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Archiv für die 'Arbeitszeiten' Kategorie

Kinderbetreuung ist systemrelevant …

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 4. August 2020

Das ist in den vergangenen Wochen und Monaten mehr als deutlich geworden. Die Bedeutung beschränkt sich allerdings nicht nur auf die Notwendigkeit Kinder während der Erwerbstätigkeit von Müttern und Vätern zu betreuen. Es geht vielmehr auch um die Entwicklungsmöglichkeiten von Kindern und um Bildungsgerechtigkeit. Auf die katastrophalen Auswirkungen von Schulschließungen, im Juli waren in 160 Länder von Schulschließungen betroffen, hat letzte Woche auch UN-Generalsekretär Antonio Guterres hingewiesen.

In Deutschland enden in den nächsten Wochen die Schulferien in den Bundesländern und es wird über erforderliche Schutzmaßnahmen diskutiert. Unstrittig ist, dass Schließungen von Schulen und Kitas auf jeden Fall vermieden werden sollen.

Im April und den folgenden Wochen haben geschlossene Bildungs- und Kinderbetreuungseinrichtungen dazu geführt, dass Väter und Mütter diese Aufgaben komplett übernehmen mussten und Kinder und Jugendliche einzig über Socialmedia und andere technische Medien Kontakt zu Gleichaltrigen aufnehmen konnten bzw. auf sich alleine gestellt waren. Dies hat nicht nur Eltern ge- und in großen Teilen überfordert, eine aktuelle Studie des UKE in Hamburg weist auf die psychische Belastung der Kinder und Jugendlichen hin. Demnach fühlen sich mehr als 70 Prozent der befragten Kinder und Jugendlichen durch die Corona-Krise seelisch belastet. Stress, Angst und Depressionen haben zugenommen. Das Risiko für psychische Auffälligkeiten habe sich fast verdoppelt.

Um Kindern einen Austausch mit Gleichaltrigen zu ermöglichen und Eltern im Homeoffice zumindest für eine oder anderthalb Stunden ein konzentriertes Arbeiten zu ermöglichen, hat Sabine Wildemann ihrem Startup ‚Kids Circle‘ bereits Ende März ein virtuelles Kinderhaus mit unterschiedlichen, themenorientierten Zimmern und einem Wohnzimmer ‚gebaut‘. Dort werden in zwei Betreuungsformaten, interaktive Videokonferenzen mit abwechslungsreichen Inhalten, jeweils 4 Kinder ab 4 Jahren von einem Coach betreut. Die Betreuer sind pädagogisch vorgebildet und werden auf der Webseite persönlich vorgestellt.

Die Anlässe, die Angebote von Kids Circle zu nutzen, seit Ende Juli sind neben den Onlineangeboten auch Spiel- und Erlebnisangebote im Freien im Programm, gehen über Corona bedingte Schließungen hinaus: Es gibt Bedarf an erweiterten Betreuungszeiten über KiTa und Schule hinaus, In den Ferien und bei KiTa-Schließzeiten, als Unterstützung bei Tätigkeit im Home-Office und als Plan B bei kurzfristigem Ausfall von Betreuungspersonen.

Sabine Wildemann wird mit ihrem Angebot insbesondere bei der Zielgruppe der Eltern mit akademischem Hintergrund die sportlich und kulturell interessiert sind und ihren Kindern entsprechende Möglichkeiten einräumen möchten auf Interesse stoßen. Die Qualität der Angebote inklusive eines Hygienekonzepts hat seinen Preis, eine Onlinestunde kostet 14 bzw. 15 Euro, für die Kinderbetreuung Nebenan ist je nach Angebot 18 bzw. 21 Euro fällig. Da liegt es nahe, auch Arbeitgebende zu adressieren und sie an den Kosten des Angebots zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu beteiligen.

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Nutzung von Homeoffice und flexible Arbeitszeiten spiegeln traditionelle Arbeitsteilung wider

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 11. März 2019

Frauen und Männer mit Kindern nutzen flexible Arbeitsmodelle wie Gleitzeit, Vertrauensarbeitszeit und Homeoffice unterschiedlich: Während die Väter sehr viel mehr Zeit in den Job stecken, machen Mütter etwas mehr Überstunden, vor allem nehmen sie sich aber deutlich mehr Zeit für die Kinderbetreuung. Damit hilft flexibles Arbeiten zwar bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, es kann zugleich aber auch die klassische Rollenverteilung zwischen Frauen und Männern festigen oder sogar verstärken. Dagegen helfen könnten klarere Regelungen, etwa eine Zeiterfassung im Homeoffice, und stärkere Anreize für Väter, sich ausführlicher um ihre Kinder zu kümmern. Mehr Freizeit haben weder Mütter noch Väter durch flexible Arbeitszeiten. Das zeigt eine Studie von Dr. Yvonne Lott, Gender- und Arbeitszeitforscherin am Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung.

