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lebe deinen Traum!

‚… ein abwesender Vater ist nicht immer ein Vater, der nicht gewünscht ist‘

Erstellt von Hans-Georg Nelles am Mittwoch 26. Juli 2023

Interview mit Jennifer Jaque-Rodney

Frau Jaque-Rodney, sie arbeiten seit mehr als 30 Jahren als Familienhebamme und haben im Jahr 2000 das Netzwerk der Familienhebammen in Deutschland mitbegründet. Was war Ihre Motivation, diesen beruflichen Weg einzuschlagen?

Für mich war meine Motivation wirklich, die Familie als System zu sehen, die Familie als Ganzes zu sehen. Mann, Frau, Frau, Frau, Mann, Mann, egal welche Konstellationen das war. Und hier reden wir von einer Mann-Frau-Konstellation. Das war für mich wichtig, einfach das weiter zu verfolgen und das auch zu unterstützen, da ich schon damals als Hebamme gemerkt habe, wie wenig Kontakt wir zu den Männern eigentlich haben und wie schade das ist.

Und für mich, ich habe auch Soziologie studiert und das ist etwas, was mich auch beflügelt hat als Hebamme, viel, viel mehr mit den Männern, mit den Partnern in Kontakt zu kommen. Und dann, als ich relativ früh in Deutschland war und mir diese Tätigkeit angeboten wurde beziehungsweise die Qualifizierung erstmal, habe ich gedacht, das ist genau das, was ich will. Dieses familiäre Feld, also wo sowohl Frau als auch Mann als gleichwertige Ressource für das Kind angesehen werden und das will ich unterstützen.

Aufgrund Ihrer Erfahrungen waren Sie in den folgenden Jahren an der Ausarbeitung zahlreicher Curricula für die Aus- und Fortbildung von Familienhebammen beteiligt. Welche zusätzlichen Qualifikationen benötigen Hebammen, um als Familienhebammen tätig werden zu können?

Auf jeden Fall braucht man diese Qualifizierung, die vom Land angeboten wird, hier in Nordrhein-Westfalen umfasst sie 400 Stunden. Das ist ein bisschen unterschiedlich, es gibt eine Mindestqualifikation von 200 Stunden, aber die meisten Länder haben 400 Stunden und diese Qualifikation beinhaltet unterschiedliche Lerneinheiten, unterschiedliche Themen.

Da muss man über das Systemische Bescheid wissen, da muss man auch über das Bild und überhaupt über die Definition Familie wissen. Was bedeutet Familie, was ist eine Familie aus dem Soziologischen, aber auch aus dem rein Statistischen? Was ist eine Familie, wie bildet sich eine Familie ab? Das ist Thema oder eine Lerneinheit.

Was Familienhebammen auch brauchen ist Kommunikation. Wie kann ich mit Eltern gut und wertfrei kommunizieren wo möglich? Also sowohl die gewaltfreie Kommunikation als auch die motivierende Gesprächsführung. Das sind Themen, die auch dann vorkommen und Themen wie die Entwicklung des Kindes. Themen wie Kindeswohlgefährdung sind auch ganz wichtig, aber auch Themen wie Lebenswelt, Familie, so was verstehe ich unter Lebenswelt Familie?

Als Familienhebamme gehen wir in unterschiedliche Lebenswelten und es kommt sie nicht einzuengen, weil ich sie nicht kenne, sondern einfach zu verstehen, die Lebenswelt Familie ist sehr divers und sehr vielfältig. Das sind so einige Themen, Qualitätsmanagement, Dokumentation, das sind einige Lerneinheiten, die eine Familienhebamme braucht, um umfassend Familien begleiten zu können.

Familienhebammen haben, noch mehr als Hebammen bei der Geburtsvorbereitung und der Geburt das gesamte Familiensystem im Blick. Dabei spielen Väter, ob sie anwesend sind oder nicht, eine wichtige Rolle. In welchem Umfang wird diesem Thema bei der Aus- und Fortbildung von Familienhebammen Rechnung getragen?

Ja, die spielt eine wesentlich größere Rolle als bei der originären Hebammenausbildung. Es ist gewachsen, am Anfang war das Thema Vater oder Väter vielleicht nicht so präsent, aber in Nordrhein-Westfalen auf jeden Fall. Da ich die Qualifikation auch durchführe, war das für mich von Anfang an ein sehr wichtiges Thema und es spielt eine wichtige Rolle. Also es gibt unter der Lerneinheit Lebenswelt Familie auch Einheiten, wo das Thema Väter, Vater, die Rolle des Vaters vorkommt. Das könnte vielleicht eine größere Rolle spielen. Aber sie spielt auf jeden Fall im Vergleich zu der originären Ausbildung, finde ich, eine sehr wichtige Rolle, die man dann ausbauen muss.

Jeder Anbieter macht das ein bisschen anders. Ich habe von Anfang an dabei auch Männer wie Herrn Vonnoh eingeladen, um über das Thema zu sprechen. Jürgen Grah war auch lange Jahre in meinem Qualifizierungskurs. Also für mich spielt es eine größere Rolle, nicht nur zum Thema Vater, sondern zum Thema überhaupt Kind kriegen, schwanger sein.

Wenn eine Frau mit jemanden zusammen ist, dann ist der Partner auch zu sehen und auch wertzuschätzen. Und auch die Fragestellung, wie können wir auch Väter beflügeln, dass sie nicht nur sich als Ressource sich sehen, sondern sich auch als wichtiger Bestandteil diese Einheit, diese Triade zu sehen. Wir reden viel zu häufig darüber, dass die Väter eine Ressource sind. Ja, das stimmt, aber sie sind eine wichtige Person einfach, wenn sie da sind.

