‚Verdamp lang her’, der Song hat Wolfgang Niedecken berühmt gemacht. Was viele nicht wissen, es ist ein Zwiegespräch mit seinem Vater. Eine Geschichte, die den Musiker bis heute bewegt: „Als mein Vater gestorben war, war ich 29. Aber die letzten zehn Jahre haben wir nicht mehr groß miteinander geredet. Wir wussten wo die Tretminen lagen. Wir haben es nur nie verbal herausgearbeitet, es war zu spät, alle Gelegenheiten verpasst.“
Sein Vater erlebt den Erfolg von Wolfgang Niedecken nicht mehr. Weil so vieles ungesagt blieb, schreibt der Sänger „Verdamp lang her“. Es ist ein Waffenstillstandslied wie er sagt: „Mich schmerzt vor allen Dingen, dass ich ihn nicht habe beruhigt sterben sehen. Ich bin weit davon entfernt, ihm etwas beweisen zu müssen.“ Was hätte sein Vater gestaunt, wenn er das Konterfei seines Sohnes auf der Straßenbahn gesehen hätte. Und dass aus seinem rebellischen Sohn ein Rock-Poet geworden ist, der ihm viel ähnlicher ist als er dachte.
„Es gibt Situationen, in denen ich mich in ihm wiedererkenne. Dann denke ich mir oft: Du hast genau dieselben Verspannungen im Gesicht. Ich sehe dann meinen Vater von innen.“ Niedecken ist selbst mehrfach Vater und gerade 60 geworden. Wenn er nun zurückblickt, dann sei das ganz ohne Zorn. Er kennt seine eigenen Unzulänglichkeiten als Vater: „Als Vater versuche ich, möglichst Fehler zu vermeiden, aber die werden seit 200.000 Jahren gemacht, die sind unumgänglich.“
Ein Portrait des Sängers und Frontmann von BAP bei Mona Lisa.
Eine der leidenschaftlichsten, von tragischen Missverständnissen aufgeladenen Liebesgeschichten der Menschheit ist die Beziehung zwischen Vater und Sohn. Oft handelt es sich um eine enttäuschte Liebe. Dabei sind hohe Erwartungen an sie geknüpft: Väter wollen stolz sein auf ihre Söhne. Söhne suchen ein Vorbild, Verständnis und Orientierung.
„Lieb’ mich, wie ich bin!“ – Und was wird aus dieser Forderung? Väter sind kalt, können ihre Gefühle nicht zeigen. Sie glauben, dass die Söhne Versager sind und fühlen sich von ihnen verlassen. Die Söhne wiederum bekämpfen den übermächtigen Vater, rebellieren mit allen Mitteln und wollen auf keinen Fall so werden wie er. Sie fühlen sich verletzt und missverstanden. Im Extremfall gehören Vater und Sohn gegensätzlichen politischen Strömungen an. Oder sie begehren dieselbe Frau …
Die literarisch-theatrale Collage lotet ein spannungsreiches Liebesverhältnis von der Bibel über Turgenjew bis heute aus. Voller Wut revoltierte die Nachkriegsgeneration gegen die in den Nationalsozialismus verstrickten Väter. Doch eben denselben vorgeblich antiautoritären Alt-68-Vätern präsentieren die pragmatischen Söhne von heute die Abrechnung.
Wie verhalten sich Männer bei der Geburt eines Kindes bzw. beim Übergang zur Elternschaft in Bezug auf ihr Berufsleben? Eingebettet in die Darstellung der historischen Entwicklung der Väterforschung und der Konzeption von Vaterschaft aus unterschiedlichen Blickwinkeln werden in dem Sammelband ‚Papa geht arbeiten- Vereinbarkeit aus Sicht von Männern’ die zentralsten Ergebnisse einer aktuellen Studie des Österreichischen Instituts für Familienbildung (ÖIF) präsentiert.
