Vaterschaft ist keine Kopie der Mutterschaft!
Erstellt von Hans-Georg Nelles am Sonntag 3. Mai 2009
In der Samstagsausgabe der Welt spekuliert Bettina Seipp über die Konsequenzen einer Umkehrung der Verteilung von Erwerbs- und Fürsorgearbeit zwischen Vätern und Müttern in den ersten Lebensjahren der Kinder:
Dass sie nicht die besseren sind, ist – wie schon eingangs gesagt – Konsens; dass Jungs von Vätern in hohem Maße profitieren ebenfalls. Bliebe bei diesem Zukunftsszenario noch die Frage nach den Töchtern. Wie würden Sie wohl unter der väterlichen Fürsorge gedeihen?
Zu keinem Zeitpunkt in der (deutschen) Geschichte haben sich so viele Väter so intensiv und liebevoll um ihre Töchter gekümmert wie heute. Den Mädchen die gleichen Zukunftschancen zu eröffnen wie ihren Brüdern und sie nach Kräften zu fördern, war noch vor fünfzig, ja selbst vor dreißig Jahren alles andere als selbstverständlich. Eine Erklärung für den Bewusstseinswandel mag sein, dass der Trend zu einem, maximal zwei Kindern geht, auf die sich dann alle elterlichen Bemühungen konzentrieren – ganz gleich welchen Geschlechts die Kinder sind.
Ein weiterer Grund für die neue Stellung der Töchter ist ihre „universelle Einsetzbarkeit“, was vielleicht bereits Ausdruck eines gewandelten Geschlechterbildes ist: Man kann mit ihnen shoppen und genauso gut Fußball spielen, spazieren gehen und in Felswänden klettern, mit Puppen und mit Autos spielen. Ideale Spaßpartner – sofern die Pubertät noch nicht eingesetzt hat. In dieser speziellen Entwicklungsphase ändert sich allerdings vieles.
Denn zu den typischen hormonellen Wirrungen kommen heute, im Zeitalter der Emanzipation, auch noch soziophilosophische Fragen, mit denen sich die Mädchen herumquälen: Wie definiere ich meine Weiblichkeit? Wie viel Geld will ich verdienen? Mache ich mir etwas aus Kindern? Wie soll der Mann dazu aussehen? Brauche ich überhaupt einen Mann? Soll heißen: Die neue Stellung der Frau hat das Geschlechterleben nicht eben leichter gemacht; die Single-Statistiken der Großstädte sprechen Bände. Es scheint, als täten sich junge Frauen und junge Männer zunehmend sehr viel schwerer miteinander.
Werden diese Fragen anders beantwortet, wenn Väter künftig stärker ihre Töchter prägen? Wären sie, die Vätertöchterchen (was leider nicht so gut klingt wie Muttersöhnchen), später verständnisvollere Ehefrauen, weil ihr Männerbild ein positiveres wäre (immer vorausgesetzt freilich, dass der Vater ein Superdaddy war)?
Würden Vätertöchterchen den biologischen Determinismus durchbrechen, wonach Frauen angeblich weiche Männer schätzen, aber mit Machos ins Bett gehen – schon allein deshalb, weil sie dank Papas Vorbild Hausmänner nicht mit Weicheiern gleichsetzen? Würden sie sich eher für Nachwuchs entscheiden, weil sie es ja selber erlebt haben, dass sich Haushalt und Kinder gerecht auf alle Schultern verteilen lassen?’
Interessante Perspektiven, die aber einen Mangel haben, Väter werden an den Qualitäten der Mütter ausgerichtet bzw. gemessen. Die Andersartigkeit und die Bedeutung dieser Unterschiedlichkeit kommen zu kurz. Väter sind niemals die neuen Mütter!