In der Koalitionsvereinbarung „Erneuerung und Zusammenhalt“ ist zum Thema Familie auf Seite 37 folgendes zu lesen:
Familie ist für die rot-grüne Koalition dort, wo Kinder sind. Dazu gehören auch Alleinerziehende, Patchwork- und Regenbogenfamilien. Die rot-grüne Koalition wird Rahmenbedingungen schaffen, damit Frauen und Männer gleichermaßen ihre Lebensentwürfe verwirklichen können. Zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf und zur Sicherung der familiären Existenzgrundlage verdienen Familien eine stärkere staatliche Unterstützung. ….
Auf Landesebene wird die Regierung
einen Auf- und Ausbau von Familienzentren u.a. in Kitas unterstützen, die Eltern in allen Lebensbereichen niedrigschwellig Beratung und Unterstützung aus einer Hand anbieten (s. a. Kinder und Jugend) und dabei die Kompetenz der lokalen „Bündnisse für Familie und Beruf“ einbeziehen. Bestehende Mehrgenerationenhäuser und Familienbildungszentren werden in diesem Sinne weiterentwickelt und sie erhalten Planungssicherheit. Das Land setzt dabei insbesondere auf die Unterstützung der Wohlfahrts- und Familienverbände;
Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass auch für Unternehmen betriebliches Engagement bei Kinderbetreuung und Pflege Angehöriger selbstverständlicher Bestandteil aktiver Personalpolitik wird. Das Land wird dabei eine Vorbildfunktion übernehmen, um beispielsweise teilzeitbeschäftigen Frauen und Männern die gleichen Ein- und Aufstiegsmöglichkeiten wie Vollzeitbeschäftigten zu eröffnen.
die Rolle der Väter in der Erziehung durch ein Handlungskonzept zur künftigen Entwicklung der Väterarbeit stärken und so insbesondere in der Arbeitswelt, für mehr gesellschaftliche Akzeptanz sorgen. Auch hier wird das Land eine Vorbildfunktion übernehmen.
… lautet das Schwerpunktthema im aktuellen Switchboard, der Zeitschrift für Männer und Jungenarbeit. In seinem Editorial schreibt Alexander Bentheim dazu:
‚“Alles geht, nichts funktioniert“ titelte der Stern im März 2007 anlässlich einer Studie des Instituts für Sozialforschung über »Neue Väter« und resümierte: „Zwischen Dienst- und Kinderwagen verzetteln sich so einige“. Nun gibt es Väterstudien mittlerweile eine Menge, und nicht erst seit sechs Jahren. Offenbar jedoch muss der Erkenntniszugewinn immer wieder in Typisierungen oder Trends verpackt werden, um unters Volk gebracht zu werden – Missverständnisse aufgrund von Simplifizierungen oder Pointierungen dabei billigend in Kauf nehmend, manchmal auch vorsätzlich provoziert.
Für den interessierten Laien – der natürlich nicht selbst alles nachrecherchieren kann – eine selten hilfreiche Gemengelage zwischen dem subtextuellen „Tu dies“ und „Lass das“. Einmal mehr möchten wir deshalb mit dem Schwerpunkt dieser Ausgabe anregen, Väterlichkeiten – und da gibt es immer wieder Neues zu entdecken – als „lebendiges Prinzip“ in diversen Reifeprozessen zu verstehen, wie es Hans-Georg Nelles vorschlägt.
Weitere Erlebensangebote kommen von Guido Wiermann, der einen – so oder so – mitnimmt in eine Zeit, in der sich so vieles noch langsam entwickeln durfte, von Tobias Niebergall über Väterbeteiligungen in Kitas oder von Marc Melcher zu spielerischen Auseinandersetzungen von Jungen mit aktiver Vaterschaft. Neue Väterlichkeiten können ebenso weitergedacht werden, wo sich Matthias Stiehler gegen verunsichernde Entstrukturierungen wendet oder Andreas Eickhoff sich damit beschäftigt, dass und wie er selbst nicht Vater wurde.‘
Der Fotograf Karsten de Riese hat mit „Von Vätern und Söhnen“ einen beeindruckenden Bildband zum prägenden Verhältnis zwischen Männern gestaltet. Die schwarz-weißen Bilder offenbaren die Schattierungen in den Beziehungen zwischen Vätern und Söhnen, die reduzierten Settings fokussieren auf Blicke und Berührungen der Männer, auf die visuell verdichteten Beziehungen zwischen Alt und Jung.
