Anwesenheit gilt in Deutschland immer noch als Leistungs- und Karrierekriterium
Erstellt von Hans-Georg Nelles am Samstag 22. Dezember 2012
„Sie sitzen mit Ihrem Team an einem dringenden Projekt. Ein Mitarbeiter erscheint mit einer fiebrigen Erkältung zur Arbeit. Was tun Sie?“, lautete eine Frage der Studie.
Nur rund zwei Drittel der Befragten gaben an, den Mitarbeiter nach Hause zu schicken – um sich auszukurieren oder das Team nicht anzustecken. 26 % würden versuchen, für ihn eine Heimarbeit zu organisieren. Aber auch mit ihrer eigenen Gesundheit gehen die Manager schonungslos um: 58 % von ihnen würden auch mit einer mittelschweren Erkältung zum Job kommen, weitere 29 % von daheim arbeiten.
Das sind einige Ergebnisse einer Befragung, die die Personalberatung Lab Company gemeinsam mit der Hochschule Coburg im Dezember veröffentlicht hat.
„Die Anwesenheit am Arbeitsplatz gilt in Deutschland noch immer als Leistungs- und Karrierekriterium – auch, wenn das zu Lasten der eigenen Gesundheit geht“, sagt Eberhard Nöfer, Professor für Soziale Arbeit und Gesundheit an der Hochschule Coburg. Dazu passt, dass 63 % der Manager sagen, in ihrem Unternehmen würden Führungskräfte mit besonders langen Arbeitszeiten bevorzugt befördert.
Dies habe aber nicht zwingend mit einem Anwesenheitswahn zu tun, kommentierten viele der Umfrageteilnehmer. „Ohne Zwölf-Stunden-Schichten ist das Pensum nicht mehr zu schaffen“, sagte einer der Befragten. Ein anderer: „Gute Ergebnisse hängen meist mit der Bereitschaft zu mehr Zeiteinsatz zusammen.“
„Das Leistungssystem frisst seine eigenen Kinder“, sagt Klaus Aden, Geschäftsführender Gesellschafter von LAB & Company. „Hier ist angesichts der demographischen Entwicklung und der Notwendigkeit zu längeren Lebensarbeitszeiten bei gleichzeitig abnehmender individueller Leistungsfähigkeit ein grundsätzliches Umdenken erforderlich.“