‚Bringing
Baby Home‘ lautet der Titel der aktuellen Studie des britischen
Fatherhoodinstituts. Dabei wurden empirische Daten über Väter und
Vaterschaft im Vereinigten Königreich im ersten Jahr nach der Geburt
untersucht. Wer sind die Väter, wie agieren sie, was beeinflusst ihr
Handeln, welche Wirkungen auf Kinder und Mütter haben sie und wie gehen
die Gesundheitsdienste mit ihnen um.
Was das Fatherhoodinstitut herausgefunden hat, bestätigt eine
bedauerliche Tatsache: Die Gesundheits-Systeme sind nicht darauf
ausgerichtet, neue Väter anzusprechen und zu unterstützen, obwohl es
eindeutige Beweise dafür gibt, dass ein routinierter Umgang mit ihnen in
der Perinatalperiode dringend erforderlich ist. Es gibt drei klare
Gründe, die für eine bessere Unterstützung sprechen:
Die körperliche und seelische Gesundheit der Väter hat erhebliche
Auswirkungen auf die künftige Gesundheit und das Wohlbefinden des
Kindes. Zu den negativen Folgen für das Kind, die nachweislich mit den
Eigenschaften und Verhaltensweisen der Väter zusammenhängen, gehören ein
erhöhtes Risiko für Fettleibigkeit, Atemprobleme und eine
beeinträchtigte kognitive Entwicklung.
Mütter wollen und können von einer besseren Einbindung des Vaters
profitieren, indem sie bessere Geburtsergebnisse und -erfahrungen, eine
bessere Unterstützung bei der Erholung nach der Geburt und bei der
Aufnahme und Fortsetzung des Stillens sowie ein größeres Potenzial für
eine Aufteilung der Betreuungsaufgaben erhalten
Die Perinatalperiode ist ein „goldener Moment“, um
Gesundheitsprobleme und Verhaltensweisen der Väter selbst zu erkennen
und anzugehen.
Die Studie sowie eine Zusammenfassung der Ergebnisse finden Sie hier.
Der Alltag von Hebammen bewegt sich an der Schwelle,
wo neues Leben entsteht und manchmal Leben vergeht.
Für Helena Bellwald sind Schwangerschaft und Geburt
etwas Natürliches, das am besten gelingt, wenn sie möglichst nicht eingreift.
Sie begleitet Eltern während der Schwangerschaft, der Hausgeburt und im
Wochenbett. Aber auch, wenn Eltern ein Kind verlieren.
Lucia Mikeler ist Beleghebamme. Auch sie betreut Paare
von der Schwangerschaft bis zum Wochenbett und geht für die Geburt in das
Spital. Lucia ist es wichtig, dass die Frau ihre Geburt so gestalten kann, wie
sie es für richtig hält.
Jeanette Gröbli, Sara Lehner und ihr Team zeigen uns
den regen Spitalalltag, wo 97 von 100 Geburten in der Schweiz stattfinden. Sie
sehen die Frauen zum ersten Mal, wenn sie mit Wehen ins Spital kommen. Sie
begleiten sie routiniert und empathisch durch diese existenzielle Erfahrung.
Der Film gibt einen intimen Einblick in die
natürlichste Sache der Menschheit. Sie fasziniert uns bis heute, einerseits als
Wunder, andererseits als hochriskantes medizinisches Ereignis.
Der Beitrag des
Vorsitzenden der LAG Väterarbeit in der aktuellen Ausgabe impu!se der
Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin
Niedersachsen e. V.
„Die WHO empfiehlt, die Beteiligung von Männern während der
Schwangerschaft, der Geburt und nach der Geburt zu fördern, um die
Selbstsorge von Frauen und die häuslichen Pflegepraktiken für Frauen und
Neugeborene zu verbessern. Neben dieser auf die Gesundheit von Mutter
und Kind bezogenen Perspektive gibt es weitere gute Gründe, dies zu tun.
Die Gesundheit der Väter, die Zuschreibung von väterlichen
Kompetenzen und ihre Beziehung zu dem ungeborenen Kind haben einen
großen Einfluss darauf, in welchem Maße sie sich an der Erziehung des
Kindes beteiligen und Ressourcen für seine gelingende Entwicklung zur
Verfügung stellen.
In der Phase vor und unmittelbar nach der Geburt werden zudem die
Weichen dafür gestellt, ob das gewünschte Lebenskonzept einer
partnerschaftlichen Aufteilung von Erwerbs- und Familienarbeit
Wirklichkeit werden kann oder die Partnerschaftszufriedenheit darunter
leidet, dass sich Vater und Mutter in jeweils unterschiedlichen Sphären
voneinander entfremden. Viele Väter haben den Wunsch, die Entwicklung
ihrer Kinder von Anfang an mitgestalten und erleben zu können.
Ansprüche und Wirklichkeiten
Erfahrungen und Studienergebnisse zeigen, dass die gewählten
Lebensmodelle häufig nicht Ergebnis zielgerichteter Aushandlungsprozesse
sind, sondern Paare vor dem Hintergrund vermeintlich rationaler Gründe
nach der Geburt dort ‚hineingeschliddert‘ sind und Väter sich mehr oder
weniger freiwillig auf die traditionelle Rolle des Ernährers und
Assistenten in der Familie einlassen.
Obwohl also alles dafür spricht, werdende Väter rechtzeitig
einzubeziehen, sie als aktive Subjekte im Geburtsgeschehen zu betrachten
und auf die neue Rolle vorzubereiten, werden sie hierzulande immer noch
als ‚Beifahrer‘ betrachtet. In Großbritannien, wo bereits 2006 im
Nationalen Gesundheitssystem ein Paradigmenwechsel zugunsten von Vätern
stattgefunden hat, zeigen kürzlich veröffentlichte Befragungsergebnisse,
dass der empfohlene Wandel auch dort noch längst nicht überall
praktiziert wird.
92 Prozent der Väter nehmen an den Vorsorgeuntersuchungen teil, aber
61 Prozent berichten, dass ihre Rolle als Vater zu keinem Zeitpunkt
angesprochen worden ist.
Väter haben keinen formalen Status bei der Geburtsvorbereitung,
selbst ihr Name wird nicht erfasst. Lediglich 16 Prozent der Väter
werden während der Geburt nach ihrem Befinden gefragt.
Wenn ‚Väter‘ und ‚Mütter‘ statt ‚Eltern‘ adressiert werden und
deutlich gemacht wird, dass beide gefragt sind, steigt die Beteiligung
von Vätern bei der Nachsorge von ca. 20 Prozent auf bis zu 70 Prozent
Das Erlebnis der Geburt
Wie Väter auf die Geburt vorbereitet werden können und welche Rolle
die verschiedenen Professionen dabei spielen, ist lange bekannt. Der
entscheidende Faktor dabei ist die Haltung gegenüber der Rolle der Väter
sowie ihrer aktiven Einbeziehung.
Angebote der Geburtsvorbereitung für Väter kommen auch werdenden
Müttern zugute. Studien zeigen, dass Väter, die ihre Rolle während der
Geburt kennen und verstehen, was dort geschieht, selbst besser vor
übermäßigem Stress geschützt sind und seltener Gefahr laufen, den Ablauf
der Geburt negativ zu beeinflussen. Das gilt insbesondere in den
Momenten, in denen es mal nicht nach Plan läuft.
