„Mache ich das gut?“ In der Mai Ausgabe des Wirtschaftsmagazins brand eins zum Thema „Ziele“ schildert ein Vater, 39 Jahre, ein Sohn (4) und eine Tochter (1) seinen Alltag und beschreibt seine Erziehungsziele:
„ … Wir stehen um sechs Uhr auf, frühstücken gemeinsam, dann bringt meine Partnerin die Kinder in die Kita. Ich fahre eine Stunde zur Arbeit, und so gegen 18 Uhr bin ich zum Abendbrot wieder zu Hause. Es bleibt ein wenig Zeit zum Spielen, und ich lese jeden Abend die Gute-Nacht-Geschichte vor. Um halb neun sind die Kinder im Bett, dann beseitigen wir in unserer Zweizimmerwohnung zumindest das größte Chaos. Anschließend habe ich noch ein wenig Zeit für mich, aber nur in der Theorie, oft schlafe ich ein.
Ein Leben neben Beruf und Kindern habe ich eigentlich kaum noch. Ich spiele nur noch meine Rolle als Arbeitnehmer und Vater. Auch die Wochenenden werden voll um die Kinder herum geplant. Manche Kollegen und Bekannte ohne Kinder schauen mich deswegen manchmal mitleidig an, doch wo sollte ich Abstriche machen? Teilzeit wäre nicht möglich, und weniger Zeit mit den Kindern kommt nicht infrage, schon allein weil ich dann meiner Partnerin neben ihrem Beruf noch mehr aufbürden würde.
Ein guter Vater zu sein bedeutet für mich vor allem, dass ich viel Zeit mit meinen Kindern verbringe und wirklich an ihrem Leben teilnehme. Ich möchte, dass sie eigenständige, glückliche Menschen werden. Dazu müssen sie die üblichen Regeln lernen, vor allem aber möchte ich ihnen Werte mitgeben. Ehrlichkeit und Verlässlichkeit etwa sind mir viel wichtiger, als dass sie beim Essen nicht die Füße auf den Tisch legen. Dazu braucht es Zeit, und ich gebe ihnen alle Zeit, die ich habe. …“
Väter, die sich an Hausarbeit und Kinderbetreuung beteiligen, tragen dazu bei, glücklichere und besser ausgebildete Kinder großzuziehen. Außerdem tun sie damit etwas für die eigene körperliche und mentale Gesundheit.
Das alles steht im ersten „State of the World’s Fathers“, einem 288 Seiten langen Bericht, für den die Autoren weltweit fast 700 Studien zum Thema ausgewertet haben. Herausgekommen ist der „weltweit erste Bericht, der einen globalen Überblick darüber bietet, wie sich Männer bei Kinderbetreuung und -erziehung einbringen“
Was passiert, wenn Väter zu Hause bleiben und Mütter die Familie finanziell versorgen? Das Projekt ‚The Big Flip‘ dokumentiert Geschichten dieser Veränderungen.
… denn das, was ich mir nicht vorstellen kann, wird schwerlich Wirklichkeit werden können. Mit diesem Zusammenhang beschäftigt sich Ines Hein in ihrem Beitrag „Neue Väter, alte Klischees“ für ntv. Auf der einen Seite nehmen vier von fünf Vätern nehmen zwei Monate Elternzeit. Gut zwei Drittel aller Väter verzichten gleich ganz darauf, auf der anderen besagt die Studie „Eltern 2015″ das mit 85 Prozent generell mehr Väter für ein partnerschaftliches Erziehungsmodell stimmen als Mütter mit nur 67 Prozent. Die Erklärungen für diese Differenzen sind komplex.
„Die Einstellung des Vaters ist der eine Aspekt“, weiß Eberhard Schäfer, Geschäftsführer des Väterzentrums Berlin, das sich als Verein für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf einsetzt. „Die Haltung der Mutter der andere. Zwar wird die Entscheidung über die Aufteilung der Elternzeitmonate gemeinsam gefällt. Doch viele Paare reden darüber nicht miteinander.“ Wenn eine Mutter also selbst das erste Jahr zu Hause bleiben möchte, ist die Sache ohne einen weiteren Dialog oft entschieden.
Was keinesfalls heißen soll, dass der geringe Anteil von Männern in längerer Elternzeit auf das Konto engagierter Mütter ginge. Andersherum wird eher ein Schuh daraus: „Wenn Männer lediglich die beiden Partnermonate nehmen, heißt das nicht zwangsläufig, dass sie weniger familiär engagiert wären“, betont Schäfer.