Und auch die unterschiedlichen Stile der Väter. Wir haben unterschiedliche Modelle, wir haben Modelle, die sind sehr patriarchal, die sind sehr fürsorglich. Wir haben Väter, die aus einem anderen Land kommen oder auch aus Deutschland kommen und ein Verständnis vom Vater sein übernommen haben oder auch nicht. Und das auch zu verstehen, es gibt die unterschiedlichen Modelle von Vatersein, von Vätern. Und das müssen wir in den Kontext unserer alltäglichen Arbeit bringen.

Familienhebammen sind ja dort im Einsatz, wo die frühen Hilfen sagen: Da ist eine Familie, die hat einen besonderen Unterstützungsbedarf. Und da ist es vielfach so, dass aus dem Blickwinkel der Familienhebammen Väter in dem Moment keine Ressource sind, sondern ein Teil eines Problems. Und es gibt auch Studien, wo Familienhebammen beobachtet worden sind, die sagen, dass dann Familienhebammen dazu neigen, dieses „Problem“, also die Väter, erst einmal auszuklammern und zu sagen, jetzt gucken wir doch erstmal, dass die Mutter mit dem Kind zurechtkommt. Und das Problem mit dem Vater, das können wir vielleicht später angehen. Wie schätzen Sie das ein?

Ja, diese Konstellation gibt es auch, wo die Väter eine ganz schöne Herausforderung sein können für die Entwicklung der Familie als solche, die gibt es auch. Ich schaue eher sehr positiv da hin, wenn die Väter da sind, wie wir sie auch unterstützen und wie wir sie auch beflügeln und befähigen können. Und bei den Vätern, die abwesend sind, sie sind manchmal nicht da, aber sind trotzdem im Gedächtnis der Frau da, es ist trotzdem ein Thema.

Und wenn die Frau mir auch zeigt, dass das für sie wichtig ist, auch wenn er nicht da ist, der wohnt woanders, da versuche ich trotzdem ihn auch mit einzubinden in einem Gespräch mit der Frau. Mit der Fragestellung: Okay, was machen wir denn mit diesem Vater, der nichts von seinem Kind wissen will? Ich frage die Frau, was ist ihre Lösung? Aber ich bin eher sehr positiv auch von der Erfahrung. Die Väter, die da sind und wirklich auch mit einbezogen werden wollen, da habe ich sehr gute Erfahrungen gemacht.

Da, wo Gewalt möglicherweise ein Thema ist da muss eine Frau geschützt werden. Und das mache ich auch und darüber sprechen wir in der Qualifizierung, wie das gehen kann. Also was und worauf wir achten können. Aber eher positiv denken. Das Hebammen oft für die Mutter da sind und der Vater ihnen egal ist – das ist er für mich nicht, das war für mich noch nie der Fall. Ich finde, wenn die Väter da sind, dann sind sie so wertvoll und brauchen genauso eine Unterstützung wie manche Frauen.

Also Unterstützung im Sinne vom Familienleben, Unterstützung bei Themen wie, was ist Bindung, wie kann ich das ermöglichen? Und wir wissen als Familienhebammen, dass Väter die Informationen möglicherweise anders aufnehmen als eine Frau? Sie brauchen möglicherweise Videos, vielleicht auch Studien, vielleicht andere Väter. Und da muss man gucken, wie kann ich diesen Vater erreichen mit dem, was er braucht auf seine Art und Weise?

Und selbstverständlich Väter, die nicht gut für die Familie sind, wo die Frau sowieso mit dem nichts zu tun haben will. Ich versuche sie nicht mit einzubeziehen in der Begleitung, wenn die Frau von Anfang an das nicht will. Aber ein abwesender Vater ist nicht immer ein Vater, der nicht gewünscht ist. Da muss man schauen, wie ist das für die Frau und wie kann ich ihn einbeziehen in meine Tätigkeiten.

Welche Erfahrungen haben Sie mit der Zielgruppe ‚jugendliche Väter‘ gemacht und welche zusätzlichen Unterstützungsbedarfe sehen sie bei den Jugendlichen?

Ja, also gerade am Anfang meiner Tätigkeit als Familienhebamme viel, viel mehr als jetzt, muss ich sagen. Aber die Statistiken, also die Evidenzen, sprechen auch dafür, dass jugendliche Schwangerschaften, die Zahlen runtergegangen sind. Aber am Anfang hatte ich sehr viel mit jugendlichen Eltern und jugendliche Väter zu tun. Das war nicht immer einfach, da manche von diesen Jugendlichen mit 15, 16, 17 Vater geworden sind. Und in ihrem Jugend sein und in ihrer Entwicklung und die Hormone und alles Mögliche nicht immer sehr gut zu erreichen waren.

Was ich aber allerdings gemerkt habe damals und auch jetzt, wenn sie sehr jung sind, also unter 18 sind oder unter 21, ihnen erstmal zu sagen, als Familienhebamme bin ich auch für sie zuständig, sie sind für mich auch wichtig. Und es gibt auch keine Frage, die zu dumm ist und es gibt auch keine Frage, die sie nicht stellen können. Also ihnen von Anfang an zeigen, dass sie wichtig sind. Und gerade bei den Jugendlichen, bei den jugendlichen Väter, ist das echt sehr wichtig, dass sie den Eindruck haben, okay, sie ist nicht nur für meine Freundin da, sondern sie interessiert sich auch für mich. Sie also von Anfang an einzubeziehen.

Aber einfach ist es nicht, einfach ist es nicht, da braucht man einen langen Zeitraum, wo Vertrauen wächst. Da muss man auch das „jugendliche“ in dem Vater ansprechen und auch anerkennen und auch mit einbeziehen. Das heißt, dass, wenn er darüber spricht, dass er am Wochenende mit seinen Freunden „durch die Gemeinde ziehen möchte“, das nicht zu verpönen, sondern auch die Frage zu stellen, okay, wie kann das denn gehen? Also wie stellst du dir das vor? Also bei den jugendlichen Vätern anzudocken.