Wer nicht um Punkt sieben Uhr auf der Matte stehen muss, sondern seinen Arbeitsbeginn selbst bestimmen kann, hat es leichter – wenn der Nachwuchs morgens zu lange trödelt, wird die verlorene Zeit eben nachmittags aufgeholt. Noch flexibler können Beschäftigte die Arbeitszeit handhaben, wenn sie von Zuhause arbeiten dürfen. Anhand von Daten des Sozio-oekonomischen Panels, einer ausführlichen Befragung, an der mehrere tausend Haushalte teilnehmen, hat WSI-Wissenschaftlerin Lott ermittelt, wie viel Zeit am Ende auf Erwerbsarbeit, Kinderbetreuung und andere Aktivitäten entfällt.

Grundsätzlich führen flexible Modelle bei beiden Geschlechtern im Schnitt zu längeren Arbeitszeiten im Job, zeigt Lott. Bei Männern sei dieser Effekt deutlicher ausgeprägt als bei Frauen. Wobei Letztere gleichzeitig mehr Zeit für die Kinder aufwenden und so häufig doppelt belastet sind. Der Abstand bei den Zeiten, die Mütter und Väter jeweils mit Erwerbstätigkeit und mit Kinderbetreuung verbringen, wächst mit der Flexibilität der Arbeit.

Um die Gleichstellung zu fördern und die zeitliche Belastung von Eltern zu reduzieren, gäbe es der Forscherin zufolge eine Reihe politischer Maßnahmen: Die Zahl der Partner-Monate beim Elterngeld könnte von zwei auf sechs erhöht werden, um Anreize für Väter zu schaffen, sich stärker in der Kinderbetreuung zu arrangieren. Hinzukommen sollte ein Recht auf Familienarbeitszeit, das Männern die Teilzeitarbeit schmackhaft macht.

Auch die Sozialpartner sind gefragt: Eine „lebenslauforientierte Personalpolitik“ würde Beschäftigten in privat besonders belastenden Phasen mehr Luft verschaffen. Führungskräfte sollten überkommene Rollenbilder und die Vorstellung infrage stellen, lange Präsenz im Betrieb sei gleichbedeutend mit hoher Motivation.

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Arbeitszeitwünsche von Männer und Frauen nähern sich immer mehr an

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 25. September 2018

Viele Teilzeitbeschäftigte würden gerne mehr arbeiten, viele Vollzeitbeschäftigte lieber weniger. Paare wünschen zunehmend, ihre Arbeitszeiten gleichmäßiger aufzuteilen. Die tatsächlichen Arbeitszeitmuster sind aber seit 30 Jahren erstaunlich stabil. Dies sind die wichtigsten Ergebnisse einer aktuellen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). Die DIW-ÖkonomInnen haben auf Basis von Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) untersucht, inwieweit Wunsch und Wirklichkeit bei den Arbeitszeiten auseinanderklaffen, aber auch, welche Restriktionen der Verwirklichung von Arbeitszeitwünschen im Wege stehen.

„Die Tatsache, dass die meisten Teilzeitbeschäftigten Frauen sind, verführt zu der Annahme, dass Frauen grundsätzlich gerne mehr arbeiten würden. Offensichtlich ist aber der Beschäftigungsstatus und nicht das Geschlecht ausschlaggebend“, fasst Studienautor Kai-Uwe Müller die Ergebnisse zusammen. Tatsächlich zeigt die Studie, dass sich in vergleichbaren Arbeitssituationen die Wünsche von Männern und Frauen nur geringfügig unterscheiden:

Die Umfrage unter Paarhaushalten zeigt auch, dass sich Paare eine gleichmäßigere Aufteilung der Arbeitszeit wünschen. Einseitige Stundenverteilungen werden hingegen kaum gewünscht. Die Präferenz für eine gleichmäßige Verteilung ist in Ostdeutschland nach wie vor deutlich größer als im Westen.

