutschland muss neu gedacht werden

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 28. September 2022

Newsletter der LAG Väterarbeit 2022-05

Das ist eine zentrale Aussage in dem Strategiepapier des ‚Runden Tisches Elternwerden‘ das im Februar letzten Jahres erstmals veröffentlicht und im August aktualisiert wurde. Dieser Aussage können wir uneingeschränkt zustimmen. In unseren Augen braucht es aber es aber auch einen Paradigmenwechsel im System der Geburtshilfe.
Und zwar was die Bedeutung der Väter angeht: werdende Väter sind neben den Hebammen und dem ärztlichen Personal wichtige Akteure im gruppendynamischen Geschehen einer Geburt. Ihre Handlungen beeinflussen den Geburtsprozess, die Geburt selbst wirkt nachhaltig auf sie.
Die Vorbereitung auf die Geburt und das Vatersein, die Zuschreibung und das Erleben der eigenen Bedeutung und Selbstwirksamkeit sind prägende Weichenstellungen für zukünftiges väterliches Engagement und die Stabilität der Paarbeziehung.

Mit den damit zusammenhängenden Themen und Herausforderungen werden wir uns in diesem und dem kommenden Monat beschäftigen.

Väter ansprechen und erreichen

Väter sind schwer zu erreichen und Angebote, die in Kitas und Familienzentren gemacht werden, kommen häufig nicht zustande, weil sich zu wenige Väter anmelden.
Auf der anderen Seite wollen Väter mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen und suchen nach passenden Angeboten und Möglichkeiten sich mit anderen Vätern auszutauschen.

Die Geschäftsstelle der LAG-Väterarbeit möchte dazu beitragen dieses Dilemma aufzulösen und bietet dazu Vorträge und Fortbildungen an, die Beschäftigten verschiedener Einrichtungen oder auch einzelnen Teams die Möglichkeit gibt, sich intensiv mit einem Thema auseinanderzusetzen und ihre Arbeit mit und die Angebote für Väter weiterzuentwickeln.
Mögliche Themen sind: ‚Grundlagen der Arbeit mit Vätern‘, ‚Väter ansprechen und erreichen‘, ‚Wie ticken Väter eigentlich?‘, ‚Die Bedeutung von Vätern für die Entwicklung von Kindern‘, ‚Väter in den frühen Hilfen‘ …

Melden Sie sich einfach telefonisch oder per Mail bei uns. Die Kontaktdaten finden Sie am Ende des Newsletters.

… mir fehlt vor allem eine systemische Perspektive

In den vergangenen beiden Monaten standen Väter und Kinder, die Opfer von Gewalt geworden sind, im Blickpunkt.
Bei dem Werkstattgespräch am 12. August berichtete Tobias Schiefer über die Arbeit der Männerschutzwohnungen in Düsseldorf: Ziele des Schutzkonzepts, das mit regelmäßiger Beratung verbunden ist, sind Schutz-, Rückzugs- und Wohnraum für einen begrenzten Zeitraum zur Verfügung zu stellen. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer beträgt ca. 3 Monate.
Im Mittelpunkt der Arbeit mit den Klienten steht deren psychische Stabilisierung und Entlastung sowie die Stärkung der Handlungsfähigkeit und der Selbstbestimmung. Perspektivisch geht es um die persönliche Weiterentwicklung und Neuorientierung außerhalb der ‚Gewaltbeziehung‘ sowie die Vermittlung weiterführender Hilfen.
In einem Interview mit Christoph Liel vom Deutschen Jugend Institut in München äußerte er sich unter anderem zu den zukünftigen Bedarfen in diesem Hanlungsfeld:
„Ich finde schon, dass es in Bezug auf Väter große blinde Flecken gibt, und zwar sowohl in der Praxis wie auch in der Forschung. Und zwar im gesamten erweiterten Kontext des Kinderschutzes. Weil Väter da häufig keine oder eine untergeordnete Rolle spielen, obwohl sie sowohl eben als Gefährder für Kinder auftreten können, wie auch als Unterstützer in der familiären Situation. Und da brauchen wir sehr viel mehr Wissen.“ Die Aufzeichnung des Gesprächs können Sie hier nachlesen und hören.

Welchen Kulturwandel brauchen Väter in der Geburtshilfe – aktuelle Eckpunkte und Perspektiven

Im System der Geburtshilfe rumort es. Immer mehr Geburtskliniken schließen, aus Mangel an Hebammen oder Renditegründen. Während der Pandemie wurden Väter ganz oder teilweise bei Vorsorgeuntersuchungen und der Geburt ausgeschlossen und auch wenn sie dabei sein dürfen, fühlen sich Väter vielfach nicht einbezogen.

Es gibt zwar seit 2016 ein auf 136 Seiten ausformuliertes ‚Nationales Gesundheitsziel Gesunde Geburt‘, aber die von vielen Seiten erhobene Forderung nach einem ‚Geburtsgipfel‘ und der im Frühjahr gestarteten Initiative ‚Bündnis Gute Geburt‘ verdeutlichen den tatsächlichen Handlungsbedarf.