Neben den (nicht geführten Aushandlungsprozessen und den Reaktionen am Arbeitsplatz spielt noch ein weiterer Faktor eine bedeutsame Rolle. Ein Vater bringt es auf den Punkt: „Nach zehn Monaten in Elterncafés und auf Spielplätzen wünsche ich mir, dass es eine gleichberechtigtere Wahrnehmung für Väter in längerer Elternzeit gäbe. Ich habe oft gehört, wie besonders es sei, dass ich so lange zu Hause bleibe. Aber für mich war das die Realität, und dieses Lob klang immer ein wenig so, als würde mich jemand dazu beglückwünschen, dass ich mir die Schuhe selbst zugebunden habe.“
Kinder betreuen statt Karriere machen: 62 Prozent der Männer in der Schweiz finden die Familie wichtiger als den Beruf. Gerade junge Männer möchten Teilzeit arbeiten, um mehr Zeit mit den Kindern zu verbringen. Diesen Wunsch setzen bislang aber nur Wenige in Tat um.
Wenn sich Eltern trennen, ist das immer auch schwierig für die Kinder. Immer mehr Väter wollen sich gleichberechtigt mit der Mutter um die Kinder kümmern. Doch statt den Betreuungsaufwand anzuerkennen, werden engagierte Väter vom Gesetzgeber ausgebremst.
Das Wechselmodell: Die Kinder werden abwechselnd von beiden Elternteilen betreut – und niemand müsste Unterhalt zahlen. Möchte man meinen. Doch das Unterhaltsrecht macht engagierten Vätern wie zum Beispiel bei Paul Brandstätter einen Strich durch die Rechnung. Denn es gibt einenUnterschied: Die Mädchen verbringen bei ihrer Mutter eine Nacht mehr, die Betreuungszeit ist nicht exakt „50 zu 50“. Damit gilt plötzlich die klassische Regel: Der eine betreut, der andere zahlt. Ein Wahnsinn!
Der Elternteil, der die Kinder auch nur minimal weniger betreut, muss in der Regel vollen Unterhalt zahlen. Meistens ist das der Vater. Der andere gilt vor dem Gesetz als alleinerziehend. Mit finanziellen Vorteilen: Die Kinder haben ihren Lebensmittelpunkt automatisch bei dem betreuenden Elternteil. Dieser bekommt dann Sozialleistungen wie Kindergeld und die bessere Lohnsteuerklasse. Und in der Regel den vollen Unterhalt für die Kinder.
Dabei haben beide Elternteile in etwa die gleichen Fixkosten: Urlaub, Essen und Kleidung ebenso wie Spielsachen und Kuscheltiere. Ein Widersinn: Väter tragen nach einer Trennung für ihre Kinder zunehmend Verantwortung, doch das Unterhaltsrecht zielt in die entgegengesetzte Richtung:
„Entweder es gibt ein Wechselmodell, das ist dann wirklich 50 zu 50 oder es gibt das Hausfrauenmodell. Dazwischen gibt es keine Abstufungen. Man kann nicht sagen, ok, ich betreue zu 40, der andere zu 60 Prozent, oder der eine 45 der andere 55 oder 30 zu 70, das ist alles gar nicht vorgesehen. Es gibt eben Unterhalt oder nicht, und das muss geändert werden. Da muss der Gesetzgeber was tun, das Gesetz ist hier von jahrzehntealten Familienmodellen ausgegangen, die nicht mehr der Lebenswirklichkeit entsprechen und die viele Eltern frustrieren.“
Am Hebel wäre nun die Politik. Familie und Arbeit sollen für Vater und Mutter vereinbar sein – schöne Worte. Doch nach einer Trennung scheinen die nicht mehr zu gelten. Weder im Bundesfamilienministerium noch Justizministerium sieht man Handlungsbedarf.
Geht auch der Vater in Karenz (Elternzeit), schaffen Mütter leichter die Rückkehr in den Beruf. Das wird nun erstmals durch das neue AK Wiedereinstiegsmonitoring gemessen: 77 Prozent der Frauen, deren Partner in Karenz waren, sind mit Ende der arbeitsrechtlichen Karenz zum zweiten Geburtstag ihres Kindes wieder erwerbstätig. Dagegen sind es bei Frauen ohne partnerschaftliche Teilung nur 56 Prozent. Immer mehr Väter gehen in Karenz, die Unterbrechungen werden aber kürzer.
Statt des Langzeitmodells des Kinderbetreuungsgeldes (30 plus 6 Monate) wählen immer mehr Frauen kürzere Modelle. Die Rückkehr in den Beruf gelingt diesen Frauen besser, wie das Wiedereinstiegsmonitoring zeigt. Demgegenüber gilt für Frauen, die das Langzeitmodell gewählt haben: Obwohl sie 1.200 Euro im Monat dazuverdienen dürfen, sind nur ein Drittel mit Ende der arbeitsrechtlichen Karenz wieder zurück im Beruf.
