dafür setzt sich Christian Meyn Schwarze seit über 20 Jahren ein und macht Väter Vorschläge, welche Bücher sich dafür eignen. Seine Papa-Lese-Liste ist eine Institution. Gestern kam, wie in den vergangenen Jahren auch die über die Feiertage aktualisierte Liste mit den von ihm und seinem Team rezensierten Kinderbüchern.
Beim Öffnen der Mail wird schnell klar, dass es in diesem Januar aber anders ist als sonst. Es ist die letzte Papa-Lese-Liste. Christian schreibt dazu:
„das junge Jahr ist erst ein paar Tage alt und schon
gehen wir zum Alltag mit seinen Herausforderungen über. Ich habe die Zeit
zwischen den Jahren genutzt, um die sogenannte „Papa-Liste“ zu
aktualisieren: welche Titel über aktive Papas gibt es neu, welche über Opas –
welche kommen in den nächsten Monaten heraus.
Das Ergebnis füge ich als Anlage bei, in blau die Titel, die
ich seit der 2023er-Liste neu aufgenommen habe, in grün die Titel, die
demnächst erscheinen sollen.
Besonders gerne weise ich auf zwei Titel auf der Seite 12
hin: „Alles über Väter“ – ich bin gespannt, ob da alle meine Vätertypen
auftauchen, die ich der Papa-Liste vorstelle. Und dann der Titel „Papa liest
vor“ – das Leitmotiv meiner Arbeit, denn mit dieser Papa-Liste möchte ich
den Vätern Lese- und Vorlesestoff anbieten. …
Und wer nun die Anlage genau liest erkennt, dass das
meine „letzte“ Liste ist. Über zwanzig Jahre habe ich mit einem
literarischen Kompetenzteam mehrere hundert Titel gelesen und bewertet. Nun
möchte ich in meinem 71. Lebensjahr andere Herausforderungen annehmen: ich bin
nach der Corona-Pandemie wieder mit meinem Mitmachzirkus unterwegs, lese in
Bibliotheken vor, spiele in Kindertagesstätten mit Vätern und Kindern und nutze
meine Zeit für „Leihenkel-Kinder“, um meiner eigenen Familie dann in ein
paar Jahren Zertifikate als „Opa“ vorlegen zu können.
So ist es also „Papa-Liste, die Letzte“ und bringt
mich zum Nachdenken über „das letzte Mal“: wann habe ich zuletzt einen
Handstand gemacht, wann hat die Waage zum letzten Mal eine niedrigere Zahl
gezeigt, wann habe ich zum letzten Mal eine Bergwanderung gemacht, einen
Sonnenaufgang gesehen. …
Ihr und
Euer Christian“
Christian ist also nicht aus der Welt, auch der Mitmachzirkus ist schon lange Tradition, die Papa-Lese-Liste werden, so denke ich, viele vermissen. Insbesondere die Großväter und ‚Opas‘, die Zeit und Muße haben, ihren Enkeln und Enkelinnen vorzulesen.
Lieselotte Ahnert beschreibt in ihrem Buch ‚Auf die Väter kommt es an‘, wie es Paaren gelingen kann, in gemeinsamer Verantwortung ein Kind großzuziehen und zitiert nach dem Modell von Mark Feinberg fünf Kernelemente:
Zufriedenheit mit der Arbeitsteilung in Haushalt
und Kinderbetreuung
Absprachen zum Umgang mit dem Kind
Aushandlungsprozesse
gegenseitige Unterstützung
Solidarität des Elternpaares
Zu dem Punkt der Arbeitsteilung, der ja seit einigen Jahren
unter der Überschrift ‚Mental Load‘ diskutiert wird, führte Feinberg 2003 unter
anderem aus:
Die zweite Komponente der gemeinsamen elterlichen Sorge
bezieht sich auf die Aufteilung der Pflichten, Aufgaben und
Verantwortlichkeiten im Zusammenhang mit der täglichen Routine bei der
Kinderbetreuung und den Aufgaben im Haushalt sowie auf die laufende
Verantwortung für finanzielle, rechtliche und medizinische Fragen im
Zusammenhang mit dem Kind.
Die meisten Untersuchungen in diesem Bereich haben sich auf
Familien mit zwei Elternteilen, Mutter und Vater, konzentriert. Mütter berichten,
dass die Frage der Hausarbeit der wichtigste Auslöser für Konflikte in der Zeit
nach der Geburt ist. Die Wahrnehmung der Mütter in diesem Bereich scheint von
entscheidender Bedeutung zu sein, wahrscheinlich weil Mütter im Allgemeinen die
meisten Aufgaben im Haushalt übernehmen und die letztendliche Verantwortung für
fast alle kinderbezogenen Fragen tragen.
Die Wahrnehmung der Mütter, dass die Beiträge der Väter fair
sind, steht in Zusammenhang mit einer höheren Ehequalität während des Übergangs
zur Elternschaft, während die Wahrnehmung von Ungerechtigkeit mit einer
geringeren Ehequalität verbunden ist. Die Wahrnehmung der Arbeitsteilung bei
der Kindererziehung durch Mütter oder Väter ist jedoch für sich genommen nicht
aussagekräftig für die Anpassung der Eltern oder des Paares. In diesem Bereich
geht es um die Zufriedenheit: Sind die Eltern sowohl mit dem Prozess des
Aushandelns von Verantwortlichkeiten als auch mit der daraus resultierenden
Aufteilung zufrieden?