In dem Werkstattgespräch am 26. Oktober wird Hans-Georg Nelles, der u.a. bei der Broschüre der BZgA ‚Väter auf die Geburt vorbereiten – Informationen und praktische Tipps für Fachkräfte‘ mitgewirkt hat, Eckpunkte einer Reform in der Geburtshilfe aus der Perspektive der Väter präsentieren und diese in die aktuelle Diskussion einordnen.

Zu dem Werkstattgespräch können Sie sich hier anmelden

https://www.surveymonkey.de/r/LAG20221026

Praxis Tipp

Geburt ist Teamwork – Der Väterflyer

Jeder Mann sollte mit gutem Gefühl Vaterwerden können. Deshalb unterstützt die ‚Erzählcafé-Aktion‘ Väter mit einem kostenlosen Flyer voller Fakten & Forschung. Kurz und knackig bringt dieser auf den Punkt, was Männer beim Vaterwerden wissen sollten, auch um selbst gesund zu bleiben. „Lies los Mann, damit Du gestärkt aus dem größten Abenteuer Deines Lebens hervorzugehen kannst!“

Der Flyer ‚Respekt Mann, Du wirst Vater‘ ist kostenfrei und gibt es hier zum Download!

Ausblick

Das letzte Schwerpunktthema in diesem Jahr wird im November und Dezember ‚Väter im Strafvollzug‘ sein. Dazu planen wir interessante Einblicke, Praxistipps und ein Werkstattgespräch, bei dem es um die praktische Arbeit mit Vätern und deren Kindern im Justizvollzug gehen wird.

Im kommenden Jahr haben wir uns vorgenommen, uns noch intensiver mit den einzelnen Themen auseinanderzusetzen und vor allem durch unsere Arbeit darauf hinzuwirken, in den angesprochenen Bereichen nachhaltige Veränderungen für Väter und aktive Vaterschaft anzustoßen und da wo möglich auch strukturell zu verankern.

Im Themenspeicher stehen jetzt schon ‚Großväter‘ und ‚getrennt erziehende Väter‘.

Termine

25. Oktober 2022, 15:30 bis 17 Uhr, Online Member Meeting der LAG Väterarbeit

26. Oktober 2022, 15:30 bis 17 Uhr, Werkstattgespräch Kulturwandel in der Geburtshilfe

Alle Beiträge und Terminhinweise finden Sie auf der Webseite www.lag-vaeterarbeit.nrw

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Werkstatt: Mit Vätern arbeiten

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 26. September 2022

Qualifizierung für Multipliator*innen in der Väterarbeit

Wie erreiche ich interessierte Väter für Erziehungs-, Fürsorge- oder andere Themen? Wie gelingt es mir, (wirksame) Bildungsangebote für Väter zu entwickeln und umzusetzen? Wo finde ich (neue) Ideen und Anregungen und welche Netzwerke gibt es?

Mit diesen oder ähnlichen Fragen beschäftigen sich viele planende Kolleg*innen aus Bildungseinrichtungen. Die vom Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung geförderte Qualifizierung möchte Antworten darauf geben.

Die Qualifizierung wird von einem Referententeam durchgeführt und richtet sich an:

  • Personen, die für organisierte Bildungsangebote zuständig sind (z.B. in Familien- oder Erwachsenenbildung u.a.),
  • Personen mit pädagogischer Vorerfahrung (z.B. pädag. Fachkräfte aus Kitas, den Frühen Hilfen, Fachberatungen, Sozialarbeiter*innen, Jugendämtern, Kinderschutz u.a.),
  • Studierende (z.B. aus den Feldern der Sozialen Arbeit, Erwachsenenbildung, u.a.),
  • Frauen und Männer in der Väterarbeit.

Modul 1: Boden bereiten – Basics der Väterarbeit

04.11.2022, 10:00 – 17:00 Uhr, Hannover, Referententeam: Carsten Vonnoh, Prof. Dr. Andreas Eickhorst (Präsenz), Axel Hengst, Karsten Piehl, Christian Beuker (online dabei)

  • Überblick über den aktuellen Stand der Forschung (psychosoziale und soziologische Aspekte) sowie über die Vielfalt von Väter-Themen
  • Gesellschaftliche Erwartungen an Väter (Standortbestimmung)
  • Eigene Väter-/Erziehungsbilder und ihr Einfluss auf die pädagogische Arbeit
  • Einführung Praxisprojekt u.a.

Modul 2: Gleichgewicht halten – Work-Life-Balance von Vätern

18.11.2022, 09:00 – 13:00 Uhr (online), Referenten: Carsten Vonnoh, Christian Beuker

  • Aspekte zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf
  • Selbstverantwortung und Gestaltungsmöglichkeiten von Vätern
  • Gesellschaftliche Erwartungen an Väter und Strategien, wie Väter trotz Stress gesund bleiben können
  • Gelungene Kommunikation zur Sichtbarmachung von Väteranliegen

Modul 3: Alle im Blick – Vielfalt von Vätern

09.12.2022, 09:00 – 13:00 Uhr (online), Referenten: Axel Hengst, Carsten Vonnoh

  • Vielfalt von Vätern (z.B. Alleinerziehende, Regenbogenväter, Väter in Trennung, werdende Väter) und ihre Berücksichtigung in der pädagogischen Planung