Bei den jugendlichen Vätern sind neben den Familienhebammen unter Umständen auch andere Hilfesysteme eingebunden. Wie schätzen Sie das ein, sind diese Systeme auf jugendliche Eltern vorbereitet oder sehen sie auch Handlungsbedarfe an Unterstützung für die Hilfesysteme selber?

Ich glaube, dass wir auf einem guten Weg sind im Vergleich zum Beginn meiner Tätigkeit, wo ich damit konfrontiert worden bin auch mit anderen Systemen in Kontakt gekommen bin. Ich glaube, dass es trotzdem noch nicht ausreichend ist. Die Jugendhilfe und auch Sozialarbeiter oder Sozialarbeit grundsätzlich mit Jugendlichen, die braucht viel mehr Wissen darüber, wie sie ticken und wie sie kommunikativ an sie herantreten können. Ich glaube, da können wir uns auf jeden Fall verbessern. Aber im Vergleich zu der 90iger-Jahren, wo ich angefangen habe, wo meiner Meinung nach in der Jugendhilfe Väter nicht so wertschätzend behandelt worden sind, sind wir auf jeden Fall in einer guten Entwicklung.

Zum Schluss ein Blick in die Zukunft. Viele junge Eltern wünschen sich eine partnerschaftliche Aufteilung von unbezahlter Care und bezahlter Erwerbsarbeit. Die Weichen dafür werden unmittelbar vor und nach der Geburt gestellt. Welchen Beitrag könnten Hebammen und Familienhebammen Ihrer Meinung nach leisten, um den Eltern die Verwirklichung dieses Wunsches zu erleichtern?

Ich glaube, wir müssen dazu viel, viel mehr Öffentlichkeitsarbeit machen, dass die jungen Familien wissen, was kommt da auf sie zu, gerade bei Familienhebammen. Aber auch die originäre Hebamme einbeziehen, wir müssen mehr Öffentlichkeitsarbeit machen im Sinne von, wie können wir junge Eltern unterstützen und nicht immer so sehr von der Mutter sprechen, sondern wirklich von jungen Eltern.

Heutzutage haben wir auch den Transmann, der auch schwanger ist, hatten wir hier gerade vor ein paar Monaten. Das heißt, dass ändert sich auch alles. Aber mehr Öffentlichkeitsarbeit zu machen auch im Sinne von, warum brauchen Kinder denn Väter, welche Grundbedürfnisse haben Kinder und was brauchen sie, um sich gut zu entwickeln? So eine Art Aufklärung zu machen in Form von einem Video vielleicht, nicht immer in Form von Vortrag oder Text. Aber solche bildlichen Sachen zu entwickeln, die möglicherweise junge Eltern auch mehr ansprechen.

Ich erhoffe mir auch gerade bei den jungen Eltern, dass wir sie über die Sozialen Medien anders erreichen können, das sind die Medien, wo wir sie finden. Wir müssen uns öffnen, Facebook, Instagram und TikTok, auch wenn man das nicht immer gut findet. Aber man kann auch seine Stimme benutzen, um die jungen Eltern auch anzusprechen, um ihnen Hinweise zu geben. Ich habe damit angefangen und ich habe ja auf jeden Fall ein supergutes Feedback von den jungen Eltern.

Dieses kurz, knapp, aber Klarheit über unterschiedliche Themen, Vitamin D, über postpartalen Babyblues, was man machen kann, über Windeln wechseln. Junge Eltern müssen wir dort abholen, wo sie sind und nicht wo wir denken wo sie sind. Und das auch unter anderem über die sozialen Medien. Und dann können wir sie sicher machen, dann können wir sie stark machen. Mir ist es wichtig, dass die jungen Eltern wissen, dass wenn ich mit denen spreche, dass ich nicht so lehrhaft ankomme, dass sie getriggert werden wie in der Schule.

Ich möchte mit ihnen sprechen, so wie ich mit jedem anderen spreche. In der Regel geht es gut, manchmal geht es nicht gut. Wenn es nicht gut geht, muss ich mir auch eingestehen, ich kann die Energie nicht aufbringen für dieses Paar. Und dann muss ich sie weiterleiten an ein anderes Angebot, an die Jugendhilfe oder dahin, wo sie die Sache mehr ernst nehmen.

Vielen Dank, dass sie sich die Zeit für das Gespräch genommen haben

Mehr Informationen zu Frau Jaque-Rodney finden Sie auf ihrer Webseite

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5 Väterfragen an Stefan Hallen

Erstellt von Hans-Georg Nelles am Dienstag 25. Juli 2023

Stefan Hallen ist Sozialpädagoge bei der Fachberatungsstelle für Familien mit Gewalterfahrung, Diakonie Düsseldorf; Systemischer Berater (DGSF), Selbstbehauptungstrainer für Jungen, Trainer für Kampfesspiele ® und Fachkraft für Täterarbeit nach Häuslicher Gewalt (BAG).

Nach langjähriger freiberuflicher Erfahrung im Bereich individualpädagogischer Jugendhilfe-Settings arbeitet er seit 2005 bei der Diakonie Düsseldorf, wo er über 10 Jahre eine innovative, geschlechterbezogene Jungenarbeit aufgebaut hat. Jetzt ist er bei der Fachberatungsstelle für Familien mit Gewalterfahrung im Bereich Täter- und Väterarbeit beschäftigt.

  1. Ergänze bitte den Satz ‚Vater werden ist …‘

wie eine Initiation. Plötzlich stehst du nicht mehr am Ende einer langen Reihe von Ahnen, sondern dazwischen.