Die Zufriedenheit ergibt sich daraus, inwieweit die
Arbeitsteilung mit den Erwartungen und Überzeugungen der Eltern in Bezug auf
ihren Beitrag zur Kindererziehung übereinstimmt. Die Diskrepanz zwischen den
Erwartungen beider Elternteile und der Wahrnehmung der Verantwortung für die
Kinderbetreuung steht in signifikantem Zusammenhang mit Depressionen und der
Anpassung der Ehe beider. Wenn die Erwartungen nicht erfüllt werden, kann ein
Gefühl der Ungerechtigkeit und des Grolls entstehen, was zu erhöhtem
elterlichen Stress führt, der eine warme, einfühlsame Interaktion mit dem Kind
beeinträchtigen kann.
Vom 16. Mai bis zum 14. Juni zeigte die LAG Väterarbeit NRW
in der Zentralbibliothek in Düsseldorf Schwarz-Weiß-Fotografien von Vätern und
ihren Kindern. Martin Moog, Fotograf aus Frankfurt, der seit knapp 20 Jahren
als ‚Tagesvater‘ arbeitet, hat Väter mit ihren Kindern und Männer, die in
verschiedenen Situationen für Kinder Verantwortung übernommen haben,
porträtiert. Seine Fotografien zeichnen ein Bild davon, wie ‚engagierte
Vaterschaft‘ aussehen kann und welche Zufriedenheit Männer und Kinder in dieser
Zweisamkeit ausstrahlen.
Das Selbstverständnis von Vätern sowie die Zuschreibungen
und Erwartungen an sie sind seit Jahrzehnten im Wandel. Väter wollen gute Väter
sein, von Anfang an für ihre Kinder da sein, ihre Entwicklung aktiv begleiten,
es besser machen als ihre eigenen, vielfach abwesenden Väter.
Im Alltag fällt es ihnen, auch aufgrund von unpassenden Rahmenbedingungen, schwer,
diese Vorstellungen zu leben. Die Bilder sind auch eine Ermutigung, diese
Wünsche nicht vorschnell aufzugeben.
Konfrontiert und ergänzt wurden die Fotografien mit Aussagen
von Vätern sowie Zahlen und Fakten zu den vielfältigen Lebenswirklichkeiten von
Vätern in NRW.
Eröffnet wurde die Ausstellung am Dienstag, den 16. Mai mit einer Lesung von Tillmann Prüfer, Autor des Buchs ‚Vatersein, Warum wir mehr denn je neue Väter brauchen‘ und der Zeit Kolumne ‚Prüfers Töchter‘ Im Gespräch mit dem Vorsitzenden der LAG-Väterarbeit, Hans-Georg Nelles hat er unter anderem die Geschichte der existierenden ‚Väterbilder‘ skizziert und dargelegt, dass es nur eine Person auf der Welt gibt, die einem Mann beibringen kann, wie gutes Vatersein geht: … das eigene Kind.
Zuvor hatte Norbert Kamp, Leiter der Bibliotheken in Düsseldorf,
in seinem Grußwort auf die Aktualität und gesellschaftliche Bedeutung des ‚Väterthemas‘
hingewiesen und Martin Moog etwas zur Idee und Entstehungsgeschichte der Fotografien
erzählt. Der Ort der Ausstellung, der ‚Freiraum‘ befindet sich im
Eingangsbereich der Zentralbibliothek gegenüber der Düsseldorfer Hauptbahnhofs.
Pro Monat hat die Bücherei etwa 100.000 Besucher.
Zum Abschluss der Ausstellung gab es am 12. Juni eine Finissage mit Fabian Soethof. „Väter können das auch!“, der Titel des Buchs von Fabian Soethof ist eine klare Ansage. Es ist wirklich Zeit, Familie gleichberechtigt zu leben. Die Fragen und Zweifel, die in dem Zusammenhang auftauchen drehen sich eher um das Wollen und Dürfen. Das wurde auch bei dem Talk und im Gespräch mit den Zuhörenden deutlich
Väter und Mütter wollen raus aus den traditionellen Mustern,
Erwartungen und Klischeefallen, das Vater- und Elternsein anders gestalten als
die eigenen Eltern. Das ist eine große Chance, aber auch eine Herausforderung,
die nicht nur aus unpassenden strukturellen Rahmenbedingungen besteht.
Fabian Soethof begleitet seine Leser:innen bei den
anstrengenden und verunsichernden Prozessen, Gewohntes in Frage zu stellen und
eigene Vorstellungen von Mann- und Vatersein auf den Prüfstand zu stellen.
Gleichzeitig inspiriert und ermutigt er Väter und Mütter, miteinander neue Wege
zu gehen.
Als die drei wichtigsten Punkte auf dem Weg zu mehr
Gleichberechtigung benannte er:
Privilegien,
patriarchale Strukturen, Rollenbilder und Ungerechtigkeiten erkennen: Nur
wer weiß, wie vergleichsweise gut er oder sie es hat, kann dafür sorgen,
dass es anderen auch mal besser geht.
Es
gibt kein Wissens-, sondern ein Handlungsdefizit: Fast alles, was in
meinem Buch steht, ist seit Jahren bekannt. Theoretisch steht
Gleichberechtigung also nichts mehr im Wege – praktisch unter anderem das,
was ich auf die erste Frage hin antwortete.
Das
Private ist politisch (und umgekehrt): Nur wer Gleichberechtigung
selbstverständlich in der Familie und von dort hinaus vorlebt, kann zu
einem Rollenwandel beitragen. Und nur, wer von Politik und Wirtschaft
dabei hinreichend unterstützt wird, kann sein Privatleben ändern.
Da es während der Ausstellung schon Fragen danach gab: die Ausstellung kann ausgeliehen und an anderen Orten gezeigt werden. Nachfragen können Sie gerne an die LAG-Väterarbeit stellen, die Ihr Vorhaben in NRW gerne unterstützt.