Bei der Geburt selbst dabei sein zu können, ist für Männer die
einzigartige Möglichkeit, das Vaterwerden, das sich bislang als
‚Kopfgeburt‘ abgespielt hat, unmittelbar zu erleben und eine Beziehung
zu ihrem Kind aufbauen zu können. Dazu ein O-Ton: „Es war unglaublich,
atemberaubend, erstaunlich und erschreckend, die erste Person zu sein,
die meine Tochter sah, und Augenkontakt mit ihr herzustellen, als sie
herauskam. Ich habe ein Foto, etwa drei Minuten nach ihrer Geburt, auf
dem ich sie im Arm halte und wir uns gegenseitig anstarren, und es sieht
aus, als würde sie mir die Zunge herausstrecken.“
Väter müssen draußen bleiben
Corona wirkt wie ein Brennglas und hat auch in der Geburtshilfe
offengelegt, dass Väter dort noch nicht die Bedeutung haben, die ihnen
zusteht. Zehntausende Männer konnten wegen der Corona-Regeln in den
vergangenen Monaten die Geburt ihres Kindes nicht miterleben. In manchen
Kliniken dürfen Väter den gesamten Verlauf der Geburt begleiten, in
anderen ruft sie das Personal erst zur Endphase der Geburt in den
Kreißsaal – wenn die Presswehen beginnen oder der Muttermund um einige
Zentimeter geöffnet ist. Zum Teil dürfen Väter ihre Familie nur eine
Stunde am Tag auf Station besuchen, andernorts gibt es keine
Beschränkungen. Zu Vorsorgeterminen, zum Ultraschall dürfen Väter oft
ebenfalls nicht mitkommen.
„Ich durfte nur an einer Untersuchung teilnehmen. Meine Frau musste
zu allen anderen Untersuchungen und Konsultationen allein gehen. Ich
habe diese lebenswichtige Unterstützung für meine Frau und die
Entwicklung einer Bindung zu unserem kleinen Sohn völlig verpasst. Das
System ist durcheinandergeraten, und die emotionale Belastung, die wir
zahlen müssen, ist enorm …“ berichtet ein Vater.
Die Auswirkungen der Geburtserlebnisse auf die Vaterschaft
Studien zeigen, dass die Geburt und ihr Erleben für Väter und Mütter
einen wichtigen Ausgangspunkt für den Übergang zur Elternschaft
darstellen. Sie erleichtern oder erschweren den Prozess des
Vaterwerdens. Mütter mit einem negativen Geburtserlebnis geben häufiger
an, dass sie Probleme beim Stillen haben und ihre Wunden schlecht
heilen. Das Risiko, dass die Mütter und Väter nach der Geburt eine
Depression entwickeln steigt und auch die Eltern-Kind-Bindung war sechs
Monate nach Entbindung weniger sicher.
Da die Unterstützung von Vätern im Geburtsprozess positive
Auswirkungen auf die Frauen hat, muss sichergestellt werden, dass Väter
systematisch einbezogen werden und sich an Schwangerschaft, Geburt und
Kinderbetreuung beteiligen. So können sie ihre Partnerinnen
unterstützen, eine eigene Identität als Vater entwickeln und eine aktive
Rolle in der Versorgung der Säuglinge übernehmen.“
Das Schwerpunktthema der aktuellen Hebammenzeitschrift (DHZ
3-2022) lautet ‚Elternwerden aus feministischer Sicht‘. Das es dabei auch auf ‚aktive
Vaterschaft von Anfang an‘ ankommt haben Karsten Kassner, Hans-Georg Nelles,
Holger Strenz und Carsten Vonnoh in ihrem Beitrag dargelegt.
Neben einer auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenen
Geburtsvorbereitung und dem Austausch mit anderen Vätern spielen passende
gesellschaftliche Rahmenbedingungen eine entscheidende Rolle. Dazu heißt es im
Beitrag unter anderem:
Darüber hinaus setzen familienpolitische Regelungen – aber
auch betriebliche Kontexte – den Rahmen, in dem Männer ihre Vaterschaft gestalten
können. Mit dem Elterngeld ist seit 2007 ein Weg eingeschlagen worden, der eine
»leise Revolution« nach schwedischem Vorbild einleiten sollte. Seitdem ist
einiges in Bewegung geraten, die geltende Regelung mit zwei zusätzlichen Partnermonaten
und die seit Einführung unangetastete finanzielle Ausgestaltung sind jedoch
nicht ausreichend.
Viele Arbeitgeber:innen stehen beruflichen Auszeiten von
Männern aufgrund von Sorgeverantwortung weiterhin skeptisch gegenüber. Das
zeigt aktuell auch die Diskussion um die bezahlte Vaterschaftsfreistellung nach
Geburt, also die Möglichkeit für Väter und andere zweite Elternteile, 14 Tage
nach der Geburt bei vollem Gehalt die Partnerin im Wochenbett zu unterstützen
und selbst in die neue Rolle hineinzuwachsen.
Insofern ist es sehr zu begrüßen, dass es in Deutschland mit
der geplanten Einführung einer Vaterschaftsfreistellung perspektivisch eine
solche familien- und gleichstellungspolitische Leistung als gesetzlichen Anspruch
geben wird. Die Diskussionen um entsprechende Regelungen machen die
gesellschaftlichen Normen und Erwartungen an Väter und Mütter sichtbar, die es
Vätern erschweren, sich von Anfang an gleichberechtigt zu beteiligen.
Statt zu monieren, dass Väter in der Regel lediglich die
zwei zusätzlichen Partnermonate beim Elterngeld in Anspruch nehmen, bräuchte es
viele weitere mutige Schritte und strukturelle Rahmensetzungen, um Sorgearbeit gleichberechtigter
zwischen den Geschlechtern aufzuteilen. Beispielsweise eine deutliche
Ausweitung der Partnermonate beim Elterngeld und mehr monetäre Anreize, sich
das Elterngeld gleichmäßiger aufzuteilen, etwa durch die Einführung einer
Dynamisierung, wie im 9. Familienbericht der Bundesregierung vorgeschlagen
Darüber hinaus wäre die Einführung einer Familienarbeitszeit
ein wichtiger Schritt, um eine lebenslaufbezogene Arbeitszeitpolitik zu
etablieren, die für beide Eltern Arbeitszeitreduktion oder vollzeitnahe Teilzeit
für Phasen mit erhöhter Verantwortung für Sorgearbeit vorsieht
Darüber hinaus wäre die Einführung einer Familienarbeitszeit ein wichtiger Schritt, um eine lebenslaufbezogene Arbeitszeitpolitik zu etablieren, die für beide Eltern Arbeitszeitreduktion oder vollzeitnahe Teilzeit für Phasen mit erhöhter Verantwortung für Sorgearbeit vorsieht.