  1. Welche Eigenschaften fallen dir beim Wort ‚Vater‘ ein?

Humor, Leichtigkeit, Ernsthaftigkeit, Vertrauen, Verbindlichkeit, Abenteuerlust, Kraft, Ruhe…

  1. Was sollte Mann beim Vater werden unbedingt beachten?

Du bist nicht allein.

Nimm dir Zeit. Das erste Lebensjahr ist nicht das Leichteste.

Auch eine förderliche, möglichst liebevolle Grundhaltung und Einstellung gegenuber der Mutter des Kindes. Alles andere wurde das Kind spuren und sich negativ auf eure Beziehung auswirken.

  1. Was würde deiner Meinung nach Vätern in Zukunft das Vater sein erleichtern?

Mehr Zeit zu haben für das und mit dem Kind, gerade in den ersten Lebensjahren. Und dass die Mutter dieses Geschenk auch gut annehmen können

  1. An welches Erlebnis mit deinem Vater erinnern du sich am liebsten?

Wir waren mal 6 Wochen zu zweit in Australien, wohin sein Bruder, mein Onkel ausgewandert ist. Dort haben wir im Outback einmal im Freien übernachtet und er erzählte mir, dass es für ihn das erste Mal sei, dass er unter freiem Himmel schlafe. Auf dieser Reise hat er mir auch erzählt, dass er es bedaure, sich früher nicht mehr Zeit für uns genommen zu haben, als wir noch klein waren. Das hat gutgetan.

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Dürfen sich Väter mehr Zeit für Familie nehmen?

Erstellt von Hans-Georg Nelles am Dienstag 18. Juli 2023

Vor einem Monat hat die Veröffentlichung von Umfrageergebnissen der Organisation ‚Plan International‘ großen Wirbel verursacht. Begriffe wie ‚Retraditionalisierung‘ und ‚Rollback in Sachen Geschlechtergerechtigkeit‘ waren noch die harmlosesten, die mit den Antworten der befragten Männer im Alter von 18 bis 35 Jahren in Verbindung gebracht wurden.

Bei den Vorstellungen zur Aufgabenteilung in der Familie sehen 52 Prozent der jungen Männer ihre Rolle darin, im Beruf genug Geld zu verdienen, die Zuständigkeit für die Carearbeit weisen sie ihrer Partnerin zu.
In seiner Stellungnahme hat der Vorstand der LAG Väterarbeit die Frage gestellt, ob diese Rollenerwartung wirklich aus der Welt ist. Das Gerangel um die Familienstartzeit, die als Vaterschaftsfreistellung im Koalitionsvertrag verankert ist, Kürzungen im Bereich des Elterngeldes und ausbleibende Reformen im Familienrecht wecken Zweifel am politischen Willen.

„Wir müssen wieder mehr arbeiten“ wird Michael Hüther, Direktor des arbeitgeberfinanzierten Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), im Spiegel zitiert. Er will dem Fachkräftemangel mit längeren Arbeitszeiten entgegenwirken. Es brauche eine Ausweitung der individuellen Arbeitszeit im Jahr, „nicht den unrealistischen Traum der Viertagewoche“. Bereits im Jahr 2023 würden 4,2 Milliarden Arbeitsstunden fehlen.

An anderer Stelle haben sein und andere Wirtschaftsinstitute vorgerechnet, dass eine Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit von Müttern mit Kindern unter 18 Jahren um eine Stunde einen jährlichen Zugewinn von mehr als 100 Millionen Stunden bewirken würde.

Eine aktuelle Veröffentlichung zeigt auf, wie es um die Nutzung dieser ‚Stellschraube‘ für die Volkswirtschaft und die Möglichkeiten für Väter zur Reduzierung ihrer Erwerbsarbeitszeit im Sinne einer geschlechtergerechten Aufteilung von Care- und Erwerbsarbeit bestellt ist.

Die Erwerbsbeteiligung von Müttern in Deutschland ist in den vergangenen zwei Jahrzehnten zwar angestiegen. 2022 gingen 73 Prozent aller Mütter mit minderjährigen Kindern in Westdeutschland und 75 Prozent aller Mütter in Ostdeutschland einer bezahlten Tätigkeit nach, die meisten von ihnen jedoch in Teilzeit. Bei der Einstellung zur Müttererwerbstätigkeit zeigen sich nach wie vor erhebliche Unterschiede, wie die neue Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) belegt. Demnach ist die Einstellung gegenüber einer Erwerbstätigkeit von Müttern stark vom Alter des jüngsten Kindes und der Herkunft der Eltern abhängig.

Darüber hinaus wurden auch die Einstellungen zur Erwerbstätigkeit von Vätern erfasst. Die Mehrheit der befragten Männer und Frauen spricht sich hier für eine Vollzeiterwerbstätigkeit aus. Ist das jüngste Kind in der fiktiven Konstellation zwei Jahre alt, findet eine Teilzeiterwerbstätigkeit von Vätern zwar durchaus noch Zustimmung – ab einem Alter von vier Jahren aber nicht mehr. Frauen befürworten zudem eher als die Männer selbst eine Teilzeitbeschäftigung von Vätern.

Diese Erwartungen erfüllen Väter vollumfänglich. Väter von kleinen Kindern mit einer Vollzeitstelle arbeiten durchschnittlich 44 Stunden pro Woche. Und die Ausgangsfrage lässt sich momentan leider nur mit ‚NEIN‘ beantworten.

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DADx Talk – Warum in der Familie engagierte Väter wichtig sind

Erstellt von Hans-Georg Nelles am Freitag 14. Juli 2023

Väter sind unglaublich flexibel sind, wenn es darum geht, was sie für ihre Familien leisten können und den Anforderungen der jeweiligen Situation gerecht werden zu können.