Modul 4: So kann´s gehen – Väterangebote planen und umsetzen

27.01.2023, 09:00 – 13:00 Uhr (online), Referenten: Axel Hengst, Karsten Piehl

  • Gute (online) Beispiele für gelingende Angebote
  • Methoden und Angebote für unterschiedliche Zielgruppen
  • Finanzen, Öffentlichkeitsarbeit und Marketing
  • Netzwerke(n)

Modul 5: Blick zurück nach vorn – Reflexion und Ausblick

17.02.2023, 10:00 – 17:00 Uhr, Hannover, Referententeam: Carsten Vonnoh, Prof. Dr. Andreas Eickhorst (Präsenz), Axel Hengst, Karsten Piehl, Christian Beuker (online dabei)

  • Projektpräsentation, kollegialer Austausch
  • Strategien für die nachhaltige Umsetzung des Gelernten
  • Auswertung und Zertifikatsübergabe

Die Teilnehmenden entwickeln im Laufe der Qualifizierung eigene Projektideen, die im letzten Modul präsentiert werden. Sie nutzen für den Austausch untereinander die AEWB+ Lernplattform.

Gesamtumfang 40 UST (inklusive eigener Projektarbeit)

Teilnahmebeitrag: 159,00 EUR (inkl. Imbiss)

Ansprechpartnerin: Lisa Quäschling quaeschling@aewb-nds.de

Quelle

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# Es geht nur gemeinsam

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 14. September 2022

Die digitale und kulturelle Transformation eines Geschäftsbereichs starten und umsetzen, dabei eine inspirierende und motivierende Führungskraft sein, eine Partnerschaft auf Augenhöhe führen und über allem ein aktiver Vater die beiden Söhne sein.

In seinem Buch ‚Working Dad, Vereinbarkeit von Familie und Karriere leben‘ beschreibt Roman Gaida ehrlich und authentisch seinen Weg, den er gegangen ist, um das alles hinzubekommen aber auch seine Ängste und Zweifel, mit denen er sich an entscheidenden Abzweigungen auseinandergesetzt hat.

Die Erfahrungen, die er dabei gemacht hat beschreibt er ausführlich und lässt den Leser und natürlich auch die Leserinnen daran teilhaben. Am Ende fast jedes der 45 Kapitel gibt es ‚Tools‘. Hacks‘ oder Checklisten, die den Abschnitt zusammenfassen und leicht anwendbare Werkzeuge darstellen.

Am Anfang steht diese Erkenntnis „Was einem auch niemand sagt, ist, wie es einen Mann verändert, wenn er Vater wird. Natürlich nehmen wir uns vor, ein guter Vater zu sein. Ein Vater, der da ist, sich um die Familie kümmert und trotzdem weiter an seiner Karriere schraubt. Aber die Realität sieht ganz anders aus.“

Wichtig ist es, dass jeder Vater für sich entscheidet, was für ihn Sinn macht oder besser noch die Leidenschaft brennt. Und „vor allem für uns Väter ist es an der Zeit, Karriere neu zu definieren – weg von gesellschaftlichen Normen und vermeintlichen Selbstverständlichkeiten hin zu individuellen Lebensmodellen“.

Und dies ist ja in einer Partnerschaft nicht nur eine Karriere, eine berufliche Entwicklung. Es geht darum, in einem kurzen Lebensabschnitt, der Rushhour des Lebens, die Beziehung zur Partnerin, die Bindung zu den Kindern und die Verantwortung im Job in einen guten Rhythmus zu bekommen. Karriere ist nämlich auch, und das steht nicht im Buch, wenn die Beziehung hält.

Für die Beziehung zu den Kindern braucht vor allem Zeit, „die Entscheidung fällt auf dem Spielplatz“ zitiert der Autor Björn Süffke. Wichtig sei die emotionale Präsenz als Vater, „die wir nur in allen Facetten des täglichen Lebens bieten können. … Unsere Gefühle, die schönen und eben auch die nicht so schönen, unsere Ängste, Freuden, Trauer – und ja, auch wenn wir mal nicht mehr weiterwissen – machen uns zu einem Menschen.“

Dafür müssen Entscheidungen getroffen werden und die haben Konsequenzen bzw. einen Preis. Eine Entscheidung, die jeder werdende Vater für sich und gemeinsam mit seiner Partnerin treffen muss, und zwar rechtzeitig, ist die Inanspruchnahme der Elternzeit und die Verteilung von bezahlter Erwerbs- und unbezahlter Familienarbeit, die faire Aufteilung von Financial und Mental Load

„Wenn wir erst miteinander darüber sprechen, wer sich nun zu Hause um alles kümmern soll, wenn das Baby schon da ist, dann sind Chaos und eine Beziehungskrise vorprogrammiert. Mama bleibt zu Hause, und Papa geht zur Arbeit. In einigen Fällen mag das beide auf Dauer glücklich machen, aber in vielen Fällen eben nicht. Weder Väter noch Mütter wollen sich heute in die Schublade der alten Geschlechterrolle quetschen lassen, um stillschweigend Vorgelebtes zu wiederholen. Mütter möchten völlig zu Recht ihre ebenfalls mühsam aufgebaute Karriere nicht ganz begraben. Väter wollen nicht das Gewohnheitsrecht der F rauen auf die Kindererziehung akzeptieren. Neue Väter brauchen auch neue Mütter. Kommunikation und Abstimmung bereits vor dem ersten Kind kann helfen, nicht in diese Vereinbarkeitsfalle zu tappen.“

Das ist auch seit über 25 Jahren ein Grundsatz meiner Beratungsarbeit in dem Feld. Diese Fragen müssen auf Augenhöhe verhandelt werden, wenn beide im Job sind.

