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Archiv für Mai 25th, 2009

Ein Vätergespräch mit drei Männern

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 25. Mai 2009

Ein Arbeitszimmer in Leipzig, die Wände ringsum voller Bücher, darunter eine Freud-Gesamtausgabe mit 450 Lesezeichen darin. Hier arbeitet Helmut Thomae, der 88-jährige Psychoanalytiker und langjährige Mitstreiter Alexander Mitscherlichs. Sein Sohn Dieter Thomae ist zu Besuch. Er hat vor kurzem ein schönes Buch über den Wandel der Vaterrolle seit der Französischen Revolution geschrieben und noch den Enkel Jakob Thomae im Schlepptau, der eigentlich gerade in London studiert.

‘SZ: Am morgigen Donnerstag ist Vatertag. Vielleicht können Sie, Großvater, Vater und Sohn, zunächst mal eine Definition geben, was Ihrer Meinung nach einen guten Vater ausmacht?

Helmut Thomae: Es fällt mir leichter zu sagen, was einen schlechten Vater ausmacht, weil ich rückblickend denke, dass ich selbst ein ungenügender Vater war.

SZ: Warum?

Helmut Thomae: Weil ich in der Erziehung kaum eine Rolle gespielt habe. Meine Frau war zum Glück eine wunderbare Mutter und hat mir ermöglicht, meinen beruflichen Verpflichtungen voll nachzukommen. Ich habe die beiden Kinder in die Schule gebracht, war bis abends um sieben aus dem Haus, kam zum Abendessen und habe dann ab und zu noch Geschichten am Bett vorgelesen.

SZ: Das deckt sich leider ziemlich mit der heutigen durchschnittlichen Vaterrolle.

Helmut Thomae: Was?! Heute noch? Ich dachte, das sei besser geworden.

SZ: Vielleicht besteht die kleine, schmerzhafte Verbesserung darin, dass viele Väter ihre Abwesenheit nicht erst rückblickend als Defizit erleben, sondern schon währenddessen. Dieter Thomae, was macht für Sie einen guten Vater aus?

Dieter Thomae: Ein guter Vater muss anwesend sein. Natürlich nicht immer, aber er muss da sein. Und dann kommt es meines Erachtens noch auf eine Mischung aus Stärke und Zärtlichkeit an, aus Großsein und auch mal Schwachsein. Für die Kinder ist es etwas Kostbares, wenn sie in dem Vater auch etwas was sehen, was sie bewundern, ohne dass das etwas Überwältigendes hat. ..

SZ: In Ihrem Buch zeigen Sie, wie lang die Geschichte von Schlagworten wie antiautoritär oder Jugendkultur ist.

Dieter Thomae: Der Begriff der Vaterlosigkeit stammt sogar schon von 1789. Und die “Jugendkultur” hat Gustav Wyneken erfunden, der 1920 sagte, die Jugendkultur müsse verteidigt werden. Er sagte, wir sollten nicht gegen die Eltern kämpfen, sondern sie einfach vergessen; wir verlassen das Haus der Familie und bauen unser eigenes. Die Familie ist nicht zuständig, nicht die richtige Instanz für die Erziehung. Die Eltern fahren sowieso auf dem falschen Dampfer. Schon verhängnisvoll, dass gerade diese Tendenz heute so stark ist.

SZ: Warum?

Dieter Thomae: Weil man dumm bleibt, wenn man sich immer nur an Leuten orientiert, die so sind wie man selbst. Weil man sich die kreative Reibung zwischen den Generationen schenkt. Die letzte Wendung in diesem Spiel sind die unsicheren Eltern, die sich mit sich selbst nicht wohl fühlen, Peer Group spielen und Berufsjugendliche werden. Schon Wyneken sagte, geben wir es doch zu, wir würden alles dafür geben, könnten wir noch einmal richtig jung sein. Damit demontiert man dann sich selbst.

SZ: Jakob Thomae, Ihr Vater war 24, als Sie auf die Welt kamen. Sie sind 20. Wollen Sie bald Vater werden?

Jakob Thomae: Nein, noch nicht. Heute wird man ja erst mit Mitte 30 Vater.

SZ: Ihr Vater spricht in dem Zusammenhang vom Drückebergerverhalten.

