Erstellt von Hans-Georg Nelles am 7. Oktober 2006
In seinem neuen Buch „Alles Espresso – Kleine Helden der Alltagsbeschleunigung“ untersucht der Zeitforscher und Professor an der Universität der Bundeswehr München Karlheinz Geißler den Nutzen der Alltagshilfen wie Reißverschluss und Fernsteuerung.
Er stellt fest, dass sie uns weniger entlasten als wir annehmen. Dabei räumt Geißler auch mit der Vorstellung auf, dass wir durch ein höheres Tempo mehr vom Leben haben. Der Teebeutel, das Tempotaschentuch, der Reißverschluss, die Fernsteuerung, der Brüh- und der Suppenwürfel, sogar die Postkarte und auch der Lift, ihnen allen ist gemeinsam, dass sie Zeit sparen. Zumindest erwartet man das von ihnen. Täglich offeriert uns die Werbung ein noch schnelleres, ein noch besseres Produkt.
Aber alle Hoffnungen, alle Sehnsüchte dadurch von den lästigen Mühen des banalen Alltags entlastet zu werden, sind trügerisch. Das Leben wird durch die vielen, kleinen Helden der Alltagsbeschleunigung nicht besser, geruhsamer schon gar nicht, und auch nicht weniger anstrengend. Wir können uns zwar so immer auf der Höhe der Zeit fühlen, aber doch nur um den Preis zunehmender Atemlosigkeit. Die Erwartung, durch mehr Tempo auch mehr von der Welt haben zu können, wird von der Erfahrung dementiert, dass uns die Welt dabei mehr und mehr davonläuft.
Der Kauf eines Computers zum Zwecke der Zeitersparnis ist genauso wenig vernünftig, wie die Einladung eines Kannibalen zum gemeinsamen Essen. Stress, Hektik und Zeitnot werden größer. Die Zeitgewinne, falls sie sich denn einstellen, zeigen sich als äußerst flüchtig. Verurteilt, ihnen immerzu hinterherzuhetzen, fehlt uns schließlich die Ruhe und die Besinnung, jene seltsam widersprüchliche Logik zu durchschauen, bei der das Zeitsparen in mehr Zeitnot, größere Zeitverluste und wachsendes zeitliches Elend umschlagen. So machen wir uns selbst zu Opfern und Tätern eines Zeitgesetzes, das da lautet: Wer die Zeit nicht verlieren kann, dem geht sie verloren.
Das neue Buch erscheint am 9. Oktober im Hirzel Verlag, Stuttgart.
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Erstellt von Hans-Georg Nelles am 7. Oktober 2006
Dort liegt die Tücke dieser Erkrankung. „Es ist schwierig für die Mitarbeiter zu bekennen, ausgebrannt zu sein oder unter Stress zu leiden“, weiß Karin Goldstein, die in der Personalabteilung der Commerzbank für das betriebliche Gesundheitswesen zuständig ist. „Stress ist auch ein Statussymbol, und wer Stress hat, ist unglaublich wichtig.“ Die Bank setzt nach Goldsteins Angaben daher auf ein bundesweites Konzept zur Stressbewältigung und bietet den Mitarbeitern zum Beispiel finanzielle Unterstützung für den Besuch von entsprechenden Seminaren.
Der erste Schritt zur Vermeidung des Burn-out ist nach Einschätzung der Ärzte, sich einzugestehen, dass der Stress ins Ungesunde kippt. Wer erste Warnsignale bei sich entdeckt, sollte seinen Stolz und den Mythos vom „Ich schaffe das schon“ über Bord werfen und zugeben: Es wird mir zuviel. Einen erste Möglichkeit sich selbst zu testen bietet der Burn out Test der Klinik von Manfred Nelting im Internet.
Große Unterschiede im Umgang mit dem Stress gibt es auch zwischen Frauen und Männern. „Männer neigen dazu, sich durchzuboxen, bis sie zusammenbrechen, Frauen hingegen spüren eher, daß etwas nicht stimmt“, belegt auch Bauers Erfahrung. „Frauen schaffen es eher, mit jemandem darüber zu sprechen, dass es so nicht weitergehen kann“, fügt Nelting hinzu. Wenn diese Gespräche aber im Unternehmen gesucht werden, reagieren die Vorgesetzten oft falsch.
Nelting fügt hinzu: „Es ist bekannt, dass wir biologisch von Zuwendung und Anerkennung abhängig sind. Nur dann schüttet das Gehirn Botenstoffe aus, die uns Kraft geben. Wird uns dauerhaft soziale Bestätigung entzogen, fährt das Gehirn die Motivationssysteme herunter.“ Lob hat also direkte Auswirkungen auf den Hormonhaushalt, der die Arbeitsbereitschaft und -fähigkeit steuert. Genauso wichtig wie Nahrung sei die Zufuhr von Respekt und Zuwendung, betont der Experte. Führungskräfte können einen Burn-out so zwar nicht „wegloben“, die Anerkennung für geleistete Arbeit der Mitarbeiter gehört aber zu den wirksamen Mitteln der Prävention.
Quelle FAZ.net
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