Und was die Elternzeit angeht, braucht es auch 15 Jahre nach ihrer Einführung in Deutschland noch viel Ermutigung. Gaida hat sie nach der Geburt seiner beiden Söhne nicht in Anspruch genommen.

„Nicht weil mich mein neuer Arbeitgeber davon abgehalten hätte oder die Signale dafür negativ waren, sondern schlichtweg, weil ich Angst hatte, es könnte alles, was ich mir bis dahin aufgebaut hatte, zerstören. Seit meiner Zeit an der Maschine in Schichtarbeit hatte ich so viel investiert, um im Management zu landen. Das wollte ich jetzt nicht leichtfertig verspielen.“

Mit dieser Angst Mit der Angst, stehe er jedoch nicht allein da und führt eine Befragung der Soziolog:innen Thordis Reimer und Mechthild Oechsle aus dem Jahr 2017 an, nach der 45% der Väter befürchten, das eine Elternzeit sich negativ auf ihre berufliche Entwicklung auswirken könnte.

Das dem nicht so ist hat ein Jahr zuvor Mareike Bünning, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB), in einer Studie herausgefunden. Wenn Väter Elternzeit nehmen, wirkt sich das nicht negativ auf die Entwicklung ihrer Löhne aus. Wählen Väter dagegen Teilzeit, um Beruf und Familie besser zu verbinden und mehr Zeit für ihre Kinder zu haben, müssen sie mit Lohneinbußen und Karrierenachteilen rechnen. Schon 2015 berichtet das Forschungsinstitut Sowitra in einer Studie: „Langfristige berufliche Nachteile für die Elterngeldväter sind laut der Studie kaum nachweisbar. Mit vorübergehenden Beeinträchtigungen sei allerdings durchaus zu rechnen. Jeder zehnte Befragte berichtet von temporären Auswirkungen auf den Karriereverlauf, wobei die Gefahr mit der Dauer der Elterngeldnutzung ansteigt.“

Roman Gaida thematisiert diese Ambivalenzen jedoch auch und reflektiert seine Verantwortung als Führungskraft an dieser Stelle: „#1 Zu erfahren, dass man Vater wird, ist der schönste Moment im Leben eines Mannes. Denk daran, wenn der nächste Mitarbeiter zu dir kommt und dir freudig davon erzählt, dass er Vater wird.“

In den weiteren drei Teilen geht es dann um die Themen ‚Familienfreundlichkeit: Win-Win für Unternehmen und Leadership‘, ‚Familie‘ und ‚Me-Time‘, in denen der Autor sein Füllhorn an Fragen, Erfahrungen und Tipps ausschüttet. Einer der letzten, meines Erachtens aber sehr wichtigen im Abschnitt ‚Vergesst euch nicht als Paar‘ lautet „Nur wenn beide glücklich sind und sowohl berufliche als auch private Bedürfnisse befriedigt werden, ist Vereinbarkeit möglich.“

Das Buch ist am 14. September beim Campus Verlag erschienen, hat 224 Seiten und kostet 24 €.

Quelle

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Paternal Leave und Elternzeiten für Väter in Europa

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 5. September 2022

Berufstätige Väter in der EU haben ab dem 23. August einen Anspruch auf zehn Tage Freistellung unmittelbar nach der Geburt. Eigentlich … In Deutschland wird die Vorschrift zunächst nicht umgesetzt – Eltern seien hierzulande schon jetzt „bessergestellt“ erklärt das zuständige Ministerium und verweist auf die zwei Partnermonate.

Dass es sich bei der obligatorischen Freistellung nach der Geburt um etwas grundsätzlich anderes handelt, wird nicht berücksichtigt. Abgesehen von der Höhe der Lohnersatzleistung geht es um elementare Weichenstellungen in der Phase der Familiengründung. Väter können sich von Anfang an als selbstwirksam erleben und erkennen, dass es die ‚geborene Mutter‘ nicht gibt. Ihre Partnerin und sie selbst erlernen den Umgang und die notwendigen ‚Handgriffe‘, indem sie sich auf das Kind einlassen.

Und was die vermeintliche Besserstellung angeht: In einer Studie aus dem Jahr 2020 hat die OECD die Länge des Vaterschaftsurlaubs mit der in diesem Zeitraum geleisteten Bezahlung ins Verhältnis gesetzt und errechnet, wie vielen Wochen vollbezahltem Urlaub dies entspräche. Deutschland lag dabei mit 5,7 „vollbezahlten“ Wochen im oberen Mittelfeld. Spitzenreiter innerhalb der EU sind laut diesem Papier Luxemburg (21,2 vollbezahlte Wochen), Portugal (12,5 vollbezahlte Wochen) und Spanien (12 bzw. seit Anfang 2021 16 vollbezahlte Wochen).

