… dass bekommen jugendliche Väter eher selten zu hören. Eine Vaterschaft in ihrem Alter wird als riskant und unverantwortlich betrachtet. Ohne abgeschlossene Ausbildung und vielfach in prekären Lebensverhältnissen Vater zu werden gehört sich nicht. Wenn schon Sex, dann bitte mit Verhütung.
Jugendliche Väter werden beschämt und ihre Vaterschaft wird
problematisiert, gesellschaftlich anerkannte positive Bilder existieren nicht. Das
war und ist die Ausgangslage des Verbundprojekts ‚… jugendliche Väter im Blick‘.
Die Projekte in Osnabrück, Rheydt und Düsseldorf machen jungen Männern
niedrigschwellige Angebote und tragen dazu bei, dass die jungen Väter
von
bestehenden Hilfsangeboten erreicht werden und ihre Ressourcen für ihre Kinder
einsetzen können. Gleichzeitig wird eine gesellschaftliche Debatte zur Bedeutung
jugendlicher Väter angestoßen
Bei dieser Fachtagung werden die beiden Keynote
Speakerinnen, Dr. Kim Bräuer und Prof. Anna Tarrant zunächst ihre aus
wissenschaftlicher Perspektive und praktischen Erfahrungen mit jugendlichen
Vätern gespeiste Expertise vortragen.
In den vier Workshops am Nachmittag haben die Teilnehmenden die Möglichkeit, sich mit den in verschiedenen Projekten gemachten Erfahrungen insbesondere mit dem Blick auf die Zugänge zu und die Erreichbarkeit von jungen Vätern auseinanderzusetzen und neue Ansätze kennenzulernen.
Niudad.ch will Männer auf ihre neue Rolle als Vater
vorbereiten.
Vatercrashkurse, Tests und Checklisten – die neue Plattform
Niudad.ch soll werdenden Vätern dabei helfen, sich auf ihre neue Rolle
vorzubereiten. Wie der Dachverband der Schweizer Männer- und
Vaterorganisationen Männer.ch in einer Mitteilung schreibt, starte der
Schweizer Durchschnittsmann bislang mit wenig Wissen, Vorbildern und Vernetzung
ins Abenteuer Vaterschaft– so auch Metin (36). .
‚Für werdende Väter gibt es kaum Angebote und Ressourcen‘
Er wurde letztes Jahr Vater von Zwillingen. ‚Die ersten
Wochen waren sehr anspruchsvoll.‘ Vor der Geburt seiner Söhne habe er sich
nicht vorstellen können, was es brauche, um ein engagierter Vater zu sein, und was
man bei der Kindererziehung alles beachten müsse. ‚Für werdende Väter gibt es
kaum Angebote und Ressourcen. Alles, was ich damals gefunden habe, war zu
Finanzen und Versicherungen, nicht zum Vatersein selbst.‘ Wie er sagt, wusste
er während der Schwangerschaft seiner Partnerin nicht, wohin mit seinen Fragen.
‚Ich habe in meinem näheren Umfeld nicht viele Freundinnen und Freunde, die
Eltern sind.‘ Einige Informationen habe er sich online zusammengesucht.
‚Viele haben Mühe damit, über ihre Ängste und Fragen zu
sprechen‘
‚Es ist heute immer noch so, dass sich Frauen viel stärker
aufs Elternsein vorbereiten als Männer‘, sagt Thomas Neumeyer, Leiter
Kommunikation von Männer.ch. Regelmäßige Arztbesuche und Beratungen der
werdenden Mutter seien Gründe dafür. Zudem sei ein Großteil der zur Verfügung
stehenden Literatur zu Kind und Geburt auf Frauen ausgerichtet.
Jungen Männern fehle es hingegen oftmals an Gelegenheiten,
sich über die zukünftige Rolle auszutauschen. ‚Auch haben viele Männer Mühe
damit, über ihre Ängste und Fragen zu sprechen.‘ Diese würden vielfach einfach
totgeschwiegen. ‚Das muss sich ändern.‘
Mit der Plattform Niudad.ch wollen Neumeyer und sein Team
deshalb den Austausch unter neuen Vätern aktiv fördern und ihnen in Kursen und
Beratungen die Möglichkeit geben, von den Erfahrungen anderer zu
profitieren.
Studie der TU Braunschweig und FH Kiel gibt Einblicke in
Selbstbild und Selbstverständnis von Vätern
Wie nehmen Väter sich selbst und ihre Familie wahr? Haben
sie Probleme, Vaterschaft und Berufstätigkeit zu vereinbaren? Wie sieht es mit
der Geschlechtergerechtigkeit und der Arbeitsorganisation im Familienalltag
aus? Diese und andere Fragen untersuchten Sozialwissenschafter*innen der
Technischen Universität Braunschweig und der Fachhochschule Kiel in ihrer
Studie „VAPRO – You don’t need to be
Superheroes“.
(c) Kim Bräuer
Die Rolle von Vätern ist in den vergangenen Jahren immer
mehr in den gesellschaftlichen Fokus gerückt. Debatten wie
#dazuhatpapanichtszusagen, Diskussionen um einen 14-tägigen Vaterschutz und
nicht zuletzt die Erweiterung der Elternzeit um zwei Vätermonate spiegeln diese
Entwicklung wider. „Trotz der vermehrten Diskussion um die Rolle von Vätern ist
diese seit einigen Jahren nicht mehr umfassend wissenschaftlich untersucht
worden. Diese Lücke wollten wir mit unserer Studie schließen“, erklärt Projektleiterin Dr. Kim Bräuer von der TU Braunschweig.
Im Rahmen der VAPRO-Studie befragte das Team um Bräuer und Prof. Dr. Kai
Marquardsen von der Fachhochschule Kiel 2.200 Väter online und führten 55
qualitative Interviews. Dabei berücksichtigten sie neben rechtlichen und
biologischen Vätern auch Pflegeväter, Väter in Co-Parenting-Konstellationen und
homosexuelle Väterpaare. Außerdem wurden nicht nur die Männer selbst befragt,
sondern auch die (Eigen-)Darstellung von Vaterschaft in sozialen Medien
analysiert.