Der Titel des Buchs von Fabian Soethof ist eine klare
Ansage. Es ist wirklich Zeit, Familie gleichberechtigt zu leben. Die Fragen und
Zweifel, die in dem Zusammenhang auftauchen drehen sich eher um das Wollen und
Dürfen.
Klar wollen Väter und Mütter raus aus den traditionellen
Mustern, Erwartungen und Klischeefallen, das Vater- und Elternsein anders
gestalten als die eigenen Eltern. Das ist eine große Chance, aber auch eine
Herausforderung, die nicht nur aus unpassenden strukturellen Rahmenbedingungen
besteht.
Fabian Soethof begleitet seine Leser*innen bei den
anstrengenden und verunsichernden Prozessen, Gewohntes in Frage zu stellen und
eigene Vorstellungen von Mann- und Vatersein auf den Prüfstand zu stellen.
Gleichzeitig inspiriert und ermutigt er Väter und Mütter, miteinander neue Wege
zu gehen.
Fabian Soethof, 1981 am Niederrhein geboren, schloss ein
Studium als Kulturwirt und Kulturjournalist in Duisburg und Berlin ab und
schreibt u.a. für den Tagesspiegel, Mens Health Dad und Süddeutsche Zeitung. Seit
2016 leitet die Online-Redaktion des Musikexpress. Mit www.newkidandtheblog.de
war er einer der ersten bloggenden Väter. Soethof lebt mit Frau und zwei Söhnen
in Berlin.
Fotografien von Martin Moog mit Texten und Impulsen zur
Vielfalt von Vätern in NRW
Das Selbstverständnis von Vätern sowie die Zuschreibungen
und Erwartungen an sie sind seit Jahrzehnten im Wandel. Väter wollen gute Väter
sein, von Anfang an für ihre Kinder da sein, ihre Entwicklung aktiv begleiten,
es besser machen als ihre eigenen, vielfach abwesenden Väter.
Im Alltag fällt es ihnen, auch aufgrund von unpassenden Rahmenbedingungen, schwer,
diese Vorstellungen zu leben.
Martin Moog, Fotograf aus Frankfurt, der seit knapp 20
Jahren als ‚Tagesvater‘ arbeitet, hat Väter mit ihren Kindern und Männer, die
in verschiedenen Situationen für Kinder Verantwortung übernommen haben,
porträtiert. Seine Fotografien zeichnen ein Bild davon, wie ‚engagierte
Vaterschaft‘ aussehen kann und welche Zufriedenheit Männer und Kinder in dieser
Zweisamkeit ausstrahlen.
Konfrontiert und ergänzt werden die Fotografien mit Wünschen
von Vätern sowie Zahlen und Fakten zu den vielfältigen Lebenswirklichkeiten von
Vätern in NRW.
Ausstellungseröffnung
Dienstag, 16. Mai, 19 Uhr
Tillmann Prüfer, Autor des Buchs ‚Vatersein, Warum wir mehr
denn je neue Väter brauchen‘ und der Zeit Kolumne ‚Prüfers Töchter‘ wird im
Gespräch mit dem Vorsitzenden der LAG-Väterarbeit darlegen, warum Feminismus
eine große Chance für Väter ist, auch ihr Schweigen zu brechen und aus dem
aktuellen Buch lesen.
Ausstellungszeitraum
Dienstag, 16. Mai bis Mittwoch, 14. Juni, Freiraum im KAP1
Eine Ausstellung der Landesarbeitsgemeinschaft Väterarbeit in NRW im Rahmen der ‚Tage der Familie‘ des Ministeriums für Kinder, Jugendliche, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes NRW.
In der Generation der heutigen Großväter lag die Kindererziehung
vielfach noch in den Händen der Frauen. Für die Väter von damals heißt
das aber nicht, dass sie sich heute als Großvater wieder in die Ränge
verweisen lassen. Der Altersforscher Eckart Hammer hat vor fünf Jahren
ein Buch über Großväter geschrieben. Im INterview mit der Süddeutschen
Zeitung hat er seinerzeit erklärt, warum ein Opa, der sich in die
Betreuung der Enkel einbringt, nicht nur den Kindern nützt, sondern auch
sich selbst etwas Gutes tut.
„Herr Professor Hammer, wenn es um Großeltern geht, ist häufig nur von der Oma die Rede. Warum kommen die Opas seltener vor?
Großväter hatten mal eine Konjunktur Anfang des 19. Jahrhunderts. Da
galten sie als gütige Ratgeber, alte Weise im Lehnstuhl. Dann wurde
dieses Bild allmählich verdrängt von der guten Großmutter. Der Mann
geriet in den Hintergrund, als der distanzierte, strenge Großvater, den
man nicht anfassen kann.
Warum verändert sich das jetzt?
Das hat auch mit der Entwicklung der Bevölkerung zu tun. Großväter
haben heute so viel Zeit mit ihren Enkeln wie zu keiner Zeit zuvor. 1890
haben zwei Drittel aller Kinder keine Großeltern erlebt. Heute liegt
das Durchschnittsalter, um Großvater zu werden, bei 56. Zugleich gehen
viele Arbeitnehmer früher in den Ruhestand. Und beeinflusst durch die
1968er-Jahre haben sie häufig auch den gleichen Anspruch, für ihre Enkel
da zu sein, wie die Großmutter. Opas wollen Gleichberechtigung.
Diesen Anspruch durchzusetzen, ist aber manchmal gar nicht so
einfach. Häufig steht die Großmutter immer noch im Mittelpunkt, wenn es
um die Versorgung der Enkel geht.