In dieser
Aussage eines Vaters kommt die ganze Ambivalenz zum Ausdruck, die Männer
im Kontext einer Geburt erleben. Und genau in diesen Ambivalenzen und
Dissonanzen stecken nach Ansicht von Philip Krüger die größten Chancen
für Veränderungen. Für eine Realisierung des von vielen jungen Vätern
und Müttern geäußerten Wunsches, sich Erwerbs- und Familienarbeit
partnerschaftlich aufzuteilen. Aber damit aus diesen Absichtserklärungen
reale Veränderungen werden, braucht es Unterstützung, unter anderem
spezifische Angebote zur Geburtsvorbereitung für Väter.
Die Zuschreibung von väterlichen Kompetenzen und ihre Beziehung zu
dem ungeborenen Kind haben einen großen Einfluss darauf, in welchem Maße
sie sich an der Erziehung des Kindes beteiligen und Ressourcen für
seine gelingende Entwicklung zur Verfügung stellen.
In der Phase vor und unmittelbar nach der Geburt werden die Weichen
dafür gestellt, ob das gewünschte Lebenskonzept Wirklichkeit werden kann
oder die Partnerschaftszufriedenheit darunter leidet, dass sich Vater
und Mutter in jeweils unterschiedlichen Sphären voneinander entfremden.
Viele Väter wollen die Entwicklung ihrer Kinder von Anfang an aktiv
begleiten und mitgestalten.
„Ich habe dann nur den Schwangerschaftstest gesehen, den sie mir
gezeigt hat, und das war dann erst mal so ein eine Explosion der Gefühle
im Kopf, also von Freude, Glück, aber natürlich auch Respekt und Sorge.
Alles was einem, glaube ich so als Vater auch in den nächsten Jahren so
durch den Kopf geht, war denn auch einfach da“.
Bei der Geburt selbst dabei sein zu können, ist für Männer die
Möglichkeit, das Vaterwerden, das sich bislang als ‚Kopfgeburt‘
abgespielt hat, unmittelbar zu erleben und eine Beziehung zu ihrem Kind
aufbauen zu können. „Es war unglaublich, atemberaubend, erstaunlich und
erschreckend, die erste Person zu sein, die meine Tochter sah, und
Augenkontakt mit ihr herzustellen, als sie herauskam. Ich habe ein Foto,
etwa drei Minuten nach ihrer Geburt, auf dem ich sie im Arm halte und
wir uns gegenseitig anstarren, und es sieht aus, als würde sie mir die
Zunge herausstrecken.“
Corona hat auch in der Geburtshilfe wie unter einem Brennglas
offengelegt, dass Väter dort noch nicht die Bedeutung haben, die ihnen
zusteht. Zehntausende Männer konnten wegen der Corona-Regeln in den
vergangenen Monaten die Geburt ihres Kindes nicht miterleben. In manchen
Kliniken dürfen Väter den gesamten Verlauf der Geburt begleiten, in
anderen ruft sie das Personal erst zur Endphase der Geburt in den
Kreißsaal – wenn die Presswehen beginnen oder der Muttermund um einige
Zentimeter geöffnet ist. Zu Vorsorgeterminen, zum Ultraschall durften
Väter häufig ebenfalls nicht mitkommen. „Also ich hätte das sehr gerne
gemacht, aber es war uns jetzt leider aufgrund der Situation in der
Klinik oder, so wie es die Frauenarztpraxis, in der sie behandelt wird,
händelt, die ganze Pandemie, war es mir leider nicht möglich, an den
Terminen teilzunehmen.“
Um hier nachhaltige Veränderungen zu erreichen, könnten Veränderungen
bei der Ausbildung von Hebammen und Sozialpädogog:innen bzw.
-arbeiter:innen beitragen. Dazu erklärt Gunter Beetz, der Dialogrunde
und Workshop moderiert hat und selbst seit Jahren Angebote zur
Geburtsvorbereitung für Väter durchführt:
„Das Rollenverständnis hat sich bei so vielen Männern zum Positiven
gewandelt, aber die Rahmenbedingungen haben sind leider nicht
dementsprechend mit verändert. Die Bedürfnisse und Sichtweisen von
Vätern sollten viel mehr mitgedacht und berücksichtigt werden. Dies
sollte in der Ausbildung von Sozialpädagog:innen und Hebammen eine
größere Rolle spielen. Beide Berufsgruppen sind eine so große Stütze,
besonders am Anfang einer Familie, aber auch später in den Ambulanten
Hilfen, wenn es mal zu Schwierigkeiten kommt. Vielen Vätern fehlt es an
Rollenvorbildern und deshalb ist eine Unterstützung durch diese
Berufsgruppen so wichtig.“
Dementsprechend wurden in dem Workshop unter anderem folgende Gedanken formuliert:
Sprache: partnerschaftlichere, differenziertere und flexiblere Rollenbilder kommunizieren
Finanzierung: die Möglichkeit der Präventionskurse der gesetzlichen
Krankenversicherung und die Vernetzung mit bestehenden und zukünftig zu
etablierenden emotionalen Beratungen im Sinne einer Netzwerkbildung:
Hier können Nachtreffen genutzt werden, um weiter in Kontakt zu bleiben
Väterberatung: flächendeckender anbieten, auch auf Betriebe und Behörden ausweiten
Wissenschaft: Studierende bereits im Studium mit der
Väterperspektive vertraut zu machen mit dem Schwerpunkt auf einer
gesunden Entwicklung der Kinder/Familie/ Balance
Fragen für (werdende) Väter
Was für eine Vater- bzw. Mutterrolle wurde mir vorgelebt? Welche
Gesprächs- und Konfliktkultur hat mich geprägt? Die Biografie der Eltern
spielt eine wichtige Rolle, denn dein eigenes „inneres Kind“
beeinflusst die Erziehung und das Selbstverständnis deiner neuen
Familie.
Was sind meine Wünsche und Vorstellungen an mich, die Familie und an
meine Karriere. Was soll dein Kind in 25Jahren über dich erzählen?
Stimmen deine Vorstellungen mit denen deiner Partnerin überein?
Welche alltäglichen Aufgaben stehen an und welche übernimmst du? Was
braucht ihr an Struktur, damit sich alle wohlfühlen? Wieviel möchtest
du/‘musst‘ du Arbeiten? Diese und viele weitere Fragen kannst du
zunächst für dich und dann gemeinsam mit deiner Partnerin lange vor der
Geburt beantworten. Auch wenn danach alles anders kommt als gedacht, wer
A gesagt hat kann auch B viel leichter planen.
Anregungen für Hebammen
Es ist selbstverständlich, dass bei der Geburtsvorbereitung der
Fokus auf die werdende Mutter und die Geburt gerichtet ist. Aber schon
vor der Geburt werden die Weichen dafür gestellt, ob die neuen Familien
sich anfallende Aufgaben partnerschaftlich aufteilen oder in alte
Rollenmuster zurückfallen. Auch bei diesem Entscheidungsprozess können
Sie die werdenden Eltern unterstützen.
Die Unterstützung durch Väter im Geburtsprozess hat positive
Auswirkungen auf die werdenden Mütter. Beziehen sie Väter daher von
Anfang an systematisch ein und ermöglichen ihnen sich zu beteiligen. So
können Väter ihre Partnerinnen unterstützen, eine eigene Identität als
Vater entwickeln und eine aktive Rolle in der Versorgung der Säuglinge
übernehmen.
