Interview mit Andreas Haase und Alexander Bentheim
Lieber Andreas, du hast gemeinsam mit Alexander Bentheim das
Portal vaeter-nrw.de aufgebaut. Kannst du dich noch daran erinnern, wie
Ihr an den Auftrag gekommen seid?
Andreas Haase Ja. Es gab einen Fachtag im Jahr 2005
zum Thema Väterarbeit in NRW auf der Basis der Untersuchungen von Martin
Verlinden. Diesen hatten wir als männerwege GbR für das Ministerium
konzipiert und organisiert. Er war in der Vernetzung der Akteure in der
Väterarbeit so erfolgreich, dass das Ministerium danach an diesem Thema
weiterarbeiten wollte. In einem Brainstorming-Workshop im Spätsommer
2005 mit uns und Martin Verlinden entstand dann die Idee eines Portals,
auf dem alle wichtigen Informationen und Anregungen für Väter und
Fachpersonal gebündelt werden sollten.
Alexander Bentheim … neben Martin Verlinden war
zeitweilig noch Robert Richter dabei, um Optionen für eine
arbeitsteilige Umsetzung zu beraten. Die Freischaltung des Portals fand
dann am 12. Mai 2006 in Anwesenheit von Armin Laschet, damals
NRW-Familienminister, statt.
Welche Erwartungen hat das Familienministerium mit dem Väter-Portal verknüpft?
AH Das Ministerium wollte damals vor allem (jungen)
Väter Hilfestellungen geben, ihre Vaterrolle im Sinne einer zugewandten
Erziehung auszuüben. Eine weitere Erwartung war sicherlich, dass durch
die Bündelung aller Aktiven im Bereich Väterarbeit in NRW, dieses Thema
hoch professionell nach außen getragen werden konnte.
Was waren eure persönlichen Ziele beim Aufbau und der Betreuung der Webseite?
AH Meine Ziele bestanden darin, sowohl für die Väter
als auch für das Fachpersonal die bestmöglichsten Informationen
bereitzustellen, um einerseits die Väter zu motivieren, ihre Vaterrolle
anzunehmen und so auszugestalten, dass es dem Kind, ihnen selber und der
Familie zu Gute kommt. Zum anderen sollte das Fachpersonal im Bereich
Väterarbeit angeregt werden, durch neue Ideen ihren Arbeitsbereich
weiterzuentwickeln und sich selber zu reflektieren.
AB Ich fand es spannend, jahrelange Erfahrungen
vieler in der Väterarbeit Engagierter in einem ministeriellen Vorhaben
konzentriert bündeln und zugänglich machen zu können – exemplarisch in
dieser offiziellen Form erstmals und mit Reichweite auch über NRW
hinaus. Mein persönliches Ziel war, die Auftraggeber*innen von der
Notwendigkeit einer Ermutigung von Vätern für ihre Belange, und
natürlich auch der Sichtbarmachung ihrer verschiedenen Lebenslagen, zu
überzeugen. Dass wir neben der Zielgruppe Väter parallel auch Fachkräfte
und Multiplikator*innen mit entsprechenden eigenen Inhalten direkt
erreichen konnten, fand ich folgerichtig und in der hier mit dem
Ministerium gemeinsam geteilten Wahrnehmung sehr angenehm.
Rückblickend betrachtet, hat das Projekt die Wirkungen erzielt, die erreicht werden sollten?
AH Ich kann nur für die Jahre 2006 bis 2009 dazu
etwas sagen, da wir das Väterportal nur bis 2009 gepflegt haben. In
dieser Zeit entstand aus meiner Sicht eine gute Vernetzung der
Väterarbeit in NRW sowie viele Idee in der Väterarbeit, um Väter mit
ihren Anliegen zu unterstützen. Zudem konnten wir m.E. viele Väter durch
das Väterportal erreichen, um ihnen auf diesem Wege viele Anregungen
und wichtige Informationen rund um ihre Vaterschaft zu vermitteln.
AB … aus meiner Sicht wären fundiertere
Wirkungsanalysen in den Zielgruppen wünschenswert gewesen, weil
»gefühlte» Erkenntnisse oder rein statistische Daten zur
Nutzungsfrequenz des Portals allein nicht ausreichen, um die Frage
valide beantworten zu können.
Wie müsste eurer Meinung nach heute, im ‚Social-Media‘ Zeitalter, ein Portal aussehen, dass Väter anspricht und begleitet?
AB Es müssten sicher mehr Apps und Tools für
Smartphones zum Einsatz kommen, um die zu verbreitenden Informationen
schneller, prägnanter, übersichtlicher zur Verfügung stellen. Auch
Bildmarken und andere kommunikative Elemente spielen heute eine größere
Rolle als vor 16 Jahren. Ich denke, dass Väter einen guten Mix aus
praktischer Information und auch unmittelbarer Interaktion schätzen
würden.
AH Da kann ich leider nicht viel zu sagen, da ich derzeit die Bedürfnisse der Väter, wie eine Informationsaufbereitung aussehen sollte und ihren Umgang mit ‚Social-Media‘ nicht ausreichend genug kenne.
… diese Aussage haben
die Grünen in ihrer Stellungnahme zu den Forderungen der LAG Väterarbeit
anlässlich der Landtagswahl am 15 Mai getroffen.
Auch vor der Wahl im
Mai 2017 haben wir den Parteien 7 Fragen zur Väterpolitik gestellt. Seinerzeit
haben die Grünen auf die Frage ‚Welche Hindernisse müssen ausgeräumt werden,
damit es Männern ermöglicht wird, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu leben?‘
geantwortet „Wir müssen die Denkstruktur in unserer Gesellschaft verändern. Das
bedeutet, durch Kampagnenarbeit auch weiterhin die Rollenverteilungen zu
thematisieren. Die Wirtschaft muss vor allem Männern ermöglichen, diese Rolle
zu übernehmen, ohne dass Nachteile entstehen.“
Aber auch die CDU
äußerte sich ähnlich „Wir möchten Unternehmen dazu ermutigen, familiengerechte
Arbeitszeitmodelle zu implementieren und Betriebskindegärten einzurichten. Hier
hat das Land Nordrhein-Westfalen mit seinen Behörden als öffentlicher
Arbeitgeber eine Vorbildfunktion.“
Die 2017 von der LAG
Väterarbeit skizzierten Herausforderungen bestehen nach wie vor und wir sind
gespannt, wie sich eine Regierungsbeteiligung der Grünen auf die ‚Denkstruktur‘
der Landesregierung auswirken wird.