Das stimmt. Es geht darum, von Anfang an mitzumachen und nicht erst
zu warten, bis die Kinder Fußball spielen können. Männer können auch
wickeln. Das sollten sie selbstbewusst formulieren und vor allem
durchhalten. Wenn das Baby dann mal einen Mucks macht, darf man es eben
nicht gleich in die Arme der Großmutter oder Mutter geben, sondern kann
sagen: Nee, das mache ich jetzt. Was manchmal auch hilft, sind separate
Tage für Oma und Opa. So kann jedes Großelternteil seine eigene
Beziehung zum Kind aufbauen.
Wie bereitet man sich auf die Rolle als Großvater vor?
Es ist gut, vorher darüber nachzudenken: Wie viel möchte ich tun?
Möchte ich regelmäßig auf mein Enkelkind aufpassen? Außerdem sollte man
noch in der Schwangerschaft mit den künftigen Eltern besprechen, welche
Erwartungen sie haben. Die künftigen Großeltern dürfen auch ehrlich
sagen, dass man lieber nur einen Tag pro Woche oder nur ab und an
aufpassen möchte. Ich rate auch, daran zu denken, dass die aktive
Großelternrolle nur eine Durchgangsphase ist. Wer nichts mehr macht
außer Opa zu sein, steht am Ende möglicherweise mit leeren Händen da,
weil die Enkel größer werden und nicht mehr so viel kommen.
Sich um Enkel zu kümmern, ist ja auch anstrengend. Warum soll man sich das überhaupt antun?
Für viele Männer ist es der zentrale Ruhestandssinn. Sie haben da
noch einmal etwas, das sie zutiefst beglückt. Nämlich dass da ein
kleiner Mensch ist, für den man ganz wichtig ist. Der Sozialpsychiater
Klaus Dörner hat einmal gesagt: „Jeder Mensch braucht seine Tagesdosis
an Bedeutung für andere.“ Gerade für Männer, die die Erziehung der
eigenen Kinder ihren Frauen überlassen haben, ist es zudem eine große
Chance. Sie können noch einmal Dinge erleben, wie auf dem Boden zu
liegen, mit einer Eisenbahn zu spielen oder mit Sandkastenförmchen zu
backen. Eben alles, was man nur mit Kindern erleben kann und darf, es
aber aus anderen Gründen versäumt hat.
Das klingt, als sei Opasein gut für die Gesundheit.
Unbedingt. Es gibt die vier „L“, die nachweislich dafür sorgen, dass
man im Alter länger gesund und fit bleibt: Das Lernen, also zum Beispiel
neugierig zu bleiben wie ein Kind. Das Laufen, also die Bewegung, für
die Enkel ebenfalls sorgen, weil sie uns auf Trab halten. Das dritte „L“
ist die Liebe, damit sind soziale Beziehungen gemeint: Gut eingebundene
Menschen leben nachweislich länger. Und das vierte „L“ steht für das
Lachen. Spaß zu haben mit den Kindern und ihnen den Spielraum zu geben,
den ein strenger Vater erst mal noch etwas Mühe hat, zu gewähren.
Und nützt es auch den Enkeln, wenn sich der Großvater aktiv einbringt, oder ist das egal – Hauptsache, Großeltern sind da?
Nein. Großväter sind ganz wichtige Partner für die Kinder – gerade in einer so frauendominierten Erziehungswelt. Die Kindergärten und Schulen sind ja zum Beispiel überwiegend weibliches Terrain. Und es ist auch immer noch so, dass die Väter häufig mehr arbeiten als die Mütter. Männliche Bezugspersonen sind aber als zweiter Pol sehr wichtig für Kinder.“
… es gibt eine neue Papa-Lese-Liste von Christian Meyn-Schwarze
„Keiner erzählt die Gutenachtgeschichte so lebendig wie Großvater. Es
lag an seiner Stimme, eine Stimme, die die Kinder noch lange hörten.
Kaum hat er an diesem Abend die Gutenachtgeschichte für seinen Enkel
angefangen, kommen die Tiere aus der Geschichte eins nach dem anderen
ins Zimmer gesaust und versammeln sich ums Bett. Leider schläft der
Großvater mitten im Erzählen erschöpft ein. Leise macht sich der Junge
mit dem Reh, dem Hirschen, dem Hasen, dem Wildschwein und dem
Eichhörnchen auf, um die Geschichte der Jägerin zu einem guten Ende zu
bringen. Opa und Enkel im kleinen Haus am Waldrand und die Tiere des
Waldes …“
Dies ist nur eine von mehr als 300 Kurzrezensionen, mit der Christian Meyn-Schwarze seit über 20 Jahren in seiner ‚Papa-Lese-Liste‘
Kinderbücher für und über Väter in allen Lebenslagen vorstellt und
Väter ermutigt, mit ihren Kindern zu lesen und ihnen vorzulesen.
Und da Christian jetzt im ‚Opa-Alter‘ ist, nimmt der Anteil der
‚Opa-Bücher‘ zu. Denn Großväter können mit ihrer Zeit und ihrer
Lebenserfahrung wichtige fördernde und fordernde Bezugspersonen –
besonders für Jungs – werden. Allein 6 neue Titel sind in dieser Rubrik
dazugekommen.
Die Liste ist sicherlich nicht vollständig und subjektiv, die
Bewertung der Bücher und anderer Medien zum Teil sehr persönlich aber in
jedem Fall eine optimale Möglichkeit, sich über Kinderbücher zu
informieren.
Und da gute Kinderbücher in vielen Fällen schnell vergriffen sind, empfiehlt er, bei Neuerscheinungen schnell zuzugreifen und für diejenigen, die leer ausgehen hält er einen besonderen Service bereit: er hat alle Bücher der Leseliste gesammelt und man kann sie bei ihm ausleihen.