Das Bild vom Vater, der mit seinem Einkommen die Familie
ernährt und mit den Kindern höchstens am Wochenende spielt, ist passé.
Tatsächlich ist es Vätern heute vor allem wichtig, ihre Kinder „empathisch und
verständnisvoll“ zu erziehen. Das ist eines der zentralen Ergebnisse der
VAPRO-Studie. Das Ideal des emotionalen Vaters ist weit verbreitet. So ist es
fast 60 Prozent der Väter am wichtigsten, dass sie ihrem Kind bzw. ihren
Kindern Zuneigung zeigen. Der Trend zu vermehrter aktiver Vaterschaft sei klar
erkennbar, so die Wissenschaftler*innen. Dabei engagieren sich die Väter am
häufigsten in der Kinderbetreuung, indem sie zum Beispiel mit den Kindern
spielen. Deutlich seltener übernehmen die Väter aktive Erziehungsmaßnahmen.
Das Bild vom Vater als Ernährer dominiert nicht mehr
Ein Großteil der befragten Väter hat sich von dem Bild des
Vaters als Ernährer gelöst. Nur rund 12 Prozent von ihnen halten es für ihre
wichtigste Aufgabe, der Familie finanzielle Sicherheit zu bieten. „Die von uns
befragten Väter haben angegeben, dass ihnen monetäre Werte nicht so wichtig
seien, wie soziale oder emotionale Werte“, erklärt Prof. Dr. Kai Marquardsen.
In diesem Zusammenhang kritisierten viele der Interviewten ihre eigenen Väter
unter anderem als „zu bestimmend“, als „abwesend“ und „mit der Arbeit zu
beschäftigt“. Sie nutzen ihre Väter als „negatives Vorbild“ und betonen, dass
sie selbst als Vater bewusst anders handeln würden.
Dennoch sind fast 85 Prozent der Väter wöchentlich 40
Stunden oder mehr erwerbstätig, während fast drei Viertel der anderen
Elternteile nicht oder maximal 30 Stunden in der Woche arbeiten. Trotzdem nimmt
fast jeder zweite Vater an, dass er sich genauso viel um familiäre
Angelegenheiten der Kinderbetreuung kümmert, wie der andere Elternteil.
Lediglich jeder zehnte Vater übernimmt die meisten Aufgaben der Familienarbeit.
Dies sind vor allem Väter, die ihre Erwerbstätigkeit beendet oder deren Umfang
reduziert haben, um mehr Zeit für ihre Familie und die Versorgung der Kinder zu
haben.
Viele Väter, auch das ist eine Erkenntnis der Studie, geben
an, ihren eigenen Vorstellungen guter Vaterschaft nicht gerecht zu werden.
„Hier zeigen sich Parallelen zur Mutter als Allrounderin, die im Job
erfolgreich sein muss und gleichzeitig liebevoll die Kinder und ihre Verwandten
umsorgt“, erklärt Kim Bräuer. „Der Trend geht also weg von der ‚klassischen‘
Rollentrennung hin zu einem ‚Alle-erfüllen-alle-Rollen‘ und dieses möglichst
perfekt. Dabei erleben die Väter nicht nur einen Work-Family-Konflikt. Es
scheint auch darum zu gehen, sich in ihrem Freundeskreis, in Vereinen oder bei
der Versorgung der Eltern einzubringen und ihren Kindern auf diese Weise
soziale Werte vorzuleben,“ so Bräuer.
Väter bloggen nicht über Armut
Im Rahmen ihrer Studie haben die Sozialwissenschaftler*innen
die Instagram-Accounts von sieben sehr populären Väterbloggern und deren Bild
von Vaterschaft analysiert. Hier herrscht das Ideal des zumeist weißen, aktiven
Vaters. Vaterschaft in Armut oder Vatersein mit Migrationserfahrung würden
hingegen kaum thematisiert, erklärt Prof. Marquardsen. „Das lässt sich damit
erklären, dass Armut mit Scham behaftet ist und Väter in Armutslagen sich –
auch virtuell – nicht offenbaren wollen. Väter, deren Leben von einem geringen
Einkommen geprägt ist oder die auf Leistungen vom Staat angewiesen sind, finden
unter Väterbloggern also niemanden in ähnlicher Lebenslage.“ Auch unter
#ichbinarmutsbetroffen fanden die Wissenschaftler*innen nur wenige Berichte von
Vätern in Armutslagen.
Es sei schwierig gewesen, für Interviews Kontakt zu
Betroffenen herzustellen, da diese in besonderer Weise unter dem Druck
gesellschaftlicher Normalitätsvorstellungen stünden, erklärt der Kieler
Sozialwissenschaftler: „Selbstverständlich finden wir auch unter Vätern in
Armutslagen eine Vielfalt im Erleben von Vaterschaft. Aber im Unterschied zu
anderen Vätern ist für sie vor allem die materielle Versorgung der Familie
wichtigeres Thema. In unseren Interviews wurde deutlich, dass für sie
insbesondere Herausforderungen auf materieller Ebene eine Rolle spielen, die
bei Vätern in gesicherten Verhältnissen kein Thema waren “, so Marquardsen. „Insgesamt
besteht bezüglich des Erlebens von Vaterschaft von Vätern in Armut aber weiter
dringender Forschungsbedarf. Nicht zuletzt wissen wir noch zu wenig darüber,
welche kurz- und längerfristigen Einflüsse gesellschaftliche Krisenereignisse
wie Corona oder eine steigende Inflation auf die Praxis gelebter Vaterschaft in
verschiedenen Milieus haben.“
Handlungsempfehlungen für die Praxis
Ziel des Projekts war es auch, Handlungsempfehlungen für
Arbeitgeber*innen, Koordinator*innen von Väternetzwerken und politische
Akteur*innen zu entwickeln, um die Lebenslagen von Vätern sichtbarer zu machen
und ihre Situation und die ihrer Familien nachhaltig zu verbessern.
