Viele Mitarbeiter gehen in die innere Emigration
Erstellt von Hans-Georg Nelles am Mittwoch 2. März 2011
In deutschen Chefetagen läuft etwas falsch. Laut der jüngsten Umfrage des Marktforschungsinstituts Gallup hat jeder fünfte Arbeitnehmer innerlich gekündigt. … Jedes Jahr erstellt Gallup einen sogenannten Engagement Index der Mitarbeitermotivation in deutschen Betrieben. Dazu wird eine Stichprobe von rund 2000 Beschäftigten befragt.
Betrachtet man die Entwicklung der letzten zehn Jahre, so hat sich in Sachen Mitarbeitermotivation nichts Wesentliches getan: Aktuell haben von 100 Beschäftigten nur 13 eine hohe emotionale Bindung an das Unternehmen, 66 Mitarbeiter identifizieren sich nur mittelmäßig bis gering mit dem Arbeitgeber, während 21 Personen offenbar gar keine emotionale Bindung zum Betrieb aufweisen. In den Jahren zuvor sah das nicht viel anders aus.
Gallup rechnet den Befund der eigenen Statistik nun auf die Gesamtbeschäftigtenzahl der Bundesrepublik hoch, ordnet dem Geldbeträge zu und dramatisiert die Geschichte durch Produktivitätseinbußen in Milliardenhöhe und einem volkswirtschaftlichen Schaden in Höhe von rund 125 Milliarden Euro, jährlich.
Die tägliche Praxis Im operativen Geschäft, also in der täglichen Praxis, kommt die Mitarbeiterbeteiligung und -motivation meist unter die Räder, hat Klaus Zimmermann beobachtet. … Fragt man die Unternehmensleiter oder Führungskräfte nach ihren wichtigsten Ressourcen, so fallen darunter immer Stichworte wie „meine Mitarbeiter“ oder „das Know-how meiner Mitarbeiter“.
Im Alltag stehen hingegen Produktion, Kennzahlen, Kundenwünsche und Auftragsabwicklung im Vordergrund. „Softe“ Managementtools stehen hintan. „Viele nennen sich Führungskraft, sind aber keine“, sagt Zimmermann. Drei Befunde hat er ausgemacht. Erstens fehle für die Führungsaufgabe meist die Zeit. Zweitens hapere es bei der nötigen Qualifikation. Und drittens gebe es nicht die nötigen Freiräume für die Führungskräfte.
„Es ist eine Scheinwelt: Das Wissen und Wollen um die nötigen Führungsaufgabe ist schon da. Nur stehen die Aufträge im Vordergrund. Alles andere kommt später.“… Ein paar einfache Grundsätze zur Mitarbeiterbeteiligung und -motivation hält Zimmermann bereit. Den Mitarbeiter loben. „Das Lob muss authentisch sein. Und das geht nur, wenn ich mich auf den Mitarbeiter einlasse“, erklärt Zimmermann. Der Mitarbeiter soll nicht den Eindruck bekommen, er sei gelobt worden, da sein Chef das gerade in seinem Führungsseminar gelernt habe. Feedback geben. … Ganz ähnlich sehen es die Strategen des Marktforschungsinstituts Gallup.
Deren Expertise zufolge, gibt es zwölf Grundbedürfnisse, die alle Menschen bei der Arbeit erfüllt haben wollen. „Dazu gehören das Wissen darum, was von ihnen erwartet wird, Anerkennung und Lob für das Erledigen einer guten Arbeit, und der Glaube, dass ihre Meinung zählt. Wenn diese Bedürfnisse erfüllt sind, profitiert das Unternehmen von beträchtlich erhöhtem Mitarbeiterengagement und einer drastisch gestiegenen Unternehmensleistung.“ … Eigentlich ganz einfach.
Samstag 5. März 2011 um 16:37
Ich muß leider auch immer wieder feststellen, mit welchen beschränkten Führungsqualitäten man es zu tun hat. Eigentlich gute Konzernvorgaben mutieren zu Luftnummern und Alibiveranstaltungen, wirklich gelebt werden dann alte autoritäre und überkommene Handlungsmuster.
Ich denke, gerade den traditionsverwurzelten deutschen Unternehemskulturen täte eine umfassende Modernisierungkur – auch mithilfe der Verbesserung der Geschlechterbilanz in Führungsetagen (Stichwort : Diversity-Management) – mehr als gut und ist m.E. längst überfällig.