Politik für Väter in
NRW
Ist das
Schwerpunktthema der LAG im m Mai und Juni. Im Vorfeld der Landtagswahl hat die
LAG Väterarbeit 5 Forderungen aufgestellt und alle im Landtag vertretenen
Parteien um eine Stellungnahme gebeten. Die Antworten haben wir auf unserer
Webseite dokumentiert und am 11. Mai kommentiert:
„Zumindest bei drei Parteien ist eine
verbale Aufgeschlossenheit vorhanden und es bleibt abzuwarten, wer mit wem
koalieren wird bzw. kann und was dann auch tatsächlich vereinbart wird.
Die LAG Väterarbeit wird diesen
Prozess in jedem Fall kritisch begleiten und wir werden die Parteien an ihre
wenn auch vagen ‚Zusagen‘ erinnern.“
Bei dem
Werkstattgespräch am 30. Juni werden wir einen ersten Blick darauf werfen, was
bei den Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und Grünen vereinbart worden ist
bzw. was sich an Ergebnissen abzeichnet.
Rückblick
Am 5. Mai berichte Alexander
Stathopoulos, Geschäftsführer des Verbands Binationaler Familien in Frankfurt, beim
Werkstattgespräch der LAG Väterarbeit von den Erfahrungen des Arbeitskreises
Migrationssensible Väterarbeit (MiseV) in Hessen.
Nach seinem Vortrag entspann sich eine
interessante Diskussion, deren wichtigste Punkte wir in einem Bericht zusammengefasst haben.
Väter profitieren vom Austausch mit
anderen Vätern. In Frankfurt existiert seit 2020 eine Vätergruppe, die sich aus
Vätern mit unterschiedlichen Herkünften zusammensetzt. Diese ‚globale‘
Zusammensetzung hat sich als gewinnbringend für alle Beteiligten
herausgestellt.
‚Herkunftssprache ist Herzenssprache‘,
für den Fall, dass Väter über zu geringe deutsche Sprachkenntnisse verfügen,
kann zunächst auch eine sprachhomogene Gruppe angezeigt sein, aber Menschen
verstehen sich nicht automatisch gut, nur weil sie eine gemeinsame Sprache
sprechen. Die Gemeinsamkeit entsteht in der Regel in beiden Varianten über das
Vatersein und das Interesse, sich mit den eigenen Kindern zu befassen. Väter
haben in der Regel auch positiv darauf reagiert, wenn sie auf Spielplätzen
angesprochen und auf die Vätergruppe hingewiesen worden sind.
Ausblick
Am 19. Juni ist
Internationaler Vätertag. Bis zu diesem Sonntag wird auch die vor einem Jahr
gestartete Petition zur Einführung einer ‚Vaterschaftsfreistellung‘ laufen.
Was, insbesondere nach einem Interview der ehemaligen
Familienministerin Anne Spiegel. Nach einem Selbstläufer aussah, erweist sich
jetzt doch als schwierig. Im aktuellen Referent*innenentwurf zur Umsetzung der
EU- Vereinbarkeitsrichtlinie ist dieses Vorhaben nicht erwähnt.
Bislang sind mehr als 9.000 Unterschriften zusammengekommen. Gemeinsam können
wir bis zum Internationalen Vatertag ein deutliches Zeichen setzen. Dafür
benötigen wir gerade jetzt Eure und Ihre Unterstützung, zeichnen Sie bitte
die Petition.
In den beiden
Sommermonaten Juli und August werden wir uns mit dem Thema ‚Väter und Kinder
als Opfer häuslicher Gewalt‘ beschäftigen. Am Donnerstag, den 17. August wird
Tobias Schiefer in einem Werkstattgespräch über die Erfahrungen in der
Düsseldorfer Gewaltschutzwohnung ‚Freiraum‘ berichten
14. Juni 2022, Online Member
Meeting der LAG Väterarbeit
30. Juni 2022, 16 bis 17:30 Uhr,
Online Werkstattgespräch ‚Migrationssensible Väterarbeit‘
Nordrhein-Westfalen hat gewählt und die beiden
Gewinner*innen der Wahl, CDU und Grüne haben am vergangenen Wochenende
beschlossen, Koalitionsverhandlungen aufzunehmen. In Sondierungsgesprächen
haben sich die beiden Parteien auf Eckpunkte geeignet die in einem 12 seitigen
Papier zusammengefasst worden sind.
Im Abschnitt ‚ ‚Kinder, Jugend, Familie, Frauen und
Vielfalt‘ tauchen die Begriffe Väter und Mütter nicht auf, das Papier
konzentriert sich auf „zentrale Aspekte für die Zukunft Nordrhein-Westfalens“,
die in den Koalitionsgesprächen ergänzt werden sollen.
In dem Werkstattgespräch am Donnerstag, den 30. Juni werden
wir einen ersten Blick auf die Ergebnisse werfen und nachfragen, was die
zukünftige Landesregierung unternehmen wird, um eine partnerschaftliche
Arbeitsteilung in den Familien auf Landesebene zu stärken und Väter zu
ermutigen, mehr Verantwortung in Familie zu übernehmen.
Zu dieser
Veranstaltung können Sie sich hier anmelden:
‚… gleichermaßen ist es wichtig, Väter in ihrer Rolle zu bestärken‘
Nordrhein-Westfalen hat gewählt und die beiden
Gewinner*innen der Wahl, CDU und Grüne haben am vergangenen Wochenende
beschlossen, Koalitionsverhandlungen aufzunehmen. In Sondierungsgesprächen
haben sich die beiden Parteien auf Eckpunkte geeignet die in einem 12 seitigen
Papier zusammengefasst worden sind.
Im Abschnitt ‚ ‚Kinder, Jugend, Familie, Frauen und
Vielfalt‘ tauchen die Begriffe Väter und Mütter nicht auf, das Papier
konzentriert sich auf „zentrale Aspekte für die Zukunft Nordrhein-Westfalens“,
die in den Koalitionsgesprächen ergänzt werden sollen.
In dem Werkstattgespräch am Donnerstag, den 30. Juni werden
wir einen ersten Blick auf die Ergebnisse werfen und nachfragen, was die
zukünftige Landesregierung unternehmen wird, um eine partnerschaftliche
Arbeitsteilung in den Familien auf Landesebene zu stärken und Väter zu
ermutigen, mehr Verantwortung in Familie zu übernehmen.
In Ihren Antworten auf die Fragen der LAG-Väterarbeit haben
ja alle im Landtag vertretenen Parteien einiges dazu angekündigt.
auch in diesem
Jahr sind mehr als 25 Väter der Einladung von Heiner Fischer gefolgt und
haben zum Vatertag in einem kurzen Videostatement erzählt, was
Vaterschaft für sie bedeutet und haben sich so als Väter in
Verantwortung sichtbar gemacht.