Dr. Mairi Macleod, Evolutionsbiologin, Wissenschaftsautorin und Beraterin, hat bei einem DADx-Sitzung des Fathers Network Scotland erklärt, warum Männer biologisch so angepasst sind, dass sie, wenn die Bedingungen stimmen, zupackende Väter sind, und auch danach zu fragen:

  • Wie können wir die Praxis am Arbeitsplatz ändern, damit Väter Väter sein können?
  • Was sind die Vorteile für Arbeitgeber, Väter und die ganze Familie?
  • Und wie könnte die globale Pandemie dazu beitragen, die Dinge in Zukunft zum Besseren zu wenden?

Dr. Macleod leistet Pionierarbeit, wenn es darum geht, gewachsene Motivationen zu verstehen und aufzuzeigen, wie wir unser Umfeld, unsere Gewohnheiten und unsere Einstellungen so verändern können, dass sie unseren Bedürfnissen in der modernen Welt besser entsprechen.

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Männern besser ins Pflegesystem einbeziehen

Erstellt von Hans-Georg Nelles am Montag 10. Juli 2023

Der demografische Wandel, die Alterung von Gesellschaften und der Mangel an Fachkräften, gerade auch in der Pflege sind Themen, die in fast allen Ländern an Bedeutung gewinnen. Die aktuelle Studie und der Bericht „State of America’s Fathers“ hat die Einbeziehung von Männern ins Pflegesystem als Jahresthema.

Männer, nicht nur in den in den USA, wollen sich kümmern und übernehmen mehr Pflegearbeit als je zuvor. Die Autor:innen der Studie gehen von der Überzeugung aus, dass die Befähigung und Unterstützung von Männern zur Pflege für alle notwendig ist – für Frauen, für Kinder und für Männer selbst.

Ihnen geht es vor allem darum, Männer als Verbündete in den Diskurs über die Care Arbeit einzubeziehen und die Leistungen der Männer anzuerkennen, die sich bereits heute für die Pflegepolitik, die Unterstützung und die Gleichstellung einsetzen. Die Diskussion über die Pflegearbeit von Männern ist für sie auch eine Gelegenheit, politische Polarisierungen zu überwinden und alle Männer dazu aufzurufen, sich zu verbinden, mitfühlend zu sein und nach Gleichberechtigung zu streben, und die Fortschritte in der Pflegepolitik zu erreichen, die benötigt werden.

Um eine stärkere Beteiligung von Männern an der Pflege zu erreichen, ist es unabdingbar Männer und Väter dabei zu unterstützen, sich in die Pflege einzubringen zu können. Vor allem gilt es, die strukturellen Faktoren zu verändern, die den Wert der Pflege in der Gesellschaft bestimmen und beeinflussen, und die festlegen, wer diese Arbeit übernimmt. Zusätzlich braucht es einen Kulturwandel, der uns davon abbringt, die Pflege durch eine individuelle Brille zu betrachten, und der uns zu gemeinsamen Problemlösungen und öffentlichen Lösungen führt.

Konkrete Maßnahmen – große und kleine – können uns zu einer Welt führen, in der alle ein berufliches und persönliches Leben mit Würde gestalten können. Dazu gehören Änderungen von Gesetzen und Politiken mit angemessener Mittelausstattung und klaren Umsetzungsplänen, Änderungen in Schulen, am Arbeitsplatz und in Gesundheitseinrichtungen, Änderungen kultureller Narrative, Änderungen der Geschlechternormen im Zusammenhang mit der Pflegearbeit und Änderungen in unserem öffentlichen und privaten Leben und Lebensunterhalt.

Konkret werden in dem Report unter anderem folgende Forderungen aufgestellt:

  • Nationale Politiken für bezahlte Pflegezeit zu unterstützen, zusammen mit Maßnahmen am Arbeitsplatz, die Männer (und alle pflegenden Angehörigen) dabei unterstützen, Pflegezeit zu nehmen und Pflege zu übernehmen.
  • Herausstellen, dass Pflege durch Männer wichtig ist, und dies sowohl online als auch an allen Orten, an denen sich Männer aufhalten
  • Männer als Aktivisten und Fürsprecher für die Pflegepolitik zu ermutigen und zu engagieren
  • Medien dabei unterstützen, über die Pflegearbeit von Männern zu berichten.
  • die Art und Weise, wie Jungen sich mit Pflege auseinandersetzen können, radikal verändern und ihnen von klein auf Möglichkeiten geben zu erfahren, Pflegeaufgaben ist.

Die Studie „State of America’s Fathers“ bestätigt, was wir auch in Deutschland schon lange wissen: Eltern und alle Menschen, die sich um ein Kind oder einen geliebten Menschen kümmern, brauchen Unterstützung dabei, Fürsorgeaufgaben wahrzunehmen, ohne ihren Job, ihre finanzielle Stabilität oder ihr Wohlergehen zu riskieren.

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Trennungsfamilien kompetent begleiten

Erstellt von Hans-Georg Nelles am Samstag 8. Juli 2023

Wenn ein Paar mit Kindern sich trennt ist dies eine enorme Herausforderung zur Neuorganisation für alle Familienmitglieder. In der Regel fehlen den Eltern Erfahrungen wie sie ihre Kinder dabei am besten begleiten können, meist sind sie akut und lange danach damit beschäftigt, ihre eigene Situation neu einzurichten. 

Auch wenn in den letzten Jahren immer mehr Eltern für ihre Kinder eine gute Regelung suchen und dabei Rat und Hilfe suchen, erleben immer noch zu viele Kinder unsichere und schlimmstenfalls hochstreitende Eltern. 

