Mehr leben, weniger arbeiten – Arbeitszeitverkürzung muss wieder auf die politische Agenda
Erstellt von Hans-Georg Nelles am 7. März 2014
Der Deutsche Frauenrat und das Bundesforum Männer nehmen den Internationalen Frauentag 2014 zum Anlass, um den Vorschlag der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Manuela Schwesig, für ein neues Arbeitszeitverständnis gemeinsam zu unterstützen. Deutschland braucht die Debatte um eine (geschlechter-)gerechtere Neu- bzw. Umverteilung von produktiver, reproduktiver und gesellschaftlicher Arbeit. Auch Arbeitszeitverkürzung muss wieder auf die politische Agenda. Die Neudefinition des „Normalarbeitsverhältnisses“ darf nicht länger tabu sein.
„Eine neue Arbeitszeit-Debatte ist dringend notwendig, auch wenn die ablehnenden Reaktionen aus der Mitte von Politik und Wirtschaft uns das Gegenteil nahelegen wollen“, sagte dazu Hannelore Buls, Vorsitzende des Deutschen Frauenrates. Insbesondere die Arbeitszeit für Eltern mit kleinen Kindern habe mit dem Schwesig-Modell einen wichtigen Impuls bekommen. Es sieht für diese Gruppe eine Senkung der Arbeitszeit auf 32 Stunden/Woche vor, die aus Steuermitteln ausgeglichen werden soll.
„Dieser Vorschlag muss auch im Interesse von Vätern voran gebracht werden“, so der Vorsitzende des Bundesforum Männer, Martin Rosowski. „Trotz des politischen Versprechens ein aktives gesellschaftliches Vaterbild zu fördern, stehen gerade Männer vor den Blockaden rigider Arbeitszeitstrukturen und der überkommenen Rollennorm des ‚Vollerwerbers‘, wenn sie Vaterschaft und Beruf bewusst vereinbaren wollen.“
Daher halten der Deutsche Frauenrat und das Bundesforum Männer eine generelle Neubewertung und -verteilung ökonomisch orientierter und gesellschaftlich notwendiger Arbeit für dringend erforderlich. Mit der ökonomischen Unabhängigkeit der/des Einzelnen muss auch das Konstrukt „Familieneinkommen“, in dem in der Regel der Mann das Haupt- und die Frau das Nebeneinkommen erzielen, endlich aufgelöst werden. Eine solche Ungleichverteilung von Einkommen und Aufgaben zwischen den Geschlechtern verhindert bis heute eine echte Wahlfreiheit für Frauen wie Männer.
Deutscher Frauenrat und Bundesforum Männer fordern deshalb:
- Kürzere, familiengerechte und lebensphasenorientierte Arbeitszeiten, die sich dem Lebensverlauf anpassen und auch unterhalb des derzeitigen Vollzeitniveaus ein Existenz sicherndes Einkommen für Männer und Frauen gewährleisten.
- Jede/r muss durch Erwerbstätigkeit selbständig und so leben können, dass dabei genügend Freiraum bleibt, um Sorge für sich selbst und andere (Familie, Kinder, Kranke, FreundInnen oder auch soziales Engagement) zu übernehmen, aber auch an Kultur teilzuhaben.
- Eine neue „Norm“ einer 30-Stunden-Woche, um alle Menschen im Erwerbsalter existenzsichernd beschäftigen zu können. Dabei müssen Arbeitsverdichtung und erhöhter Leistungsdruck durch eine ausreichende Personalbemessung verhindert werden. Das Schwesig-Modell kann dabei ein erster Schritt sein.
- Eigenständige Existenzsicherung muss existenzsichernde Altersvorsorge für Männer und Frauen einbeziehen, wobei Erwerbsarbeit sowohl verringert als auch erhöht werden kann. Weiterlesen »
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