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Mütter, Väter, Kinder und eine Ministerin

Erstellt von Hans-Georg Nelles am Freitag 26. November 2010

Bundesfamilienministerin Schröder hat heute in der Welt eine ‚Verteidigungsschrift’ für das Elterngeld veröffentlicht und nebenbei einen gezielten ‚Schlag’ in der Feminismusdebatte bei Frau Schwarzer platziert.

emma_1979_klein‚Es ist ein Ritual, das sich in schöner Regelmäßigkeit wiederholt: Sobald irgendwo eine neue Geburtenstatistik erscheint, kommen die Kassandrarufer mit düsteren Zukunftsprognosen aus der Deckung. Sie bereiten die Bühne für Experten, die die stagnierenden oder sinkenden Geburtenzahlen als Ausweis anhaltender Gebär- und Zeugungsfaulheit interpretieren.

Spätestens dann schlägt die Stunde der Technokraten, die die sofortige Abschaffung des Elterngelds fordern – mit der schlichten Begründung, es trage nicht dazu bei, Deutschland eine bestandserhaltende Reproduktion zu sichern. Und auch die rund drei Millionen Frauen und Männer, die seit 2007 Elterngeld bezogen haben, sind vor Kritik nicht gefeit:

Es soll ja Paare geben, die – man glaubt es nicht! – die Partnermonate genutzt haben, um sich als Familie mit ihrem Baby eine schöne Zeit zu machen. Dass es gerade für „Neu-Eltern“ wichtig ist, Zeit für Familie zu haben und gemeinsam in ihre Verantwortung hineinzuwachsen, liegt offenbar jenseits der Vorstellungskraft all derjenigen, die meinen, den Erfolg oder Misserfolg von Familienpolitik an der Geburtenzahl ablesen zu können.

Der beste Beweis für die Kurzsichtigkeit dieser Argumentation ist das Elterngeld. Konzipiert als Ausgleich für Einkommensverluste, erleichtert es Müttern und Vätern die Entscheidung für eine berufliche Auszeit und schenkt jungen Familien damit einen Schonraum, um füreinander da zu sein und sich intensiv um ihr Baby zu kümmern.

Wäre das Elterngeld eine „Gebärprämie“, dann wären wir damit tatsächlich krachend gescheitert. Zur Erfolgsgeschichte wird es wegen seiner gesellschaftspolitischen Gestaltungskraft. Dank der Partnermonate sind wir heute so weit, dass sich nach der Geburt eines Kindes nicht nur Frauen, sondern auch mehr und mehr Männer Zeit für Verantwortung nehmen und diese Zeit bei ihrem Arbeitgeber auch einfordern. Arbeitgeber wiederum engagieren sich heute nachweislich deutlich stärker als vor Einführung des Elterngelds für die Unterstützung junger Mütter und Väter bei der Rückkehr in den Beruf nach der Elternzeit.

Von diesen Veränderungen werden mittelfristig vor allem Frauen profitieren. Denn bisher ist unsere Arbeitswelt gerade in den Führungsetagen in weiten Teilen immer noch auf Männer zugeschnitten – oder allgemein formuliert: auf Menschen, die Verantwortung delegieren können. Die Folge: Während Männer zwischen 30 und 40 zwei, drei Karrierestufen auf einmal nehmen, wuppen Frauen zwischen 30 und 40 häufig zwei, drei Jobs auf einmal: Teilzeitberuf, Kindererziehung und Haushalt.

Väter in Elternzeit brechen dieses klassische Muster auf. Wo Leistungsträger sich Zeit für Verantwortung nehmen, entstehen neue Karrieremodelle und Teilzeitarbeitsplätze. Wo einer den Anfang macht, trauen sich auch andere. Und wo Väter eine enge Bindung zu ihrem Kind haben und die Zeit mit ihm intensiv erleben, ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie kein Frauenthema, sondern eine partnerschaftliche Entscheidung. Diese Veränderungen brauchen Zeit, keine Frage. Aber der wichtigste, erste Schritt ist getan. …

Weil es den partnerschaftlichen und familiären Zusammenhalt stärkt, die Entwicklung einer familienfreundlichen Arbeits- und Unternehmenskultur vorantreibt und Frauen die Rückkehr in ihren Beruf erleichtert, sind die rund 4,4 Milliarden, die wir dafür jährlich ausgeben, für unsere ganze Gesellschaft gut angelegtes Geld. Wer daran noch zweifelt, möge sich vor Augen führen, dass die Familienpolitik damit innerhalb kürzester Zeit etwas geschafft hat, was jahrzehntelange Feminismusdebatten und umfangreiche Gleichstellungsgesetze nicht erreicht haben: Männer definieren ihre Rolle neu – in der Familie und im Berufsleben.’

Das sich Emma im September 1979, wenige Monate nachdem die ersten 4 Monate Elternzeit, damals hieß es noch Mutterschaftsurlaub, eingeführt wurden, dafür stark gemacht hat, dass auch Väter in ‚Mutterschaft’ gehen können, fehlt in der Betrachtung. Wenn Politik und angerufene Gerichte vor 30 Jahren anders entschieden hätten, wer weiß, wäre die Geschichtevielleicht anders gelaufen, die des Feminismus und die der Elternzeit.

Quelle

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