Väter wollen mehr Verantwortung übernehmen
Das sieht selbst das Arbeitgeber*innen nahe Kölner Institut der
Deutschen Wirtschaft: In einem Beitrag zum Vatertag ist zu lesen: „Die
meisten Väter wünschen sich eine gleiche Aufgabenteilung bei der
Kindererziehung:
Die positiven Entwicklungen beim Elterngeld weisen darauf hin, dass sie
es ernst meinen. … War Kindererziehung lange Zeit fast ausschließlich
Frauensache, wollen sich die Väter heutzutage mehr engagieren. 55
Prozent der Männer mit Kindern unter zehn Jahren wollen die Hälfte der
Betreuung übernehmen, 23 Prozent sogar den größeren Anteil.
Dass es den Vätern mit der Kinderbetreuung ernst ist, zeigt sich beim
Elterngeld: Nutzten dies bei den im Jahr 2008 geborenen Kindern knapp
21,2 Prozent, waren es bei 2018 geborenen Kindern mit 42,1 Prozent
bereits nahezu doppelt so viele. Ein weiterer Anstieg zeichnet sich ab.
Allerdings nehmen die meisten Väter bisher lediglich die zwei vorgesehen
‚Partnermonate‘ in Anspruch.“
Das ist nicht nur in Deutschland so, auch in Island, wo seit langem
die Regelung 3 Monate für die Mütter, 3 für die Väter und 3 zur freien
Verfügung gilt und mehr als 90 % der Väter Elternzeit nehmen, sind es
die für sie ‚vorgesehenen‘ drei Monate.
Da liegt es doch auf der Hand, die Zahl der für Väter reservierten
Monate heraufzusetzen und am besten eine paritätische Aufteilung: je
sieben Monate für Väter und Mütter einzuführen.
Der Lackmustest dafür, wie die Arbeitgeber*innen tatsächlich zu mehr
väterlichem Engagement von Anfang an stehen, ist ihre Haltung zur
14tägigen ‚Vaterschaftsfreistellung‘ unmittelbar nach der Geburt. Die
ersten Reaktionen auf die Ankündigung der ehemaligen Familienministerin
Anne Spiegel, dieses Vorhaben schnell umzusetzen, ergab eine falsche
Färbung.
In dem üblichen Abwehrreflex ließen sie verlauten, die bisherigen
tariflichen Regelungen, d.h. eine Freistellung an einem Tag, reiche
vollkommen aus.
Vor drei Jahren wurde die EU-Vereinbarkeitsrichtlinie beschlossen, um
in der Europäischen Union notwendige Mindeststandards zur Vereinbarkeit
von Beruf und Privatleben herzustellen und die Rahmenbedingungen für
eine partnerschaftliche Aufteilung von Haus-, Sorge- und Erwerbsarbeit
zwischen den Geschlechtern zu verbessern.
Bis August 2022 muss die Vereinbarkeitsrichtlinie in nationales Recht
umgesetzt werden. Ein zentraler Bestandteil der Richtlinie ist die
Einführung einer Vaterschaftsfreistellung. Eine solche Leistung gibt es
in dieser Form in Deutschland bisher nicht, anders als in anderen
EU-Mitgliedsstaaten.
Das Bundesfamilienministerium hat Ende April einen
Referent*innenentwurf für ein Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie
vorgelegt. Die Vaterschaftsfreistellung wird darin mit keinem Wort
erwähnt, obwohl die Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag
angekündigt hat, „eine zweiwöchige vergütete Freistellung für die
Partnerin oder den Partner nach der Geburt eines Kindes ein[zu]führen.“
Die LAG Väterarbeit NRW, die sich von Anfang an für die Umsetzung der
Richtlinie eingesetzt hat ist darüber sehr irritiert und fordern die
Bundesregierung auf, zeitnah zu klären und öffentlich bekannt zu machen,
wann und in welcher Form eine vergütete Freistellung für Väter (und
andere zweite Elternteile) nach der Geburt gesetzlich eingeführt werden
soll. Die Gleichstellung der Geschlechter geht nur gemeinsam und wird
nur dann nachhaltig gelingen, wenn auch Jungen, Männer und Väter dabei
stärker als bisher in den Blick genommen werden.
Anlässlich des »Vatertags« am 26. Mai möchten wir daran erinnern.
Jetzt ist es an der Ampelkoalition zu zeigen, dass sie es beim Thema
Gleichstellung ernst meint und auch Männer für das Thema gewinnen will.
Bis zur Vorlage des Gesetzentwurfs schien die
Vaterschaftsfreistellung politisch ein Selbstläufer zu sein. Die
vormalige Familienministerin Anne Spiegel kündigte sie im vergangenen
Dezember als wichtiges Vorhaben an. Nun schweigt allerdings der
Referent*innenentwurf der Bundesregierung ausgerechnet zur
Vaterschaftsfreistellung. Diese ist wichtig, um einen klaren rechtlichen
Rahmen auch gegenüber Arbeitgeber*innen zu schaffen, damit Väter sich
in dieser wichtigen ersten Phase voll und ganz auf ihre Kinder und die
Unterstützung ihrer Partnerinnen konzentrieren können.
In einem offenen Brief an Bundesfamilienministerin Lisa Paus vom 20. Mai 2022 fordert Holger Strenz vom Projekt »Papaseiten.de« des Väterzentrum Dresden die Einführung der Vaterschaftsfreistellung nicht weiter hinauszuzögern. Vor einem Jahr hat Papaseiten.de
eine Petition zur Vaterschaftsfreistellung initiiert, die auch von der
LAG-Väterarbeit NRW unterstützt wird und die noch bis zum
Internationalen Vatertag am 19. Juni 2022 mitgezeichnet und geteilt
werden kann.
Bislang sind mehr als 9.000 Unterschriften zusammengekommen. Gemeinsam können wir bis zum Internationalen Vatertag ein deutliches Zeichen setzen. Dafür benötigen wir gerade jetzt Eure und Ihre Unterstützung!
Einschätzung der Stellungnahmen der Parteien zu den Forderungen der LAG Väterarbeit zur Landtagswahl
Schon bei der Fachtagung im vergangenen November haben sich 80
Teilnehmende vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit der Corona Pandemie
mit möglichen Weichenstellungen für mehr väterliches Engagement
auseinandergesetzt. Ein Ergebnis, dass Frau Buschmeyer vom Deutschen
Jugend Institut auf den Punkt gebracht hat war: „Grundsätzlich scheint
es vielen Vätern eigentlich ein Bedürfnis zu sein, zumindest überlange
Arbeitstage und Überstunden zu reduzieren, um mehr Zeit für die Familie
zu haben – gleichzeitig tun sie es nicht. Und dann gilt natürlich, dass
jede Arbeitsstunde, die im Büro verbracht wird, nicht für die Familie
zur Verfügung steht. … Vielleicht kann dies ja der Anfang sein, als
Vater auch für seinen Wunsch einzustehen, mehr zuhause und dort auch
wirklich verfügbar zu sein und damit auch andere traditionelle Muster zu
überwinden.“
Um aus diesem Anfang nachhaltiges Verhalten und kulturelle
Veränderungen zu verwirklichen sind vor allem auch passende
Rahmenbedingungen erforderlich. Viele werden auf der Bundesebene
entschieden, andere ebenso entscheidende auf der Landesebene.