Trotz höheren wirtschaftlichen Drucks haben Alleinerzieherinnen bis zum zweiten Geburtstag ihres Kindes eine Wiedereinstiegsquote von nur 53 Prozent gegenüber 58 Prozent bei Frauen insgesamt. Deutliche Unterschiede bei der Väterbeteiligung und den Wiedereinstiegschancen von Frauen gibt es auch nach Branchen.
Das Wiedereinstiegsmonitoring wurde im Auftrag der AK zum zweiten Mal von L&R Sozialforschung erstellt – erweitert um wichtige neue Inhalte: So ist es erstmals möglich die Gestaltung der Karenz in Paarbeziehungen und von Alleinerzieherinnen zu analysieren. Außerdem zeigt das aktuelle Monitoring erstmals die Auswirkungen der neuen Kurzmodelle, weil Daten über einen längeren Zeitraum zur Verfügung standen.
Die anonymisierten Daten stammen vom Hauptverband der Sozialversicherungsträger, dem Arbeitsmarktservice, dem Sozialministerium sowie den Krankenkassen. Erfasst wurden alle Personen, die 2006 bis 2012 Kinderbetreuungsgeld bezogen haben. Dabei wurde bis zu fünf Jahre nachbeobachtet, ob ein Wiedereinstieg erfolgt ist oder nicht. Das sind 440.000 Personen, ohne Selbständige und BeamtInnen.
Auf Basis der Ergebnisse braucht es aus Sicht der Arbeiterkammer familienpolitische Maßnahmen für mehr partnerschaftliche Arbeitsteilung und Erleichterungen für Alleinerzieherinnen:
Ein Recht auf einen bezahlten Papamonat.
Ein Ende der finanziellen Benachteiligung von Eltern, die sich für ein kurzes Kinderbetreuungsgeld-Modell entscheiden.
Eine längere Mindestbezugsdauer beim Kinderbetreuungsgeld, um längere Väterkarenzen zu erreichen.
Einen Gleichstellungsbonus für eine partnerschaftliche Teilung der Karenz.
Die Bewerbungen zum Landeswettbewerb „Unternehmen für Familie“ zeigen, dass auch die Förderung von Vätern immer mehr an Bedeutung gewinnt, damit sie ihre privaten Fürsorgepflichten wahrnehmen können. So etwa schreibt der Vorstand der GASAG werdende Väter an und regt sie an, in Elternzeit zu gehen. In der Charité sorgt ein Team von (ehrenamtlichen) Väterbeauftragten dafür, dass sich Väter gut beraten fühlen, und motiviert sie die Instrumente zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf auch für sich in Anspruch zu nehmen. Neben der Beratung von Vätern sowie spezifisch auf Väter ausgerichteten Familienbildungsangeboten ist das Väterzentrum Berlin e. V. Kooperationspartner der bundesweit agierenden Väter gGmbH, eines Netzwerks zur Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Väter.
… Handlungsempfehlungen des Berliner Beirats für Familienfragen
Um Diskriminierungen abzubauen und eine gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf für alle Berliner Familien zu ermöglichen, sieht der Berliner Beirat für Familienfragen folgenden Handlungsbedarf:
Der Senat muss verstärkt auf veränderte Rollenwahrnehmungen von Frauen und Männern hinarbeiten. Frauen sollen zum Beispiel dazu ermuntert werden, frauenuntypische – und damit besser bezahlte – Berufe zu ergreifen und gleichzeitig Erwerbsunterbrechungen zu reduzieren. Männer sollen in ihrer Vaterrolle gestärkt werden. Ziel hierbei ist, die ungleiche Verteilung der Familien- und Erwerbsarbeit und damit auch die ungleiche Bezahlung der Geschlechter aufzulösen. …
Abgeordnetenhaus, Senat und Bezirke sind aufgefordert im Rahmen ihrer wirtschaftspolitischen Kompetenzen darauf hinzuwirken, dass auch Väter längere Elternzeiten in Anspruch nehmen. Die Verbreitung guter Beispiele, eigene Kampagnen, aber auch die aktive Förderung von Vätern im öffentlichen Dienst können dabei eine wichtige Rolle spielen.
Nach Auffassung des Berliner Beirats für Familienfragen ist es wichtig, nicht nur auf die bisherigen Bemühungen um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf hinzuweisen. Die Förderung aktiver Väter braucht eine eigene Wort- und Bildsprache sowie die Verbreitung eigener guter Beispiele.