Arbeitslosigkeit und Kinderbetreuung bestimmen über Realisierung von Arbeitszeitwünschen

Die Gründe für Über- oder Unterbeschäftigten sind vielschichtig. Zum einen kann es individuelle Präferenzen geben, zum anderen spielen aber auch exogene Faktoren wie der Arbeitsmarkt in der Region oder die Kinderbetreuungsmöglichkeiten eine Rolle. Die Hürden, um gewünschte Arbeitszeiten zu realisieren, sind allgemein größer bei hoher Arbeitslosigkeit, für gering Qualifizierte, ausländische und ostdeutsche Beschäftigte sowie bei unzureichender Kinderbetreuung. Auch die Berufsgruppe ist entscheidend: So können beispielsweise ManagerInnen schwerer in Teilzeitjobs arbeiten.

Unterschiede gibt es aber auch nach Geschlechtern. Weiterlesen »

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Neuseeländisches Unternehmen führt die Vier-Tage-Woche ein

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 22. September 2018

Ein neuseeländisches Unternehmen will nach einem erfolgreichen achtwöchigen Test die Vier-Tage-Woche für seine Mitarbeiter dauerhaft einführen. „Die Produktivität stieg geringfügig an, der Stresslevel sank“, sagte der Geschäftsführer der Fondsgesellschaft Perpetual Guardian, Andrew Barnes, im neuseeländischen Rundfunk.

4dayWorkingWeek

Im März hatte das Unternehmen das Experiment für alle 240 Mitarbeitern gestartet – bei vollem Lohnausgleich. Ein Forscherteam der Auckland-Universität begleitete den Test, um den Einfluss auf die Belegschaft zu überwachen.

Barnes sagte der Zeitung „New Zealand Herald“, man habe ein massiv ansteigendes Engagement und eine deutlich größere Zufriedenheit der Belegschaft festgestellt. Die Produktivität sei demgegenüber nicht zurückgegangen.

Während vor dem Test 54 Prozent der Angestellten mit dem Verhältnis zwischen Berufs- und Privatleben zufrieden gewesen seien, sei diese Zahl während des Tests auf 78 Prozent gestiegen. Es habe sich gezeigt, dass die reduzierte Stundenanzahl keinen Einfluss auf die wöchentliche Produktivität gehabt habe. Er, Barnes, würde jedem Unternehmen in Neuseeland empfehlen, die Vier-Tage-Woche zu erproben.

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Wieso arbeiten Sie Teilzeit? Resultate einer Umfrage

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 28. Juli 2018

Der Schweizer Tagesanzeiger hat seine Leser befragt, warum sie in Teilzeit arbeiten bzw. welche Gründe dagegensprechen. Insgesamt haben 1487 Väter an der nicht repräsentativen Befragung teilgenommen. 57,4 Prozent der Befragten arbeiten Teilzeit. Wieso tun das die restlichen 42,6 Prozent nicht?

Von 1500 befragten Vätern gaben etwas über 13 Prozent an, dass sie lieber arbeiten würden, anstatt sich um die Kinder zu kümmern. Die Mehrheit hingegen arbeitet nicht Teilzeit, weil es der Job oder die finanzielle Situation nicht zulässt. Das trifft zusammengenommen auf zwei Drittel der Befragten zu.

Von jenen, die angaben, Vollzeit zu arbeiten, ist die Mehrheit in einer Führungsposition tätig – Teilzeit zu arbeiten, ist dementsprechend häufiger bei Vätern in Nichtführungspositionen.

Männer in Führungspositionen geben vor allem an, dass es in ihrem Job nicht möglich sei, Teilzeit zu arbeiten (42,3 Prozent). Personen in Nichtführungspositionen dagegen sehen sich vor allem aus finanziellen Gründen gezwungen, Vollzeit zu arbeiten (43,7 Prozent).

Sind es auch Manager und Kaderleute, die lieber im Büro bleiben als bei ihren Kindern sind? Nein, die Position spielt dabei keine große Rolle. Doch fürchten Führungskräfte eher einen Karriereschaden durch Teilzeitarbeit als Nichtführungskräfte.

Wirft man einen Blick auf den Unterschied zwischen Stadt und Land, sieht man, dass von den voll berufstätigen Vätern 15 Prozent lieber arbeiten, als sich um die Kinder zu kümmern. Auf dem Land sind es nur 10 Prozent. In der Stadt scheint auch die Karriere wichtiger zu sein als auf dem Land, wenn es darum geht, wieso ein Vater nicht Teilzeit arbeitet.