Der Familienkongress des Väteraufbruch für Kinder beschäftigt sich deshalb nach einer Bestandsaufnahme der Lage von Trennungskindern und ihren Familien mit Konzepten, wie Familien vor, während und nach einer Trennung unterstützt und wie sie das für sich und ihre Kinder geeignete Betreuungsmodell finden können.

Der Familienkongress findet von Freitag, den 24. November, 19:00 Uhr bis Sonntag, 26. November, 15:00 Uhr, im Stephanstift, in 30625 Hannover statt.

Referent:innen

  • Dr. Stefan Rücker, Leitung Forschungsgruppe PETRA u.a.
  • Prof. Dr. Nina Weimann-Sandig, Professur für Soziologie und Empirische Sozialforschung, EFS Dresden
  • RA Sabine Hufschmidt, Mediatorin/Anwältin
  • n.n.

Themen

  • Von der Bindungsfürsorge bis Eltern-Kind-Entfremdung – wie Erziehungsverhalten getrennter Eltern auf Kinder wirkt (Dr. Stefan Rücker, Leitung Forschungsgruppe PETRA u.a)
     
  • Kinder brauchen beide Eltern (Prof. Dr. Nina Weimann-Sandig, Professur für Soziologie und Empirische Sozialforschung, EFS Dresden)
     
  • Chancen der Familienmediation – auch bei hochstrittigen Trennungseltern? (RA Sabine Hufschmidt, Mediatorin/Anwältin)
     
  • Mutter, Mutter Kind – Regenbogenfamilien und mögliche Eltern-Kind-Beziehungen mit anschließender Diskussion (Film am Vorabend)

Teilnahmebeitrag

In den Kosten ist auch die Verpflegung Mittag-, Kaffee und Abendessen enthalten.

  • 80,00 € Mitglieder und Kooperationsvereinbarungen mit anderen Verbänden
  • 60,00 € Studierende
  • 110,00 € sonstige Teilnehmende bei Anmeldung bis zum 31.10.2023
  • 140,00 € ab dem 01.11.2023 (soweit noch Plätze verfügbar)

Nähere Informationen zum Programm werden auf der Kongress-Seite veröffentlicht und fortlaufend aktualisiert. Dort ist ab sofort auch eine Voranmeldung möglich.

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#VaeterSummitNRW – VATER SEIN … MACH WAS DU KANNST!

Erstellt von Hans-Georg Nelles am Montag 26. Juni 2023

… was Väter können, was sie fürs Vatersein noch benötigen und was sie gemeinsam lernen können

Diese Fragen werden beim ersten VäterSummit in NRW am 26. August in Essen thematisiert. Am Vormittag wird Teresa Bücker, Journalistin und Autorin des Buchs ‚Alle Zeit‘ unter der Überschrift ‚Ist es radikal, wenn Väter sich mehr Zeit für die Familie nehmen?‘ ihre Gedanken und Vorschläge zu dem Thema formulieren. Eingerahmt wird ihr Beitrag durch Impulse ‚aus dem Väter-Leben‘ mit Comedian Florian Hacke. Moderiert wird der Väter von Sascha Verlan, Mitinitiator des ‚Equal Care Days‘

Inhaltlich geht es dann nach der Mittagspause mit einem BarCamp weiter. Die Väter können ihre Anliegen vorbringen und in zwei Runden gemeinsam mit anderen Vätern bearbeiten. Unterstützt werden sie dabei unter anderem Heiner Fischer (www.vaterwelten.de), Hans-Georg Nelles (www.lag-vaeterarbeit.nrw) und Sascha Verlan.

Für die Kinder gibt es den ganzen Tag spannende Spiel und Bastelangebote.

Der #VaeterSummitNRW wird von der LAG Väterarbeit NRW gemeinsam mit den Gleichstellungsstellen in Bonn, Dortmund, Essen und Münster veranstaltet und richtet sich an Väter mit ihren Kindern sowie an Väterarbeit interessierte Fachkräfte. Weitere Informationen und eine Anmeldemöglichkeit zur Veranstaltung am 26. August finden Sie hier.

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Jetzt erst recht, Angebote für junge Männer und Väter ausbauen

Erstellt von Hans-Georg Nelles am Montag 19. Juni 2023

Stellungnahme des Vorstands der LAG Väterarbeit NRW zu den Befragungsergebnissen von Plan International

Die Veröffentlichung von Ergebnissen der Umfrage ‚Spannungsfeld Männlichkeit‘ schlägt hohe Wellen. Im Mittelpunkt der Empörung steht die vermeintliche Gewaltbereitschaft von mehr als einem Drittel der befragten Männer.

Neben dem Thema ‚Gewalt in der Partnerschaft‘ zielte die Umfrage aber auf weitere Aspekte von Männlichkeiten und die Ergebnisse sind, völlig unabhängig von der Frage, ob sie repräsentativ sind oder nicht, ein Weckruf zum Handeln. Für uns als Landesarbeitsgemeinschaft Väterarbeit, aber auch die Verantwortlichen in Kindertagesstätten, Schulen, Familienbildung- und -beratung und die politisch Verantwortlichen in NRW und im Bund.

Die von den befragten jungen Männern im Alter zwischen 18 und 35 Jahren geäußerten Haltungen und Meinungen zeugen von einer großen Verunsicherung darüber, was Männlichkeiten heute ausmachen und einer Rückbesinnung auf überwunden geglaubte Vorstellungen.

Das kommt deutlich in den Vorstellungen zur Aufgabenteilung in der Familie zum Ausdruck: 52 Prozent der jungen Männer sehen ihre Rolle darin, im Beruf genug Geld zu verdienen, die Zuständigkeit für die Carearbeit weisen sie ihrer Partnerin zu.
Abgesehen davon, dass dies auch bedeutet, dass 48 Prozent der Befragten einer partnerschaftlichen Aufteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit zustimmt, ist diese Rollenerwartung wirklich aus der Welt? Das Gerangel um die Familienstartzeit, die als Vaterschaftsfreistellung im Koalitionsvertrag verankert ist, weckt Zweifel.