Wie gewandet sich der Vater, wie der Sohn? Wer legt wem die Hand auf? Wer sitzt, wer steht und wie viel wortloses Einverständnis wirkt zwischen den beiden? Einige der Aufnahmen erzählen mehr über Nähe und Distanz zwischen Vater und Sohn, als es Worte wohl könnten. De Rieses fotografische Langzeitstudie hat sich über zehn Jahre erstreckt.
Durch hohen Erwartungs- und Leistungsdruck, moralische und normative Anforderungen, durch Zeitmangel, familiäre Trennungen, Abnabelung in der Pubertät, Konkurrenz, durch schulische und berufliche Belastungen, tradierte familiäre Glaubenssätze und viele andere Einflüsse kann die Beziehung von Sohn und Vater heute belastet sein. Eine Folge dieser Entwicklung ist, dass Väter und Söhne zunehmend getrennte Wege gehen und intensive Begegnungen immer weniger stattfinden.
Dem setzen Lutz und Lukas Böning, Vater und Sohn, etwas entgegen: Eine Kanutour vom 9. Bis zum 12. Mai, bei der noch wenige Plätze für Vater-Sohn Paare frei sind. In ihrem Blog schreiben die beiden über die Tour:
‚Wir werden von Thomsdorf nach Bredereiche mit dem Kanu unterwegs sein, durchfahren den Küstrinchenbach und überqueren klare Seen. Abends bauen wir auf Biwakplätzen unsere Zelte auf, bereiten gemeinsam Essen zu, sitzen am Lagerfeuer und genießen die Natur.
In den vier Tagen werden Sie als Gruppe oder als Sohn- Vater- Paar interaktive Aufgaben bewältigen und reflektieren. Wir tauschen uns über Themen aus, die für Väter und Söhne wichtig sind. Dabei suchen wir nach Fragen und Antworten in der Beziehung. Es ergeben sich Möglichkeiten, weg von alten Gewohnheiten, sich anders aufeinander einzulassen. Sie können sich als Vater und Sohn mit anderen Sohn- Vater- Paaren austauschen und praktische Erfahrungen in den Alltag mitnehmen.
Wir wollen aber auch Abenteuer erleben, toben, gemeinsam singen, vielleicht kämpfen, spielen und Spaß haben, auftanken, kreative Ideen entwickeln und uns gegenseitig stärken.‘
Detailinformationen zu Anmeldung und Preis gibt es hier.
In einem Interview äußert sich Prof. Dr. Stephan Höyng, Leiter der Koordinationsstelle „Männer in Kitas“ über die Väterarbeit in den ESF-Modellprojekten und darüber, wie sie langfristig in den Alltag von Kitas integriert werden kann.
In der Landwirtschaft hat die Vater-Sohn-Beziehung noch eine ganz besondere Bedeutung: Da geht es häufig um das Hoferbe und die Tradition. Der Lebensweg des männlichen Nachwuchses scheint bereits bei der Geburt vorprogrammiert zu sein – auch heute noch.
Am Hof der Hörmanns in der Nähe von Kaufbeuren gibt es gleich dreimal männlichen Nachwuchs: Thomas, Stefan und Christoph. Geboren wurden die drei vor 37, 38 und 39 Jahren. Aus den Buben sind mittlerweile drei echte Allgäuer Mannsbilder geworden. Am Hof lebt noch einer von ihnen – wobei der hier die Familientradition weiterführen wird.
Klar war das nicht immer, denn Stefan hatte zunächst eine Schreinerlehre gemacht. Die anderen beiden wollten ebenfalls keine Landwirte werden. Doch dann besann sich der Zweitälteste: Er erkannte die Freiheit, die man als Landwirt am eigenen Hof hat.
