Halbe, halbe? Unterhalt beim Wechselmodell
Erstellt von Hans-Georg Nelles am 6. Mai 2014
Wer seine Kinder nach einer Trennung weniger als zur Hälfte betreut, muss den gesamten Unterhalt zahlen. Oft ist das der Vater. Auf diesen Missstand weist Heide Ostreich in der taz hin.
Warum ist das so? Weil das Familienrecht so langsam ist. Im BGB ist für den Fall einer Trennung der Eltern festgehalten, dass eine(r) die Kinder betreut und eine(r) bezahlt. Das ist in Paragraf 1606 geregelt, der die Unterhaltsverpflichtung zum Thema hat. In Satz 3,2 heißt es dort: „Der Elternteil, der ein minderjähriges unverheiratetes Kind betreut, erfüllt seine Verpflichtung, zum Unterhalt des Kindes beizutragen, in der Regel durch die Pflege und die Erziehung des Kindes.“ Eine beiderseitige Betreuung im Wechsel ist schlicht nicht vorgesehen.
Rechtlich kann der Elternteil, der das Kind „in Obhut“ hat, dessen Anspruch auf Unterhalt beim anderen Elternteil geltend machen. In Obhut hat man das Kind, wenn es mehr als 50 Prozent der Zeit bei diesem Elternteil verbringt. Im Fall von Claudia und Ralf sind die Kinder also in ihrer Obhut. Und er zahlt.
Dem deutschen Familiengerichtstag, dem Forum der FamilienrichterInnen, ist diese Konstellation bekannt. Mehrere Arbeitsgruppen haben sich schon mit der Frage beschäftigt, wie hier mehr Gerechtigkeit einziehen kann. Heinrich Schürmann ist Familienrichter und an der Diskussion beteiligt. Er kritisiert insbesondere die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in dieser Frage. Der BGH hat gerade erst in diesem März geurteilt, dass ein Vater, der fast zum gleichen Teil wie die Mutter für sein Kind sorgt, kaum entlastet werden muss.
Die Männerlobby, das „Bundesforum Männer“ kritisiert die bisherige Regelung scharf: „Das ist unserer Ansicht nach eine klare Benachteiligung der Väter“, sagt der stellvertretende Vorsitzende des Verbands, Hans-Georg Nelles, der taz. Den Vätern werde „die Möglichkeit genommen, eigene Arbeitszeiten zu reduzieren und den Betreuungsaufwand für ihre Kinder zu erhöhen.
Damit werden alte Rollenzuschreibungen zementiert, Väter bleiben Ernährer und Mütter erleiden als Alleinerziehende Nachteile auf dem Arbeitsmarkt.“ Auch das Bundesforum regt an, den BGB-Paragrafen 1606 neu zu fassen: „Wir bedauern es, dass die Politik, die in den vergangenen 50 Jahren das BGB an vielen Stellen entrümpelt hat, trotz der seit Jahrzehnten verfolgten Gleichstellungspolitik an dieser veralteten Regelung festhält.“
Warum tut sie das? Warum ändert sich nichts? Schürmann vermutet: „Das ist ein hochemotionaler Bereich. Die Politik traut sich da nicht heran. Sie hat Angst vor einem Aufstand der Mütter.“
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