Jungen- und Mädchen Tage haben keinen Effekt
Erstellt von Hans-Georg Nelles am 28. April 2012
Seit mehr als zehn Jahren versuchen Unis, Firmen, Kommunen, Vereine und Parteien einmal im Jahr Mädchen Männerberufe und Jungen Jobs in Frauendomänen schmackhaft zu machen. Doch ob der große Aufwand irgendeinen Effekt auf die Berufswahl hat, daran weckt eine gerade veröffentlichte Untersuchung des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB) erhebliche Zweifel.
Die Vorstellung, dass punktuelle Maßnahmen das Berufsverhalten beeinflussen könnten, sei nicht haltbar, schreiben die Wissenschaftler um Kathrin Leuze, die als Professorin am WZB die Projektgruppe „Nationales Bildungspanel“ leitet. Die Idee, dass man Mädchen einfach besser über Männerberufe informieren müsse, funktioniere leider nicht.
Der Grund sei, dass sich Rollenbilder sehr viel früher ausprägten. Auch die Berufsorientierung setze bereits mit fünf oder sechs Jahren ein. „Eine punktuelle Information wie bei den Girls’-und- Boys’-Tagen kann gegen einen jahrelangen Sozialisationsprozess fast nichts ausrichten.“ Grundlage der Untersuchung, die in der Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie veröffentlicht wurde, sind Daten von 15-Jährigen aus der deutschen Pisa-Ergänzungsstudie. Die WZB-Forscher untersuchten Einflussfaktoren wie das Elternhaus, individuelle Leistungen, Noten und schulische Fördermaßnahmen.
Der Einfluss der Eltern auf die Berufswahl der Kinder ist dabei enorm: Bereits die Erwartungen, die Mütter und Väter (bewusst und unbewusst) an die schulischen Leistungen ihrer Kinder stellen, ist geschlechtsspezifisch. Das wiederum beeinflusst, wie die Heranwachsenden ihre Fähigkeiten wahrnehmen, was wiederum für ihre spätere Fächer- und Berufswahl entscheidend ist.
Einen „Informationsvorsprung“ sehen die Forscher als Ursache, dass Mädchen aus ökonomisch bessergestellten Elternhäusern öfter einen Männerberuf ergreifen möchten. Deren Eltern kennen die unterschiedliche Bezahlung bestimmter Berufe gut und geben ihr Wissen an die Kinder weiter. Auch weil in diesen Familien eher moderne Geschlechterrollen vermittelt werden, streben die Töchter seltener Frauenberufe an. Zudem neigen Mädchen eher zu Männerberufen, wenn sie vom Vater mehr Informationen über diese Berufe erhalten. Das Vorbild der Mutter hat bei der Berufswahl der Mädchen weniger Einfluss als vermutet. Jungen orientieren sich klar am Vater.
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