Doch die Arbeit ist enorm. Unter anderem ist das denkmalgeschützte Haus der Großfamilie eine Dauerbaustelle. Und dann sind da natürlich auch noch die Konflikte zwischen den Generationen. Der Junge hat Ideen, der Alte die Erfahrung. Ungeduld trifft auf Bedächtigkeit. Da kracht es zwischendurch gehörig.
Und auch sonst treffen unterschiedliche Einstellungen aufeinander: Stefan lebt mit seiner Familie in der ersten Etage – bewusst getrennt von der älteren Generation und so ganz und gar nicht im bäuerlichen Stil. Seine Frau Karin arbeitet auch nicht als Bäuerin mit, sondern hat einen Beruf außerhalb des Hofes.
Und doch: Befragt man Vater und Sohn getrennt voneinander über den jeweils anderen, dann wird mit Lob nicht gespart…
Wer dachte, das Thema 2. Weltkrieg sei mittlerweile ausreichend erforscht und die wesentlichen Fragen seien beantwortet, wurde in Münster eines Besseren belehrt. In der Akademie des Franz Hitze-Hauses beleuchteten über 300 Teilnehmende bei der Tagung „Kindheit im 2. Weltkrieg in Europa“ bisher wenig beachtete Spätfolgen.
In Lesungen, Filmen und Diskussionen schilderten Zeitzeugen sowie Kinder der Kriegskinder ihre Erfahrungen. Und Historiker, Literaturwissenschaftler, Psychotherapeuten und Gerontologen stellten in 18 Symposien die Ergebnisse ihrer interdisziplinären Zusammenarbeit vor.
Die kriegstraumatisierten Kinder waren später als Erwachsene oft recht erfolgreich, hatten sie doch gelernt unter schwierigsten Bedingungen zu funktionieren. Nach 1945 wurde das Erlebte kollektiv verdrängt und blieb auch in den Familien weitgehend unausgesprochen. Bei vielen Kriegstraumatisierten melden sich erst im Alter die Gespenster der Vergangenheit.
Eine lebenslang schmerzende Wunde ist für viele Kriegskinder der frühe Verlust des Vaters. Über „Söhne ohne Väter“ gibt es schon länger Untersuchungen, relativ neu sind die Forschungen zu vaterlos aufgewachsenen Töchtern. Mit ihnen haben sich die Psychologin Prof. Insa Fooken von der Universität Siegen und die Historikerin Prof. Barbara Stambolis von der Universität Paderborn beschäftigt. Dazu befragten sie 120 Frauen. Sie alle berichten von einer lebenslangen Vatersehnsucht – und viele von konfliktreichen Beziehungen zu ihren früh verwitweten Müttern. Häufig fühlten die Töchter sich gegängelt, stark kontrolliert, mussten oft noch mehr als die Söhne funktionieren in der schweren Kriegs- und Nachkriegszeit. Erst mit zunehmendem Alter setzen sich viele Frauen bewusst mit dem fehlenden Vater auseinander, so Prof. Insa Fooken:
„Dazu gehört dann eben auch, dass sich für viele der Kreis geschlossen hat, wenn sie bei den vermissten Vätern die Gräber gefunden haben, dass sie sich manchmal auch zum ersten Mal im Alter noch mal darauf einlassen, war mein Vater wirklich so ein guter, toller Mensch oder, was hat der eigentlich gemacht im Krieg? Das war ja mit sehr viel Ambivalenz verbunden. Auch wie Mütter den Vater darstellten, war sehr unterschiedlich, es gibt auch beschwiegene Väter, die sozusagen in der Versenkung verschwanden.
Zunehmend geraten inzwischen die Langzeitfolgen von Vaterlosigkeit in den Blick. Und es ergeben sich neue, bislang vernachlässigte Sichtweisen. Denn eine ganze Reihe dieser vaterlosen Söhne und Töchter des 2. Weltkriegs hatten ja Eltern, Großeltern, die vaterlos im 1. Weltkrieg geworden sind. Also insofern können wir diese Generationenreihe weiter zurückverfolgen und dann sagen, was macht das, wenn wir so eine Langzeitperspektive mitberücksichtigen.