Der Vorstand der LAG-Väterarbeit hat im Vorfeld der Landtagswahl nach
Diskussion mit Mitgliedern folgende fünf Forderungen verabschiedet und
an die Im Landtag vertretenen Parteien mit der Bitte um eine
Stellungnahme versandt.
Im Folgenden werden wir eine Einschätzung zu den Antworten der vier
Parteien abgeben. Den Link zu den kompletten Antworten finden Sie am
Ende des Textes.
Vor dem Hintergrund, dass in der Phase vor und nach der Geburt
entscheidende Weichen für die Aufteilung von bezahlter Erwerbs- und
unbezahlter Care-Arbeit gestellt werden, lautet die erste Forderung: Förderung
von flächendeckenden Angeboten zur Geburtsvorbereitung für Väter, die
werdende Eltern auch dabei unterstützen, partnerschaftlichen
Rollenvorstellungen zu realisieren.
Die CDU weist in ihrer Antwort auf die 2017 eingerichtete
Projektgruppe „Strukturelle Weiterentwicklung Geburtshilfe“ hin. Aufgabe
der Projektgruppe war es unter anderem, Umsetzungsvorschläge zur
Verbesserung der Rahmenbedingungen der geburtshilflichen Versorgung und
zur Senkung der Kaiserschnittrate zu erarbeiten. Ergebnisse sollten
innerhalb eines Jahres vorliegen.
Auf der Webseite des zuständigen Ministeriums finden sich neben der
Beschreibung des Auftrags Hinweise auf zwei Studien zur
geburtshilflichen Versorgung durch Hebammen. Mit der Geburtsvorbereitung
für Väter und dem Thema partnerschaftliche Aufgabenteilung hatte die
Projektgruppe nichts zu tun.
Für die FDP ist eine partnerschaftliche Rollenvorstellung und
-verteilung ein wichtiges Anliegen. Sie unterstützt die Vorhaben der
Bundesregierung in diesem Feld und weist darauf hin, dass zahlreiche
Krankenkassen Geburtsvorbereitungskurse als Kassenleistung anbieten. Das
ist löblich, aber das Problem ist ja, dass diese Angebote insbesondere
im ländlichen Raum nicht existieren.
Die Grünen erkennen ebenfalls an, dass auch Väter auf die Geburt und
die Zeit als Elternteil angemessen vorbereitet werden müssen, aber … Die
von der Ampel im Koalitionsvertrag geplante und jetzt im vorliegenden
Referentenentwurf nicht umgesetzte ‚Vaterschaftsfreistellung‘ ist ein
wichtiger Baustein für die Zeit nach der Geburt.
Die SPD geht auf die eigentliche Forderung ebenfalls nicht ein und
nennt die Freistellung nach der Geburt, die von Schwesig 2015
vorgeschlagene ‚Familienarbeitszeit‘ als Möglichkeiten zur Unterstützung
einer partnerschaftliche Rollenaufteilung ‚werdender Eltern‘. Das ist
eine gute Idee, die sich aber leider nicht im Koalitionsvertrag der
Ampel wiederfindet. Neu einzuführende Familienbüros sollen sich um
Antragstellungen und notwendigen ‚Papierkram‘ nach der Geburt kümmern.
Fazit: Keine der befragten Parteien geht auf die
konkrete Forderung ein, die angeführten Maßnahmen werden größtenteils in
Berlin entschieden. Außer dem grundsätzlichen Bekenntnis zu
‚partnerschaftlichen Rollenaufteilung‘ können Väter nichts erwarten
Bei der zweiten Forderung haben wir ein Thema aufgegriffen, bei dem
die Landesregierung durch die Evaluation der familienpolitischen
Leistungen den ‚Finger in die Wunden‘ gelegt hat: „Beim differenzierten
Blick auf die Einrichtungsarten wird deutlich, dass Väter 2019 am
häufigsten Angebote in Beratungseinrichtungen in Anspruch nahmen, am
seltensten in Einrichtungen der Eltern- und Familienbildung. Gerade mit
Blick auf die Einrichtungen der Eltern- und Familienbildung deuten die
Ergebnisse darauf hin, dass sich der Anteil der männlichen Teilnehmer im
Verhältnis zur Bestandsaufnahme von 2006 kaum verändert hat.“
Vor diesem Hintergrund ist die Forderung nach „Einrichtung eines
Bildungsbudgets im Rahmen des Weiterbildungsgesetzes (§17 WbG) um neue
Zugänge, offene Angebote, aufsuchender Bildung für die bislang kaum
erreichte Zielgruppe der Väter zu entwickeln und durchzuführen. Dadurch
wird auch die regionale Vernetzung und sozialräumliche Ausrichtung der
Angebote gewährleistet.“ naheliegend
Um es vorweg zu nehmen, keine der vier Parteien nimmt Bezug auf die
Ergebnisse der 2021 auf einer Fachtagung in Essen vorgelegten
Evaluation. Hingewiesen wird stattdessen auf die von den vier Fraktionen
im Landtag getragene Novellierung des Weiterbildungsgesetzes, die laut
CDU Nordrhein-Westfalen eine Spitzenplatz bei der gemeinwohlorientierten
Weiterbildung beschert.
Die Grünen sind allen Ernstes der Meinung, dass es besser sei, die
Einrichtungen entscheiden zu lassen, wie sie auf welche Zielgruppe
zugehen. Oder besser gesagt nicht zugehen. Was dass für die Zielgruppe
Väter bedeutet, hat die Evaluation deutlich aufgezeigt.
Die FDP hebt auf die Vereinbarkeit von Weiterbildung und Familie ab
und sieht familienfreundliche Weiterbildung als Karrierechance,
insbesondere im Sinn einer lebenslangen Aus-, Fort- und Weiterbildung.
An dieser Stelle erfolgt dann auch wieder ein Verweis auf das von der
Bundesregierung geplante ‚Lebenschancen-BAFöG‘.