Der ‚aktive’ Vater, der sich sowohl in der Kinderbetreuung als auch in der Hausarbeit einbringt, wird von Männern und Frauen gleichermaßen gefordert und als Standard in Partnerschaften angesehen.
Wie verhalten sich Männer, die Väter werden, nun aber tatsächlich in Bezug auf ihr Berufsleben? Antworten auf diese und ähnliche Fragen gibt eine aktuelle vom ÖIF durchgeführte Studie zum Thema „Vereinbarkeit aus Sicht von Vätern mit einem unter 3-jährigen Kind in Österreich“.
88 % der Eltern minderjähriger Kinder kaufen ihren Sprösslingen nicht alles was sie sich wünschen, das ergab eine Umfrage des Apothekenmagazins „BABY und Familie„. Fast ebenso viele Mütter oder Väter mit mindestens einem minderjährigen Kind (87,8 %) sind der Ansicht, dass unter Kindern sowieso schon zu viel Wert auf Materielles gelegt wird.
Gut Dreiviertel der Eltern (75,5 %) nehmen zwar die Anregungen ihrer Nachkommen ernst, bestimmen aber letztlich was gekauft wird. 41,9 % müssen ihrem Kind häufig sagen, dass sie ihm nicht alles kaufen können, weil das Geld dafür fehlt. Kaum kleiner ist dagegen die Zahl der Eltern (39,2 %), die als Kind auf vieles verzichten mussten und deshalb versuchen, ihren Kleinen möglichst alle Wünsche erfüllen. Und etwas mehr als jeder zehnte Elternteil (11,6 %) beschenkt seinen Nachwuchs als Ausgleich für nicht gemeinsam verbrachte Zeit.
Für die von der GfK Marktforschung durchgeführte repräsentative Umfrage wurden 523 Personen befragt, die mindestens ein Kind unter 18 Jahren haben.
Welche Risiken eine junge Frau beim Sex eingeht, wird von der Beziehung zum Vater beeinflusst. Das ist das Ergebnis einer Studie, die im Journal „Development and Psychopathology“ vorgestellt wird. „Väter haben einen erheblichen Einfluss auf die sexuellen Entscheidungen ihrer Töchter“, erklärt Studienautor Bruce J. Ellis von der University of Arizona.
Für die Studie rekrutierten die Forscher 59 Schwesternpaare, deren Eltern geschieden waren, und 42 Schwesternpaare aus intakten Familien. Die Altersdifferenz der Schwestern betrug dabei im Schnitt sieben Jahre, aber mindestens vier. Zum Zeitpunkt der Befragung waren die Töchter zwischen 18 und 36 Jahre alt. In den Scheidungsfamilien lebten die älteren Töchter im Schnitt sieben Jahre länger mit dem Vater im selben Haushalt als die jüngeren.
Für die Untersuchung befragten die Forscher die Mädchen nach ihrem Verhältnis zum Vater. Dabei zeigte sich, dass Töchter, die von ihren Vätern drohend, barsch und abwertend behandelt wurden, später zu riskanterem Sex tendierten. Dazu gehören ungeschützter Sex, Sex mit häufig wechselnden Sexualpartnern und Schwangerschaften vor dem 19. Lebensjahr. Mädchen, die das Glück hatten, liebvolle Väter zu haben, die sie unterstützen, gingen später beim Sex weniger Risiken ein.
„Es hat sich herausgestellt, dass es weniger entscheidend war, wie lange die Mädchen mit ihrem Vater zusammenlebten als wie er sich verhielt, wenn er da war“, erklärt Ellis. Ein direkter Vergleich der Schwestern zeigte jedoch, dass viel gemeinsam verbrachte Zeit mit einem liebevollen Vater einen besonders großen Schutz bot.