Dabei sind diese zwei Wochen mehr als eine gemeinsame Startzeit für Familien. Sie sind ein deutliches Signal, Vater du gehörst auch an den Wickeltisch, du hast von Anfang an die Möglichkeit eine Bindung zu deinem Kind aufzubauen und Verantwortung in und nicht nur für die Familie zu übernehmen.
Diese Erfahrungen prägen und wirken langfristig im Hinblick auf Partnerschaftszufriedenheit, fürsorglichem Verhalten und Engagement und beugen so Konflikten und Gewalt in Beziehungen vor.

Fast alle befragten Männer empfinden einen Veränderungsdruck. Damit sich dieser Druck und die damit verbundene Verunsicherung nicht in Gewalt und anderen destruktiven Handlungen entlädt, brauchen die jungen Männer Angebote, ihr Verhalten und ihre Ansichten im Austausch mit anderen Männern zu reflektieren und bei einer Krise auch passende Beratung.

Wir sind der Überzeugung, dass die kruden Rollenvorstellungen und Männlichkeitsbilder auch Ergebnis von Erziehung sind. In Kindertagesstätten und Schulen gibt es zu wenig geschlechterreflektierte Jungenarbeit und die Anliegen und Bedürfnisse von Jungen spielen in der Ausbildung von Erzieher*innen und Sozialpädagog*innen kaum eine Rolle.
Das gleiche gilt für das Geburtshilfesystem, Väter und ihre Anliegen sind auch hier nicht im Blick. Die Potenziale und Ressourcen einer Geburtsvorbereitung, die auch auf eine geschlechtergerechte Aufgabenteilung in der Familie abzielt, bleiben ungenutzt.

Die LAG Väterarbeit und ihre Mitglieder bieten Mitarbeitenden in den verschiedenen Einrichtungen und Hilfesystemen hierzu Fortbildungsangebote an. Vätern selbst werden Räume und Möglichkeiten eröffnet, sich mit anderen Vätern über ihren Alltag als Väter zu verständigen, auszutauschen und Sicherheut in der neuen Rolle zu finden.

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Kinder machen Väter

Erstellt von Hans-Georg Nelles am Mittwoch 14. Juni 2023

Vom 16. Mai bis zum 14. Juni zeigte die LAG Väterarbeit NRW in der Zentralbibliothek in Düsseldorf Schwarz-Weiß-Fotografien von Vätern und ihren Kindern. Martin Moog, Fotograf aus Frankfurt, der seit knapp 20 Jahren als ‚Tagesvater‘ arbeitet, hat Väter mit ihren Kindern und Männer, die in verschiedenen Situationen für Kinder Verantwortung übernommen haben, porträtiert. Seine Fotografien zeichnen ein Bild davon, wie ‚engagierte Vaterschaft‘ aussehen kann und welche Zufriedenheit Männer und Kinder in dieser Zweisamkeit ausstrahlen.

Das Selbstverständnis von Vätern sowie die Zuschreibungen und Erwartungen an sie sind seit Jahrzehnten im Wandel. Väter wollen gute Väter sein, von Anfang an für ihre Kinder da sein, ihre Entwicklung aktiv begleiten, es besser machen als ihre eigenen, vielfach abwesenden Väter.
Im Alltag fällt es ihnen, auch aufgrund von unpassenden Rahmenbedingungen, schwer, diese Vorstellungen zu leben. Die Bilder sind auch eine Ermutigung, diese Wünsche nicht vorschnell aufzugeben.

Konfrontiert und ergänzt wurden die Fotografien mit Aussagen von Vätern sowie Zahlen und Fakten zu den vielfältigen Lebenswirklichkeiten von Vätern in NRW.

Eröffnet wurde die Ausstellung am Dienstag, den 16. Mai mit einer Lesung von Tillmann Prüfer, Autor des Buchs ‚Vatersein, Warum wir mehr denn je neue Väter brauchen‘ und der Zeit Kolumne ‚Prüfers Töchter‘ Im Gespräch mit dem Vorsitzenden der LAG-Väterarbeit, Hans-Georg Nelles hat er unter anderem die Geschichte der existierenden ‚Väterbilder‘ skizziert und dargelegt, dass es nur eine Person auf der Welt gibt, die einem Mann beibringen kann, wie gutes Vatersein geht: … das eigene Kind.

Zuvor hatte Norbert Kamp, Leiter der Bibliotheken in Düsseldorf, in seinem Grußwort auf die Aktualität und gesellschaftliche Bedeutung des ‚Väterthemas‘ hingewiesen und Martin Moog etwas zur Idee und Entstehungsgeschichte der Fotografien erzählt. Der Ort der Ausstellung, der ‚Freiraum‘ befindet sich im Eingangsbereich der Zentralbibliothek gegenüber der Düsseldorfer Hauptbahnhofs. Pro Monat hat die Bücherei etwa 100.000 Besucher.

Zum Abschluss der Ausstellung gab es am 12. Juni eine Finissage mit Fabian Soethof. „Väter können das auch!“, der Titel des Buchs von Fabian Soethof ist eine klare Ansage. Es ist wirklich Zeit, Familie gleichberechtigt zu leben. Die Fragen und Zweifel, die in dem Zusammenhang auftauchen drehen sich eher um das Wollen und Dürfen. Das wurde auch bei dem Talk und im Gespräch mit den Zuhörenden deutlich

Väter und Mütter wollen raus aus den traditionellen Mustern, Erwartungen und Klischeefallen, das Vater- und Elternsein anders gestalten als die eigenen Eltern. Das ist eine große Chance, aber auch eine Herausforderung, die nicht nur aus unpassenden strukturellen Rahmenbedingungen besteht.