Deutschland

In Deutschland gilt seit 2007 eine Elterngeldregelung, die 14 Monate bezahlte Elternzeit vorsieht. Es gilt der 12 plus 2 Grundsatz, mindestens zwei Monate müssen von der jeweiligen Partnerin bzw. dem Partner in Anspruch genommen werden. Die obligatorischen zwei Mutterschaftsmonate nach der Geburt werden mit der Elternzeit verrechnet.

Die Elternzeitmonate können als sogenannte Basiselterngeld- oder Elterngeldplusmonate genutzt werden. Durch diese Regelung kann die Aufteilung der Elternzeit zwischen Vätern und Müttern flexibler gestaltet und mit einer Teilzeittätigkeit während der Elternzeit, erlaubt sind bis zu 32 Stunden, kombiniert werden. Als zusätzlichen Anreiz für eine partnerschaftliche Aufteilung der Erwerbs- und Familienarbeit gibt es den Partnerschaftsbonus, der für drei Monate in Anspruch genommen werden kann, wenn beide zwischen 24 und 32 Stunden pro Woche erwerbstätig sind.

Das Elterngeld beträgt 65 % des Nettoeinkommens des Vorjahres, mindestens 300 € und höchstens 1.800 € pro Monat. Der Anteil der Väter, die Elterngeld in Anspruch genommen haben, lag im Bundesdurchschnitt im 3. Quartal 2019 bei 44 Prozent.

Dänemark

In Dänemark sind zum 1. August neue Regelungen zur gleichmäßigeren Verteilung der Elternzeit in Kraft getreten. Für beide Elternteile sind jetzt jeweils elf Wochen vorgesehen. Hinzu kommen insgesamt 26 weitere bezahlte Wochen, die beliebig aufgeteilt werden können.

Eltern haben jetzt einen gemeinsamen Anspruch auf insgesamt 48 bezahlte Wochen Elternzeit. Bislang waren nur zwei davon für Väter festgeschrieben, für Mütter 14. Das Elterngeld beträgt durchschnittlich 52,4 Prozent des letzten Verdienstes.

Im Jahr 2018 nahmen 78,3 Prozent der Väter Elternzeit in Anspruch. Insgesamt hat sich der Anteil der Väter, die Elternzeit nehmen, seit 2015 kaum verändert.

Finnland

Die Dauer des „Paternity Leaves“ beträgt 54 Arbeitstage (neun Wochen), davon kann der Vater bis zu 18 Tage in Anspruch nehmen, während die Mutter im Mutterschafts- oder Elternurlaub ist.

Als Lohnersatz werden 70 Prozent bei einem Jahresverdienst zwischen 12.452 € und 39.144 €, 40 Prozent bei einem Verdienst von bis zu 60.225 € und 25 % bei einem höheren, gezahlt. Diejenigen, deren Jahres Jahresverdienst vor der Geburt unter 12.452 € liegt, erhalten einen Mindestpauschalbetrag. Im Jahr 2020 erhielten 3,8 Prozent der Väter die Mindestpauschale. Während des Vaterschaftsurlaubs dürfen die Väter nicht arbeiten.

Nach dem Ende des Mutterschaftsurlaubs können weiter 158 Tage Elternzeit genommen werden. Es handelt sich um einen Familienanspruch, und die Eltern können sich den Urlaub nach eigenem Ermessen aufteilen.

Frankreich

Die Dauer der Vaterschaftsfreistellung beträgt 14 Arbeitstage, diese muss innerhalb der ersten vier Monate nach der Geburt genommen werden.

Die Vergütung beträgt 100 Prozent des Verdienstes, bis zu einer Verdienstgrenze von 3.428 Euro pro Monat. Im öffentlichen Sektor wird der Urlaub voll bezahlt, d. h. es gibt keine Obergrenze. In der Privatwirtschaft zahlen einige Arbeitgebende, insbesondere größere Unternehmen das Gehalt ebenfals in voller Höhe weiter.

Bis das Kind drei Jahre alt ist. besteht ein individueller Anspruch auf Elternzeit, d. h. sowohl Mutter als auch Vater können sie, ggf. auch gleichzeitig, in Anspruch nehmen. In dem Fall wird ein „Erziehungsgeld“ gezahlt. Die Höhe ist unter anderem davon abhängig, ob und in welchem Umfang Vater oder Mutter arbeiten. Die Grundleistung beträgt 398,40 € pro Monat, wenn sie nicht arbeiten; 257,55 € pro Monat, wenn sie weniger als die Hälfte der Vollzeitarbeitszeit arbeiten.

95 Prozent der Väter im Vaterschaftsurlaub nehmen alle Tage in Anspruch, etwa zwei Drittel der anspruchsberechtigten Väter haben im Jahr 2016 diese Freistellung genommen.

Großbritannien

Dauer der Vaterschaftsfreistellung beträgt im Vereinigten Königreich eine oder zwei Wochen. Eine Woche entspricht dabei der Anzahl der Tage, die der Arbeitnehmer normalerweise in einer Woche arbeitet.

Vergütet wird diese Zeit mit einer Pauschalzahlung in Höhe von 151,97 GBP pro Woche oder 90 Prozent des durchschnittlichen Wochenverdienstes, wenn dieser geringer ist.