Von jenen, die Teilzeit arbeiten, gab die große Mehrheit, 80 Prozent, als Grund dafür an, dass sie auch unter der Woche Zeit mit dem Nachwuchs verbringen möchte. Von den Teilzeitarbeitenden sind mit ebenfalls 80 Prozent die meisten in der Stadt wohnhaft.

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Teilzeit im Topmanagement

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 23. Juli 2018

„Für mich ist es selbstverständlich und normal, dass man sich in einer gleichberechtigen Partnerschaft die Familienarbeit teilt und gleichzeitig vollen Einsatz im Berufsleben zeigt“, so die klare Ansage des vierfachen Vaters und AXA-Geschäftsleitungsmitglieds Thomas Gerber. Der Leiter des Bereichs Vorsorge arbeitet 80 Prozent und ist damit in der Schweiz eine Ausnahmeerscheinung: Gemäß einer Studie der Hochschule Luzern sind auf Geschäftsleitungsebene gerade mal zwei Prozent in einem Teilzeitpensum tätig.

Den Schritt in die Teilzeitarbeit machte Thomas Gerber vor sechs Jahren. Damals kehrte er mit seiner Familie aus Deutschland zurück in die Schweiz und wurde Geschäftsleitungsmitglied der AXA Winterthur. «Ich habe mit dem damaligen CEO ausgemacht, dass ich eine einjährige Probezeit mache und schaue, ob es funktioniert – und das hat es».

Thomas Gerber betreut jeweils einen ganzen Tag oder zwei halbe Tage pro Woche seine zwei jüngeren Kinder. „Ich bin dann zu Hause, koche meinen mittlerweile 13- und 15-jährigen Kindern Mittagessen, helfe bei den Schulaufgaben und mache im Haushalt, was ansteht.“ Und wenn es die Zeit zulässt, dann geht der passionierte Hobbysportler joggen oder spielt Tennis. Für den Topmanager ist sein Familienleben und sein Erwerbsmodell eine wertvolle Ressource: „Meine Teilzeittätigkeit ermöglicht es mir, regelmäßig eine gewisse Distanz zu gewinnen, abzuschalten und einen Perspektivenwechsel vorzunehmen. Dieser Freiraum hilft mir, im Kopf agil zu bleiben. Davon profitiere nicht nur ich, sondern auch das Unternehmen.“

Damit dieses Modell funktioniert, gibt es ein paar Regeln, die Thomas Gerber einhält. Eine davon ist die Erreichbarkeit: „Ich bin in dringenden Fällen erreichbar; auch wenn ich zu Hause bin. Oft reicht ein kurzes Telefonat aus, damit wichtige Dinge geklärt sind.“ Hilfreich dabei sind die Technologien, die ein orts- und zeitunabhängiges Arbeiten ermöglichen und natürlich, dass er die Arbeitszeit flexibel einteilen kann. Weiter hat es sich für den 54-Jährigen bewährt, dass er intensive Phasen zum Ausgleich mit Ferien kompensieren kann. Denn für ihn gilt: „Als Geschäftsleitungsmitglied übernehme ich unverändert Verantwortung.“

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Erwerbstätigkeit von Müttern (und Vätern) durch Werteinstellungen beeinflusst

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 18. Juli 2018

Ob Mütter sich dazu entschließen, einem Beruf nachzugehen, hängt nicht nur von materiellen Anreizen ab – es spielt auch eine Rolle, wie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Gesellschaft bewertet wird, in der die Frauen leben. Das zeigen Wirtschaftswissenschaftlerinnen aus Marburg und Hamburg, indem sie die Verhältnisse in Ost- und Westdeutschland vergleichen.

Zahlreiche sozialwissenschaftliche Erhebungen belegen, dass die weibliche Erwerbsbeteiligung durch institutionelle Maßnahmen beeinflussbar ist, etwa durch Elternzeitregelungen oder das Steuersystem. „Unsere Studie zeigt, wie solche materiellen Einflüsse durch weiche Faktoren ergänzt werden, besonders durch gesellschaftlich vorherrschende Überzeugungen zur Vereinbarkeit von Familie und Berufstätigkeit“, sagt Mitverfasserin Evelyn Korn. Die beiden Autorinnen analysierten die Entwicklung der Werthaltungen sowie des Erwerbsverhaltens in Ost- und Westdeutschland. „Wir nutzen die deutsche Teilung gewissermaßen als ein natürliches Experiment“, führt Korn aus.