Unternehmen, insbesondere in den Branchen, die aktuell und/oder künftig eine erhöhte Nachfrage nach Fachkräften verzeichnen werden, müssen sich stärker als bisher darum bemühen, die Instrumente zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf auch für Väter nutzbar zu machen. Die interne Kommunikation im Unternehmen, insbesondere durch Vorgesetzte und die direkten Führungskräfte, spielt dabei eine zentrale Rolle. Eine wichtige Voraussetzung für die Entscheidung von Vätern, Elterngeld zu beziehen, ist das Vorhandensein einer Vertretung am Arbeitsplatz. …“
Um Väter und Großväter bei der Buchauswahl zu unterstützen, sammelt und rezensiert der Hildener Vater und Buchrezensent Christian Meyn-Schwarze Bücher zum Thema Vaterschaft. Entstanden ist die sogenannte „Papa-Liste“, auf der ca. 300 lieferbare Bücher und anderen Medien vorgestellt werden. Darunter sind Ratgeber für werdende Väter, Unterhaltsames für genervte Männer mit Baby und auch Bilderbücher, in denen Väter mit ihren Kindern die Hauptrolle spielen. Zur besseren Orientierung ist die Liste in einzelne Rubriken nach dem Alter des Kindes aufgeteilt. In einer Rubrik werden Bilderbücher vorgestellt, die Kindern helfen, wenn der Vater auszieht. Auch alleinerziehende Väter und Väter, die ein Kind adoptiert oder als Pflegekind in ihre Familie aufgenommen haben, finden speziell für sie zusammengestellte Buchtipps, ebenso Großväter, die sich bewusst Zeit für ihre Enkelkinder nehmen.
Anregende Beschäftigungsbücher für eine gemeinsame Zeit zwischen dem Kind und dem Vater sowie einige Fachbücher und „Unterhaltsames“ bieten viel Anregungen für Papa`s Lesestoff.
Im Juni 2015 wurde diese „Papa-Liste“ aktualisiert. Neuerscheinungen und Aktualisierungen sind mit roter Schrift hervorgehoben. Alle Bücher können für Väter-Kinder-Veranstaltungen, Tagungen, Fortbildungen, aber auch für wissenschaftliche Zwecke bei mir ausgeliehen werden.
Übrigens: Christian Meyn-Schwarze liest in drei Büchereien regelmäßig samstagsvormittags vor, seine Angebote der Vorlese- und Erlebnisstunden nur für Väter und Kinder werden immer beliebter. „Bücher werden lebendig“ und Väter lesen mit mir vor – mal im Tipi, mal im Zirkuszelt, mal als Pirat, mal als Kullerbahnbauer.
Familienfreundlichkeit vor Karrierechancen: Väter ordnen ihren beruflichen Erfolg zunehmend familienfreundlichen Arbeitsstrukturen unter. Das geht aus einer aktuellen Umfrage von Care.com und der Väter gGmbH unter mehr als 1.000 Müttern und Vätern hervor. Ein hohes Glücksempfinden hängt eng mit der beruflichen Situation zusammen.
Von den befragten Vätern sagen 81 Prozent aus, glücklicher zu sein als vor der Geburt ihrer Kinder. Ausschlaggebend hierfür sind vor allem eine gute und intensive Bindung zu den Kindern (65%) sowie das Wohlergehen der Kinder (60%). Weiterhin werden ein harmonisches Zuhause (37%) und eine Partnerschaft auf Augenhöhe (43%) als wichtigste Faktoren für das Glücksempfinden genannt.
Zudem hängt das Glück eines Vaters eng mit seiner beruflichen Situation zusammen. Die Befragung zeigt, dass vor allem Väter mit hohem Einkommen diesen Faktoren die höchste Relevanz geben. Solche mit zugleich hoher Wochenarbeitszeit schreiben der intensiven Bindung zum eigenen Kind eine höhere Bedeutung zu als Väter mit niedrigerem Einkommen (68% zu 48%).
Umgekehrt bewerten Väter mit niedrigerem Einkommen und kürzerer Wochenarbeitszeit beispielsweise Familienurlaube wichtiger als Väter mit hohem Einkommen (28% zu 19%). So entsteht der Eindruck, dass Faktoren dann an Bedeutung gewinnen, wenn sie durch berufliche und finanzielle Rahmenbedingungen schwerer zu realisieren sind.
Steffen Zoller, Gründer und Geschäftsführer von Care.com Europe, sieht in den Ergebnissen eine Botschaft an die Wirtschaft: “Die wesentliche Aufgabe von Arbeitgebern wird es in Zukunft sein, familienfreundliche Angebote stärker auf die neuen Bedürfnisse der Väter auszurichten.“ Denn sie haben einen großen Nutzen aus mehr Väterbewusstsein: „Zufriedene Mitarbeiter sind in der Regel nicht nur motivierter, sondern auch loyaler. Für das Glücksempfinden der Väter wird eine familienfreundliche Kultur immer wichtiger.”