Die Elternzeit kann erst nach der Geburt des Kindes beginnen und muss innerhalb von 56 Tagen nach der Geburt des Kindes oder innerhalb von acht Wochen nach dem Geburtstermin enden, wenn das Kind zu früh geboren wurde. Sie muss in einem Stück genommen werden.

Island

Das Gesetz unterscheidet nicht zwischen Mutterschafts-, Vaterschafts- und Elternurlaub, sondern spricht nur von „Geburtsurlaub“. Davon sind seit 2021 sechs Monate für Mütter und sechs Monate für Väter vorgesehen, wobei jeder Elternteil bis zu sechs Wochen auf den anderen übertragen kann. Davor galt die Regel drei Monate für die Mutter, drei für den Vater und drei zur freien Verfügung.

Bezahlt wird während dieser Zeit 80 % des durchschnittlichen Gesamteinkommens der Person bis zu einem Höchstbetrag von 4.080 € pro Monat.

Im Jahr 2017 nahmen 86,4 Prozent der Väter eine Elternzeit in Anspruch, wobei sie durchschnittlich 91 Tage nahmen (im Vergleich zu 180 für Mütter).

Niederlande

Die Dauer der Freistellung nach der Geburt entspricht der wöchentlichen Anzahl der Arbeitsstunden Vaters. Bei einer Vollzeitbeschäftigung von 38 Stunden ergibt sich beispielsweise ein Urlaubsanspruch von 38 Stunden (d. h. eine Woche).

Der zusätzlichen Geburtsurlaub beträgt das Fünffache der Anzahl der Arbeitsstunden pro Woche, bis zu einer Höchstdauer von fünf Wochen. Bei einer Vollzeitbeschäftigung von 40 Stunden pro Woche ergibt sich beispielsweise ein Anspruch auf einen zusätzlichen Urlaub von fünf Wochen.

Die erste Woche wird vom Arbeitgeber mit 100 % des Verdienstes bezahlt, Es gibt keine Obergrenze für die Zahlungen. Die Wochen des Zusatzurlaubs werden von der Versicherungsanstalt für Angestellte mit 70 % des Verdienstes bezahlt, mit einer Obergrenze von 70 % des täglichen Höchstlohns von derzeit 223,40 €.

Die erste Woche kann innerhalb von vier Wochen nach der Geburt des Kindes genommen werden. Die zusätzlichen Wochen können flexibel innerhalb von sechs Monaten nach der Geburt des Kindes genommen werden.

Im Jahr 2019 nahmen 83 Prozent der Väter den Urlaub direkt nach der Geburt ihres Kindes, das waren etwas weniger als 2017 (86 Prozent).

Norwegen

In Norwegen ist der Elternurlaub in drei Teile aufgeteilt – einen Teil für die Mutter, einen Teil für den Partner und einem Teil, der frei zwischen beiden Elternteilen aufgeteilt werden kann.

Väter und Mütter können entscheiden, ob Sie 49 Wochen lang Elterngeld bei vollem Gehalt oder 59 Wochen lang bei 80 % Gehalt beziehen möchten. Die von Ihnen getroffene Wahl gilt für beide Elternteile und kann nicht mehr geändert werden, sobald die Elternzeit begonnen hat.

Die so genannte „Vaterschaftsquote“ beträgt 15 Wochen. Nimmt der Partner diesen Urlaub nicht in Anspruch, wird er widerrufen. Wenn der Partner zu krank ist, um sich um das Kind zu kümmern, kann die Mutter beantragen, das väterliche Kontingent zu übernehmen.

Die gemeinsame Zeit des Urlaubs kann von den Eltern frei aufgeteilt werden. Er beträgt 16 oder 26 Wochen, je nachdem, ob Sie sich für 80 oder 100 Prozent Bezahlung entschieden haben. Die Mutter muss arbeiten, wenn ihr Partner während dieses gemeinsamen Zeitraums Elternzeit nimmt.

Partner haben zusätzlich zur väterlichen Quote Anspruch auf zwei Wochen Vaterschaftsfreistellung nach der Geburt eines Kindes. Es besteht jedoch kein gesetzlicher Anspruch auf Bezahlung während dieser zwei Wochen, aber viele Arbeitgeber zahlen während dieser Zeit ein reguläres Gehalt.

Die Inanspruchnahme der Elternzeit in Norwegen durch Väter beträgt etwa 89 Prozent.

Österreich

Seit März 2017 haben Väter Anspruch auf einen „Familienzeitbonus“, eine Geldleistung für erwerbstätige Väter, die ihre Erwerbstätigkeit im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber für 28 bis 31 Tagen innerhalb von 3 Monaten nach der Geburt des Kindes unterbrechen.

Seit September 2019 haben alle erwerbstätigen Väter, die mit Mutter und Kind in einem Haushalt leben Haushalt mit Mutter und Kind leben, einen Rechtsanspruch auf einen Monat Vaterschaftsurlaub, wenn sie vor der „Familienzeit“ mindestens 182 Kalendertage erwerbstätig waren.