Väterarbeit, so die Empfehlung der Forschenden, solle sich verstärkt auf deren
alltägliches Handeln beziehen. Es gehe weniger darum, ein neues Bild von
Vaterschaft zu vermitteln, als die Väter stärker in alltägliche Aufgaben
einzubinden, erklärt Bräuer: „Es wäre denkbar, Väter aktiv als Elternsprecher
anzufragen, Väterschwimmkurse anzubieten oder sie aktiv zum Beispiel in
Elternchats anzusprechen.“ Unterstützung wünschen sich die
Wissenschaftler*innen außerdem durch entsprechende familienpolitische Reformen.
„Das würde es vielen Vätern leichter machen, spezielle Angebote der
Arbeitgeber*innen auch tatsächlich anzunehmen.“
Studiendesign
Die VAPRO Studie hatte eine Laufzeit von zweieinhalb Jahren
und wurde von der Stabstelle für Chancengleichheit der TU Braunschweig und dem
Braunschweiger Zentrum für Gender Studies finanziert. Die Forscher*innen
wählten einen Methoden-Mix und werteten 55 qualitative Interviews, eine
Online-Umfrage mit bundesweit 2.200 Teilnehmern und sieben Instagram-Accounts
von Väterbloggern aus.
Was macht das Vaterwerden mit Männern? Wissenschaftler
untersuchen, wie sich Männer psychisch und physisch während der
Schwangerschaft, der Geburt und in den ersten Jahren mit ihren Kindern
verändern. Diese Dokumentation geht auf eine Entdeckungsreise und begleitet
drei Männer in Deutschland, Frankreich und Schweden während ihres Abenteuers,
Papa zu werden und Vater zu sein.
Die arte Dokumentation zeigt, wie sich Männer während der Schwangerschaft, der Geburt und in den ersten Lebensjahren ihrer Kinder verändern, und welche Bedeutung sie dabei für ihre Kinder haben. Anna Machin, Evolutionsanthropologin der Universität Oxford, erforscht das Verhältnis von Vätern zu ihren Kindern. Die Ergebnisse ihrer Studien belegen, dass gegen Ende der Schwangerschaft und bei der Geburt das Testosteron der Väter sinkt. Das hilft ihnen, liebevoller auf ihre Kinder zu reagieren. Die Forschungsresultate Marian Bakermans-Kranenburgs von der Universität Leiden deuten darauf hin, dass Väter, die bereits in der Schwangerschaft täglich mit ihrem Baby kommunizieren, auch später eine stärkere Bindung zum Kind haben. Was passiert bei der Geburt mit Männern? Damit hat sich der Gynäkologe Kai Bühling im Rahmen einer Studie beschäftigt. Rund 90 Prozent der Väter erleben die Geburt als positiv – aber es gibt auch Männer, die sich um negative Veränderungen sorgen, vor allem, was die Sexualität angeht. Die Neurobiologin Ruth Feldman aus Tel Aviv hat sich in großangelegten Studien die Gehirnregionen von Müttern und Vätern angeschaut. Ihr Ergebnis: Nicht nur die Gehirne der Frauen, sondern auch die der Männer verändern sich nach der Geburt – vorausgesetzt, sie sind engagierte Väter.
Spannende wissenschaftliche Erkenntnisse, verwoben mit persönlichen Geschichten von Vätern aus drei unterschiedlichen Ländern, ergeben einen faszinierenden Film über das Phänomen des Vaterwerdens und der Wichtigkeit des Vaterseins.
Bei einer Geburt stehen die werdende Mutter und das Kind im Zentrum
des Geschehens. Das ist unbestritten. Ebenso unzweifelhaft ist jedoch,
dass zu diesem Zeitpunkt, vor und in den ersten Wochen nach der Geburt,
die Weichen für die zukünftige Arbeitsteilung in der Familie gestellt
werden.
Die überwiegende Mehrheit der jungen Männer und Frauen wünschen sich
eine partnerschaftliche Aufteilung von bezahlter Erwerbs- und nicht
bezahlter Familienarbeit. In der Realität passiert aber das Gegenteil.
Die werdenden Eltern kommen als fortschrittliches Paar in die
Geburtsklinik und verlassen den Kreißsaal mit einer Rollenaufteilung,
die eher der ihrer Großeltern ähnelt als den eigenen Vorstellungen.
Hans-Georg Nelles zeigt in diesem Beitrag auf, was das mit den Strukturen der Geburtshilfe zu tun haben könnte.
Gute Vorbereitung wäre angebracht
Die Entscheidung Vater zu werden, ist heute in den meisten Fällen
eine bewusste, auch wenn der Zeitpunkt nicht genau festgelegt werden
kann und von vielen Männern und Frauen weit in die 30er Jahre
hinausgeschoben wird, das heißt Mütter und Väter mit einer
Hochschulausbildung erst im Alter von 35 Jahren Eltern werden.
Berufliche Entwicklung und materielle Absicherung sind wichtig und die
‚richtige‘ Partner*in muss ja auch noch gefunden werden.
In Anbetracht dieser Vorlaufzeit ist es verwunderlich, dass der
Vorbereitung auf das Vaterwerden und -sein so wenig Bedeutung zugemessen
wird. Sobald eine Frau schwanger wird, greift ein engmaschiges Netz von
Schutzvorschriften im beruflichen Umfeld und Angebote zur
Geburtsvorbereitung sind selbstverständlich und werden von Krankenkassen
finanziert.
Bei den werdenden Vätern sucht Mann vergleichbares vergeblich. Viele
Arbeitgebende erfahren erst bei der Änderung von steuerlichen Eckdaten,
dass jemand Vater geworden ist und da Kinder zunehmend außerhalb einer
Ehe geboren werden noch nicht einmal dadurch.
