Die Leiden der jungen Männer
Erstellt von Hans-Georg Nelles am Montag 28. Mai 2007
In Spiegel Online setzt sich der Göttinger Professor Franz Walter mit der im Auftrag des Bundesfamilienministeriums von Sinus erstellten Studie
‚20-jährige Frauen und Männer heute – Lebensentwürfe, Rollenbilder, Einstellungen zur Gleichstellung’ auseinander.
Die Ergebnisse der Studie sind eindrucksvoll.
‚… Das Weltbild der jungen Frauen ist durch und durch optimistisch gefärbt. Sie äußern sich vergnügt, dass nach dem Abitur etwas Neues beginnt. Sie freuen sich auf den Orts- und Wohnungswechsel, auf das Studium, auf die Chance ins Ausland zu gehen.
Sie sind überwiegend bemerkenswert zuversichtlich, demnächst in einem interessanten, ausfüllenden Beruf arbeiten zu können. Sie vertrauen dabei auf ihre eigene Intelligenz, Durchsetzungsfähigkeit und Disziplin, erwarten keine Hilfen von administrativen Gleichstellungsregelungen. Frau – so die Resultate der Erhebung – will es eben alleine schaffen.
Die jungen Männer mit Abitur präsentieren sich in einer ganz anderen Verfassung. Sie repräsentieren die Kehrseite der Chancen- und Optionsmedaille: Die grassierende Angst davor, sich falsch zu entscheiden, die Furcht vor dem Versagen, dem Scheitern.
Die Angst vor dem Scheitern bezieht sich dabei keineswegs allein auf die Berufsperspektive, sondern im erheblichen Maße auf das Verhältnis zu den gleichaltrigen Frauen.
Die zwanzigjährigen Männer tragen nach wie vor am Anspruch, künftig als Haupternährer der Familie zu agieren, Karriere machen zu müssen, in der Leistungsgesellschaft sich mit Härte durchzusetzen, sich als einsamer Wolf in der freien und rauen Wildbahn zu behaupten.
Zugleich aber wissen sie, akzeptieren es kognitiv auch, dass ihre (potentiellen) Partnerinnen auch noch andere Eigenschaften und Verhaltensweisen von ihnen verlangen.
Sie sollen später die Familie nicht dem Beruf unterordnen, sollen in gleichen Teilen wie die Frau am Haushalt mitwirken, sollen sich gleichverantwortlich um die Betreuung wie Erziehung der Kinder kümmern, sollen einfühlsame Versteher, Zuhörer, zuweilen auch Seelsorger sein.
Das alles gilt im modernen Diskurs der modernen deutschen Gesellschaft als durchweg selbstverständlich. Aber die 20-jährigen Männer haben mit den disparaten Rollenanforderungen erkennbar die größten Probleme.
Denn schließlich: Ein bisschen sollen sie auch weiterhin Machos sein, nach überlieferter Art auf die Jagd um die Beute gehen; doch sollen sie auch Zartheit zeigen, Sensibilität und Compassion besitzen.
Man(n) hat als Ass im harten Wettbewerb der Karrieren den Rivalen rüde und erfolgreich aus dem Feld zu schlagen; zugleich aber auch als Vorbild am Wickeltisch und phantasievoller Erzähler von Märchen und Geschichten aus Bullerbü zu überzeugen.
Und selbst wenn sie all diese Rollen virtuos miteinander kombinieren, könnten sie – so die tiefsitzende Grundbesorgnis der 20-jährigen Männer – am Ende dann doch von ihrer Partnerin „verlassen werden“.‘
Dienstag 5. Juni 2007 um 12:46
Ich versuche ja immer das Positive zu sehen: Ich halte die jungen Männer echt für realistischer als die jungen Frauen, die ja anscheinend so optimistisch sind. Wie wir wissen (vor allem von Herrn Prof. Fthenakis, „Paare werden Eltern, die LBS-Familienstudie“), wird sich das ändern sobald die Frauen Kinder kriegen bzw. darüber nachdenken, dies zu tun.
Aktuell siehe auch die Studie „Not am Mann“, http://www.berlin-institut.org/not_am_mann.html