Vater werden – Dein Weg zum Kind
Erstellt von Hans-Georg Nelles am 5. Dezember 2021
Ihr aktuelles Buch hat die Bestsellerautorin Nicola Schmidt gemeinsam mit ihrem Partner Klaus Althoff geschrieben und ist mit dem Untertitel ‚Dein Weg zum Kind‘ versehen. Damit stapeln die beiden tief, erstens beschreiben sie eine Vielzahl von Wegen und Möglichkeiten zum Vatersein und zweitens beinhalten diese Pfade auch die gemeinsamen Schritte zum Eltern und Familie werden, in welcher Konstellation auch immer, aber mit der Aussicht auf eine gleichberechtigte und partnerschaftliche Aufteilung von bezahlten und unbezahlten Aufgaben und Arbeiten.
Dass dieser Weg schon lange vor der Geburt anfängt, schreiben die beiden schon im zweiten Absatz des Vorworts: ‚Wie gut sich alle Beteiligten … schon vor der Geburt vorstellen können, eine Familie zu sein, sagt viel darüber aus, wie es später sein wird. Es gilt also, die wichtigen Informationen rechtzeitig zu haben, die Weichen frühzeitig zu stellen und ‚kluge‘ Entscheidungen zu treffen.
Und dafür liefern Schmidt und Althoff auf den folgenden 235 Seiten eine wahre Fülle an Ideen, Wissen, Anregungen und Erfahrungen in einem inhaltlich und grafisch sehr ansprechenden Format.
Das Buch behandelt in drei Kapiteln Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett wobei die ersten 9 Monate in sieben Abschnitte aufgeteilt sind. Der siebte beschäftigt sich unter der Überschrift ‚Cool bleiben‘ mit Terminüberschreitung und Übertragung. Innerhalb dieser Anordnung gibt es verschiedene inhaltliche Blöcke, die sich in jedem Abschnitt wiederholen: ‚Das sollten Väter vorher wissen‘, ‚Wissenschaftscheck‘, ‚Übungen‘ und ‚So sieht es aus‘. In letzterem beschreiben Klaus und/ oder Nicola ihre Ansichten zu den zuvor behandelten Themen und geben persönliche Erfahrungen weiter.
Neben diesen großen Blöcken gibt es kleinere Merkposten, die sich direkt an die werdenden Väter richten bzw. Erfahrungen und Fragen von Vätern wiedergeben: ‚Was hättest du gern vorher gewusst?‘, ‚You have a new message‘ sind Impulse aus der Perspektive des ungeborenen Kindes. Eine ‚Not to do Liste‘ fasst die Empfehlungen der Autor*innen prägnant zusammen sowie ‚Dein Clan‘. In dieser Rubrik werden Ansprechpartner und Vertrauenspersonen für die Väter und deren Bedeutung benannt.
Apropos ‚Clan‘, insbesondere Klaus Althoff betont an verschiedenen Stellen seiner Statements immer wieder die Bedeutung einer Vätergruppe in der sich Männer über ihre Anliegen, Ängste und Hoffnungen austauschen können. Vor und auch nach der Geburt: ‚Was aber … ganz wichtig ist, ist der Austausch mit anderen Vätern. Wir Männer reden oft so wenig – vor allem wenig miteinander und über die Dinge, die uns schwerfallen und belasten.‘ Er lädt die Männer deshalb dazu ein ‚Väterbanden‘ zu bilden.
Auch an anderen Stellen greift er auf seine Erfahrungen als Personalentwickler zurück. Der Weg zum Vatersein ist ein Change Prozess. Beim Eltern werden geht es, vor allem im Hinblick auf die Fragen, wer macht was, zu welchem Zeitpunkt und in welchem Umfang auch um einen Teambuildingprozess bei dem Erfahrungen aus dem Projektmanagement genutzt werden können. Diese Begriffe werden von beiden Autor*innen situationsbezogen und praxisnah mit Inhalten gefüllt und im Managementtraining bewährte Methoden wie der Dialogspaziergang auf den Alltag werdender Eltern übersetzt. Sie betonen immer wieder, wie wichtig die Entwicklung eine geteilten Vorstellung von dem Leben zu Dritt für eine gelingende Vater-, Mutter- und Elternschaft ist.
Neben pädagogischen und biologischen Themen werden aber auch ganz praktische insbesondere für nicht verheiratete Väter bedeutsame Dinge angesprochen: Es ist wichtig, rechtzeitig über eine Vaterschaftsanerkennung und gemeinsame Sorge zu sprechen und die erforderlichen Schritte rechtzeitig in die Wege zu leiten. Das gleiche gilt für Absprachen über Aufteilung der Elternzeit. Entgegen der lange Zeit von der Familienpolitik propagierten 12 plus 2 Regelung betonen Schmidt und Althoff die Bedeutung der frühen Elternzeit des Vaters und treten auch für die ‚Vaterschaftsfreistellung unmittelbar nach der Geburt ein.
Im Kapitel Geburt weisen die beiden zum einen besonders auf die Bedeutung einer Geburtsvorbereitung für Väter hin, diese senke das Risiko für operative Geburtseingriffe. Wohl auch, weil Väter in der Lage sind, unter der Geburt gegebenenfalls ihre Schutzfunktion für die Partnerin wahrzunehmen. Zum anderen thematisieren sie das Risiko einer postpartalen Depression für Väter. Die Zahlen aus den angelsächsischen Ländern weisen eine hohe Bandbreite auf, wohl auch, weil Väter nicht durchgehend auf diese gesundheitliche Belastung gescannt werden. In den deutschsprachigen Ländern wird dieses Phänomen erst allmählich wahr- und ernst genommen. Die umfassende Behandlung des Themas in diesem Band wird dazu sicherlich auch beitragen.
Auch wenn im letzten Abschnitt das Thema Fehlgeburt aus der Perspektive der Väter, die mit dem Thema in der Regel alleingelassen werden, thematisiert wird, eine ganz wichtige Botschaft steckt für mich einige Seiten davor. Es ist die Sache mit der Performanzschere. ‚Es ist nämlich so, dass viele Väter durchaus über die notwendigen Kompetenzen verfügen, um ihre Kinder liebevoll zu versorgen. Das Problem ist aber oft, dass sie diese Kompetenzen nur unzureichend nutzen. … Klafft die Performanzschere erst einmal auseinander, ist es schwierig, sie wieder zu schließen und die väterlichen Kompetenzen im Alltag einzusetzen.‘ Auch dass ist ein Appell, von Anfang an aktiv dabei zu sein und durch gemeinsames Tun väterliche Kompetenzen zu entwickeln und anzuwenden.
Das Buch von Nicola Schmidt und Klaus Althoff ist für mich nach dem 2005 ebenfalls im Gräfe und Unzer Verlag erschienen ‚Das Papa Handbuch‘ von Robert Richter und Eberhard Schäfer ein zweiter Meilenstein, der den Weg der Väter zu ihren Kindern nicht nur beschreibt, sondern Väter ermutigt, diesen Weg auch zu gehen und die Rolle im Leben ihrer Kinder zu spielen, die diese brauchen.
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