Das Kind hat einen Vater
Erstellt von Hans-Georg Nelles am 2. Februar 2014
Ein Beitrag in der Süddeutschen Zeitung, der sich wohltuend von der momentanen Berichterstattung abhebt und an dem ich mitwirken durfte:
„… Die harten Zahlen sähen zwar nicht danach aus, doch die meisten Väter reagierten sehr sensibel auf die von ihren Frauen, ihrem Arbeitgeber oder der weiteren Umgebung an sie herangetragenen Erwartungen. Und sie hätten auch selber eine andere Vorstellung von ihrem Leben als ihre eigene Vätergeneration, wollten „mehr sein als Ernährer und sich bei der Betreuung ihrer Kinder engagieren“.
Veränderungen passierten im Moment vor allem im Kleinen, sagt Possinger. Oft gingen sie auf Kosten der Väter. Moderne Väter rissen sich ein Bein aus, um den unterschiedlichen Ansprüchen gerecht zu werden. Erst Arbeit, dann Hausaufgabenbetreuung, Lesen mit den Kindern und Elternabende – „Väter haben heute oft noch eine zweite Schicht nach der Erwerbsarbeit“, stellt die Familienforscherin fest.
Das Schlagwort der Doppelbelastung scheint also mittlerweile auch für immer mehr Männer zu gelten. Doch warum will der überwiegende Teil der Väter dann trotzdem am liebsten zwischen 35 und 40 Stunden arbeiten – und nicht weniger? Sind die Männer vielleicht einfach selbst schuld an ihrer Misere, weil sie in den vorgegebenen Bahnen weitertraben, ohne sie zu hinterfragen?
Den Vorwurf lässt Georg Nelles vom Bundesforum Männer nicht gelten. „Mit der gleichen Argumentation könnte man auch sagen, dass Frauen keine Führungspositionen haben wollen“, sagt er. Es ginge hier doch um die Frage: Wo bekomme ich Anerkennung und Wertschätzung? Und für eine Teilzeitstelle bekämen Männer diese eben nicht. Nelles folgert: „Väter brauchen eine Ermutigung.“ Und sie bräuchten auf sie zugeschnittene politische Regelungen.
Das zeigt sich ganz deutlich beim Elterngeld. Immer mehr Väter nehmen Elternzeit, doch fast alle nur die sogenannten „Vätermonate“. Das heißt die zwei Monate, die Väter nehmen müssen, damit die Familie 14 und nicht nur 12 Monate Elterngeld bekommt. Und das, so Nelles, sei nicht nur in Deutschland so, sondern auch in Island oder Schweden, wo es schon sehr viel länger Elternzeit-ähnliche Regelungen gebe. „Egal, wo ich die Grenze setze, das Verhalten in den Unternehmen orientiert sich immer daran“, sagt Nelles, der selbst beruflich Firmen auf dem Weg zu einem väterfreundlichen Unternehmen berät.
Was daraus folgt, ist klar – zumindest, wenn man eine stärkere Beteiligung der Männer an der Kleinkinderbetreuung für wünschenswert erachtet: zusätzliche Vätermonate. Familienexpertin Possinger führt noch einen weiteren Aspekt an: „Man darf die neuen Väter nicht ohne die neuen Mütter denken.“ Denn die Sichtweise der Mütter sei ganz wesentlich dafür, ob und wie lange Väter in Elternzeit gingen. Doch der Spielraum sei nicht groß, da die meisten Mütter zwölf Monate für sich selbst beanspruchten.
Neben passenden Regelungen wünschen sich viele Väter aber vor allem auch auch eine verlässliche und widerspruchsfreie Politik. „Von der Gesellschaft wird gefordert, dass Eltern sich Erwerbs- und Familienarbeit aufteilen. In der Realität wird aber gerade das Gegenteil gefördert, beispielsweise durch das Ehegattensplitting, das Alleinverdiener-Ehen bevorteilt“, kritisiert Nelles. …“
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