‚Vatersein‘ lautet der Titel des dritten Buchs von Tillmann
Prüfer, dessen Kolumne ‚Prüfers Töchter‘ seit vier Jahren wöchentlich im
ZEITmagazin zu lesen ist. Im Untertitel heißt es dann appellativ ‚Warum wir
mehr denn je neue Väter brauchen‘. Also noch ein weiteres Buch, dass Vätern den
Widerspruch zwischen Wollen und Handeln aufzeigt?
Die Antwort lautet Ja und Nein. Prüfer nimmt die Messlatte ‚Bedeutung der Väter
für die Entwicklung ihrer Kinder‘ und konfrontiert die Leser*innen mit den
daraus folgenden Ansprüchen und der oft lauen Performance von Vätern. Auf der
anderen Seite beleuchtet er aber auch die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen,
Erwartungen und Zuschreibungen an Väter und die damit verbundenen Ambivalenzen,
die noch allzu oft zugunsten des Ernährer Mannes aufgelöst werden. Dabei
bleiben die Ansprüche ans gute Vatersein, auf jeden Fall besser als der eigene
Vater, auf der Strecke.
Authentisch wirken die von Tillmann Prüfer formulierten
Ansprüche vor allem dadurch, dass er in einem Erzählstrang seine eigene
Auseinandersetzung mit dem Vater werden und sein reflektiert. Dazu gehört auch
das Scheitern der ersten Beziehung. In einem Doppelinterview in der aktuellen
Ausgabe des STERN, mit ihm und seinem Vater, äußert dieser auf die erste Frage,
„Herr Prüfer, ist Ihr Sohn Tillmann ein guter Vater?“ „Er gibt sich die größte
Mühe, und ich denke, er macht es sehr gut.“
Dazu, was einen guten Vater ausmacht, schreibt der Sohn an verschiedenen
Stellen seines knapp 200 Seiten umfassenden Buches, aber zunächst einmal ein
kurzer Blick in das Werk.
Im ersten Abschnitt skizziert der Autor die Entstehung und
Geschichte der existierenden Väterbilder und wirbt dafür, den Feminismus als Chance
für Väter zu betrachten, denn die patriarchale Gesellschaft bringe keineswegs
allen Männern in gleicher Weise Vorteile. Es gehe nicht darum von außen auf
sich zu blicken, in Wettbewerb mit anderen zu treten, um im Benchmarking gut
dazustehen und dieses Konkurrenzdenken auf das Vatersein zu übertragen. „Es
gibt nur eine Person auf der Welt, die einem beibringen kann, wie gutes
Vatersein geht: das eigene Kind.“ Auf der anderen Seite ist die Rolle, „die man
als Vater für sein Kind spielt, die wichtigste, die man je im Leben spielen
wird.“ Und ein Vater der einfühlsam und interessiert ist, hilft seinen Kindern
am meisten.
Im zweiten Abschnitt beschreibt Prüfer die Hindernisse, die
einem glücklichen Vatersein im Weg stehen. Da sind zunächst einmal die
Widersprüche und Ambivalenzen zwischen den Sphären Beruf und Familie, die auf
den ersten Blick dazu (ver-)führen, es keinem Recht machen zu können. „Es
scheint klar, dass man etwas anderes machen möchte als früher, machen muss.
Doch die Orientierung fällt schwer. Es gibt so viele Ansprüche an den sogenannten
neuen Vater, dass es unmöglich ist, allem gerecht zu werden.“ Zumal es Vätern
immer noch an Vorbildern mangelt.
Den Vätern gut zuzureden, mehr Interesse für die Kinder zu
zeigen und ihre Wünsche, mehr Zeit mit ihnen zu verbringen einfach zu
verwirklichen, genügt nach Ansicht von Prüfer nicht. Dazu braucht es „eine
Anstrengung beider Partner – und der ganzen Gesellschaft.“ Zu wissen, dass die
Rollenzuschreibung guter Vater = guter Ernährer nichts ist, was schon immer so
war ist hilfreich. „Wir sind es geworden. Und genauso können wir auch etwas
Neues werden. Wenn wir es denn wagen.“ Dazu ermutigt Prüfer Väter, auch in Gesprächen
über sein Buch wie hier zum Beispiel in der ZDF Sendung ‚Hier und heute‘: „…
reden Sie mal mit anderen Männern darüber. Männer reden mit anderen Männern
kaum über diese Themen, das ist Ihnen irgendwie … da fühlen sie sich schwach,
da sind sie unsicher. Sie reden über Alles andere, aber nicht über die Dinge,
die sie auch seelisch verletzen und bedrücken oder unsicher machen und ich
glaube, wenn sich Väter nur einigermaßen so vernetzt hätten, wie das Frauen
schon lange machen und sich Hilfe holen, dann würde sich viel ändern.“
Im Buch bietet er Vätern im dritten Teil einen ‚Werkzeugkasten
für den modernen Vater an‘. Darin befinden sich 12 Werkzeuge und ein ‚Universalschlüssel‘.
Die einzelnen Werkzeuge reichen von ‚Mach dir einen Plan‘, ‚Lerne vom Kind‘
über ‚Trau dich zu fühlen‘ bis hin zu ‚Mach Fehler und steh dazu!‘ und ‚Beschütz
dein Kind und lass es los‘.
Zu jedem Werkzeug gibt es ausführliche Anwendungsbeschreibungen,
die durch wissenschaftliche Anmerkungen und Zitate unterlegt sind. Beim ‚Werkzeug
9: Rede und hör zu‘ erfährt man, dass Kinder neue Wörter eher von Vätern lernen
als von Müttern. Da Väter weniger Zeit mit Kindern verbringen, müssten sie erst
einmal lernen, sich mit den Kindern zu verständigen. Auf dem Weg dahin lernen
auch Kinder eine Menge.