Im Rahmen der Vorbereitung auf die Geburt haben Väter das Interesse,
sich mit anderen Vätern in einem geschützten Raum über ihre Sorgen,
Gedanken und Hoffnungen auszutauschen. Ermutigen Sie die Partner ‚Ihrer‘
Mütter, den Rahmen Ihres Kurses zu nutzen.
Gunter, du hast bei der Fachtagung der LAG Väterarbeit in NRW im November die Dialogrunde und den Workshop im Themenfeld ‚Geburt & Gesundheit‘ moderiert. Eine der dort formulierten Visionen lautet ‚Angebote und Maßnahmen sichtbarer machen und auf die Bedürfnisse von Vätern ausrichten‘ Warum können die bisherigen Angebote zur Geburtsvorbereitung nicht einfach auf die Väter übertragen werden?
Die Bedürfnisse von werdenden Vätern unterscheiden sich
meiner Meinung nach grundlegend von denen der werdenden Mütter. Der
Lebensübergang ins „Mutter-Sein“ ist für sie ganzheitlich erlebbar durch die körperlichen,
aber auch seelischen Veränderungen der Schwangerschaft. Die Geburt steht
deshalb verständlicherweise im Vordergrund. Für Männer bleit diese Zeit jedoch ein
größtenteils nur im Kopf stattfindendes Erlebnis. Männer werden erst bei Geburt
Vater.
Bei den meisten Angeboten der Geburtsvorbereitung liegt der
Fokus deshalb überwiegend auf der Frau und der Geburt. Vätern ist auch wichtig,
wie sie sich bei der Geburt verhalten sollen und wie sie am besten ihre Frauen unterstützen
können. Aber wie sie sich als Mann auf das „Vater-Sein“ vorbereiten können,
nimmt wenig Platz ein, obwohl es zu den einschneidendsten Veränderungen im
Leben eines Mannes gehört. Deshalb ist ihnen ein ehrlicher Austausch unter Männern
wichtig, um mehr Sicherheit in diese Zeit des Wandels zu bekommen und
Vorbereitungen für die Zeit danach zu treffen.
Zu welchem Zeitpunkt und wie können werdende Väter
angesprochen und erreicht werden?
Wir Männer spielen erst seit ein paar Jahrzenten eine Rolle
bei der Geburt und so ist das Bewusstsein, sich aktiv darauf vorzubereiten,
noch nicht sehr verbreitet. Es wächst parallel zum Bauchumfang der Frau. Deshalb
sollten Väter so früh wie möglich und von unterschiedlichen Seiten von
Angeboten erfahren. Die eine Seite sind die Frauenärzte und Hebammen, die beim
Erstkontakt oder beim Besuch in den Geburtskliniken von Angeboten berichten
könnten. Eine andere Seite sind Arbeitgeber, denn sie haben einen großen Nutzen
davon, wenn sich werdende Väter auf ihre Vaterrolle vorbereiten. Sie sollten ihre
Angestellten dazu animieren und/oder sich finanziell beteiligen Angebote für
Väter zu belegen oder selbst welche anbieten. Die Weichen für die Vereinbarkeit
von Familie und Beruf und für eine gleichberechtigte Rollenverteilung werden
vor der Geburt gestellt. Und wir können die werdenden Väter über andere Väter
erreichen. Es fehlt immer noch an sicheren Räumen für einen Austausch.
Was muss sich an den Rahmenbedingungen verändern, damit
werdende Väter gut in ihre neue Rolle hineinkommen?
Der Vorschlag der neuen Familienministerin Frau Spiegel,
Vätern zwei Wochen bezahlten Urlaub zu ermöglichen, geht in die richtige
Richtung. Väter spielen in den heutigen Familien eine viel größere Rolle, als
nur der „Ernährer“ zu sein. Väter haben heute ein anderes Rollenverständnis, sie
wollen bei der Erziehung der Kinder gleichberechtigt Verantwortung übernehmen,
kümmern sich bei der täglich anfallenden Care-Arbeit, bieten ihren Kindern verlässliche
Beziehungen an. Und für diese Rolle sollten sie viel mehr in den Blick genommen
und unterstütz werden. Durch eine (auch monetär unterstützte) Vorbereitung auf
die Vaterrolle vor der Geburt, durch eine längere Elternzeit um gemeinsam als
Familie anzukommen, aber auch durch flexiblere Arbeitszeitmodelle. Viele Väter
befürchten leider immer noch einen Karriereknick, wenn sie länger in Elternzeit
gehen oder Teilzeit arbeiten und das leider nicht unbegründet. Dabei gibt es
fantastische Teilzeitmodelle wie Jobsharing, was auch Müttern sehr zugutekommen
würde. Beim heutigen Fachkräftemangel, aber auch durch hohe
Lebenserhaltungskosten, müssen wir die Familie viel mehr in den Fokus nehmen
und das von Anfang an. Unser Sozialstaat, aber auch Unternehmen könnten dabei
einen wichtigen Beitrag leisten.
Welche Veränderungsbedarfe siehst du bei der Ausbildung von
Hebammen und Sozialpädogog*innen bzw. -arbeiter*innen?
Das Rollenverständnis hat sich bei so vielen Männern zum
Positiven gewandelt, aber die Rahmenbedingungen haben sind leider nicht
dementsprechend mit verändert. Die Bedürfnisse und Sichtweisen von Vätern
sollten viel mehr mitgedacht und berücksichtigt werden. Dies sollte in der
Ausbildung von Sozialpädagog*innen und Hebammen eine größere Rolle spielen.
Beide Berufsgruppen sind eine so große Stütze, besonders am Anfang einer
Familie, aber auch später in den Ambulanten Hilfen, wenn es mal zu
Schwierigkeiten kommt. Vielen Vätern fehlt es an Rollenvorbildern und deshalb
ist eine Unterstützung durch diese Berufsgruppen so wichtig.
Was sind deiner Meinung nach die wichtigsten drei Elemente
einer Geburtsvorbereitung, die Männer und Frauen auf eine partnerschaftliche
Aufteilung von Erwerbs- und Fürsorge vorbereitet?
Ich nutze gerne das Bild eines „Familienunternehmens“. Das
ist vielleicht ein wenig unromantisch, aber die Sichtweise hat sich als sehr
hilfreich herausgestellt, um alte Rollenmuster zu durchbrechen.
Als Erstes ist es wichtig zu wissen, was jeder an Geschichte
für die Gründung mitbringt: Zum Beispiel was für eine Vater- bzw. Mutterrolle
wurde mir vorgelebt? Welche Gesprächs- und Konfliktkultur hat mich geprägt? Die
Biografie beider Eltern sollte in der Vorbereitung eine wichtige Rolle spielen,
denn unser eigenes „inneres Kind“ beeinflusst die Erziehung und das
Selbstverständnis der neuen Familie.