Auch die Angebote für Väter, sich auf die Geburt ihres Kindes
vorzubereiten, sind eher die Ausnahme. Gewiss, Mann kann gemeinsam mit
seiner Partner*in zum ‚Hechelkurs‘ gehen und erhält wertvolle Infos zu
medizinischen Abläufen und dem Geburtsgeschehen, aber die eigenen
Gedanken und Befürchtungen zur Sprache bringen und sich mit anderen
Vätern auszutauschen ist in diesem Rahmen nicht möglich.
In dem Beitrag ‚Was bringen Geburtsvorbereitungskurse für Männer‘[ii]
werden bundesweit 18 Angebote gelistet. Selbst wenn sich die Angebote
in den vergangenen 6 Jahren verdreifacht hätten, wären es immer noch
Ausnahmeerscheinungen. (Werdende) Väter brauchen ein flächendeckendes
Angebot, das von Krankenkassen finanziert wird.
He for She?
Auf der Grundlage internationaler Forschungsergebnisse, die die
Zusammenhänge zwischen dem Verhalten, den Erfahrungen, Einstellungen und
Merkmalen von werdenden und neuen Vätern und der Gesundheit und
Wohlbefinden von Mutter und Kind aufzeigen, hat die
Weltgesundheits-organisation (WHO) eine der zehn Empfehlungen zu
Maßnahmen der Gesundheitsförderung von Müttern und Neugeborenen zur
Einbeziehung von Vätern formuliert.[iii]
Die WHO empfiehlt, die Beteiligung von Männern während der
Schwangerschaft, der Geburt und nach der Geburt zu fördern, um die
Selbstsorge von Frauen und die häuslichen Pflegepraktiken für Frauen und
Neugeborene zu verbessern, den Einsatz qualifizierter Vorsorge für
Frauen und Neugeborene während der Schwangerschaft, der Entbindung sowie
in der postnatalen Periode zu erleichtern.
Das ist gut und wichtig, beschreibt die Rolle der Väter und ihre
Kompetenzen insbesondere mit Blick auf die Vater-Kind-Bindung aber nur
unzureichend.
Da fehlt doch einer
‚Mutter, Kind und Hebamme bzw. Ärzt*in‘ mit dieser Triade wird das
Geburtsgeschehen beschrieben. Das die werdende Mutter und das Kind im
Mittelpunkt der Betrachtung und des Geburtsgeschehens stehen, ist
selbstverständlich, aber ohne den Vater ist das System unvollständig.
Diese ‚Ausgrenzung‘ setzt sich vielfach in der nachgeburtlichen Betreuung fort:
„Deutlich wird, dass Familienhebammen weniger Familie im Sinne der
Konzeption, sondern vielmehr spezifische Formen von Mutterschaft
herstellen, die sich als „Mother in the Making“ also als unfertige
Mutterschaften beschreiben lassen und die durch die Familienhebamme in
ihrer Mutterwerdung unterstützt werden. Familie wird so zu einer
weiblichen Sorgebeziehung, die sich sowohl über Mutterschaft als auch
über Großmutterschaft nachzeichnen lässt: Familienhebammen werden zu
Mütterhebammen.“[iv]
Vor diesem Hintergrund ist es wenig verwunderlich, wenn Paare, die
mit der Vorstellung einer partnerschaftlichen Arbeitsteilung in den
Kreißsaal gehen, diesen mit traditionellen Rollenzuschreibungen wieder
verlassen.
Eine gute Vorbereitung auf diese Situation und der Austausch unter
Väter kann dazu beitragen, die Wirkungen dieser ‚Ernährerfalle‘ zu
minimieren.
Weder Assistent noch Beifahrer
In dem 2016 auf 136 Seiten ausformuliertem ‚Nationalen Gesundheitsziel Gesunde Geburt‘[v]
wird die Einbeziehung von Vätern an verschiedenen Stellen erwähnt.
Unter anderem heißt es dort ‚Väter bzw. Partnerinnen und Partner sollen
dazu ermutigt werden, sich von Anfang an in der Babyversorgung zu
engagieren und einen eigenen positiven Stil im Umgang mit dem
Neugeborenen zu finden‘.
Obwohl also Alles dafürspricht, (werdende) Väter rechtzeitig
einzubeziehen und als aktive Subjekte im Geburtsgeschehen zu betrachten,
werden sie hierzulande häufig immer noch als ‚Assistenten‘ oder
‚Beifahrer‘ betrachtet.
Die Rolle, die sie während der Geburt wahrnehmen können, ist für ihre
Partnerin da zu sein, den neuen Lebensabschnitt gemeinsam zu beginnen
und von Anfang an als Vater präsent zu sein. Dabei erleben sie sich
vielfach in einer völlig ungewohnten Situation: Sie haben keine
Kontrolle über das Geschehen und die Mächtigkeit der Gefühle führt sie
vielfach nicht nur emotional an ihre Grenzen, sondern manchmal sogar
darüber hinaus. Das Vertrauen in die Kompetenzen des geburtshilflichen
Teams und ihr Wissen um die natürlichen Abläufe sind in diesen Momenten
gute Stützen.
Außerdem unterstützen Väter, auch wenn sie nicht aktiv werden, ihre
Frauen bei der Geburt und haben eine wichtige ‚Bodyguard‘ Funktion im
Hinblick auf Gewalt und Respektlosigkeit.
Bedeutung zuschreiben und erfahrbar machen
Väter sind wichtig, und zwar von Anfang an. Und zwar von dem Moment
an, an dem ein Paar Eltern werden möchte. Die partnerschaftliche
Zuwendung der Väter während der Schwangerschaft einerseits und die
Zuschreibung väterlicher Bedeutung und Kompetenzen andererseits, lange
vor der Geburt, sind mitentscheidend für väterliches Engagement.
Wenn Väter diese Bedeutung dann während der Geburt und unmittelbar
danach gerade auch im Kontakt mit ihrem Kind erfahren können, sind
weitere wichtige Weichenstellungen erfolgt.
Wie Väter auf diese Situation vorbereitet werden können und welche
Rolle die verschiedenen Professionen dabei spielen, ist schon 2014 in
einer von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
veröffentlichten Broschüre[vi] benannt worden.