Das Universalwerkzeug beinhaltet die Aufforderung an Väter ‚Mach was!‘, „denn
die Vatererfahrung findet nicht nur durch Wörter statt, sondern vor Allem durch
Taten. Taten kann man fühlen, hören, riechen, sehen.“
Im vierten und letzten Teil des Buches zeichnet Prüfer
anhand der Entwicklungsstufen einer jeden Vaterschaft ‚Jeder Vater fängt ganz klein
an: Kleinkindpapa‘ bis zum leeren Nest ‚Tschüss Alter! Wenn die Kinder ihre
Väter nicht mehr so sehr brauchen‘ die Möglichkeiten auf, als Vater
mitzuwachsen.
„All diese Konfrontationen, die kleinen Katastrophen, die ständigen
Herausforderungen und Niederlagen, im Wechsel mit minimalen Erfolgen, die
machen etwas mit Vätern. Wer Vater wird, der verändert sich.“
Eingestreut in diesen Lebensreigen ist das Kapitel ‚Kein
neuer Vater ohne eine neue Mutter‘. Seine These: Es wird „keinen neuen Vater
geben, wenn die Partnerin ihm keinen Raum gibt, diese Rolle auszufüllen. Der
Autor setzt sich mit dem Phänomen des ‚Maternal Gatekeeping‘ auseinander und
geht dabei auch auf den Shitstorm ein, den der Spiegel-Beitrag ‚Papa kann das
schon alleine! Was moderne Väter hinkriegen – wenn Mütter sie lassen‘ im Sommer
2021 ausgelöst hat. In der Spiegelrezension schreibt Tobias Becker dazu „Prüfer gelingt das
Kunststück, über sogenanntes Maternal Gatekeeping zu schreiben, ohne die
Väter aus der Pflicht zu entlassen“ und macht deutlich, dass er immer noch
nicht verstehen will, das mit der Beschreibung von ‚Maternal Gatekeeping‘ keine
Schuldzuschreibungen verbunden sind, sondern Verhaltensweisen in einem
komplexen System analysiert werden.
Im allerletzten Kapitel spricht Tillmann Prüfer noch einmal eine
Ermutigung aus ‚Trau dich Papa!‘ und weist darauf hin, dass die
gesellschaftliche Wahrnehmung der Vaterrolle offensichtlich problematischer ist
als die tatsächlich empfundene Nähe von Kindern zu ihren Vätern. „Wahrscheinlich
haben wir heute die besten und um ihre Kinder am meisten besorgten Väter, die
es jemals in der Geschichte westlicher Länder gegeben hat.“ Aber das ist vor
allem auch eine Frage der (Selbst-)Wahrnehmung. „Wenn ich jemand sein kann, an
den die Kinder glauben, obwohl ihnen gerade der Glaube an etwas fehlt. Dann
werde ich ein guter Vater sein“ lautet der vorletzte Satz in dem Buch. Ich
denke, es reicht, wie Heinz Walter vor 15 Jahren in dem Sammelband ‚Vater wer
bist du?‘ beschrieben hat, ein ‚hinreichend guter Vater‘ zu sein. Aber das
entscheiden ja die Kinder und die haben andere Maßstäbe als die Väter selber
und das Feuilleton.
Ich kann den Band von Tillmann Prüfer, jedem empfehlen, der sich mit den Herausforderungen mit denen Väter und Mütter, die es anders mache möchten als es bislang ‚normal‘ ist, konfrontiert sind, auseinandersetzen möchten. Sie werden dabei en passant auch mit spannenden Erkenntnisse der Väterforschung belohnt.
Marius Kronsberger hat einen schonungslos ehrlichen Bericht
über seine 365 Tage Elternzeit mit den Zwillingen Franz und Isa geschrieben. Unter
der Überschrift ‚Von einem der heimging um bei seinen Kindern zu sein‘
schildert er, was ein Jahr Elternzeit mit ihm als Papa gemacht haben und fasst
im letzten Teil des Buches, am Ende der Elternzeit, seine Erfahrungen zusammen
und ermutigt zukünftige Papas, ebenfalls möglichst lange und alleine Elternzeit
zu machen.
Aber der Reihe nach. Ein beschissener Anfang, Franz kotzt,
er hat Magen Darm und … die erste Woche zieht sich bis zum ‚ockerfarbenen
Freitag‘. Kronsberger führt während seiner Elternzeit Tagebuch und zitiert beschissene
und freudige Erlebnisse. Dabei fasst er seine Erlebnisse in den unterschiedlichen
Phasen der Elternzeit thematisch zusammen und verdichtet diese.
Zum Beispiel ‚Das Denken der Anderen‘: „Die Leute gucken. Sie
gucken mich an und die Kinder. Es gibt unterschiedliche Reaktionen. Oft
bekommen wir ein Lächeln geschenkt, insbesondere von älteren Frauen. Männer,
vor allem jüngere, grinsen manchmal doof.“ Diese Blicke und die Gespräche, die
sich manchmal daraus entwickeln spiegeln den Blick auf einen Vater in
Elternzeit in einer deutschen Kleinstadt wider. „Im Kern meinen es die meisten
Menschen ja gut mit uns, selbst wenn sie über mein Geschlecht verwundert sind.“
Das alles erlebt der Autor im Jahr 2020, vierzehn Jahre nach
der Einführung des Elterngeldes können sich manche Menschen sich immer noch
nicht vorstellen, dass ein Vater das freiwillig macht. Aber damit kann der
Autor nach einer Weile gut umgehen. Was ihn, und alle anderen Mütter und Väter
aus den Socken haut, sind die Meldungen vom Freitag, den 13. März 2020: Für
Montag wird der erste Lockdown verbunden mit der Schließung der Kitas und
Schulen und der Sperrung der Spielplätze verhängt.
