Wenn die Liebe aus ist und sich Eltern trennen, muss auch
geregelt werden, wie die gemeinsamen Kinder in Zukunft leben und betreut werden
sollen.
Die meisten Mütter und Väter erziehen die Kinder weiterhin
gemeinsam. Aber bei einigen Paaren beginnt nach der Trennung ein erbitterter
Rosenkrieg. Auch um die Kinder. Je größer die Verletzungen beim verlassenen
Elternteil, umso größer ist manchmal auch der Wunsch, dem Ex-Partner das Kind
zu entziehen. „Ich war so verletzt“, sagt eine Mutter, „so voller Hass, dass
ich mich auf diese Weise gerächt habe. Was das für unsere Kinder bedeutet, habe
ich überhaupt nicht bedacht.“
Meistens sind es Väter, die den Kontakt zum Kind auf diese
Weise verlieren, in etwa 10 Prozent der Fälle verlieren die Mütter das Kind.
Der Entfremdungsprozess beginnt häufig damit, dass vereinbarte Treffen abgesagt
werden, dass Anrufe nicht entgegengenommen und Geburtstags- oder
Weihnachtsgeschenke zurückgeschickt werden. Und das, obwohl doch ein
gemeinsames Sorgerecht vereinbart wurde. „Mich um mein Kind zu kümmern, ist
nicht nur mein Recht, sondern auch meine Pflicht“, beklagt einer der Väter,
„Aber das ist nicht erwünscht. Ich soll nur zahlen, mich ansonsten aber
raushalten. Dabei braucht mein Sohn auch seinen Vater.“
Die betroffenen Eltern gehen zum Jugendamt und zum
Familiengericht. Da wird dann um jede Minute, jede Stunde Umgang mit dem Kind
gestritten. Oft unterstützen Gutachter und Verfahrensbeistände den Elternteil,
bei dem das Kind überwiegend lebt, und befördern damit sogar noch die
Entfremdung zum anderen Elternteil.
Die Leidtragenden einer solchen Entwicklung sind vor allem
die Kinder. Sie werden oftmals unbewusst zu Komplizen des die Entfremdung
forcierenden Elternteils und übernehmen die Gefühle desjenigen, mit dem sie den
größten Teil der Zeit verbringen. Aus Angst, diesen auch noch zu verlieren –
sagen Psychologen. „Ich hatte solche Schuldgefühle,“ erklärt ein junger Mann,
der seiner Mutter sagte, dass er sie nicht mehr besuchen will. Er leidet bis
heute darunter, obwohl er wieder Kontakt zur Mutter hat.
Laut Forschungen von Dr. Stefan Rücker von der Universität
Bremen gibt es pro Jahr etwa 120.000 Scheidungskinder und 80.000
Trennungskinder unverheirateter Elternpaare – in Summe erleben also jährlich
etwa 200.000 Kinder die Trennung ihrer Eltern. 10 bis 15 Prozent von ihnen
verlieren zu einem Elternteil den Kontakt.
In der Dokumentation von Liz Wieskerstrauch erzählen betroffene Väter und Mütter was es bedeutet, das eigene Kind erst immer seltener und schließlich gar nicht mehr zu sehen. Und ein inzwischen erwachsenes Kind schildert die Not, in der es sich befunden hat, und die Auswirkungen auf sein Leben heute. Um die Entfremdung eines Elternteils zu verhindern, helfe nur, rechtzeitig, also direkt nach der Trennung, zu intervenieren, sagt Dr. Stefan Rücker. Getrennte Eltern sollten sich Hilfe holen und eine Mediation in Anspruch nehmen, damit sie lernen, trotz Trennung ihre Elternschaft gemeinsam wahrzunehmen, egal ob die Kinder und Eltern im Residenzmodell oder im Wechselmodell leben. https://www1.wdr.de/fernsehen/die-story/sendungen/kampf-ums-kind-100.html
Sendetermin: Die Story, am 27. Mai 2020, 22.15 – 23.00 Uhr im WDR Fernsehen
Quelle