Ein entscheidender Faktor dabei ist die Haltung des geburtshilflichen
Teams gegenüber der Rolle sowie der aktiven Einbeziehung von Vätern.
Ihre gute Vorbereitung auf die Geburt kommt auch der werdenden Mutter
zugute. Studien zeigen, dass Väter, die ihre Rolle während der Geburt
kennen und verstehen, was dort geschieht, selbst besser vor übermäßigem
Stress geschützt sind und seltener Gefahr laufen, den Ablauf der Geburt
negativ zu beeinflussen. Das gilt insbesondere in den Momenten, in dem
es mal nicht „nach Plan läuft“, was aber auch völlig normal ist.
… und zum Schluss noch passende Rahmenbedingungen
Als Vision und Wunsch abschließend formuliert: um werdenden und
gewordenen Väter und Müttern die Verwirklichung ihres Wunsches nach
einer gleichberechtigten Aufgabenteilung zu ermöglichen braucht es,
neben den äußeren, passenden Rahmenbedingungen wie der
Vaterschaftsfreistellung[vii],
ein Angebot sich vor und nach der Geburt mit den oben genannten Themen
auseinanderzusetzen. Und zwar an den Orten und zu den Anlässen, die
Väter und Mütter sowieso gemeinsam oder getrennt aufsuchen und nutzen.
Die Geburtsvorbereitung gehört in jedem Fall dazu. Es braucht aber neben
den Hebammen weitere (männliche) Akteure und Angebote für Väter, vor
allem für die Zeit nach der Geburt.
Damit dies Wirklichkeit werden kann, kommt es aber auch darauf an,
(werdende) Väter so zu empowern, dass sie ihre Bedürfnisse artikulieren
und entsprechende Angebote einfordern.
Ist
die bisher wichtigste, schönste und aufregendste Epoche. Dies schreibt Reiner
Holbe in seinem Buch ‚Wir neuen Großväter – Der schönste Job der Welt‘. Und der
Altersforscher Eckart Hammer bezeichnet Großväter als die am meisten
unterschätzte Gruppe in unserer Gesellschaft.
Die Forschung über Großeltern in Deutschland ist noch nicht sehr umfangreich
und wenn Großeltern erwähnt werden, geht es, wie in der Generation darunter,
meist um Großmütter. Sie sind in der Familienpolitik vor allem als ‚Plan B‘ bei
der Kinderbetreuung interessant und haben während der Corona-Pandemie eine
wichtige Rolle gespielt.
Viele Großväter lassen sich in dieser Lebensphase aber nicht noch einmal an den
Familienrand verweisen und werden aktiv. Getreu einem holländischen Sprichwort
‚Großväter sind Väter, denen der liebe Gott eine zweite Chance gegeben hat.‘
Großväter brauchen Enkel und Enkel brauchen Großväter, für beide bietet diese
Beziehung eine Entwicklungschance.
Worin diese Chancen bestehen, wie Großväter, Söhne und Enkel sie nutzen können
und was die Väterarbeit in Kitas, Familienzentren und Familienbildung dazu
beitragen können, ist das Schwerpunktthema der LAG-Väterarbeit im 1. Quartal.
Lassen Sie sich überraschen.
Väter
sind wichtig, von Anfang an!
Das
ist die Grundüberzeugung der LAG-Väterarbeit und deshalb setzt sie sich dafür
ein, Rahmenbedingungen in Gesellschaft, Betrieben aber auch Familien so zu
gestalten, dass Väter aktive Vaterschaft leben und der Vater sein können, der
sie sein wollen.
Das schließt konkrete Angebote für Väter, politisches Handeln auf kommunaler
und Landesebene ebenso ein wie Öffentlichkeitsarbeit und Kampagnen in den
sozialen Medien. Zu Beginn des neuen Jahres hat die LAGV deshalb eine Kampagne
zum Thema ‚Väter sind wichtig, von Anfang an!‘ gestartet. Mindestens zweimal
pro Woche beleuchten Beiträge auf Facebook und Instagram die Bedeutung von
Vätern und die Rahmenbedingungen von Vaterschaft insbesondere im Kontext von
Erwerbsarbeit.
Im Rahmen dieser Kampagne führt die LAGV auch eine Kurzumfrage durch, deren
Ergebnisse ebenfalls genutzt werden, um Väter in NRW zu ermutigen, ihre
Vorstellungen von Vaterschaft auch zu leben.
Bitte beteiligen Sie sich an der Umfrage und teilen den Link bzw. den QR-Code
dazu. Die Beantwortung dauert 2 Minuten. Ebenfalls laden wir Sie herzlich ein,
die Beiträge auf Facebook und Instagram zu liken, zu kommentieren und zu
teilen. Damit können Sie deren Wirkung verstärken.
Hier geht es zur Umfrage:
Wenn Sie als Team, Verantwortliche
in einer Einrichtung, Gleichstellungsbeauftragte oder Personalverantwortliche
Fragen zu Vätern in bestimmten Lebenslagen oder auch im Allgemeinen haben, dann
finden wir gerne mit Ihnen gemeinsam in einem Strategiegespräch
passgenaue Antworten bzw. Lösungen.
Die Geschäftsstelle der LAG-Väterarbeit bietet auch Vorträge und Fortbildungen
an, die Beschäftigten verschiedener Einrichtungen oder auch einzelnen Teams die
Möglichkeit gibt, sich intensiv mit einem ‚Väterthema‘ auseinanderzusetzen und
ihre Arbeit mit und die Angebote für Väter weiterzuentwickeln. Melden Sie sich
einfach per Mail bei uns.
