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Papa kann auch stillen

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 19. Februar 2015

Der Titel hat mich zunächst etwas irritiert, denn gebären und stillen sind ja die beiden Dinge, die Väter nicht können, aber er weist darauf hin, was Alles geht, wenn Mann und Frau es wollen und als Vater und Mutter aushandeln und täglich neu absprechen: Wie Paare Kind, Job & Abwasch unter einen Hut bekommen.

Stefanie Lohaus und Tobias Scholz haben es sich vorgenommen, bevor sie gemeinsam Eltern geworden sind und beschreiben in ihrem Buch, wie es geht sich Erwerbsarbeit, Familie, Partnerschaft und Haushalt so aufzuteilen, dass jeder am Ende nicht nur das Gefühl hat, seine 50 Prozent dazu beigetragen zu haben sondern auch zufrieden damit ist.

Dass es nicht in jeder Situation einfach ist und Zweifel und Widerstände an verschiedenen Ecken lauern, bei Freunden und Auftraggeberinnen, im Alltagstrott und der Versuchung in alte Muster zurückzufallen etc., die beiden benennen auch diese Klippen und ihre Lösungsversuche ehrlich. „Ich mache keinen Hehl daraus. Die Entscheidung 50/50 stelle ich manchmal schon in Frage. … Wieso sitze ich acht Monate hier zu Hause mit dem Baby? Das ist furchtbar zäh und langweilig! … Ich bin mit dem Beginn meiner Elternzeit also endgültig angekommen im Alltag einer gleichberechtigten Beziehung, kann aber – vor allem im Hinblick auf die Reaktionen meiner Umwelt – nicht behaupten, mich darin wirklich wohlzufühlen.“

Das liegt sicherlich auch daran, dass es für Männer keine vernünftigen Rollenangebote und Erzählungen über die Normalität des Alltags eines Vaters mit seinem Kind gibt. Kinder und Familiendinge sind noch zu selten Gesprächsgegenstand unter Männern. Jeder Vater muss diese Konflikte für sich neu austragen. Und „als neuer Mann beschrieben zu werden bleibt irgendwie beschämend.“

Scholz und Lohaus belassen es aber nicht nur bei der Schilderung persönlicher Erlebnisse und Erfahrungen mit ihrem Modell, sondern setzen sich auch mit den gesellschaftspolitischen Diskussionen auseinander. So nehmen sie den Zeitartikel vom Januar 2014 von Brost und Wefing zum Anlass um zu betonen, dass Fatalismus nicht weiterhilft und gesellschaftliche Wandlungsprozesse Zeit brauchen und unter Umständen anstrengend sind. Da Retraditionalisierung keine Lösung ist muss Mann da durch.

Der vermeintlich einfachere Weg ist auch an anderer Stelle keine Lösung. „Gerade, wenn es um so wichtige Weichenstellungen wie die Verteilung der Elternzeit geht, müssen Väter ihre Bedürfnisse kennen und artikulieren können. Und wer das um des lieben Friedens willen nicht macht, wird sich später, wenn die Weichen erst mal gestellt sind, ärgern.“

Das Fazit der Beiden nach zwei Jahren: „Über das 50/50 Prinzip reden wir kaum noch, es ist uns in Fleisch und Blut übergegangen. … Und beide sind wir froh, die Weichen so früh gestellt zu haben. Viel Reibung und wahrscheinlich auch Streit ist uns so erspart geblieben. Schon alleine aus diesem Grund kann ich das Buch allen empfehlen, die mit dem Gedanken spielen, ihre Partnerschaft zur Familie zu erweitern und diese nicht den vermeintlichen Sachzwängen zu opfern. Wo ein Wille ist, lassen sich auch die Wege finden. Dies könnte den Lesern und Leserinnen erleichtert werden, wenn der nächsten Auflage noch ein Verzeichnis der Quellen der zahlreichen genannten Artikel, Beispiele und Studien hinzugefügt würde.

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