Die SPD stellt an dieser Stelle die geplanten Familienbüros in den
Vordergrund, die Familienbildung und -beratung bündeln und so
sozialräumlich auch ‚Initiativen für Väter‘ bewerben können. Die
Familienzentren in KiTas und Grundschulen, letztere gibt es lediglich an
Modellstandorten, sollen gestärkt werden und im Rahmen der Elternarbeit
auch Väter adressieren.
Fazit: Es ist erschreckend, dass das Land die
eigenen Angebote evaluieren lässt und die Parteien die Ergebnisse
entweder nicht kennen, oder was noch schlimmer wäre kennen und keinerlei
Konsequenzen daraus ziehen
Dies gilt zumindest teilweise auch für die nächste Forderung, die die
Familienberatung betrifft. Auch hier werden Väter nur am Rande
erreicht, insbesondere wenn es um für sie schwierige und krisenhafte
Situationen geht. Die Stadt München hat daraus Konsequenten gezogen und
die Einrichtung eines ‚Väterberatungszentrums ausgeschrieben: „Das
Väterberatungszentrum soll eine offene und niederschwellige Anlaufstelle
für Väter sein – auch für jene, die von klassischen Beratungsangeboten
nicht erreichbar sind – und damit das Wohl der Kinder fördern. Der
offene Ansatz als Treffpunkt und Kommunikationsort für Väter fördert
soziale Begegnungen von Vätern und deren Kindern. Der Ort des
Austausches und der Informationsvermittlung soll den Zugang zu Beratung
erleichtern und die Akzeptanz für pädagogische Angebote erhöhen.“
Vor diesem Hintergrund lautet die dritte Forderung der LAG-Väterarbeit: „Finanzierung
von zunächst einer qualifizierten Beratungseinrichtung für Väter je
Regierungsbezirk. Dazu gehört auch, dass entsprechende Fachkräfte
weitergebildet und gefördert werden, um vätersensibel beraten zu
können.“
Die CDU zählt an dieser Stelle die von verschiedenen Vorgänger
Regierungen und von ihr nach 2017 weiterfinanzierten Maßnahmen auf.
vaeter.nrw ist 2006 vom damaligen Familienminister Armin Laschet
initiiert worden, in der erwähnten Datenbank finden Väter allerdings
lediglich Verweise auf die Webseiten der 155 Familienbildungsstätten in
NRW. Hintergrund ist, dass es seit 2018 keine Reaktionsteam für
vater.nrw mehr gibt. Die Fachstelle Väterarbeit 2014 nach langen
Vorgesprächen erstmalig finanziert worden hat Väterangebote in 10
Städten in allen fünf Regierungsbezirken des Landes vernetzt und Bedarfe
aufgegriffen. Die Expertenworkshops waren Teil der von der ehemaligen
Familienministerin Kampmann initiierten Kampagne ‚Vater ist, was du
draus machst‘.
Das Vorhaben, in der Jugendhilfe verpflichtende und ständige Weiter-
und Fortbildungsangebote für Fachkräfte zu etablieren, um für
vielfältige Beratungssituationen zu schulen, ist zu begrüßen und
eigentlich eine Antwort auf die letzte Forderung.
Die FDP möchte bestehende Beratungseinrichtungen so stärken, dass
diese auch väter- und kultursensibel Beratung und Unterstützung leisten
können.
Die Grünen sind der Überzeugung, dass „natürlich […] auch
vätersensible Beratung angeboten werden muss“. Sie werden die Bedarfe
prüfen und Entwicklungsmöglichkeiten mit bestehenden Beratungsangeboten
und ggf. darüber hinaus beraten.
Die SPD zieht auch an dieser Stelle ihren ‚ Joker‘ Familienbüros, die dabei einen Fokus auf Väter legen sollen.
Fazit: An dieser Stelle ist zumindest ansatzweise zu erkennen, dass der Handlungsbedarf gesehen und nach Lösungen gesucht wird.
Die vierte Forderung greift das Thema ‚Männer und Väter als Subjekte
der Gleichstellungspolitik auf. Vor neun Jahren ist ja der Versuch
gescheitert, diesen Rechte im Bundesgleichstellungsgesetz zuzuschreiben
aber die Zeiten haben sich weiterentwickelt und in NRW gibt es
inzwischen in fünf kommunen: Bonn, Düsseldorf, Dortmund Essen und
Münster, Männer in den Gleichstellungsbüros, –stellen bzw. -ämtern.
In der Ausschreibung der Stadt Essen hieß es seinerzeit: „Als offene,
tolerante Stadt und Ort der Vielfalt versteht die Stadtverwaltung
Gleichstellung als ganzheitliche zukunftsgerichtete Strategie. War
Gleichstellungsarbeit bislang überwiegend auf frauenspezifische Belange
fokussiert, sollen nunmehr verstärkt auch Männer in die Wahrnehmung und
in den Fokus der Gleichstellungspolitik gerückt, tradierte
Rollenzuweisungen für die verschiedenen Geschlechter hinterfragt, neue
Lebenskonzepte und -formen erarbeitet und unterstützt werden.“
Vor diesem Hintergrund lautet die Vierte Forderung: „Weiterentwicklung
des Gesetzes zur Gleichstellung von Frauen und Männern für das Land
Nordrhein-Westfalen (LGG) in dem Sinne, dass zunächst in allen Kreisen
und Kreisfreien Städten neben den Gleichstellungsbeauftragten auch die
Stelle eines Ansprechpartners für Väter eingerichtet und zusätzlich
finanziert wird.“
In ihrer Antwort verweist die CDU auf den im März 2021
veröffentlichten Atlas zur Gleichstellung in NRW, aus dem für alle
Kreise und kreisfreien Städte gleichstellungspolitische Handlungsbedarfe
abgeleitet werden können. Väter sp ielen lediglich in dem Abschnitt
Elterngeldbezug eine Rolle. Auf die Zusammenhänge zwischen der
Inanspruchnahme von Elternzeiten und Elterngeld und der Besetzung von
Leitungspositionen in Verwaltungen wird nicht eingegangen.
Die Bildung einer Infrastruktur für von Gewalt betroffene Männer in
Form von 20 Plätzen in Gewaltschutzwohnungen ist der zuständigen
Ministerin Scharrenbach hoch anzurechnen. NRW belegt damit bundesweit
den Spitzenplatz. Darum ging es bei der Forderung allerdings nicht.
Die FDP möchte das Landesgleichstellungsgesetz zu einem
‚Landesdiversitätsgesetz‘ weiterentwickeln, um die realen
Lebensverhältnisse abzubilden und auch die Belange von Männern und
Diversen aufnehmen und sie als Bewerbende für das Amt des/ der
Diversitätsbeauftragten zulassen.