Zusätzlich gibt es eine Elternkarenz von zwei Jahren. Die Karenzzeit kann maximal zweimal zwischen beiden Elternteilen aufgeteilt, wobei ein Teil mindestens 2 Monate dauern muss, vergütet wird diese Zeit mit dem „Kinderbetreuungsgeld“. Wenn beide Elternteile diese Leistung in Anspruch nehmen (mindestens 20 % der beantragten Tage sind nicht übertragbar), kann das Geld innerhalb eines Zeitraums zwischen 456 Tagen (bei einem Tagesbetrag von 33,88 €) und 1.063 Tagen (bei einem Tagesbetrag von 14,53 €) genutzt werden.

Der Familienzeitbonus beläuft sich auf 22,60 € pro Kalendertag. Entscheidet sich der Vater jedoch später für den Bezug des Kinderbetreuungsgeldes, wird die Leistung um den Betrag des Familienzeitbonus gekürzt, den er unmittelbar nach der Geburt erhalten hat.

Derzeit erhalten etwa 8 Prozent aller Väter während ihres Vaterschaftsurlaubs den „Familienzeit-Bonus“.

Schweden

In Schweden gibt es 10 Tage Partnerschaftsfreistellung. Sie sind dafür gedacht, dass der andere Elternteil (oder die Betreuungsperson) bei der Entbindung dabei ist, sich um ältere Geschwister kümmert, während die Mutter im Krankenhaus ist, und/oder sich an der Kinderbetreuung beteiligt, wenn die Mutter nach Hause kommt. Meistens wird dies vom Vater des Kindes in Anspruch genommen und wurde früher „Vatertage“ genannt.

Bezahlt wird für diesen Zeitraum 77,6 Prozent des Verdienstes bis zu einer Verdienstgrenze von 35.678 € pro Jahr. Die Zahlungen werden von der schwedischen Sozialversicherungsanstalt geleistet.

Darüber hinaus können beide Elternteile zusammen 480 Tage freinehmen, um sich um die Kinder zu kümmern. Vergütet wird diese Zeit mit bis zu 80 Prozent des Gehalts. 300 Tage können sich die Eltern dabei völlig frei aufteilen.

Eltern mit gemeinsamem Sorgerecht haben Anspruch auf jeweils 240 Tage Elterngeld, wobei einige Tage zwischen ihnen übertragen werden können, während andere nicht übertragbar sind. Für jeden Elternteil sind 195 der 240 Elternzeittage einkommensabhängig. Für Kinder, die nach 2016 geboren wurden, können 90 dieser Tage nicht auf den anderen Elternteil übertragen.

Eltern, die Anspruch auf einkommensbezogene Leistungen haben, werden 195 Tage zu 77,6 % des Verdienstes bis zu einer jährlichen Obergrenze von 47.571,04 € bezahlt. Im Jahr 2020 nahmen rund 76,5 Prozent der Väter, gleichgeschlechtlicher Partner oder andere benannten Personen die Elternzeit in Anspruch.

Schweiz

Schweizer Väter haben seit dem 1. Januar 2021 Anspruch auf 2 Wochen bezahlten Vaterschaftsurlaub.

Der Anspruch ermöglicht einen Anspruch von 10 Tagen, wobei diese am Stück oder in einzelnen Tagen bezogen werden können. Der Bezug hat innerhalb von 6 Monaten nach der Geburt des Kindes zu erfolgen. Der Anspruch besteht zusätzlich zum normalen Urlaubsanspruch.

Der Erwerbsausfall aufgrund der zusätzlichen Arbeitsfreien Zeit wird entschädigt. Sie kommt den Vätern zugute, wenn sie die folgenden Voraussetzungen erfüllen: Erwerbstätigkeit zum Geburtszeitpunkt, entweder als Arbeitsnehmer oder als Selbstständige, in den 9 Monaten vor der Geburt in der Arbeits- und Rentenversicherung obligatorisch versichert und in diesem Zeitraum für mindestens 5 Monate erwerbstätig waren.

Der Erwerbsersatz entspricht jenem für Mütter im Mutterschaftsurlaub, nämlich 80 Prozent des durchschnittlichen Erwerbseinkommens vor der Geburt, höchstens jedoch 196 CHF pro Tag. Im Normalfall wird der Lohn durch den Arbeitgeber bezahlt, der den Betrag erstattet bekommt.

Spanien

Seit dem 1. Januar 2021 steht Vätern in Spanien genauso viel Elternzeit wie Müttern zu. Mit der Besonderheit, dass diese Zeit nicht auf die Mütter übertragbar ist.

Väter haben damit Anspruch auf 16 Wochen Elternzeit. Die ersten sechs Wochen direkt nach der Geburt müssen Väter nehmen, die restlichen zehn Wochen können sie bis zum 1. Geburtstag des Kindes am Stück oder als einzelne Wochen nehmen.

Für die 16 Wochen erhalten sie einen vollen Lohnausgleich.