Als Zweites geht es um die „strategische Ausrichtig“, eine
Art Zukunftsplanung. Was sind meine Wünsche und Vorstellungen an mich und die
Familie UND an meine Karriere. Eine Leitfrage, die ich werdenden Eltern gerne mitgebe,
ist: Was soll euer Kind in 25Jahren über euch erzählen? Sind diese
Vorstellungen kompatibel mit denen meiner Partnerin?
Daraus ergibt und wächst das „operationale Geschäft“. Welche
alltäglichen Aufgaben stehen an und wer übernimmt sie? Was brauchen wir an
Struktur, damit sich alle wohlfühlen? Wer möchte/muss wieviel Arbeiten? Was
kann ich heute schon für ein sicheres Fundament tun?
Sein Angebot umfasst Wochenendkurse für werdende Väter in
der Natur und wird momentan um wöchentliche Präsenz- und Onlineseminare
erweitert. Ich biete zur Vorbereitung auf das „Abenteuer Familienunternehmen“ und
in Familienkrisen Einzel- und Paarberatung an.
Seine jahrelange Erfahrung hat gezeigt, dass für die Zukunft
moderne „Arbeitszeitmodelle“ für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf immer
wichtiger werden. Deshalb absolviere ich eine Fortbildung zum Tandem-Coach, um
das Thema „Jobsharing“ voranzubringen.
Schwangerschaft und Geburt sind auch für Väter eine große
Herausforderung. Zur Unterstützung fehlen Vorbilder und eine Gesprächskultur.
Die LAG-Väterarbeit fordert deshalb seit langem eine zweiwöchige
Vaterschaftsfreistellung nach Geburt des Kindes mit Lohnersatz als einen
wichtigen und vor allem auch geeigneten Schritt, aktive Vaterschaft zu fördern.
Um werdende Väter gezielt zu erreichen, beteiligt sich die LAG-Väterarbeit nun auch an der Erzählcafé Aktion „Respekt, Mann. Du wirst Vater!“. Die Aktion will bewirken, dass jeder Mann mit gutem Gefühl Vater werden kann. Deshalb unterstützt die Aktion Väter mit einer kostenlosen Info-Broschüre. Kurz und bündig wird auf den Punkt gebracht, was Männer beim Vaterwerden wissen sollten, auch um selbst gesund zu bleiben.
Im Väter-Erzählcafé können sich Männer mit Männern
austauschen, voneinander lernen und ihre Erlebnisse bei der Geburt verarbeiten.
Jeder kann mitmachen und ein Erzählcafé zu Schwangerschaft und Geburt
veranstalten. Initiiert und betreut wird die Erzählcafé-Aktion durch Dr. med.
Stefanie Schmid-Altringer und Lisa von Reiche. Gefördert wird die Initiative
durch Hebammen für Deutschland e.V.
Postnatale
Depressionen bei Frauen sind glücklicherweise kein Tabu mehr, auch wenn
sie vielfach immer noch als ‚Baby Blues‘ verharmlost werden. Im
deutschsprachigen Raum ist aber wenig darüber bekannt, wie die Partner
von postpartal depressiv erkrankten Müttern mit der mehrfachen Belastung
umgehen, welche die Geburt eines Kindes und die gleichzeitige
Erkrankung der Partnerin bedeutet. Abhilfe sollte eine von Marco
Schraner und Claudia Meier Magistretti von der Hochschule Luzern
durchgeführte Literaturstudie
schaffen. Ziel der vom Verein Postnatale Depression Schweiz
beauftragten Studie war es, mehr Wissen zu erarbeiten und in Erfahrung
zu bringen, wie Väter diese Situation erleben, welche
Bewältigungsstrategien sie entwickeln und welche Unterstützung ihnen
helfen könnte, ihre Partnerinnen zu unterstützen und dabei selber gesund
zu bleiben.
Die Aufmerksamkeit des medizinischen Personals ist bei der Geburt
ebenso wie bei postnatalen Depressionen vor allem auf die Mütter
gerichtet. Väter haben oft das Gefühl, nicht gehört zu werden und dass
ihre Bedürfnisse übersehen werden. In Geburtskliniken werden Frauen
selten, Männer üblicherweise nicht auf Depressionsrisiken hin
untersucht. Das Problem wird also – wenn überhaupt – erst erkannt, wenn
es auftritt. Dann allerdings, so hat sich gezeigt, fühlt sich das
Pflegepersonal oft schlecht vorbereitet im Umgang mit den Bedürfnissen
der Väter. Eine rechtzeitige Intervention könnte dagegen die psychische
Gesundheit der Väter fördern.
Interventionen des medizinischen Personals, die z.B. Väter im Umgang
mit ihren neugeborenen Babys schulen, sind dabei hilfreich: Väter fühlen
sich dadurch in ihrer Erziehungskompetenz anerkannt, das Gefühl der
wahrgenommenen Elternwirksamkeit und die Kontrollwahrnehmung der Väter
wird gestärkt. Insgesamt wirken derartige Maßnahmen damit
angstreduzierend.
Gestärkte Väter fühlen sich in der Folge vermehrt auch als Teil des
‚Elternbündnisses‘. Selbstverständlich müssen solche Interventionen auf
die jeweiligen Bedürfnisse der Väter abgestimmt sein. Dazu gehört zum
Beispiel das Überwinden der Unsicherheit, wie sie mit ihren Babys
interagieren, wie sie deren Bedürfnisse erkennen und ihnen entsprechen
können.
In der Zeit nach der Geburt eines Kindes sind Väter bzw. ihre Partner
für die Mütter generell die wichtigste Unterstützung. Andererseits
können Väter gerade nach der Geburt des ersten Kindes betreffend ihre
neue Rolle als Kinderbetreuer und Partner stark verunsichert sein. Die
Paare stehen also, wenn es um Unterstützung geht, in einer Art
gegenseitiger Abhängigkeit zu einander. So kann aus der Depression eines
Elternteils eine Abwärtsspirale für beide Partner entstehen. Eine
zweite Wechselwirkung besteht zwischen einer nicht zufriedenstellenden
Paarbeziehung und dem Auftreten einer väterlichen postnatalen
Depression.
In Anbetracht der gravierenden Auswirkungen, die eine Depression auf
das Familienleben, die Partnerschaft und das Kindeswohl haben kann,
schlagen die Autor:innen vor, Maßnahmen der Früherkennung von
depressiven Störungen nach der Geburt eines Kindes in Zukunft vermehrt
auch für Väter zu ergreifen. Dies gilt insbesondere für Paare, in denen
die Mütter von postnataler Depression betroffen sind.
Ein Gespräch mit Gunter Beetz über die Vorbereitung von Vätern auf die Geburt und was danach auf sie zukommt.
In nehme wahr, dass es in den letzten Jahren in immer mehr
Städten in Deutschland Geburtsvorbereitungskurs für werdende Väter gibt.
Bei deinem Angebot kommt das Wort Geburtsvorbereitung aber kaum vor.
Steckt irgendeine Absicht dahinter?
