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Darf Mann das?

Erstellt von Hans-Georg Nelles am Freitag 7. Oktober 2011

Die Elternzeit gemeinsam mit der Partnerin nehmen und dann auch noch das Elterngeld nutzen, um 2 Monate eine gemeinsame Reise zu finanzieren? Die Elternzeit und die Partnermonate sind dem Krabbelalter inzwischen entwachsen und es ist sicherlich angebracht, eine erste Zwischenbilanz zu ziehen, Erfolge oder Fehlentwicklungen aufzuzeigen, vor allem aber Weiterentwicklungsbedarfe zu benennen.

Das Väter die Elternzeit nutzen und nebenbei ein Buch darüber schreiben, wenn sie die Zeit dazu finden, was soll’s. Manche haben es in die Bestsellerlisten geschafft, die meisten sind wohl eher Ladenhüter geblieben. Eines dieser Bücher, das ausnahmsweise von der Mutter geschrieben wurde, hat jedoch die Aufmerksamkeit der Kritiker auf sich gezogen. Es schildert die zweimonatige Reise der jungen Eltern mit dem kleinen Nepomuk entlang der Seidenstraße.

Da haben wir es also: Väter, die es sich sowieso leisten können, missbrauchen die Sozialleistung Elterngeld, um sich einen verlängerten Urlaub zu gönnen. Dieses Argument fehlt seit der Veröffentlichung des Reiseberichts in kaum einer Kritik an den Regelungen zur Elternzeit. Dazu kommt die Behauptung, dass die Geburtenrate ja auch weiterhin auf niedrigem Niveau verharre und die Väter ‚nur’ die zwei Monate, in der Regel sogar gemeinsam mit der Partnerin verbringen. Die geforderten Konsequenzen gehen bis hin zur Abschaffung des Elterngeldes und die Verwendung der Mittel für den Ausbau der Kinderbetreuung.

Kinderbetreuung ist auch wichtig. Fakt ist aber, die zwei Partnermonate stehen im Gesetz. Bis heute ist daran, trotz der Ankündigungen aller Parteien vor der letzten Bundestagswahl, nichts geändert worden. Auch die kostenneutrale Variante, entsprechend dem isländischen Modell: nach dem Mutterschutz 4 Monate für die Mutter, 4 für den Vater und 4 weitere zur freien Verfügung, wurde erst kürzlich wieder von der Familienministerin mit der Begründung, das könne man den Müttern nicht zumuten, abgelehnt. Auch die Regelungen zur Elternteilzeit, die Vätern und Müttern eine partnerschaftlichere Aufteilung von Erwerbs- und Familienarbeit ermöglichen würden, liegen auf Eis.

Die 2 Monate sind aber ein Anfang. Wenn sie am Anfang der neuen Lebensphase, dem Übergang zur Elternschaft, gemeinsam genutzt werden, entfalten sie eine besondere Wirkung. Mann und Vater kann nämlich erleben, dass es die geborene Mutter nicht gibt und seine Partnerin genauso wie er anfängt etwas Neues zu lernen. Wenn Mann sich ebenfalls darauf einlässt, lernt er es in gleicher Weise und bekommt eine ganz andere Beziehung zu dem Kind. Von Anfang an.

Dabei spielt es dann eine nach geordnete Rolle, ob diese Lernprozesse in der heimischen Wohnung oder im Wohnmobil unterwegs stattfinden. Letzteres erhöht sogar noch die Intensität des gemeinsamen Erlebens. Und zu den weiteren Einwänden: Das Elterngeld ist mitnichten eine Gebärprämie sondern eine Lohnersatzleistung. Die Ursache für den Stillstand bei den Geburten, in Deutschland liegt die durchschnittliche Kinderzahl pro Frau schon lange bei ca. 1,35, liegt ganz sicher nicht bei den Elterngeldregelungen. Im Gegenteil, ein Blick zum Beispiel in die skandinavischen Länder zeigt, dass hierzulande jahrzehntelang die Wünsche von Frauen und Männer, Beruf und Familie besser vereinbaren zu können, sträflich vernachlässigt wurden.

Um zur Ausgangsfrage zurückzukommen. Ich möchte alle Väter ermutigen, die Elternzeit in Anspruch zu nehmen und die acht, besser natürlich 26 oder mehr Wochen zu nutzen, intensive Erfahrungen mit ihrem Kind und der Partnerin in der neuen Lebensphase zu machen. Wenn es passt gerne auch im Wohnmobil, auf einer Insel oder in den Bergen. Ein Buch muss dabei aber nicht unbedingt herausspringen.

Diese Kolumne erschien in der Ausgabe 3-2011 der Zeitschrift für berufstätige Väter und Mütter Lob.

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