Zurück an den Herd – Mit dem ersten Kind fallen viele Frauen in alte Rollen zurück
Erstellt von Hans-Georg Nelles am 17. Februar 2010
‚Früher sorgten Frauen für den Haushalt, und ihre Männer brachten das Geld nach Hause. So einfach war das! Dann kamen Frauenbewegung und Bildungsexpansion – heute stellen Frauen die Hälfte aller Studierenden. Selbst einen Beruf auszuüben, ist für viele eine Selbstverständlichkeit. Die Männer im Haushalt einzuspannen, ebenso.
Doch dann kommt plötzlich der Salto rückwärts. Mit der Geburt des ersten Kindes fallen Frauen in ihre traditionelle Rolle im Heim und am Herd zurück – meistens für immer.
Das widerspricht den Wünschen der jungen Eltern, immerhin 62 % der Mütter und Väter äußerten in einer Forsa-Umfrage aus dem Jahr 2008, dass beide Eltern berufstätig sein und sich die Kinderbetreuung teilen sollten. Die Realität sieht anders aus …
«Die Geburt des ersten Kindes ist die Zäsur», sagt Kai-Olaf Maiwald vom Institut für Sozialforschung an der Universität Frankfurt. «In der Regel kommt es dann zur Re-Traditionalisierung.» Die Frauen übernehmen Kinderbetreuung und Haushalt. …
Diese Entwicklung ist Folge zahlreicher Entscheidungssituationen, glaubt Maiwald. Die erste stellt sich direkt nach der Geburt: Wer betreut das Baby? «Es wird von der Gesellschaft erwartet, dass sich erstmal die Mutter um das Kind kümmert», erklärt der Sozialwissenschaftler. Mütter, die das nicht tun, stünden unter großem Rechtfertigungsdruck.
«Die Vorstellung der ‚guten Mutter‘, die sich um ihr Kind kümmert, ist in Deutschland tief verankert», sagt auch Barbara Keddi, Familienforscherin beim Deutschen Jugendinstitut in München. …
Auch Frauen, die eigentlich berufstätig sein wollen, können sich kaum von den Rollenerwartungen freimachen. Fangen sie wieder an zu arbeiten, hätten viele ein schlechtes Gewissen. … Und es gibt zu wenige Teilzeitstellen – vor allem für qualifizierte Frauen.
Das gilt für Männer noch stärker. Für sie gibt es auf dem Zenith der Erwerbsbiografie kaum Alternativen zur Vollzeit plus x Überstunden. Und da Männer vielfach mehr verdienen als Frauen, sprechen scheinbar auch ökonomische Gründe für die traditionelle Rollenaufteilung.
Kai-Olaf Maiwald glaubt, dass der höhere Verdienst der Väter zwar oft als Begründung genannt wird, tatsächlich aber nicht die zentrale Rolle spielt. Viel wichtiger sei, dass sich die Paare nicht darüber austauschen, wer welche Aufgaben übernimmt.
Mütter und Väter treffen keine bewussten Entscheidungen. Zum Beispiel darüber, wann eine Frau wieder anfängt zu arbeiten. Und wie das Paar dann mit Familienarbeit umgeht. Hat sich die Mutter zwei Jahre lang um Haushalt und Kinder gekümmert, tut sie es eben auch weiter und ein Gewöhnungseffekt tritt ein.
Wer nicht in die Traditionalisierungsfalle tappen will, müsse frühzeitig, am besten vor der Geburt des ersten Kindes, klare Absprachen treffen. Weiterlesen »
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