EU-Vereinbarkeitsrichtlinie – Jetzt mehr Väterbeteiligung sichern!
Erstellt von Hans-Georg Nelles am 16. November 2018
Männern den Weg in die Vaterrolle ebnen? Die EU könnte dafür wichtige Impulse setzen. Derzeit finden in Brüssel die Trialog-Verhandlungen zwischen Kommission, Ministerrat und Europäischem Parlament zur finalen Fassung der Richtlinie „Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige“ statt. Die Richtlinie soll noch in diesem Jahr oder Anfang 2019 verabschiedet werden.
Worum geht es?
Aus männer- und väterpolitischer Sicht sind insbesondere zwei Punkte des Vorschlags für eine EU-Vereinbarkeitsrichtlinie von Interesse:
Einerseits die EU-weite Einführung einer bezahlten zweiwöchigen Vaterschaftsfreistellung nach der Geburt (paternity leave). Für Deutschland wäre dies ein Novum und würde bedeuten, dass eine neue familienpolitische Leistung für Väter eingeführt werden müsste. In vielen anderen europäischen Ländern gibt es bereits Regelungen zum „Vaterschaftsurlaub“.
Andererseits die Ausweitung individueller Anrechte auf bezahlte Auszeiten für Eltern (parental leave). Zur Diskussion stehen als EU-weiter Minimalstandard jeweils vier nicht übertragbare Monate für Mutter und Vater. Aus deutscher Sicht würde dies heißen, dass das 2007 eingeführte Elterngeld mit den nicht übertragbaren zwei Partnermonaten (12+2) entsprechend angepasst werden müsste. Beispielsweise: vier Monate für die Mutter, vier für den Vater und sechs Monate frei aufteilbar.
Die Richtlinie als Motor für neue gleichstellungspolitische Maßstäbe
Für das Bundesforum Männer geht es bei diesen Verhandlungen nicht nur um die Einführung EU-weit geltender Mindeststandards, sondern auch darum, auf europäischer Ebene neue gleichstellungspolitische Maßstäbe zu setzen. Denn vor allem nicht übertragbare und mit einer substantiellen Einkommensersatzleistung ausgestattete Elternzeit- bzw. Elterngeldmonate setzen hohe Anreize für Väter, diese Leistung auch tatsächlich in Anspruch zu nehmen. Zudem sind solche Rechtsansprüche auch für die Arbeitgeberseite ein überzeugendes Argument, dem Wunsch von Männern auf mehr Teilhabe am Familienleben zu entsprechen.
Gleichstellungspolitisch gilt – für Deutschland wie für Europa insgesamt – dass Männer in ihrer Familienrolle gestärkt werden müssen und Frauen in ihrer Erwerbsrolle. Eine Vaterschaftsfreistellung nach der Geburt sowie eine stärker paritätische Ausgestaltung der nicht übertragbaren Partnermonate beim Elterngeld wären dafür hilfreich und wünschenswert.
Auch der Zweite Gleichstellungsbericht der Bundesregierung hat dies klar unterstrichen und als empirischen Befund festgehalten: „Je früher Väter Verantwortung in der Betreuung und Erziehung von Kindern übernehmen, desto eher werden sie auf Dauer zu aktiven Vätern und desto nachhaltiger befördert dies die Gleichstellung“.
Eine EU-Vereinbarkeitsrichtlinie, die vom Standard her zumindest die Regelungen der ursprünglichen Fassung der Europäischen Kommission enthält, wäre hier ein wichtiger Motor!
Aktueller Stand und Positionen
Die EU Kommission hatte ihren Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige ursprünglich im April 2017 vorgelegt. Seit dem wurde dieser innerhalb der EU debattiert. Im Juni 2018 hat sich der der Europäische Rat „Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz“ schließlich auf eine allgemeine Ausrichtung zum Richtlinienvorschlag geeinigt, dabei allerdings die ursprünglichen Eckpunkte des Vorschlags deutlich abgeschwächt. Das Europäische Parlament und seine Ausschüsse haben im Anschluss ebenfalls ihre Position zum Richtlinienvorschlag verabschiedet und den ursprünglichen Kommissionsvorschlag demgegenüber weiter präzisiert. Eine vergleichende Gegenüberstellung der verschiedenen Fassungen finden sie hier.
Aktuell wird zwischen den Beteiligten nun eine finale Position verhandelt, die möglicherweise noch in diesem Jahr oder Anfang 2019 verabschiedet werden kann. Im Anschluss daran haben die Mitgliedsstaaten in aller Regel zwei Jahre Zeit, um die Richtlinie in nationales Recht zu überführen.
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