Väter stellen Beziehung zu ihrem Kind über monetäre Aspekte
Erstellt von Hans-Georg Nelles am 9. Oktober 2018
Der Psychologe Arno Hraschan spricht mit Christine Tragler über die Zweifel der Männer in der Karenz. Er ist seit vielen Jahren in der Paar- sowie in der Väterberatung in Wien tätig
„STANDARD: Die Zahl der Väter in Karenz geht aktuell zurück. Was hindert Männer daran, für mehrere Monate den Job bleibenzulassen, um beim Kind zu sein?
Hraschan: Als besonders hinderlich für die Karenz erleben viele Väter ihre Arbeitsstelle. Für viele mittelständische oder kleine Betriebe scheint Väterkarenz keine Option zu sein. Ein Mann berichtete mir, dass er bei seinem ersten und einzigen Kind nun ein Jahr lang in Karenz gehen wird. Der Handwerksbetrieb, in dem er arbeitet, besteht aus gerade mal vier Personen. Er wird von einem neuen Mitarbeiter zumindest für zwölf Monate ersetzt. Seine Angst ist verständlicherweise groß, dass er nach seiner Rückkehr und nach Ablauf des Kündigungsschutzes den Betrieb verlassen muss.
STANDARD: Wie oft hören Sie das Argument, wonach Männer mehr verdienen als Frauen und sie es sich deshalb nicht leisten können, Väterkarenz in Anspruch zu nehmen?
Hraschan: In der Väterberatungsstelle habe ich die Erfahrung gemacht, dass die meisten Väter bereit sind, ihre finanziellen Ansprüche zumindest eine kurze Zeit lang herunterzuschrauben. Sie stellen die Bedeutsamkeit der Beziehung zu ihrem Kind über monetäre Aspekte.
STANDARD: Mit welchen Unsicherheiten haben Ihrer Erfahrung nach Väter in der Karenz zu kämpfen?
Hraschan: Väter setzen sich selten in Männergruppen hin und diskutieren über ihre Zweifel und Unsicherheiten – das geschieht eher so nebenbei, während der gemeinsamen Autoreparatur oder beim Spiel mit den Kindern am Väternachmittag im Nanaya. Und da kommen letztlich ähnliche Themen wie bei den Müttern: Wie legst du dein Kind schlafen? Sind nächtliche Schreikonzerte normal? Wie lange soll gestillt werden? Wann hat meine Frau eigentlich wieder Zeit für mich? Solche Fragen klingen banal, sind es aber nicht. Natürlich kommen auch Väter an ihre Grenzen, genauso wie die Mütter, und brauchen die Möglichkeit, von diesen Erfahrungen zu erzählen.
STANDARD: Inwiefern verändert eine Väterkarenz den Blick auf Elternschaft?
Hraschan: Väter sind überrascht, wie anstrengend es ist, den ganzen Tag mit dem Kleinkind als Hauptbezugsperson zusammen zu sein. Sie schaffen dann weniger im Haushalt oder sind abends fix und fertig. Als Psychologe erlebe ich auch oft den Druck, den Stress und die ungewohnte Belastung, die ein Baby für seine Eltern und die Beziehung mit sich bringt. Deshalb kommen Paare in der Krise zu mir in die Beratung. Der Vater wirkt hier durch eine Karenz entlastend auf die Paarbeziehung ein. …“
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