Fabian Soethof begleitet seine Leser:innen bei den anstrengenden und verunsichernden Prozessen, Gewohntes in Frage zu stellen und eigene Vorstellungen von Mann- und Vatersein auf den Prüfstand zu stellen. Gleichzeitig inspiriert und ermutigt er Väter und Mütter, miteinander neue Wege zu gehen.

Als die drei wichtigsten Punkte auf dem Weg zu mehr Gleichberechtigung benannte er:

  1. Privilegien, patriarchale Strukturen, Rollenbilder und Ungerechtigkeiten erkennen: Nur wer weiß, wie vergleichsweise gut er oder sie es hat, kann dafür sorgen, dass es anderen auch mal besser geht.
  2. Es gibt kein Wissens-, sondern ein Handlungsdefizit: Fast alles, was in meinem Buch steht, ist seit Jahren bekannt. Theoretisch steht Gleichberechtigung also nichts mehr im Wege – praktisch unter anderem das, was ich auf die erste Frage hin antwortete.
  3. Das Private ist politisch (und umgekehrt): Nur wer Gleichberechtigung selbstverständlich in der Familie und von dort hinaus vorlebt, kann zu einem Rollenwandel beitragen. Und nur, wer von Politik und Wirtschaft dabei hinreichend unterstützt wird, kann sein Privatleben ändern.

Da es während der Ausstellung schon Fragen danach gab: die Ausstellung kann ausgeliehen und an anderen Orten gezeigt werden. Nachfragen können Sie gerne an die LAG-Väterarbeit stellen, die Ihr Vorhaben in NRW gerne unterstützt.

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Hürden in der Welt der Erwerbstätigkeit für Väter und Mütter

Erstellt von Hans-Georg Nelles am Donnerstag 8. Juni 2023

Väter wollen mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen und Frauen finden Karriere besser als Kinder

„Wenn wir über Frauen nachdenken, kommen wir immer mehr von einem ‚Und‘ zu einem ‚Oder‘. Die Wahl: Familie oder Erwerbstätigkeit.“ So Jutta Allmendinger

Frauen in Deutschland ist es nicht mehr so wichtig, Kinder zu bekommen. Das ist nachvollziehbar und legitim – zeichnet sich bei näherer Betrachtung jedoch als unfreiwillige und dramatische Entwicklung ab. Beim ZEIT für Arbeit-Event am 23. Mai in Berlin haben Jutta Allmendinger, Präsidentin des Wissenschafts­zentrums Berlin für Sozial­forschung (WZB), und Lena Hipp, Leiterin der Forschungs­gruppe „Arbeit und Fürsorge“ am WZB, die Ergebnisse der vierten Vermächtnisstudie vorgestellt.

Fragen zur Einschätzung von Vätern in Deutschland wurde 2023 erstmals erhoben. Bei den Antworten fällt auf, dass Väter Kritik an sich selbst äußern: Väter sollten in Zukunft mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen, als sie es heute tun. Wer mehr arbeitet (Vollzeit im Vergleich zu Teilzeit oder nicht arbeitstätig), stimmt der Aussage, dass er genügend Zeit mit der Familie verbringt, weniger zu. Die befragten Väter reflektieren also, dass mehr Arbeit weniger Zeit für die Familie bedeutet.

Sie wünschen sich für die Zukunft mehr Zeit in der Familie und gehen auch davon aus, dass Väter in Deutschland mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen werden, als sie es heute tun.

Hürden für Väter

Woran liegt es, dass Männer in Deutschland nicht genügend Zeit mit ihren Kindern verbringen? Auch dazu wurden die Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer befragt. Auf einer Skala von 1 bis 7 sollten sie angeben, welche Gründe ihrer Meinung nach Väter davon abhalten, mehr Zeit mit ihren Kindern zu verbringen. Nachstehend werden die gewichteten Antworten von rund 2.160 Frauen und 2.040 Männern auf diese Frage abgebildet.

Das Haupthindernis sind finanzielle Gründe. Das sehen sowohl Männer als auch Frauen so. An zweiter Stelle werden Hürden in der Arbeitswelt genannt: Rund zwei Drittel der Männer in Deutschland und ein knappes Viertel der Frauen stimmen der Aussage, dass der „Druck vom Arbeitgeber“ Männer davon abhielte „mehr Zeit mit ihren Kindern zu verbringen“ zu bzw. sehr zu. Interessant ist, dass weniger als die Hälfte der Männer und Frauen den Druck seitens der Kollegen als Hindernis ausmachen. 45 Prozent der Männer und 31 Prozent der Frauen sagen, dass das nicht bzw. überhaupt nicht zutrifft. Fehlender Mut der Väter scheint jedoch ein gewichtigeres Hindernis zu sein. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung im Alter von 23 bis 65 Jahren sieht den mangelnden Mut als Ursache, warum Väter in Deutschland nicht genügend Zeit mit ihren Kindern verbringen.

Von den etwas mehr als 1.500 Befragten, die auf die Frage, ob es „aus Ihrer Sicht noch andere Gründe … [gibt], warum nicht alle Väter in Deutschland so viel Zeit mit ihren Kindern verbringen, wie sie gerne möchten“ geantwortet haben, wissen wir außerdem: Vorherrschende Rollenbilder, Egoismus und Desinteresse der Väter werden noch als weitere wichtige Hindernisse wahrgenommen. Auch Karriere und die Wünsche und das Verhalten von Müttern wurden von mehr als 10 Prozent der Befragten als Hindernis angegeben

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