… es gibt eine neue
Papa-Lese-Liste von Christian Meyn-Schwarze
„Keiner erzählt die Gutenachtgeschichte
so lebendig wie Großvater. Es lag an seiner Stimme, eine Stimme, die die Kinder
noch lange hörten. Kaum hat er an diesem Abend die Gutenachtgeschichte für
seinen Enkel angefangen, kommen die Tiere aus der Geschichte eins nach dem
anderen ins Zimmer gesaust und versammeln sich ums Bett. …“
Dies ist nur eine von mehr als 300 Kurzrezensionen, mit der Christian
Meyn-Schwarze seit über 20 Jahren in seiner ‚Papa-Lese-Liste‘
Kinderbücher für und über Väter in allen Lebenslagen vorstellt und Väter
ermutigt, mit ihren Kindern zu lesen und ihnen vorzulesen.
Und da Christian jetzt im ‚Opa-Alter‘ ist, nimmt der Anteil der ‚Opa-Bücher‘
zu. Denn Großväter können mit ihrer Zeit und ihrer Lebenserfahrung wichtige
fördernde und fordernde Bezugspersonen – besonders für Jungs – werden. Allein 6
neue Titel sind in dieser Rubrik dazugekommen.
Wie sag ich es meinem Kinde?
Im November und Dezember stand das
Thema ‚Väter im Strafvollzug im Mittelpunkt. Einen kurzen Bericht zum Werkstattgespräch
am 5. Dezember mit Thomas Wendland, der bei der Diakonie in Bielefeld schon
seit 15 Jahren Vater-Kind-Gruppen sowie Elternkurse im Gefängnis anbietet, und
ein Video seiner Präsentation finden Sie hier.
… jugendliche Väter im Blick
Am 9. Mai 2023 findet im
Rahmen des von der Aktion Mensch geförderten Verbundprojekts ‚jugendliche Väter
im Blick‘ in Osnabrück eine Fachtagung statt. Impulsgeberinnen sind Prof*in
Anna Tarrant von der Universität in Lincoln/ GB die über ihre Erfahrungen in
den Projekten Following Young Fathers & Following Young Fathers Further
berichtet und Dr*in Kim Bräuer von der TH in Braunschweig, die aktuelle
Ergebnisse ihrer Forschung zu Vätern in Deutschland präsentiert.
Im Praxisteil der Tagung geht es um die Ansprache und Erreichbarkeit der jungen
Väter (nicht nur) im Rahmen der Frühen Hilfen. Hier
können Sie sich schon einen Platz bei der Fachtagung sichern.
Ausblick
Zum Thema ‚Gemeinsam getrennt
erziehen‘ hat der Beirat der Bundesregierung im Oktober 2021 ein Gutachten
vorgelegt. Anfang Januar hat die Familienministerin die Kommission für den 10.
Familienbericht berufen, diese wird sich mit dem Thema „Unterstützung
allein- und getrennterziehender Eltern und ihrer Kinder – Bestandsaufnahme und
Handlungsempfehlungen“ beschäftigen, die vielfältigen Lebenslagen von
Familien skizzieren und Empfehlungen für die Familienpolitik geben.
Anlass genug, auf die Lebenswirklichkeiten getrennt erziehender Väter zu
schauen und die Rahmenbedingungen zu beleuchten, die sie und die Mütter der
Kinder brauchen, damit gemeinsam getrennt erziehen gelingen kann.
Im 3. Quartal werden wir uns nach dem VäterSummit am 26. August in Essen damit
beschäftigen, wie Väter ermutigt werden können, ihr Vatersein so zu leben, wie
sie es sich vorstellen und wünschen.
Termine
28. Februar 2023, 15:30 bis 17
Uhr, Online Member Meeting der LAG-Väterarbeit
16. März 2023, 15:30 bis 17 Uhr,
Werkstattgespräch ‚Bedeutung von Großvätern‘ mit Jürgen Haas
Das ist die Grundüberzeugung der LAG Väterarbeit und deshalb
setzt sie sich dafür ein, Rahmenbedingungen in Gesellschaft, Betrieben aber
auch Familien so zu gestalten, dass Väter aktive Vaterschaft leben und der Vater
sein können, der sie sein wollen.
Das schließt konkrete Angebote für Väter, politisches
Handeln auf kommunaler und Landesebene ebenso ein wie Öffentlichkeitsarbeit und
Kampagnen in den sozialen Medien. Zu Beginn des neuen Jahres hat die LAGV
deshalb eine Kampagne zum Thema ‚Väter sind wichtig, von Anfang an!‘ gestartet.
Mindestens zweimal pro Woche beleuchten Beiträge auf Facebook und Instagram die
Bedeutung von Vätern und die Rahmenbedingungen von Vaterschaft insbesondere im
Kontext von Erwerbsarbeit.
Im Rahmen dieser Kampagne führt die LAGV auch eine
Kurzumfrage durch, deren Ergebnisse ebenfalls genutzt werden, um Väter in NRW
zu ermutigen, ihre Vorstellungen von Vaterschaft auch zu leben.
Bitte beteiligen Sie sich an der Umfrage und teilen den Link
bzw. den QR Code dazu. Die Beantwortung dauert 2 Minuten.