Faktoren die die Inanspruchnahme von „Paternal Leave“ und Elternzeiten durch Väter begünstigen

  • (Eltern-) Zeiten die für die Väter reserviert sind
  • Höhe der Vergütung während der Elternzeit
  • Gleichstellungsorientierte Familienpolitik
  • Väterbewusste Unternehmenskulturen
  • Berufstätigkeit und -orientierung der Partnerin
  • Zuschreibung von Kompetenzen und Bedeutung als Vater

Und zum Schluss noch eine Anmerkung zu der Bezeichnung ‚Urlaub‘, der wörtlichen Übersetzung von ‚Leave‘. Es geht um eine arbeitsrechtliche Einordnung, Urlaub bedeutet eine voll vergütete, zeitlich befristete Freistellung von der Arbeit mit dem Recht im Anschluss am selben Arbeitsplatz weiter tätig sein zu können.

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… mir fehlt vor allem eine systemische Perspektive

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 2. September 2022

Interview mit Christoph Liel

Christoph, du hast deine Dissertation zum Thema ‚Väter und familiäre Gewalt‘ geschrieben. In der politischen Diskussion wird der Begriff ‚häusliche Gewalt‘ verwendet. Ist damit das Gleiche gemeint?

Nein, der Begriff „häusliche Gewalt“ ist mittlerweile eigentlich sehr etabliert, auch über verschiedene Bereiche hinweg. Also die soziale Arbeit oder auch die Strafverfolgung und Polizei, und beschreibt Gewalt ja eigentlich zwischen erwachsenen Menschen, die in einer Beziehung leben oder in einer intimen Partnerschaft, und ist dadurch sehr spezifisch wirklich auf diesen Bereich Partnerschaftsgewalt zugeschnitten.

Der Begriff „familiäre Gewalt“ ist dagegen ein bisschen breiter und spezifischer, auch leicht antiquierter. War für meine Dissertation aber sehr passend, weil er eigentlich so alle Formen von Gewalt, die es in Familien gibt, ja, weil er diese beschreibt. Also Gewalt zwischen den Eltern, auch Gewalt gegenüber Kindern. Und meine Dissertation beschreibt genau diese Überschneidungen von letztlich Partnerschaftsgewalt und Kindesmisshandlung.

In der Vergangenheit ist häufig ‚Väter sind Täter‘ gereimt worden. Was sind die Faktoren, die dazu beitragen, dass Männer zu Tätern und Frauen zu Täterinnen werden?

Also mein Eindruck ist schon, dass es da sehr viele Geschlechtsstereotype gibt, die so im Hintergrund eine Rolle spielen. Also dass man bei Männern eher davon ausgeht, dass sie durchsetzungsstark sind, damit auch zu Gewalt neigen, während Frauen eher, fürsorglicher sind und solche Dinge. Dass das implizit so eine Rolle bei der Thematik spielt und auch bei diesen Zuschreibungen.

Und wir wissen in der Tat auch, es gibt deutliche Anzeichen, zumindest bei schweren Formen von Gewalt, sowohl in der Partnerschaft als auch gegenüber Kindern, dass dort Väter häufiger die Täter sind. Das heißt aber nicht, dass das generell so ist. Auch bei leichteren Formen, also beispielsweise bei körperlicher Disziplinierung von Kindern, wissen wir, dass sogar Mütter gleichermaßen oder teilweise sogar stärker aktiv sind.

Letztlich hilft uns das aber relativ wenig, weil es ja eigentlich, mir zumindest, nicht darum geht aufzurechnen wer da jetzt irgendwie gewalttätiger ist. Und zu den Ursachen muss man sagen, wissen wir noch gar nicht so viel über geschlechtsspezifische Zuschreibungen. Gibt es wahrscheinlich auch nicht.

Es gibt sehr viele Rahmenbedingungen, die in dem Bereich eine Rolle spielen. Sogenannte Risikofaktoren, also soziale Problemlagen, Hintergrund der Familie. Wir wissen bei Vätern aber insbesondere, dass alles eine Rolle spielt, was dazu führt, dass Väter in der Lage sind, sich in andere Menschen hineinzuversetzen. Also wie gut sind sie in der Lage, andere Menschen zu verstehen? Also ihre Partnerin zu verstehen, die Kinder zu verstehen und auch deren Situation zu verstehen. Bei Müttern gibt es, bei Kindesmisshandlungen zumindest, Anzeichen, dass da noch stärker auch Dinge wie Stress oder auch wie Depressionen eine Rolle spielen können. Das gilt natürlich für beide Geschlechter, das sind so grob gesagt Punkte, die eine Rolle spielen.

In einer Familie leben häufig auch Kinder, welche Zusammenhänge zwischen der Partnerschaftsgewalt und möglichen Kindesmisshandlungen gibt es?

Partnergewalt ist eigentlich, das wissen wir aus ganz vielen Studien, ein Indikator dafür, dass es auch ganz viele andere Problemlagen in der Familie gibt. Und unter anderem eben auch Kindesmisshandlungen. In der Forschung spricht man dann davon, dass es ein Mediator ist. Das heißt, sobald Partnerschaft vorliegt, erhöht sich auch die Wahrscheinlichkeit, dass es Gewalt gegenüber Kindern gibt. Das lässt sich nicht generalisieren. Das gilt auch nicht für alle Bereiche. Wir wissen, dass es bei Vätern Überschneidungen in dem Bereich gibt. Und wir wissen auch, dass wir diesen ganzen Komplex eigentlich sehr viel systemischer betrachten müssen, also zwischen Vätern, Müttern und Kindern.

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