Unter dem Motto „Hallo Papa“, startet am 13. März 2013 eine Veranstaltungsreihe für Klagenfurts Väter. „Wir wollen, dass sich Familien in Klagenfurt wohlfühlen“, bringt es FamilienreferentinAndrea Wulz auf den Punkt. Mit den halbjährlich in einer Broschüre erscheinenden Elternbildungsangeboten ist man in Österreich einzigartig, freut sich Wulz. „Ziel der Broschüre ist es, uns zu vernetzen und Doppelangebote zu vermeiden.“
„Hallo Papa“ ist ein spezielles Produkt, das aus dem Elternbildungsangebot entstanden ist. „Vor allem junge Väter möchten zunehmend aktiv am Familienleben teilhaben. Wir möchten Väter in ihrer Rolle unterstützen und ihre Bedeutung in der Familie hervorheben“, so Wulz.
Die Leiterin des Familienservices Klagenfurt, Daniela Obiltschnig, verweist auf ein noch immer aktuelles Sprichtwort – „Vater werden ist nicht schwer, Vater sein hingegen schwer“ -, dass an Aktualität bis heute nichts eingebüßt hat. „Wir wollen das positive Bild des Vaters in den Vordergrund stellen. Kinder brauchten Väter, vor allem Buben brauchen männliche Vorbilder“, betont Obiltschnig, der die Unterstützung und Vernetzung der Väter ein Anliegen ist. „Väter sind am Spielplatz oft alleine unter Müttern. Unser Programm baut auf Austausch auf.“
Wolfgang Unterlerchervom Katholischen Familienwerk: „Leider gehen durch Trennungen viele Väter verloren. Es gibt Wochenendväter, alleinerziehende Väter und vieles mehr: Unser Programm richtet sich an alle.“
Parallel zum „Hallo Papa“-Programm läuft derzeit eine Umfrage unter Klagenfurts Vätern. „Wir möchten erfahren, wo bei den Vätern der Schuh drückt und was sie sich wünschen“, erklärt Obiltschnig. „Wir haben schon einige Rückmeldungen erhalten, aus denen hervorgeht, dass sich Väter in erster Linie mehr Zeit für ihre Familie wünschen. Leider hindert sie oft der große berufliche Druck daran.“
Mit der Gegenüberstellung der Bilder von Vater Karl und Sohn Nikolaus Heidelbach hat das Bilderbuchmuseum in Schloss Wissem ein ungewöhnliches Konzept für eine Ausstellung erdacht
Nikolaus Heidelbach freut sich sehr, dass Arbeiten seines Vaters noch einmal öffentlich zu sehen sind. Die Stadt Köln, wo die Familie seit 1968 lebt, habe es weder zu Karl Heidelbachs 80. noch zum 90. Geburtstag für nötig gehalten, seine Bilder zu zeigen. „Ich bin ein großer Bewunderer meines Vaters“, sagt er unumwunden.
Es sei schwierig gewesen, sich gegen ihn durchzusetzen, räumt er ein. „Da malt man immer hinterher.“ Umso wichtiger sei es gewesen, eigene Wege zu gehen. Heute ist der Sohn einer der erfolgreichsten deutschen Bilderbuchillustratoren. Er erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter den Deutschen Jugendliteraturpreis für „Königin Gisela“.
Immer wieder hätten sein Vater und er sich ihre Arbeiten gezeigt und sie besprochen. Dabei habe er gelernt, dass man „mit Respekt, aber ohne Vorbehalte“ über Bilder reden kann. Weniger sei es dabei um Technik gegangen, eher um einen bestimmten Blick auf die Welt und auf „Details, die etwas erzählen“.
Sonntag, den 17. März 2013, beantwortet der Illustrator im Rahmen der Ausstellung Fragen zu seinem Werk, aber auch zu seinem (künstlerischen) Verhältnis zwischen Vater und Sohn.