„Ich habe keine Ahnung, wie ich die nächsten fünf Wochen mit
drei Kindern zu Hause und ohne Aktivitätsangebote überstehen soll. Das wird
echt hart.“ Ja das war hart und Kronsberger beschönigt nichts. „Die globale
Kris ist vermutlich noch lange nicht beendet. Meine aber zum Glück schon. Ich
bin wieder zu Kräften gekommen, bin nicht mehr so dünnhäutig. Am Ende gehe ich
gestärkt und mit dem Wissen um eine Grenzerfahrung aus dieser Zeit.“
Die Erfahrungen führen zu einem Perspektivwechsel, den der
Autor nicht nur möglichst vielen Vätern, sondern auch vielen Führungskräften an
Herz legt. Sie würden mit den Anliegen ihrer Mitarbeitenden anders umgehen,
wenn sie einmal selbst verantwortlich mit diesen vermeintlichen Lappalien umgehen
müssten.
Dieser Perspektivwechsel hat einen Preis, auch das spricht
Kronsberger ehrlich an. Er hat sich am Ende der Elternzeit dafür entschieden,
nicht in Vollzeit in den Job zurückzukehren. Die Erfahrungen der Elternzeit
haben ihm geholfen, den gesellschaftlichen Druck der Arbeitswelt abzustreifen. „Die
Angst um den Job war eine der größten Hürden.“ Aber, „die Nähe zu meinen
Kindern und die Zeit mit ihnen sind mir mehr wert als ein großer
Karriereschritt.“
Die Erfahrungen sind aber auch für Arbeitgebende attraktiv:
Er sei mit viel mehr Wassern gewaschen als vorher und die Persönlichkeit ist in
vielen Facetten gereift. So beschreibt er fast bescheiden den Zuwachs an sozialen
Kompetenzen, die Mann, und natürlich auch Frau im täglichen Umgang mit Kindern erwirbt
und weiter entwickelt.
Vor diesem Hintergrund ist das ‚Sendungsbewusstsein‘ mit dem
er andere (werdende) Väter ermutigen möchte, diese Erfahrungen auch zu machen
nur zu verständlich.
„Nimm richtige Elternzeit, weil: sie dich verändern wird, du
eine völlig neue Perspektive auf das Leben kennenlernen wirst, deine Grenze
zwischen wichtig und unwichtig verschoben wird, diese Zeit eine riesige Chance
ist (und zwar für dich) und du danach eine enge Beziehung zu deinen Kindern
hast, die du anders nicht erreichen kannst!“
Um den Vätern ihre Entscheidung zu erleichtern, fasst er am
Ende seine Erkenntnisse in ‚10 Soft Skills‘ zusammen. Der Hinweis mit dem
Gefrierschrank stammt aus dem siebten: „Löse Probleme erst, wenn du sie hast.“
Das können Väter getrost auch auf ihre Sorgen bezüglich der
Reaktion ihres Arbeitgebenden auf den Wunsch länger als zwei Monate in
Elternzeit gehen zu wollen, beziehen. Freudensprünge werde in der Regel ausbleiben,
aber das Gespräch wird sich schnell um die Frage drehen, wie eine gute Lösung
für die Zeit der Abwesenheit gefunden werden kann.
Das Buch von Marius Kronsberger liefert ansonsten alle Argumente,
die ein Vater braucht, sich für diesen Schritt zu entscheiden und gemeinsam mit
der Partnerin auszuhandeln, wer, wann was in welchem Umfang macht. Eine gleichmäßige
Aufteilung von Erwerbs- und Carearbeit führt, das soll nicht verschwiegen
werden, auch zu einer Steigerung der Partnerschaftsqualität.
Das knapp 150seitige Buch von Marius Kronsberger ist in meinen Augen ein ‚must read‘ für werdende Väter und jede und jeder, der sich fragt, was er einem solchen schenken kann, ist mit 14,90 € dabei.
Die digitale und kulturelle Transformation eines Geschäftsbereichs starten und umsetzen, dabei eine inspirierende und motivierende Führungskraft sein, eine Partnerschaft auf Augenhöhe führen und über allem ein aktiver Vater die beiden Söhne sein.
In seinem Buch ‚Working Dad, Vereinbarkeit von Familie und
Karriere leben‘ beschreibt Roman Gaida ehrlich und authentisch seinen Weg, den
er gegangen ist, um das alles hinzubekommen aber auch seine Ängste und Zweifel,
mit denen er sich an entscheidenden Abzweigungen auseinandergesetzt hat.
Die Erfahrungen, die er dabei gemacht hat beschreibt er
ausführlich und lässt den Leser und natürlich auch die Leserinnen daran teilhaben.
Am Ende fast jedes der 45 Kapitel gibt es ‚Tools‘. Hacks‘ oder Checklisten, die
den Abschnitt zusammenfassen und leicht anwendbare Werkzeuge darstellen.
Am Anfang steht diese Erkenntnis „Was einem auch niemand sagt,
ist, wie es einen Mann verändert, wenn er Vater wird. Natürlich nehmen wir uns
vor, ein guter Vater zu sein. Ein Vater, der da ist, sich um die Familie
kümmert und trotzdem weiter an seiner Karriere schraubt. Aber die Realität
sieht ganz anders aus.“
Wichtig ist es, dass jeder Vater für sich entscheidet, was für ihn
Sinn macht oder besser noch die Leidenschaft brennt. Und „vor allem für uns
Väter ist es an der Zeit, Karriere neu zu definieren – weg von
gesellschaftlichen Normen und vermeintlichen Selbstverständlichkeiten hin zu
individuellen Lebensmodellen“.