Für mich markiert die Geburt eines eigenen Kindes eines der
wichtigsten Lebensübergänge im Leben eines Mannes. Er übernimmt nicht
nur für sich, sondern auch für sein Kind und seine Familie
Verantwortung. Für mich greift der Begriff der Geburtsvorbereitung
deshalb zu kurz. Ich möchte werdende Väter darauf vorbereiten was auf
sie zukommt über das Wochenbett hinaus. Es soll eine Vorbereitung auf
die Vater-Rolle sein. Und deshalb nenne ich es „In das Vater-Sein
wachsen”.
Aber das Thema Geburt kommt auch vor, oder?
Ja, das ist Teil des Seminars. Gut vorbereitet zu sein auf eine
Geburt, ist sehr wichtig. Aber bei mir geht es mehr darum, dass Väter
ihren eigenen Umgang damit finden. Ich rate Vätern zum Beispiel, nicht
nur am Kopfende zu stehen. Für mich war die Geburt meines eigenen Kindes
einer der magischsten Momente in meinem Leben. Ich möchte, dass es
jeder mit sich selbst ausmacht, wie viel er sehen will oder, noch
wichtiger, dies mit der werdenden Mutter abspricht, was für sie okay
ist. Darum geht es. Eine eigene Haltung entwickeln, bei der Geburt und
darüber hinaus.
Dein Seminar heißt „In das Vater-Sein wachsen” und geht über ein ganzes Wochenende. Braucht es so viel Vorbereitung?
Frei nach dem Spruch: „Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen“
finde ich, dass man auch in die Vater-Rolle hereinwachsen muss. In
meinem Seminar geht es darum, einen intensiven Blick darauf zu werfen,
was man für die Rolle mitbringt. Es geht um Fragen wie: Was für ein
Vater möchte ich sein? Was wurde mir vorgelebt? Welche Vater-Rolle kenne
ich? Was davon möchte ich weiterführen, was aber auch hinter mir
lassen? Die Beantwortung dieser Fragen hilft dabei, eine Haltung zu
entwickeln. Und diese Haltung ist wichtig, um in der Partnerschaft ein
Gegenüber zu sein. Und deswegen ist es so intensiv. Es hilft dabei,
nicht direkt in alte Rollenmuster zu verfallen, sondern ein
gleichwertiges Gegenüber zu sein.
Was unterscheidet deinen Kurs von anderen? Was ist das Besondere daran?
Wir verbringen vier Tage in der Natur und leben autark in einem
Waldstück bei Münster. Durch unterschiedliche Natur-Übungen lernen wir
uns selbst und unsere eigene Geschichte kennen. Alles zum Thema
Vaterschaft. Der Fokus liegt dabei auf unterschiedlichen, menschlichen
Qualitäten. Diese zu entwickeln oder zu erforschen, ist ein wichtiger
Punkt. Wir entwickeln eine Art eigene innere Landkarte oder
intrinsisches Orientierungs-Modell. Und dieses Modell hilft dabei, die
unterschiedlichen Vater-Rollen oder unterschiedlichen Qualitäten in sich
wahrzunehmen. Bin ich eher ein intuitiver Vater oder eher ein
strukturierter? Zweifle ich viel oder habe ich ein gesundes Urvertrauen
für diesen Schritt? Wir vergessen häufig, dass wir diese Vater-Rollen
oder Qualitäten alle in uns haben und dass wir auch die Wahl haben, was
für ein Vater wir sein möchten. Was auch sehr spannend und besonders
ist, ist, dass jeder Teilnehmer im Laufe des Prozesses eine Nacht allein
im Wald unter einem Plane verbringt mit Iso-Matte und Schlafsack. Alles
andere lässt man weg. Wer bin ich dann, wenn ich alles weglasse? Diese
Erfahrung, ein Teil der Natur zu sein, das macht etwas mit den
Teilnehmern.
Der Wald spielt also eine wichtige Rolle, oder? Man könnte
das ja auch im Kloster machen, da gibt es auch karg eingerichtete Räume.
Ja, man könnte das auch im Kloster machen. Was für mich auch wichtig
ist, ist, dass wir uns als Teil der Natur verstehen und auch von der
Natur lernen. Es berichten viele Teilnehmer, dass das etwas mit ihnen
gemacht hat, um auch den Geburtsvorgang oder diesen auch als natürlichen
Prozess zu verstehen. Dafür ist die Natur wichtig. Ja.
In deiner Ausschreibung taucht auch der Begriff „transformative Bildung” auf. Was muss ich mir darunter vorstellen?
Transformative Bildung bedeutet, dass wir uns erst einmal selbst
besser kennenlernen. Es geht um die Auseinandersetzung mit den erlernten
Denk-, Fühl- und Handlungsmustern. Wir schauen darauf, was wir für
gewohnte Bewertungen haben oder was uns gesellschaftliche Leitbilder an
Normen und Werten vorgeben. Das hilft dann dabei, ein anderes
Ich-Verständnis zu bekommen, eine Haltung zu entwickeln. Mit dieser
Haltung kann ich dann ein anderes Weltbild vertreten oder mit der Welt
anders in Kontakt treten. In dem Falle mit meiner Partnerin.
Zunächst möchte ich, denke ich, mit meinem Kind in Kontakt
treten unmittelbar nach der Geburt. Das mit der Welt hört sich ein
bisschen spirituell an.
Spirituell ist immer ein schwieriger Begriff. Natur zu erleben hat
etwas Spirituelles, finde ich. Je klarer ich mir meiner Rolle bin oder
dessen, was ich für eine Vater-Rolle einnehmen will, desto besser kann
ich auch mit meinem Kind in Verbindung treten. Und das ist genau das.
Klar, nach der Geburt nimmt man sein Kind einmal auf die Brust. Man
versucht da zu sein, man versucht für die Frau da zu sein. Mir geht es
mehr darum, was man langfristig möchte. Was möchte ich dem Kind bieten?
Ich habe immer eine Leitfrage: Was möchte ich, was mein Kind in 25
Jahren über mich erzählt über meine Vater-Rolle oder wie ich als Vater
war? Das finde ich ein schönes Leitbild, um danach zu gehen und sich
danach zu orientieren.
Nochmal zusammengefasst: Warum ist deiner Meinung nach eine intensive Vorbereitung auf die anstehende Vaterschaft so wichtig?
Was ich, als Vater von zwei Töchtern, gemerkt habe, war, dass wir in
diesem ersten Jahr gar keine Zeit hatten, uns so intensiv damit
auseinanderzusetzen. Das Kind ist dann da. Da gibt es andere
Bedürfnisse. Und deswegen macht eine intensive Vorbereitung sehr viel
Sinn. Im Gegensatz zu den werdenden Müttern. Die werdenden Mütter haben
einen gewissen Vorteil in Anführungsstrichen, da sie sich neun Monate
auf diese Geburt vorbereiten können. Körperlich, seelisch und geistig
bereiten sie sich auf den Übergang in das Mutter-Sein vor. Für uns Väter
ist das ein bisschen komplizierter. Für uns ist die Schwangerschaft
häufig etwas Surreales. Wir werden erst bei der Geburt richtig Vater.