Ebenfalls laden wir Sie herzlich ein, die Beiträge auf Facebook und Instagram
zu liken, zu kommentieren und zu teilen. Damit können Sie deren Wirkung
verstärken
Eine 14-tägige Vater- bzw. Partner*schaftsfreistellung ist
Bestandteil der 2019 verabschiedeten Vereinbarkeitsrichtlinie der EU, stand bei
allen Ampelparteien in den Wahlprogrammen und ist Bestandteil des
Koalitionsvertrags. Das in der EU-Richtlinie verbindlich festgelegte Datum für
die Umsetzung war August 2022. Dies hat die Bundesfamilienministerin Lisa Paus
verstreichen lassen. Ende November erklärte sie: Die zweiwöchige Freistellung
nach der Geburt komme nicht mehr in diesem Jahr, aber 2024. Die wirtschaftliche
Lage sei derzeit schwierig, vor allem für kleine und mittlere Unternehmen. „Deshalb
möchte ich dieses wichtige Vorhaben im nächsten Jahr aufs Gleis setzen.“
Anfang Januar ist zu lesen, die Familienministerin rechne
mit Blick auf die Einführung einer zweiwöchigen, bezahlten Väterauszeit mit
Akzeptanz aufseiten der Arbeitgeber. „Ich gehe davon aus, dass die
Partnerfreistellung von den Unternehmen angenommen wird“, sagte Paus der
Deutschen Presse-Agentur. Die Unternehmen würden sich jetzt schon „große
Gedanken“ um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf machen – gerade auch „in
einer Zeit des Fachkräftemangels.“
Diese Erwartung hat sie auch vor dem Hintergrund einer vom
BMFSJ in Auftrag gegebenen und kurz vor Weihnachten veröffentlichten Studie
geäußert. Dort heißt es unter anderem: Für Väter ist eine gelingende
Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein sehr wichtiges Anliegen. Deutlich wird
das durch die Bereitschaft der Väter, ihre Arbeitsstelle zu wechseln. Rund
450.000 Väter in Deutschland haben schon einmal den Arbeitgeber zugunsten einer
besseren Vereinbarkeit gewechselt. Und mehr als 1,7 Millionen Väter denken
darüber häufig oder zumindest manchmal nach. Diese hohe Wechselbereitschaft ist
gerade in den aktuellen Zeiten des Fachkräftemangels ein großes
Unternehmensrisiko.
Da müssten doch eigentlich bei Unternehmen die Alarmglocken
läuten und die Vaterschaftsfreistellung, schon vorab auf freiwilliger Basis als
Instrument zur Steigerung der Arbeitgeber*attraktivität, ein Mittel der Wahl
sein. Aber denkste …
Quasi als Antwort auf die Äußerungen der Ministerin
gegenüber dpa veröffentlicht die FAZ einen Kommentar von Heike Göbel in dem sie
das Engagement von Vätern als ‚Freizeit‘ diffamiert. „Paus beruft sich auf eine
EU-Vorgabe, doch diese würde Deutschland mit seinen ohnehin reichlichen
Urlaubs- und Freistellungsregeln so wieder mal übererfüllen. Die Kritik der
Wirtschaft perlt an Paus ab. Sie gehe davon aus, dass die „Partnerfreistellung
von den Unternehmen angenommen werde“, ließ sie jetzt wissen. Zynischer geht es
kaum.
Und wer gedacht hat, diese Missachtung von Vätern und
Müttern lasse sich nicht steigern wird von Anke Heinrich eines Besseren
belehrt. In ihrem Beitrag für ‚Markt und Mittelstand‘ schreibt sie drei Tage
später: „Stellen Sie sich vor, man gibt der Bundesfamilienministerin eine Aufgabe:
Deutschlands Betrieben acht Millionen Arbeitstage im Wert von 1,8 Milliarden
Euro zu stehlen, Jahr für Jahr. Und zwar ohne, dass es irgendetwas bringt. Im
Gegenteil, es soll sogar mehr Schaden als Nutzen anrichten als nutzen. Das
klingt schwierig? Nicht für Lisa Paus. Wer wie die Grüne 22 Semester studiert
hat, um danach direkt Berufspolitikerin zu werden, dem fällt das schon etwas
ein: Jeder Vater soll nach der Geburt zwei Wochen Extra-Urlaub bekommen –
natürlich bezahlt vom Unternehmen.“
Sie verpackt ihre menschenverachtende Polemik geschickt in
Fragen, die zweite lautet: „Helfen die Väterwochen der Gesellschaft,
familienfreundlicher zu werden? In der Antwort wird jetzt gegen Väter
‚gekeilt‘: „Nein, denn wenn ein Vater keine zehn Urlaubstage mehr übrig hat für
die Phase nach der Geburt seines Kindes, wird er auch mit zehn zusätzlichen
Tagen wohl eher eine Kegeltour zum Ballermann unternehmen, als seiner Frau zu
helfen.“
Unternehmen und ihre vermeintlichen Helfer*innen, die auf einem derartigen Niveau polemisieren ist eigentlich nicht zu helfen. Norbert Walter, der ehemalige ‚Chefvolkswirt’ der Deutschen Bank, hat dazu beim ersten Netzwerktreffen des Unternehmensnetzwerks ‚Erfolgsfaktor Familie’ am 1. April 2008 in seiner Keynote zum Thema nachhaltige Familienpolitik in Unternehmen unter anderem angeregt, nicht ständig im Gegenwind zu arbeiten und zu predigen, sondern den Unternehmen, die der Überzeugung sind, Familienfreundlichkeit rechne sich nicht einen glücklichen Untergang zu wünschen. ‚Wir brauchen ja schließlich auch Verlierer im Wettbewerb’. Das gilt heute mehr als vor 15 Jahren.
… es gibt eine neue Papa-Lese-Liste von Christian Meyn-Schwarze
„Keiner erzählt die Gutenachtgeschichte so lebendig wie Großvater. Es
lag an seiner Stimme, eine Stimme, die die Kinder noch lange hörten.
Kaum hat er an diesem Abend die Gutenachtgeschichte für seinen Enkel
angefangen, kommen die Tiere aus der Geschichte eins nach dem anderen
ins Zimmer gesaust und versammeln sich ums Bett. Leider schläft der
Großvater mitten im Erzählen erschöpft ein. Leise macht sich der Junge
mit dem Reh, dem Hirschen, dem Hasen, dem Wildschwein und dem
Eichhörnchen auf, um die Geschichte der Jägerin zu einem guten Ende zu
bringen. Opa und Enkel im kleinen Haus am Waldrand und die Tiere des
Waldes …“
Dies ist nur eine von mehr als 300 Kurzrezensionen, mit der Christian Meyn-Schwarze seit über 20 Jahren in seiner ‚Papa-Lese-Liste‘
Kinderbücher für und über Väter in allen Lebenslagen vorstellt und
Väter ermutigt, mit ihren Kindern zu lesen und ihnen vorzulesen.