Die Grünen möchten in der öffentlichen Verwaltung Strukturen stärken,
die der Vielfalt von Lebensrealitäten, aber auch
Diskriminierungserfahrungen Rechnung tragen und diese Vielfalt
gleichzeitig als Bereicherung für Verwaltungen und Unternehmen begreift.
Der öffentlichen Verwaltung komme dabei eine Vorbildfunktion zu.
Auch die SPD fördert selbstverständlich die Gleichstellung von Frauen
und Männern. Die gleichstarke Vertretung von Männern und Frauen auf
allen politischen Ebenen soll durch ein Paritätsgesetz erreicht werden.
Die besonderen Bedarfe von Vätern mit Akteuren vor Ort geklärt werden.
Fazit: Die Bedarfe von Männern und Vätern werden
gesehen, es fehlt aber bei fast allen der Mut, strukturell verankerte
Beteiligungsmöglichkeiten zu etablieren und Väter den Status von
gleichstellungspolitisch handelnden Subjekten zu geben.
In der letzten Forderung ging es um die Kompetenzen von denjenigen,
die an den unterschiedlichen Stellen pädagogisch handelnd, beratend oder
im Kontext von Geburtsvorbereitung und Geburten mit Vätern zu tun
haben. Dass die Praktiker*innen für diese Aufgabe teilweise unzureichend
ausgebildet und vorbereitet sind wird zum Beispiel im Abschlussbericht
des Projekts ‚Bedeutung von Vätern im Geburtsprozess‘ deutlich:
„Die Annahme, Väter und Mütter im Kontext der Geburtsvorbereitung
anzusprechen und dort das Anliegen ‚partnerschaftliche Aufgabenteilung‘
zu thematisieren ist richtig, da in diesem Zeitraum entscheidende
Weichenstellungen vorgenommen werden.
Da mehr als 90 % der Väter an der Geburt und, zumindest beim ersten
Kind, auch an angebotenen Kursen zur Vorbereitung teilnehmen, sind
Hebammen entscheidende ‚Player‘ auf diesem Feld.
Auf der Basis freiwilliger Fortbildungen für Hebammen und mit dem
Hinweis, ihnen nützliche Methoden für die Arbeit mit und die Ansprache
von Vätern zur Verfügung stellen, lässt sich das Ziel nicht erreichen.
Das liegt zum einen, an der von der, an den unterschiedlichsten Stellen
beschriebenen Haltung der Hebammen, die Frauen und Männern traditionelle
Rollen zuweisen und selbst wenn sie Angebote für Väter machen, diesen
Unterstützungs- und Assistentenaufgaben zuweisen.“ Auch in den
Curriculas für eine universitäre Ausbildung nimmt diese Thema nicht viel
mehr als eine Semesterwochenstunde in Anspruch.
Vor diesem Hintergrund lautet die fünfte Forderung: „Hinwirkung
des Landes darauf, dass in den (Rahmen-) Lehrplänen für Erzieher*innen,
Sozialarbeiter*innen und -pädagog*innen sowie Hebammen Aus- und
Fortbildungsinhalte geplant werden, die diese Fachkräfte in die Lage
versetzen, Väter gendersensibel in den Blick zu nehmen, anzusprechen und
einzubeziehen.“
Die Stellungnahme der CDU ist auch bei dieser Forderung die
umfangreichste, geht aber vollkommen am Thema vorbei. Familienzentren,
KiBiz und digitales Familienzentrum NRW sind wichtige Vorhaben, haben
aber nichts mit den Kompetenzen zu tun, die dort Beschäftigten in die
Lage zu versetzen, Väter gendersensibel in den Blick zu nehmen,
anzusprechen und einzubeziehen.
Die FDP strebt an, die Rolle von Vätern in den genannten Lehrplänen
noch stärker in den Fokus zu rücken und unterstützt eine
Weiterentwicklung und Anpassung an die heutigen Lebensverhältnisse
jenseits tradierter Rollenbilder.
Auch die Grünen sind der Überzeugung, die Vielfalt von Familienformen
genauso in Aus-, Fort- und Weiterbildung zu integrieren, wie insgesamt
gender- und diversitätssensible Ansätze zu vermitteln. Gleichermaßen
halten sie es für wichtig, Väter in ihrer Rolle zu bestärken und
Geschlechter-stereotype, auch in Bezug auf Elternschaft, zu
durchbrechen.
Die SPD hat sich vorgenommen, in der kommenden Legislatur sich mit
den Ausbildungsordnungen und dem Sozialberufeanerkennungsgesetz zu
befassen. Die Einbeziehung eines vatersensiblen Blicks halten ist für
sie ein wichtiger Hinweis.
Fazit: Zumindest bei den drei zuletzt genannten
Parteien ist eine verbale Aufgeschlossenheit vorhanden und es bleibt
abzuwarten, wer mit wem koalieren wird bzw. kann und was dann auch
tatsächlich vereinbart wird.
Die LAG Väterarbeit wird diesen Prozess in jedem Fall kritisch
begleiten und wir werden die Parteien an ihre wenn auch vagen ‚Zusagen‘
erinnern.
Knapp ein Viertel aller Eltern in Deutschland trennen sich –
jedes Jahr sind davon etwa 200.000 Minderjährige betroffen. Mehr als drei
Millionen Trennungskinder gibt es insgesamt.
Wie erleben Familien die Trennung und wie können Eltern und
Kinder sie gut bewältigen? Was können Eltern beachten, um das Wohl ihrer Kinder
im Blick zu behalten? Vier getrennte Familien zeigen, welche unterschiedlichen
Lösungen sie gefunden haben.
Der erste Teil der Doppelfolge widmet sich der Anfangsphase.
Wie sagt man den Kindern, dass die Eltern sich nicht mehr lieben? Wie gibt man
ihnen Halt, wenn die Familie zerbricht? Über mehrere Monate gewähren
Trennungsfamilien Einblicke in ihr Leben.
Jenny und Alex haben es drei Monate herausgezögert und ihren
vier Kindern dann im Sommerurlaub erzählt, dass sie sich trennen. Bea und
Benedikt wählten das gemeinsame Frühstück. Claudia und Safet stritten sich so
oft und so heftig, dass ihre beiden Söhne die Trennung quasi miterlebt haben.
Ähnlich lief es auch bei Michaela und ihrem Ex-Partner.
Wie wählt man den richtigen Zeitpunkt, es den Kindern zu
sagen und wie geht es danach weiter? Moderatorin Collien Ulmen-Fernandes
ergründet, was Eltern beachten können. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
aus verschiedenen Fachbereichen geben konkrete Hilfestellungen, wie eine
Trennung zum Wohle aller und insbesondere mit Rücksicht auf die Kinder gelingen
kann.