Viele Hebammen haben mir erzählt, dass sie bei der Geburt immer auch in
das Gesicht des Vaters gucken, weil sie dann merken: „Okay, jetzt ist er
Papa geworden.“ Dann kommt aber das Problem im ersten Jahr, was ich
eben beschrieben habe, dass es wenig Zeit gibt, sich mit den
Veränderungen auseinanderzusetzen. Auch die Mütter sind häufig, ich sage
einmal, mit dem Kopf woanders. Einmal völlig wertfrei. Mit dieser
intensiven Auseinandersetzung haben wir die Möglichkeit eine eigene
Haltung, eine eigene Rolle zu vertreten und dann Kompromisse einzugehen.
Wenn man das nicht tut, reagiert man oft und agiert nicht.
Du hast jetzt gerade auch von den Müttern gesprochen, die
sich aufgrund der körperlichen, biologischen Vorgänge ganz anders darauf
vorbereiten können. Haben die Mütter auch etwas von dieser
Vorbereitung, die du speziell für die Väter anbietest?
Ich rege die werdenden Väter dazu an, mit ihren Partnerinnen zu
sprechen. Was hat die Partnerin für ein Vaterbild? Was gibt es für
Erwartungen an die Vaterschaft? Die Auseinandersetzung hilft beiden, um
sich mit den neuen Rollen gut zu identifizieren. Da werden auch die
Weichen gestellt für die spätere Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Was stellen sich die beiden eigentlich vor? Wie soll das Ganze laufen?
Diese Auseinandersetzung schon vor der Geburt zu führen oder zu haben,
hilft für die spätere Partnerschaft.
Ja, das finde ich ein ganz wichtiges Stichwort.
Partnerschaftlichkeit. Viele Umfragen deuten seit mehr als 20 Jahren
darauf hin, dass sich junge Frauen und Männer die Vorstellung haben die
Erwerbsarbeit und die Familienarbeit partnerschaftlich aufzuteilen. Das
ist ein Vorhaben, das sie haben. Da gibt es diese Karikatur, auf der das
moderne Paar in den Kreißsaal hereingeht und als seine Großeltern mit
den traditionellen Vorstellungen und Lebensweisen wieder herauskommt.
Bist du der Überzeugung, dass das Angebot, das du da machst, ein Stück
weit dazu beiträgt, dass die Konzepte, die in den Köpfen sind,
Wirklichkeit werden können?
Ich bin der festen Überzeugung, dass das dabei helfen kann. Natürlich
ist es Arbeit, nicht in alte Rollenmuster zu verfallen. Wir leben das,
was wir von unseren Eltern beigebracht bekommen haben, oft nach und da
braucht es genau diese bewusste Auseinandersetzung, um dagegen zu
steuern oder um von vornherein transparent damit umzugehen, was man für
Wünsche an die Vaterschaft, an die Rolle hat. Was mag man, was mag man
nicht? Dieser ganze Mental Load. Um was kümmere ich mich, um was kümmere
ich mich nicht? Was möchte ich machen? Das hilft schon. Ich bin der
festen Überzeugung, dass diese Auseinandersetzung Paaren hilft.
Du hast zu Beginn gesagt, dass dein Kurs nicht
Geburtsvorbereitungs-Kurs heißt, weil die Inhalte, die Themen und die
Bedeutung weit über den eigentlichen Geburtsvorgang hinausgehen. Wäre es
nicht konsequent in Bezug zu dem Thema Partnerschaftlichkeit und
Verwirklichung der Vorstellungen ein Follow-Up zu machen? Also dass die
Väter nach sechs Wochen oder nach sechs Monaten noch einmal eingeladen
werden und man schaut: „In der Zeit als wir uns im Wald getroffen haben,
hattet ihr die und die Vorstellung.“ Das kann man ja auch schriftlich
festhalten. Und dass man dann schaut: „Was ist daraus Wirklichkeit
geworden und was braucht es, um da nachzusteuern?“
Wenn sich da etwas ergibt, bin ich offen dafür. Ich weiß nur aus
eigener Erfahrung, in den ersten Monaten hätte ich da meiner Frau
gesagt: „Ich bin dann nochmal für ein Wochenende weg“, ich weiß nicht,
ob das nicht doch … Man hat wenig Zeit. Das ist das Problem. Vielleicht
ist so etwas online heutzutage einfacher möglich. Da bin ich offen für,
ja. Das ist eine gute Idee.
Vielen Dank für das Gespräch
Informationen über die Arbeit von Gunter Beetz finden Sie hier.
Vater werden ist nicht schwer …, dichtete einst Ernst Busch,
aber heutzutage kommen die Kinder nicht einfach so. Werdende Väter, für die das
Vaterwerden in erster Linie eine Kopfgeburt ist, machen sich jede Menge
Gedanken und haben Fragen, auf die sie zunächst keine Antworten haben:
Ist
JETZT der richtige Zeitpunkt für mich, Vater zu werden?
Wie
sehr schränkt ein Kind mein Leben, meine Freiheit ein?
Wird
mein Kind gesund sein und sich normal entwickeln?
Werden
meine Partnerin und das Kind die Schwangerschaft und die Geburt gut
überstehen?
Wie
wird sich meine Partnerin als Mutter verhalten?
Vater werden – Wann ist der richtige Zeitpunkt?
Sicherlich tauschst du dich mit deiner Partnerin über deine
Gedanken zur Vaterschaft aus, aber da gibt es doch Dinge, über die man besser
mit anderen Männern redet. Du kannst den Austausch mit Männern, die bereits
Vater sind suchen oder wenn es passt, mit deinem Vater darüber sprechen, wie er
deine Geburt damals empfunden hat.
Die Wartezeit nutzen – gute Geburtsvorbereitung für
werdende Väter
Und dann gibt es ja noch die Geburtsvorbereitungskurse, die
in der Regel von Hebammen oder in Familienbildungsstätten angeboten werden. Sie
bieten Informationen über Schwangerschaft und Geburt, die Gelegenheit
Gebärpositionen und Möglichkeiten der Schmerzverarbeitung kennenzulernen und
gemeinsam zu üben, bieten wertvolle Tipps zum Wochenbett, fürs Stillen und die
erste Zeit mit dem Kind Zudem sind sie ein gutes Forum, um Kontakt mit anderen
werdenden Eltern zu knüpfen und bieten im Idealfall Raum für „Väterthemen“.
Und diese „Väterthemen“ oder Fragen rund ums Vaterwerden
kommen dann am besten zum Zuge, wenn werdende Väter unter sich sind und diese
Phase auch von einem erfahrenen Mann und Vater betreut wird:
Welche
Wünsche und Befürchtungen habe ich für die Geburt?
Will
ich bei der Geburt dabei sein? Was will ich sehen, was nicht?
Was
ist mir wichtig für die erste Zeit zuhause?
Wie
wird das Kind unsere Paarbeziehung verändern?
Wie
hat sich die Sexualität mit meiner Partnerin seit Beginn der
Schwangerschaft verändert? Wie gehe ich damit um? Wie kann sie sich nach
der Geburt entwickeln?
Was
möchte ich als Vater meinem Kind mitgeben?
Werde
ich die finanziellen Herausforderungen (alleine) stemmen können? Wie viel
Elternzeit können/ wollen wir uns leisten?
Welche Erwartungen habt ihr als Paar ans Elternwerden?