Obwohl sich Löhne, Betreuungseinrichtungen und weitere Institutionen mittlerweile bundesweit weitgehend angeglichen haben, unterscheiden sich Ost- und Westdeutschland sowohl was den Grad der Erwerbsbeteiligung von Müttern angeht, als auch hinsichtlich der Einstellung zu der Frage, ob Familie und Beruf vereinbar seien. Wie der europaweite Vergleich zeigt, müsste der Anteil der berufstätigen Mütter in Deutschland deutlich höher ausfallen, sofern der institutionelle Rahmen die einzige Ursache für deren Erwerbsbeteiligung wäre. „Das legt nahe, dass es einen Zusammenhang zwischen der mütterlichen Berufstätigkeit und den Überzeugungen geben muss“, legt Korn dar: „Wenn alle Akteure am Arbeitsmarkt glauben, dass Familie und Beruf vereinbar sind, wird sich dies in größerer weiblicher Erwerbsbeteiligung niederschlagen und umgekehrt.“

Ostdeutsche Frauen sind mehr in den Arbeitsmarkt integriert als ihre Geschlechtsgenossinnen im Westen der Republik: So sind ostdeutsche Frauen häufiger erwerbstätig, seltener in Teilzeit, und insbesondere Mütter sind doppelt so häufig in Vollzeit beschäftigt wie in Westdeutschland. „Wir vermuten aufgrund unserer Analysen, dass die größere Ähnlichkeit ostdeutscher Frauen und Männer in ihrem Arbeitsmarktverhalten auf die staatssozialistische Prägung der DDR-Bürgerinnen und -Bürger zurückzuführen ist“, folgert Korn aus den Ergebnissen; „die geringere Ähnlichkeit westdeutscher Frauen und Männer könnte hingegen auf das in der Wirtschaftswunderzeit der 1950er Jahre etablierte Einverdiener-Hausfrauenmodell zurückgehen.“

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Fehlende Anerkennung macht Väter unglücklich

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 8. Juli 2018

Männer sind lieber im Büro als zu Hause bei ihrer Familie – so das Ergebnis einer neuen Studie des deutschen Soziologen Martin Schröder. Je mehr ein Vater also sein Arbeitspensum runterschraubt, desto unglücklicher wird er. Die Mütter hingegen? Die seien mit allen Situationen etwa gleich zufrieden, egal ob Vollzeit-Mami, Karrierefrau oder Teilzeit-Jobberin.

Im Gespräch mit dem Friday Magazin äußert sich Markus Theunert, Leiter des Schweizerischen Instituts für Männer- und Geschlechterfragen SIMG, der Fachstelle des Dachverbands männer.ch zu den Ergebnissen der Studie.

Herr Theunert, die meisten Väter wollen laut der Studie Vollzeit arbeiten – haben Sie mit diesem Ergebnis gerechnet?

Natürlich ist es einfacher, so zu leben, wie der Mainstream das will und wie es den veralteten politischen Rahmenbedingungen entspricht. Insofern überrascht mich das Ergebnis nicht. Mich überrascht höchstens die einseitige Interpretation der Ergebnisse. Es ist doch nicht die Teilzeitarbeit als solche, die Väter unglücklich macht – es ist die fehlende Normalität und Anerkennung teilzeitarbeitender Männer.

Also hätten Männer eigentlich gar nichts gegen Teilzeitarbeit einzuwenden?

Eine Studie von Pro Familia zeigt, dass 9 von 10 Männern in der Schweiz weniger und flexibler arbeiten möchten. Die meisten äussern auch den Wunsch, aktiv am Alltag ihres Kindes teilzuhaben. Die Umsetzung aber ist schwieriger: Wer im Job nicht dauernd verfügbar ist, gilt schnell als Underperformer. Die ganzen Rahmenbedingungen und unsere Arbeitskultur sind schlicht nicht auf eine faire Arbeitsteilung zwischen Müttern und Vätern angelegt. Die Sache ist also wesentlich komplexer und widersprüchlicher, als es diese Studie darstellt.