Dieter Thomae: Naja Drückeberger… Ich denke nur, die Leute sitzen einem Trugschluss auf, wenn sie meinen, sie können das Risiko Familie erst angehen, wenn alles in trockenen Tüchern ist. Als Berufsanfänger ist es besonders schwer, Job und Familie zu vereinen. Wenn der Chef sagt, ich habe da einen Auftrag, drei Tage Polen, und gleichzeitig hat das Kind Fieber, ist das schwerer zu managen, als wenn man noch studiert. Ich habe studiert, als ich Vater wurde, das war leichter. Außerdem ist die Vorstellung, dass man alles perfekt regeln muss, bevor man Familie hat, fatal, weil darin eine Vorstellung von totaler Lebensverplanung steckt. Familie ist sowieso nicht planbar, wenn man mit der Vorstellung der perfekten Übersicht an die Sache rangeht, wird man Probleme kriegen. …’

Wohl war, so ist das Leben.

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Arbeitslosigkeit kann das Kinderkriegen fördern …

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 25. Mai 2009

… aber berufliche Unsicherheit hemmt die Vaterschaft, so DIW – Familienexperte Christian Schmitt, der in seiner Studie ‚ Gender-Specific Effects of Unemployment on Family Formation: A Cross-National Perspective’, die Effekte bei Männern und Frauen aus unterschiedlichen europäischen Wohlfahrtsstaaten untersucht hat.

Erwerbslose Männer schreckten demnach in allen betrachteten Ländern – neben Deutschland, wurden Frankreich, Großbritannien und Finnland betrachtet – vor einer Vaterschaft zurück. Schmitt führt dies auf die Befürchtung zurück, die künftige Familie nicht ausreichend finanziell unterstützen zu können. Dagegen könne Arbeitslosigkeit bei Frauen das Kinderkriegen sogar begünstigen – vor allem bei Frauen mit niedrigem bis mittleren Bildungsniveau, bei denen die Arbeitslosigkeit bereits länger andauere und die Aussichten auf einen schnellen Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt düster seien.

Bei besser ausgebildeten Frauen sei es dagegen eher unwahrscheinlich, dass sie, wenn sie in die Arbeitslosigkeit gerieten, ein Kind bekämen. Sie würden sich eher auf eine schnelle Rückkehr ins Berufsleben konzentrieren. „Ein Kind kann zu einem solchen Zeitpunkt den endgültigen Ausstieg aus dem Arbeitsmarkt bedeuteten und damit sowohl die eigenen Investitionen in die Ausbildung entwerten als auch die Karrierechancen blockieren“, so Schmitt.

„Zudem schreckt viele gut ausgebildete Frauen die Vorstellung ab, sich in die finanzielle und soziale Abhängigkeit vom Partner begeben zu müssen.“ Dies gelte vor allem für Frankreich, wo Frauen eine besonders enge Bindung zum Arbeitsmarkt aufweisen würden.

Besonders ausgeprägt sei die Wahrscheinlichkeit, im Falle von Arbeitslosigkeit ein Kind zu bekommen, in Ländern, in denen Kinderbetreuung und Familie noch stärker als weibliche Pflichten angesehen würden, wie in Deutschland oder Großbritannien.

Anders als in Frankreich oder Finnland sei hier die Arbeitsteilung zwischen Mann und Frau noch deutlich von einem traditionellen Rollenverständnis geprägt. „Deutschland und Großbritannien fördern zwar weibliche Karrierechancen mit Frauenquoten und anderen Maßnahmen. Gleichzeitig bleiben die traditionellen Geschlechterrollen aber kulturell und politisch tief verankert“, so Schmitt.

Vor diesem Hintergrund tendierten deutsche und britische Frauen mit niedrigen Bildungsabschlüssen und langen Phasen ohne Job – Faktoren, die die Rückkehr in den Arbeitsmarkt ohnehin erschweren – besonders dazu, ein Kind zu bekommen. Auch Frauen, die bereits auf die finanzielle Unterstützung eines Partners angewiesen seien, seien im Falle der Arbeitslosigkeit eher bereit für Kinder. Mit steigendem Ausbildungs- und Gehaltsniveau sinke jedoch bei erwerbslosen Frauen die Wahrscheinlichkeit einer ersten Mutterschaft.

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