Über den Geburtsvorbereitungskurs hinaus ist es wichtig,
dass du dich gemeinsam mit deiner Partnerin auf das Vater- und Muttersein
vorbereitest und ihr euch gemeinsam über Erwartungen, Vorstellungen und
Lebenskonzepte austauscht. Setzt euch in einer ruhigen Stunde zusammen und
schaut euch eure Kinderfotos an. Wie hast du deinen Vater damals erlebt? Woran
erinnerst du dich gerne, woran weniger gern? Stelle dir vor, du bist der Vater
auf dem Bild, wie möchtest du als Vater sein? Was wird sich dein Kind von dir
wünschen? Tausche dich mit deiner Partnerin darüber aus, welche Gedanken und
Vorstellungen euch bei dem Blick in die Fotoalben in den Kopf gekommen sind.
Von Anfang an dabei – Väter bei der Geburt im Kreißsaal
Der beste Start ins Familienleben ist ein gemeinsamer.
Während vor 40 Jahren ein Mann bei der Geburt des Kindes nichts zu suchen
hatte, sind heute sind mehr als 90% der werdenden Väter dabei und stehen bzw.
sitzen ihrer Partnerin zur Seite. Dies hat für alle Beteiligten positive
Wirkungen. Die Art, wie Väter vor, während und nach der Geburt einbezogen
werden, ist der wichtigste Impuls für den Mann auf dem Weg zum Vaterwerden. Er
verringert beim Vater das Risiko einer nachgeburtlichen Depression. Der Mutter
hilft es psychologisch, denn sie hat weniger das Gefühl, alleine und dem
Geschehen „ausgeliefert“ zu sein. Die Einbeziehung der Väter beeinflusst den
Geburtsverlauf und trägt dazu bei, mögliche Komplikationen zu verringern.
Vater werden wie ist das eigentlich?
Lerne deine eigenen Grenzen kennen – Welche Sorgen hast du
vor der Geburt?
Was
an der Geburt macht dir Angst?
Was
möchtest du sehen, was nicht?
Auch
wenn du Angst hast, gehe mit zur Geburt und nehmen dir gegebenenfalls
Auszeiten
Spreche
mit deiner Partnerin über deine Befürchtungen
Ergebnisse der Väterforschung zeigen, dass Väter, die bei
der Geburt dabei sind, mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen. Sie wickeln ihre
Kinder häufiger, tragen sie mehr am Körper und sind mehr mit ihnen an der
frischen Luft unterwegs. Sie sind sicherer im Umgang mit dem Kind sind und
haben mehr Spaß an der gemeinsamen Zeit. Davon profitiert auch die
Partnerschaft! Denn aus der Sicht der Mutter ist das väterliche
Engagement ein entscheidender Faktor für die Partnerschaftsqualität. Und die
wiederum – in einer Exceltabelle stünde jetzt „Zirkelbezug“, ist für
Männer der entscheidende Treiber für ihr Engagement in Familie.
Vater werden, Vater bleiben – Vaterschaftsanerkennung und
was tun bei einer Trennung
An dieser Stelle ist es wichtig zu wissen, dass in
Deutschland der Mann, der mit einer werdenden Mutter verheiratet ist,
automatisch der Vater ist, auch wenn er es im biologischen Sinne gar nicht ist.
Bei unverheirateten Paaren muss der leibliche Vater seine Vaterschaft
anerkennen. Dies kann er vor oder nach der Geburt auf dem Standesamt,
Jugendamt, Amtsgericht oder beim Notar beurkunden lassen. Anschließend kann er
mit Zustimmung der Mutter beim zuständigen Jugendamt das gemeinsame Sorgerecht
beantragen. Wenn die Mutter dem nicht zustimmt, hat der Vater eine
Klagemöglichkeit.
Mit einer Klage ist auch die Beendigung einer Ehe verbunden.
Mehr als 30 Prozent der Ehen, in großen Städten fast die Hälfte, werden
geschieden. Im siebten Monat nach der Geburt des ersten Kindes gibt es einen
sogenannten “Scheidungspeak”. Wenn du im Falle einer Trennung als Vater präsent
bleiben möchtest, lebe und liebe scheidungskompatibel. Pflege von Anfang so
viel Kontakt zu deinen Kindern, wie dir lieb ist. Der Scheidungsrichter schenkt
dir keine Minute mit den Kindern, die du nicht vorher schon mit ihnen gelebt
hast. Baue also vom ersten Tag an eine eigene Beziehung zu den Kindern auf und
teile die ökonomische Verantwortung für die Familie partnerschaftlich mit
deiner Frau.
Was es bedeutet Vater zu werden!
Wir werden eine Familie: 1 + 1 = 3 Eltern werden, Partner
bleiben
Für das beginnende Leben zu Dritt stellen sich drei
entscheidende Fragen, die am besten zu einem frühen Zeitpunkt, wenn ihr beide
(noch) erwerbstätig arbeitet, gemeinsam beantwortet werden:
Wer
macht was? Wer stellt die Finanzen sicher und wer die Arbeit in der
Familie (Care-Arbeit)?
Wie
teilen wir uns die Elternzeit auf, wer betreut wann die Kinder?
In
welchem Umfang wird die erwerbstätige Arbeit von wem ausgeführt? Vollzeit,
vollzeitnahe Arbeitszeiten oder geringfügige Tätigkeit?
Die Entscheidungen, die hier getroffen werden, beeinflussen
die Lebens- und Partnerschaftsqualität der nächsten Jahre und stellen für dich
als Vater die Weichen, in welchem Umfang du Zeit und unbezahlte Arbeit mit den
Kindern verbringen kannst oder ob du die traditionelle Rolle als
Familienernährer wahrnimmst.
Auch wenn es wahrscheinlich anders kommt, als ursprünglich
geplant: es ist in jedem Fall leichter einen neuen Plan zu machen, wenn
Erwartungen und Wünsche schon ausgesprochen sind. Zumal die erste Zeit nach der
Geburt erschwerte Bedingungen mit sich bringt, die sich zum Beispiel in
durchgemachten Nächten und zu wenig Zeit für die Partnerschaft ausdrücken.
Apropos Zeit, lasst euch von Freunden und Verwandten zur
Geburt Zeit schenken, Zeit zu zweit in Form von Gutscheinen fürs Babysitting.
Damit du und deine Partnerin diese und andere Zeiten ruhigen Gewissens genießen
könnt, habe ich 5 Tipps für dich:
gewöhnt
euer Kind frühzeitig an weitere Bezugspersonen, die euch ab und zu
vertreten
nehmt
Kontakt zu Eltern mit etwa gleichalten Kindern in der Nähe auf
und passt abwechselnd auf eure Kinder auf
richtet
euch einen festen Paarabend in der Woche ein, der von Hausarbeit frei
bleibt
nutzt
hin und wieder einen Lieferservice und investiert die Zeit in eure
Beziehung
richtet
euch einen Raum ein, der zur babysachenfreien Zone erklärt wird
Und wenn der Start ins Vatersein geklappt hat, bist du auch
gut auf die weiteren Situationen vorbereitet, die dein Leben als Vater und Mann
verändern.