Welche langfristigen Folgen die Trennung der Eltern auf das
zukünftige Leben der Kinder hat, erforschen Experten der Kinder- und
Jugendpsychiatrie an der Universität Leipzig. Verändert sich das Verhalten von
Kindern, die eine Trennung erleben? Unsere Trennungskinder machen den Test.
Ein Thema – zwei Formate: Während ZDFneo die Perspektive
aller Familienmitglieder beleuchtet, kommen in dem „PUR+ spezial: Meine
Eltern trennen sich“ vor allem die Kinder der Familien zu Wort. Das Format
von ZDFtivi für den KiKA bietet Reportagen und konkrete Tipps für Trennungskinder.
Der Alltag von Hebammen bewegt sich an der Schwelle,
wo neues Leben entsteht und manchmal Leben vergeht.
Für Helena Bellwald sind Schwangerschaft und Geburt
etwas Natürliches, das am besten gelingt, wenn sie möglichst nicht eingreift.
Sie begleitet Eltern während der Schwangerschaft, der Hausgeburt und im
Wochenbett. Aber auch, wenn Eltern ein Kind verlieren.
Lucia Mikeler ist Beleghebamme. Auch sie betreut Paare
von der Schwangerschaft bis zum Wochenbett und geht für die Geburt in das
Spital. Lucia ist es wichtig, dass die Frau ihre Geburt so gestalten kann, wie
sie es für richtig hält.
Jeanette Gröbli, Sara Lehner und ihr Team zeigen uns
den regen Spitalalltag, wo 97 von 100 Geburten in der Schweiz stattfinden. Sie
sehen die Frauen zum ersten Mal, wenn sie mit Wehen ins Spital kommen. Sie
begleiten sie routiniert und empathisch durch diese existenzielle Erfahrung.
Der Film gibt einen intimen Einblick in die
natürlichste Sache der Menschheit. Sie fasziniert uns bis heute, einerseits als
Wunder, andererseits als hochriskantes medizinisches Ereignis.
Am 5. Mai berichte Alexander Stathopoulos, Geschäftsführer des Verbands Binationaler Familien in Frankfurt, beim Online Werkstattgespräch der LAG Väterarbeit NRW von den Erfahrungen des Arbeitskreises Migrationssensible Väterarbeit (MiseV) in Hessen.
Nach seinem Vortrag entspann sich eine interessante
Diskussion, deren wichtigste Punkte hier kurz zusammengefasst werden.
Väter profitieren vom Austausch mit anderen Vätern. In
Frankfurt existiert seit 2020 eine Vätergruppe, die sich aus Vätern mit
unterschiedlichen Herkünften zusammensetzt. Diese ‚globale‘ Zusammensetzung hat
sich als gewinnbringend für alle Beteiligten herausgestellt.
‚Herkunftssprache ist Herzenssprache‘, für den Fall, dass
Väter über zu geringe deutsche Sprachkenntnisse verfügen, kann zunächst auch
eine sprachhomogene Gruppe angezeigt sein, aber Menschen verstehen sich nicht
automatisch gut, nur weil sie eine gemeinsame Sprache sprechen. Die
Gemeinsamkeit entsteht in der Regel in beiden Varianten über das Vatersein und
das Interesse, sich mit den eigenen Kindern zu befassen. Väter haben in der
Regel auch positiv darauf reagiert, wenn sie auf Spielplätzen angesprochen und
auf die Vätergruppe hingewiesen worden sind.
Mehrsprachige Flyer führen nicht kurzfristig zu mehr
Teilnehmenden
Mit einem mehrsprachigen Flyer auf eine Veranstaltung
hinzuweisen führt nach Erfahrung des Referenten nicht dazu, dass sich spontan
mehr Teilnehmer anmelden. „Ich kann nicht sagen, dass wir über Flyer jemals
viele Väter gewonnen hätten.“
Mehrsprachiges Informationsmaterial ist aber dennoch wichtig, da damit
signalisiert wird, wir haben auch die Väter, die nicht schon immer hier gelebt
haben und deutsch sprechen auf dem Radar, sondern auch die, die hier nicht
verwurzelt sind.
Diese Flyer haben also einen mittelfristigen Effekt, sie
etablieren den Eindruck, hier gibt es auch was für mich, hier finde ich
Antworten auf meine Fragen.
Undokumentierte Menschen, seien es Flüchtlinge oder mit
Touristenvisum eingereiste, die hier geblieben sind, spielen bei den Angeboten
für Väter bislang noch keine Rolle. Da sie keiner (legalen) Erwerbsarbeit
nachgehen können, keinerlei Unterstützung oder medizinische Behandlung erhalten
haben sie massive Probleme und sind außer für die Migrationsberatung kaum zu
erreichen.
Zugänge sind unter Umständen über ‚Vertrauenspersonen‘ oder ‚Medinetze‘
möglich.
‚Männer mit Migrationshintergrund erreichen finde ich
sehr schwierig‘
oder ‚Wie mache ich denen begreiflich, was für ein tolles
Angebot ich habe?‘ Äußerungen wie diese spiegeln eher die eigene Haltung wider
als tatsächliche Haltung. Auch bei dieser Zielgruppe kommt es darauf an,
dorthin zu gehen, wo die Väter eh sind: Sportplätze, Schwimmbäder, Kitas,
Barber Shops, Migrantenselbstorganisationen aber auch Teestuben, Cafés und
Moscheevereine sind mögliche Anspracheorte.
Es kommt darauf an Treffpunkte der möglichen Teilnehmer in der Umgebung des
Angebots zu identifizieren und die Väter dort anzusprechen und einzuladen.
Vertrauen aufzubauen und ‚Mund zu Mund Propaganda‘ wirken zu lassen braucht
aber Zeit und kann nicht übers Knie gebrochen werden.
Falls die ‚Hürden‘ für zum Beispiel ein Beratungsangebot zu
hoch sind, können durch niedrigschwellige Väterangebote wie Vater-Kind-Treffs,
gemeinsames Grillen oder Treffen in Parks ‚Rampen‘ gebaut werden. Die Väter
können sich untereinander und auch den ‚Berater‘ kennenlernen.
Eine weitere Möglichkeit Väter einzubeziehen ist auch,
Mütter über die Angebote für ihre Partner zu informieren. Häufig fragen dies
auch schon selbst nach Angeboten für Väter. Väter sind auch leichter über
gemeinsames Tun zu erreichen und eine Einladung über ihre Kinder in der Kita
ebenfalls sehr wirksam.
Diskriminierungserfahrungen sind alltäglich
… aber nicht so einfach zu thematisieren, zumindest nicht
als Einstiegsthema.