Verschiedene ältere Studien zeigen, dass Männer zwar vorhaben, ihr Pensum zu reduzieren – nach der Geburt ihres Kindes aber noch mehr Zeit im Büro verbringen. Ist das als Flucht vor dem anstrengenden Familienalltag zu deuten?

Väter scheuen nicht die Anstrengung. Sie scheuen das unangenehme Gefühl, etwas nicht oder noch nicht zu können. Ein Baby zu betreuen, das braucht Kompetenzen, ist fremdes Terrain. Gleich nach der Geburt sind Mutter und Vater zwar vergleichbar unbeholfen, dann aber schlägt die Traditionsfalle zu: Mütter entwickeln sich schnell, Väter lassen sich – gerade auch wegen des fehlenden Vaterschaftsurlaubs – abhängen. Und dann finden sie aus der undankbaren Assistenten-Rolle nicht mehr heraus. Genau in diesem Moment wird die Arbeit umso attraktiver, weil ich mich dort als Mann souverän bewegen kann.

Finden Sie es problematisch, dass sich Männer – so der Soziologe und Initiator der Studie – sehr stark über ihren Job definieren?

Das wird dann zum Problem, wenn sie sich nur über ihren Job definieren. Es ist gefährlich und gesundheitsgefährdend, Identität und Selbstwert nur auf eine Säule zu bauen. Wichtig ist, der Familie, den Freunden, Hobbys und der persönlichen Entwicklung mehr Aufmerksamkeit und Wert zu geben. Das gesellschaftliche Männerbild muss sich wandeln. Es muss normal werden, dass auch der Mann seine Hälfte der unbezahlten Arbeit, die nun mal anfällt, leistet.

Haben Sie einen Rat für Mütter, die merken, dass sich ihre Männer vor dem Familienalltag drücken?

Männer drücken sich nicht. Sie leisten ja auch in der traditionellen Ernährerrolle viel für die Familie – aber halt wenig innerhalb der Familie. Müttern rate ich generell: Gebt euren Männern Raum und Zeit allein mit dem Baby, damit sie ihre Kompetenzen entwickeln können. Dann hilft auch die Biologie: Mütter schütten das Fürsorgehormon Prolaktin automatisch aus, Väter nur, wenn sie sich intensiv mit dem Baby beschäftigen.

Macht die Studie der Vaterschaftsurlaubs-Initiative einen Strich durch die Rechnung?

Ach was. Erstens ist Gleichstellung ein Verfassungsauftrag, bei dem es schlicht keine Rolle spielt, ob die Betroffenen Interesse daran haben. Es fragt ja auch niemand, ob jemand aus Interesse Steuern zahlt – oder aus Pflicht. Zweitens haben Väter natürlich ein Interesse daran, rund um die Geburt nahe bei Frau und Kind zu sein. Sie spüren aber auch, dass diese Erfahrung etwas in ihnen verändern wird, ihre einseitige Erwerbsorientierung in Frage stellen könnte. Das kann Angst machen – Pioniere haben es immer schwerer.

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Ein Plädoyer für die 20-Stunden-Woche

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 11. Mai 2018

blühende Technik… hat Teresa Buecker auf der diesjährigen Blogfamilia am 5. Mai in Berlin gehalten. Es ist keine neue Erkenntnis, dass die Perspektiven von jüngeren Vätern und Müttern, insbesondere von denen, die marginalisierten Gruppen angehören, im politischen und gesellschaftlichen Diskurs fehlen, denn sobald man für Familienmitglieder sorgt, bleibt weniger Zeit für den Austausch mit anderen.

Darauf haben bereits 1986 Harald Seehausen und Ernest Jouhy in ihrer Schrift ‚Blühende Technik – welkende Seelen‘ hingewiesen, in der sie die Auswirkungen des technisch sozialen Wandels auf die Lebenswelt von Eltern und Kindern hingewiesen haben und eine bezahlte Freistellung von Vätern und Müttern zum Beispiel für die Tätigkeit als Elternbeiräte in Kitas gefordert haben.

Buecker greift die Gedanken von Seehausen und Jouhy auf, dass Menschen als Ausgleich für die ‚tiefgreifende Entwertung, Entfremdung und psychischen Belastungen‘ durch Arbeit ‚neue Formen der Selbstverwirklichung wie des sozialen Netzes von Beziehungen‘ brauchen:

‚Eine meiner politischen Botschaften ist also, dass wenn wir nicht bald damit beginnen, alle weniger zu arbeiten – Menschen ohne Kinder profitieren auch davon, die brennen oft auch ohne Kinder aus und haben wenig Zeit für andere sinnvolle oder schlicht wohltuende Dinge – dann hat es langfristige und schädliche Folgen für unsere Gesellschaft. Es ist nur unter sehr hohen Kosten machbar.