Und dies ist ja in einer Partnerschaft nicht nur eine Karriere,
eine berufliche Entwicklung. Es geht darum, in einem kurzen Lebensabschnitt,
der Rushhour des Lebens, die Beziehung zur Partnerin, die Bindung zu den
Kindern und die Verantwortung im Job in einen guten Rhythmus zu bekommen. Karriere
ist nämlich auch, und das steht nicht im Buch, wenn die Beziehung hält.
Für die Beziehung zu den Kindern braucht vor allem Zeit, „die Entscheidung
fällt auf dem Spielplatz“ zitiert der Autor Björn Süffke. Wichtig sei die emotionale Präsenz als Vater,
„die wir nur in allen Facetten des täglichen Lebens bieten
können. … Unsere Gefühle, die
schönen und eben auch die nicht so schönen, unsere Ängste, Freuden, Trauer – und ja, auch wenn wir mal nicht
mehr weiterwissen – machen uns zu einem Menschen.“
Dafür müssen Entscheidungen getroffen werden und die haben
Konsequenzen bzw. einen Preis. Eine Entscheidung, die jeder werdende Vater für
sich und gemeinsam mit seiner Partnerin treffen muss, und zwar rechtzeitig, ist
die Inanspruchnahme der Elternzeit und die Verteilung von bezahlter Erwerbs-
und unbezahlter Familienarbeit, die faire Aufteilung von Financial und Mental
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„Wenn wir erst miteinander darüber sprechen, wer sich nun zu Hause
um alles kümmern soll, wenn das Baby schon da ist, dann sind Chaos und eine
Beziehungskrise vorprogrammiert. Mama bleibt zu Hause, und Papa geht zur
Arbeit. In einigen Fällen mag das beide auf Dauer glücklich machen, aber in
vielen Fällen eben nicht. Weder Väter noch Mütter wollen sich heute in die
Schublade der alten Geschlechterrolle quetschen lassen, um stillschweigend
Vorgelebtes zu wiederholen. Mütter möchten völlig zu Recht ihre ebenfalls
mühsam aufgebaute Karriere nicht ganz begraben. Väter wollen nicht das
Gewohnheitsrecht der F rauen auf die Kindererziehung akzeptieren. Neue Väter
brauchen auch neue Mütter. Kommunikation und Abstimmung bereits vor dem ersten
Kind kann helfen, nicht in diese Vereinbarkeitsfalle zu tappen.“
Das ist auch seit über 25 Jahren ein Grundsatz meiner
Beratungsarbeit in dem Feld. Diese Fragen müssen auf Augenhöhe verhandelt
werden, wenn beide im Job sind.
Und was die Elternzeit angeht, braucht es auch 15 Jahre nach ihrer
Einführung in Deutschland noch viel Ermutigung. Gaida hat sie nach der Geburt
seiner beiden Söhne nicht in Anspruch genommen.
„Nicht weil mich mein neuer Arbeitgeber davon abgehalten hätte
oder die Signale dafür negativ waren, sondern schlichtweg, weil ich Angst
hatte, es könnte alles, was ich mir bis dahin aufgebaut hatte, zerstören. Seit
meiner Zeit an der Maschine in Schichtarbeit hatte ich so viel investiert, um
im Management zu landen. Das wollte ich jetzt nicht leichtfertig verspielen.“
Mit dieser Angst Mit der Angst, stehe er jedoch nicht allein da und
führt eine Befragung der Soziolog:innen Thordis Reimer und Mechthild Oechsle aus dem Jahr 2017 an, nach der 45%
der Väter befürchten, das eine
Elternzeit sich negativ auf ihre berufliche Entwicklung auswirken könnte.
Das dem
nicht so ist hat ein Jahr zuvor Mareike Bünning, wissenschaftliche
Mitarbeiterin am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB), in
einer Studie herausgefunden. Wenn Väter Elternzeit nehmen, wirkt sich das nicht
negativ auf die Entwicklung ihrer Löhne aus. Wählen Väter dagegen Teilzeit, um
Beruf und Familie besser zu verbinden und mehr Zeit für ihre Kinder zu haben,
müssen sie mit Lohneinbußen und Karrierenachteilen rechnen. Schon 2015
berichtet das Forschungsinstitut Sowitra in einer Studie: „Langfristige
berufliche Nachteile für die Elterngeldväter sind laut der Studie kaum
nachweisbar. Mit vorübergehenden Beeinträchtigungen sei allerdings durchaus zu
rechnen. Jeder zehnte Befragte berichtet von temporären Auswirkungen auf den
Karriereverlauf, wobei die Gefahr mit der Dauer der Elterngeldnutzung ansteigt.“
Roman Gaida thematisiert diese Ambivalenzen jedoch auch und
reflektiert seine Verantwortung als Führungskraft an dieser Stelle: „#1 Zu
erfahren, dass man Vater wird, ist der schönste Moment im Leben eines Mannes.
Denk daran, wenn der nächste Mitarbeiter zu dir kommt und dir freudig davon
erzählt, dass er Vater wird.“
In den weiteren drei Teilen geht es dann um die Themen ‚Familienfreundlichkeit:
Win-Win für Unternehmen und Leadership‘, ‚Familie‘ und ‚Me-Time‘, in denen der
Autor sein Füllhorn an Fragen, Erfahrungen und Tipps ausschüttet. Einer der
letzten, meines Erachtens aber sehr wichtigen im Abschnitt ‚Vergesst euch nicht
als Paar‘ lautet „Nur wenn beide
glücklich sind und sowohl berufliche als auch private
Bedürfnisse befriedigt werden,
ist Vereinbarkeit möglich.“
Das Buch ist am 14. September beim Campus Verlag erschienen, hat 224 Seiten und kostet 24 €.