Und da Christian jetzt im ‚Opa-Alter‘ ist, nimmt der Anteil der
‚Opa-Bücher‘ zu. Denn Großväter können mit ihrer Zeit und ihrer
Lebenserfahrung wichtige fördernde und fordernde Bezugspersonen –
besonders für Jungs – werden. Allein 6 neue Titel sind in dieser Rubrik
dazugekommen.
Die Liste ist sicherlich nicht vollständig und subjektiv, die
Bewertung der Bücher und anderer Medien zum Teil sehr persönlich aber in
jedem Fall eine optimale Möglichkeit, sich über Kinderbücher zu
informieren.
Und da gute Kinderbücher in vielen Fällen schnell vergriffen sind, empfiehlt er, bei Neuerscheinungen schnell zuzugreifen und für diejenigen, die leer ausgehen hält er einen besonderen Service bereit: er hat alle Bücher der Leseliste gesammelt und man kann sie bei ihm ausleihen.
‚Experten zufolge könnte die Pandemie zu einer tiefgreifenden Veränderung der Väterrolle führen‘ lautete eine Vermutung, die in einem Beitrag des Guardian über die Auswirkungen der ersten sechs Monate der Corona Pandemie geäußert wurde. Die Zahl der Stunden, die Männer mit ihren Kindern verbringen, ist in diesem Zeitraum sprunghaft angestiegen und könnte zu einer dauerhaften Neubewertung des Wertes der Vaterschaft und zu einer Veränderung der Arbeitsmuster führen.
„Das Jahr 2020 hat das Bild der Gesellschaft von der
Vaterschaft verändert und könnte nach Ansicht von Forschern, Wirtschaftsführern
und Aktivisten den tiefgreifendsten Wandel bei den Betreuungsaufgaben seit dem
Zweiten Weltkrieg bewirken.“
Führungskräfte haben aus erster Hand erfahren, was es
bedeutet, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen, und dass beide
Elternteile dazu in der Lage sein müssen, wird Ann Francke, Geschäftsführerin
des Chartered Management Institute, in dem Beitrag zitiert, und „Väter sind von
entscheidender Bedeutung, um die Gleichstellung von Müttern voranzubringen, ohne
Fortschritte für Väter zu Hause kann es keine Fortschritte für Mütter am
Arbeitsplatz geben, das sind zwei Seiten derselben Medaille.
Drei Monate später wurde erneut die Frage aufgeworfen, ob die Erfahrungen, die Väter während des Lockdowns gemacht haben, zu einer dauerhaften Veränderung führen könnten. In dem Artikel kommt auch Michael Lamb, Psychologieprofessor in Cambridge und Autor mehrerer wissenschaftlicher Texte über Vaterschaft und die Aufteilung der elterlichen Arbeit zu Wort:
„… die Erfahrungen der Väter werden sehr unterschiedlich
sein, denn einige haben die Möglichkeit, von zu Hause aus zu arbeiten, andere
nicht, und wieder andere haben ihren Arbeitsplatz vielleicht ganz verloren. „Dennoch
sehen wir jetzt, dass viele Männer sich engagieren und erkannt haben, dass es
ziemlich schwierig ist, gleichzeitig ein Haus zu führen, ein guter Vater zu
sein und den beruflichen Anforderungen gerecht zu werden.“
Lamb sieht dies als große Chance: „Für viele Väter wird
dieses Jahr eine Chance gewesen sein, Beziehungen aufzubauen, die tiefer und
breiter sind, als es sonst der Fall gewesen wäre. Es wird Väter geben, die
einige der Freuden und Vorteile der Vaterschaft auf eine Art und Weise
erkennen, wie es ihnen in der Vergangenheit nicht möglich war.“
Ende Dezember, also knapp drei Jahre nach dem Beginn der Pandemie liegen nun Zahlen vor, die nahelegen, dass die Pandemie tatsächlich als „Katalysator für Veränderungen“ gewirkt hat: Die Covid-Beschränkungen waren ein außerordentlicher Katalysator für Veränderungen im Leben der berufstätigen Väter, sagte Adrienne Burgess, Mitgeschäftsführerin des Fatherhood Institute. Ihre Analyse zeigt, dass die Zeit, die alle Väter in Großbritannien mit der Betreuung ihrer Kinder verbringen, seit 2015 um fast ein Fünftel (18 %) gestiegen ist, von durchschnittlich 47 Minuten pro Tag auf 55 im Jahr 2022.
„Mütter arbeiten mehr und Väter übernehmen mehr
Kinderbetreuung und Hausarbeit. Wenn es darum geht, wie wir die Gleichstellung
der Geschlechter messen, haben sich in diesen beiden Bereichen gewaltige
Verschiebungen ergeben“, sagte Burgess.
Die Pandemie scheint auch Auswirkungen auf die
Betreuungsarbeit von berufstätigen Vätern zu haben. In den Jahren 2014-15
verbrachten Mütter in Großbritannien 86 % mehr Zeit mit der Betreuung von
Kindern als Männer, was im Zeitraum März-April 2020 auf 13 % zurückging.
Seitdem hat sich die Kluft zwar vergrößert, ist aber immer
noch geringer als zuvor. Im März 2022 verbrachten Mütter 53 % mehr Zeit mit der
Betreuung ihrer Kinder als Männer – ein Rückgang der Betreuungslücke um 33
Prozentpunkte.
Vielleicht handelt es sich um eine Momentaufnahme, aber immer mehr Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass sich die Aufteilung von Erwerbs- und Familienarbeit tatsächlich verändert: Mütter arbeiten mehr und Väter kümmern sich mehr. Das wirkt nachhaltig jüngste Forschungen über die Einstellung zur Geschlechterrolle legen nahe, dass diese ‚neuen Väter‘ ein „exponentielles Wachstum der Geschlechtergleichheit über Generationen hinweg“ bewirken können.
Diese Beschreibung und die Zahlen beziehen sich auf
Großbritannien, ich bin aber der Überzeugung, dass die Effekte, die Michael
Lamb beschrieben hat, auch auf Väter in Deutschland und andere Ländern
übertragen lassen.