Auf der Strecke bleiben wir selbst als Menschen, und obwohl wir unsere Arbeit gern machen und unsere Kinder (oder pflegebedürftigen Eltern) gute Betreuung haben, leiden wir, uns fehlt die Zeit. Partnerschaften leiden und zerbrechen – ganz oft auch, weil die gesellschaftlichen Strukturen diese Partnerschaften nicht tragen können. Natürlich müssen auch endlich die Rahmenbedingungen für Alleinerziehende, Getrennt-Erziehende und Solo-Eltern besser werden, aber viele Beziehungen hätten nicht zerbrechen müssen, wenn wir endlich die Bedingungen schaffen, in denen die Menschlichkeit und emotionalen und körperlichen Bedürfnisse wieder wichtiger sind, als Produktionskraft zu sein.

Wir müssen arbeiten und von diesem Einkommen gut leben können, ohne dass ständig alles zu viel ist, ohne dass wir gesundheitliche und seelische Grenzen überschreiten. Man kann es nicht schönreden, so, wie viele von uns leben und leben müssen, ist krank. Es macht krank. …‘

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Wenn Väter abends arbeiten

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 2. Mai 2018

Abend- und Nachtarbeitsstunden von Vätern und Müttern haben negative Auswirkungen auf das Verhalten und die emotionale Stabilität ihrer Kinder. Die WZB-Forscher Jianghong Li und Till Kaiser haben zusammen mit Matthias Pollmann-Schult von der Universität Magdeburg Daten von 838 Kindern im Alter von sieben bis zehn Jahren ausgewertet. Sie können zeigen, dass Eltern mit familienunfreundlichen Arbeitszeiten zu mehr Strenge und negativem Kommunikationsverhalten wie Schelten oder Schreien neigen. Für Mütter wie Väter gilt: Der Erziehungsstil beeinflusst entscheidend das Wohlbefinden der Kinder.

Das Team um Jianghong Li griff auf Daten der Studie „Familien in Deutschland“ zurück, einer Erweiterung des vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung verantworteten Sozio-oekonomischen Panels (SOEP). In den Jahren 2010 bis 2013 gaben Mütter und Väter Auskunft über die Entwicklung ihrer Kinder und über ihre jeweiligen Erziehungsstile. Die Untersuchung ist die erste, die beide Eltern, ihre Perspektiven und Arbeitszeiten, gleichzeitig in den Blick nimmt.

Weit folgenreicher als Wochenendarbeit sind Abend- und Nachtschichten der Eltern. Von den befragten Vätern arbeiten 23 Prozent regelmäßig nachts und 40 Prozent abends, unter den Müttern tun dies 11 beziehungsweise 28 Prozent. Die Auswirkungen auf die Kinder wurden in vier Bereichen gemessen: Hyperaktivität, emotionale Probleme, auffälliges Verhalten und Probleme mit Gleichaltrigen. Für alle Bereiche wurden negative Folgen der familienunfreundlichen Arbeitsstunden festgestellt, am deutlichsten im Bereich des kindlichen Verhaltens. „Das ist insofern bedeutsam, als Verhaltensstörungen in jungem Alter ein höheres Risiko späterer Straffälligkeit, Drogengefährdung oder schwieriger Bildungs- und Berufsverläufe mit sich bringen“, gibt das Autorenteam zu bedenken.

Wie komplex der Familienalltag ist, zeigt sich an einem interessanten Detail der Untersuchung: Abend- und Nachtarbeitszeiten des einen Elternteils führen auch beim anderen Elternteil zu einer Veränderung des Erziehungsstils. Insbesondere für Männer von Frauen mit familienunfreundlichen Arbeitszeiten lässt sich dieser „Spill-over-Effekt“ zeigen. Gleichzeitig hat der väterliche Erziehungsstil noch deutlichere Konsequenzen für die Entwicklung des Kindes.

Die Ergebnisse der Studie von  sind in dem Aufsatz „Evening and night work schedules and children’s social and emotional well-being“ in der Zeitschrift „Community, Work and Family“ veröffentlicht.

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