Männer pflegen aus Liebe
Erstellt von Hans-Georg Nelles am Donnerstag 18. Dezember 2014
„Die These, dass Männer anders pflegen als Frauen, haben wir nicht bestätigt bekommen“, erklärt Sigrid Leitner, Professorin für Sozialpolitik an der Fakultät für Angewandte Sozialwissenschaften der Fachhochschule Köln. „Unsere aktuelle Untersuchung zeigt, dass Männer durchaus nicht nur dann pflegen, wenn es nicht anders geht – so eine verbreitete These – sondern sie tun es häufig aus Liebe, wollen ihren Eltern oder ihrer Ehefrau Zuwendung zurückgeben“.
Eine weitere gängige Annahme – Männer organisierten Pflege nur, machten aber selbst keine Körperpflege – sieht die Wissenschaftlerin ebenfalls nicht bestätigt: „Die Männer, die wir befragt haben, haben oft geantwortet, sie hätten es sich zunächst nicht vorstellen können, ihre Angehörigen auch körperlich zu pflegen, nach einer kurzen Zeit der Überwindung und Gewöhnung sei dies aber völlig selbstverständlich geworden“.
Väter, die Angehörigenpflege, Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit vereinbaren müssen, wählen häufig so genannte gemischte Pflegearrangements als Bewältigungsstrategie. Dabei beziehen sie ihre Partnerin, ältere Kinder und professionelle Pflegedienste mit ein. „Die eigene Familie ist für die Väter ein großer Rückhalt, auch psychisch. Gleichzeitig ist sie aber auch eine Konfliktquelle, denn die zeitliche Beanspruchung der Väter durch die Pflege führt unweigerlich zu Konflikten mit den eigenen Kindern und der Partnerin“, erklärt Sigrid Leitner, „denn die Väter befinden sich in einer so genannten Sandwichposition, stehen zwischen den Ansprüchen der zu pflegenden Angehörigen und denen ihrer Kinder“.
In manchen Familien werden die Aufgaben, die durch Pflege und Kinderbetreuung anfallen, partnerschaftlich aufgeteilt; andere leben ein Modell, bei dem beispielsweise die Mutter die Kinder betreut und der Vater seine Eltern pflegt.
„Insgesamt“ betont auch Dr. Eckart Hammer, Professor an der Evangelischen Hochschule Ludwigsburg, „wird die Pflegearbeit, die Männer leisten, noch stark unterschätzt. So hat sich zum Beispiel die Zahl der Söhne, die ihre Eltern pflegen, in den vergangenen 10 Jahren um 10 Prozent erhöht“. Rund 27 Prozent aller häuslich Pflegenden sind inzwischen Männer. Nimmt man einen erweiterten Pflegebegriff, sind es sogar bereits 37 Prozent …