In der Frankfurter Vätergruppe waren die Morde in Hanau Anlass, über eigene
Diskriminierungserfahrungen zu sprechen. Wichtig ist in jedem Fall, diese
Erfahrungen ernst zu nehmen, gemeinsam zu überlegen, wie Kinder gestärkt und
eine Vertrauensbasis aufgebaut werden kann.
In dem Kontext spielen für Väter auch die Fragen, ‚was möchte ich meinen
Kindern vermitteln‘ und ‚was möchte ich ihnen aus meiner Herkunftskultur mit
aus den Weg geben‘ eine große Rolle.
Wissenschaftliche Kategorien wie ‚Mehrfachzugehörigkeit‘ und
‚hybride Identitäten‘ haben für sie praktische Alltagsbedeutung.
Die Frage inwieweit die beiden Fluchtbewegungen 2015, bei
der junge Männer und Väter ohne ihre Kinder nach Deutschland gekommen sind und
der aktuellen, bei der Frauen und Mütter mit ihren Kindern, aber ohne deren Väter
nach Deutschland kommen. Auswirkungen auf die Arbeit ‚mit Vätern‘ bzw. mit
Kindern ohne Väter haben wird, gab es mehr Fragen als Antworten.
Es wird darauf ankommen, die Bedürfnisse der Kinder zu
adressieren und ihnen bei Bedarf männliche Bezugspersonen ‚Ersatzpapas‘ zur
Verfügung zu stellen.
Als Abschlussresümee äußerte der Referent, auch wenn sich im
Arbeitskreis MiseV und auch hier beim Werkstattgespräch eine ‚Positivauswahl‘
trifft, ist die Bereitschaft sich mit dem Thema auseinanderzusetzen und neue
Angebote auszuprobieren und zu etablieren in den letzten Jahren kontinuierlich gewachsen.
„Die Annahme, Väter und Mütter im Kontext der Geburtsvorbereitung anzusprechen und dort das Anliegen ‚partnerschaftliche Aufgabenteilung‘ zu thematisieren ist richtig, da in diesem Zeitraum entscheidende Weichenstellungen vorgenommen werden. Da mehr als 90 % der Väter an der Geburt und, zumindest beim ersten Kind, auch an angebotenen Kursen zur Vorbereitung teilnehmen, sind Hebammen entscheidende ‚Player‘ auf diesem Feld. Auf der Basis freiwilliger Fortbildungen für Hebammen und mit dem Hinweis, ihnen nützliche Methoden für die Arbeit mit und die Ansprache von Vätern zur Verfügung stellen, lässt sich das Ziel nicht erreichen. Das liegt zum einen, an der von der, an den unterschiedlichsten Stellen beschriebenen Haltung der Hebammen, die Frauen und Männern traditionelle Rollen zuweisen und selbst wenn sie Angebote für Väter machen, diesen Unterstützungs- und Assistentenaufgaben zuweisen.“
Abschlussbericht des Projekts ‚Bedeutung von Vätern im Geburtsprozess‘
Stellungnahmen der Parteien zu den Forderungen der LAG Väterarbeit zur Landtagswahl
Die LAG Väterarbeit hat im Vorfeld der Landtagswahl am 15 Mai fünf konkrete väterpolitische Forderungen aufgestellt und die im Landtag vertretenen Parteien darum gebeten darzulegen, inwieweit eine Stimme für Ihre Partei zu einer Umsetzung in den kommenden 5 Jahren beitragen wird.
Die fünfte Forderung lautet:
„Hinwirkung des Landes darauf, dass in den (Rahmen-) Lehrplänen für Erzieher*innen, Sozialarbeiter*innen und -pädagog*innen sowie Hebammen Aus- und Fortbildungsinhalte geplant werden, die diese Fachkräfte in die Lage versetzen, Väter gendersensibel in den Blick zu nehmen, anzusprechen und einzubeziehen.“
Die CDU hat dazu geantwortet:
Unsere Familienzentren sind für viele Familien erste Anlaufstelle. Wir werden daher unseren Kurs des Ausbaus, der finanziellen Stärkung und der Vernetzung mit den Angeboten der Familienförderung fortsetzen. Ein wichtiger Bestandteil für die kommenden Jahre wird dabei die Etablierung des digitalen Familienzentrums NRW sein. Das neue Kinderbildungsgesetz überwindet dabei mit 1,3 Milliarden Euro pro Jahr zusätzlich die strukturelle Unterfinanzierung im System der Kindertagesbetreuung in NRW. In den letzten fünf Jahren haben wir die Anzahl von Familienzentren ausgebaut und familienunterstützende Angebote zum Beispiel im Bereich der Familienbildung gestärkt. Hebammen dienen zusätzlich gerade in den ersten Wochen nach der Geburt in einem geschützten Rahmen als Ansprechpartnerinnen für alle medizinischen und psychosozialen Fragen. Sowohl für Mutter und Kind, als auch für Väter, Partner oder Geschwisterkinder stellen sie dabei eine besondere Begleitung und Unterstützung dar und können auf die individuellen Bedürfnisse in den Familien reagieren.
Die FDP hat dazu geantwortet:
In den genannten Lehrplänen sind schon bereits vielfältige Lebensmodelle und Rollenbilder berücksichtigt. Wir streben an, dass die Rolle von Vätern hierbei noch stärker in den Fokus gerückt wird und unterstützen diese Weiterentwicklung und Anpassung an die heutigen Lebensverhältnisse jenseits tradierter Rollenbilder.
Die Grünen haben dazu geantwortet:
Pädagogische Fachkräfte und Hebammen sind wichtige Ansprech- und Bezugs-personen für Familien. Deshalb ist es wichtig, die Vielfalt von Familienformen genauso in Aus-, Fort- und Weiterbildung zu integrieren, wie insgesamt gender- und diversitätssensible Ansätze zu vermitteln. Gleichermaßen ist es wichtig, Väter in ihrer Rolle zu bestärken und Geschlechter-stereotype, auch in Bezug auf Elternschaft, zu durchbrechen.
Die SPD hat dazu geantwortet:
Wir werden uns in der kommenden Wahlperiode mit den Ausbildungs-ordnungen und dem Sozialberufe-anerkennungsgesetz befassen. Die Ausweitung auf einen vatersensiblen Blick ist ein wichtiger Hinweis. Die Einbindung des Vaters in der Geburtshilfe und auch das Eingehen auf väterliche Ängste und Sorgen ist eine wichtige Ergänzung für die jungen Familien. Wir sehen, dass sich immer mehr Väter engagieren, dies muss sich nun auf die Praxis in den Einrichtungen übertragen. Väterarbeit in die Ausbildung aufzunehmen, kann dies erleichtern.