In der Stellungsnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Die Rolle der Familienpolitik im demografischen Wandel: Austausch bewährter Verfahrensweisen zwischen den Mitgliedstaaten“ vom 4. Mai 2011 sind auf Seite 11 interessante Aussagen zu einer möglichen Väterpolitik zu finden:
‚… 7.4 In einer kürzlich von der Weltmütterbewegung („Mouvement mondial des mères“) unter 11.000 Müttern durchgeführten Umfrage haben sich folgende Hauptanliegen herauskristallisiert:
Am wichtigsten ist den Müttern die Vereinbarkeit von Beruf und Familie;
an die zweite Stelle setzen sie die gesellschaftliche Anerkennung der Bedeutung ihrer Mutterrolle;
und am drittwichtigsten ist für sie die Möglichkeit, ihren Kindern mehr Zeit zu widmen.
7.5 Interessant wäre eine ähnliche Umfrage unter Vätern, denn es ist durchaus möglich, dass die drei ermittelten Prioritäten und insbesondere auch die Anerkennung der Vaterrolle, auch auf diese zutreffen, was zweifelsohne zu einem stärkeren Engagement der Väter im Familienleben führen könnte. Positiv zu bewerten sind in diesem Zusammenhang die jüngsten Vorschläge, mit denen Väter zum Elternurlaub ermuntert werden sollen bzw. ein verpflichtender und bezahlter Elternurlaub eingeführt werden soll, da sie sowohl die notwendige stärkere Anerkennung der Vaterrolle als auch die ebenso wichtige Übernahme von Verantwortung durch die Väter im Scheidungsfall fördern. Als nützlich erweisen könnte sich dabei eine Zusammenstellung bewährter Vorgehensweisen von Unternehmen, die sich um eine familienfreundliche Arbeitsorganisation bemühen. Die soziale Verantwortung der Unternehmen erstreckt sich auch auf Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familienleben, denn diese werden eben in den Unternehmen konkret umgesetzt. Es wäre sinnvoll, ein Kennzeichen für familienfreundliche Unternehmen zu schaffen, wie es bereit in Spanien mit Unterstützung des Sozial- und Gesundheitsministeriums eingeführt wurde. …’
Sie müssen eigentlich alles können: Fürsorglich für Kinder und die Familie da sein und gleichzeitig auch im Arbeitsleben Präsenz und Flexibilität zeigen, um im Beruf und der eigenen Karriereplanung am Ball zu bleiben. Ein mühsamer Spagat zwischen der scheinbar immer schneller rotierenden Arbeitswelt und der Vorstellung eines ausgeglichenen Familienlebens.
Welche Erwartungen werden an berufstätige Mütter gestellt, und wo sind die Väter in dem heutigen Gesellschaftsbild einer modernen Familie?
In der Sendung unter anderen Patrick Ehnis, Politikwissenschaftler an der Universität Bremen. Sein Statement: Um Männer in die Kindererziehung mit einzubeziehen und die Gleichberechtigung zwischen Müttern und Vätern zu ermöglichen, müssten sich Arbeits- und Unternehmensstrukturen ändern, die Kinderbetreuung ausgebaut und das Elterngeld über einen längeren Zeitraum gezahlt werden.
Neben diesen strukturellen Nachteilen werde es Männern zudem nicht leicht gemacht, sich um ihren Nachwuchs zu kümmern. Denn ähnlich wie Frauen in Führungspositionen müssten sie häufig besondere Leistungen erbringen, um in dieser Rolle anerkannt zu werden.
Sendetermin, Radio Bremen: 13.06.2011, 11.05 -13 Uhr; Wiederholung Nordwestradio 14.06.2011, 19.05 – 20 Uhr oder hier nachhören.
War die Kindererziehung früher nur Nebensache? Und was hat sich heute wirklich geändert? In der ZEIT führen Vater und Sohn einen Dialog über die Rolle, die sie im Leben des anderen gespielt haben.
‚… DIE ZEIT: Sie sind dann insgesamt 15 Monate zu Hause geblieben.
Cord Groß: Ja, und vorher hätte ich auch schon das geplante halbe Jahr als eine lange Zeit empfunden. Ich war Lehrer an einer Hauptschule, eigentlich denkt man ja, dass es im öffentlichen Dienst einfacher sei als in der Wirtschaft, als Mann in Elternzeit zu gehen, das ist es ja an vielen Stellen auch. Trotzdem war es für mich nicht leicht. Ich habe eine Klasse geführt und die Drachenboot-AG geleitet. Ich hatte ein schlechtes Gewissen und habe sehr mit mir gerungen, das kann ich so sagen. Sicherlich spielte auch meine Erziehung eine Rolle, denn als Mann muss man es innerlich schaffen, eine Entscheidung zu treffen, als Frau zwingen einen schon die Biologie und das Gesetz, irgendwann im achten Monat einen Strich zu machen. Diesen Zwang gab es für mich nicht.
DIE ZEIT: Wie sind Sie zu Ihrer Entscheidung gekommen?
Cord Groß: Die berufliche Situation meiner Frau war so, dass sie noch mitten im Staatsexamen war, als sie schwanger wurde. Mir war wichtig, dass sie ihre Ausbildung zu Ende machen kann. Und da wir Zwillinge bekamen, waren wir beide voll gefordert. Im Nachhinein würde ich sagen, dass das für mich ein großer Gewinn war. Und irgendwie hatte ich es als Vater von Zwillingen dann doch wieder leicht: Denn ich bin statusorientiert erzogen worden und konnte sagen: Okay, ich mache Elternzeit, aber ich schaffe gleich zwei. Das ist übrigens so viel Arbeit, dass ich dann nicht mehr wirklich zum Nachdenken kam. Die Tage sind proppenvoll mit Wickeln und Füttern – ob das Ganze nun angemessen ist für einen Mann, darüber konnte ich gar nicht mehr nachdenken. Weiterlesen »
‚Mein Vater war keine Versorgungsstelle für männliche Verhaltensmuster, Virilität oder Autorität, er war kein Bestrafer, kein Konfliktpartner und kein Gegenpol zu meiner Mutter, sondern genau wie sie ein unentbehrlicher Teil unserer Konstellation: Ich kann mir bis heute meinen Vater nicht ohne meine Mutter vorstellen.
Er ist wie gesagt der Familienchef, aber keinesfalls ein Patriarch und es gab keinen Anlasss, sich aus Gründen des Geschlechts in bestimmten Dingen mehr an den Vater als an die Mutter zu wenden oder sich mehr mit dem einen oder anderen zu identifizieren.‘
In Salzburg werden vor dem Vatertag am 12. Juni 10.000 „Väterflyer“ in mehreren Sprachen verteilt, die deutlich machen sollen, wie wichtig Väter für die Entwicklung von Kindern sind. Die Aktion wird vom Salzburger Männerbüro und dem Integrationsbüro der Stadt Salzburg in Zusammenarbeit mit dem Väterforscher Peter Ballnik organisiert. Das Flugblatt „Vater sein heute“ informiert in zehn Punkten über Kriterien für ein „gutes Vatersein“ und motiviert Väter, ihre Rolle und Aufgaben für ihre Kinder wahrzunehmen.
Ziel des Väterflyers sei es, die oftmals unrealistischen und überzogenen Idealbilder eines Vaters in Frage zu stellen und so auch den Druck auf das perfekte Vatersein zu nehmen, berichtete Männerbüro Leiter Eberhard Siegl am Dienstag in einem Pressegespräch. „Es ist das Natürlichste der Welt, Vater zu sein, und es ist auch ganz normal, wenn damit Druck, Sorgen und Belastungen verbunden sind, die es zu meistern gilt“, sagte Siegl.
Väterforscher Ballnik betonte, dass gerade ältere Kinder ihre Väter für ein glückliches Leben brauchen. Die Aufwertung der Vaterrolle sei zudem ein Beitrag zur Gewaltprävention: „Wir haben festgestellt, dass Kinder, deren Väter aktiv für sie da sind, signifikant geringere Gewalt- und Drogenprobleme haben.“