Kinder, die
in ihrer Kindheit und Jugend aktive und engagierte Väter haben, profitieren in
ihrem weiteren Leben davon. Das Fatherhood Project, ein gemeinnütziges
Väterprogramm in den Vereinigten Staaten, das die Gesundheit und das
Wohlergehen von Kindern und Familien verbessern will, hat die Auswirkungen des
väterlichen Engagements in den verschiedenen Entwicklungsphasen der Kindheit
untersucht.
Das sind die10
wichtigsten Fakten, die im Rahmen der Forschungsarbeiten über väterliches
Engagement zusammengetragen wurden:
Väter
und Kleinkinder können eine ebenso enge Bindung eingehen wie Mütter und
Kleinkinder. Wenn beide Elternteile mit dem Kind zu tun haben, sind Säuglinge
von Anfang an an beide Elternteile gebunden.
Die
Einbindung des Vaters hat positive Auswirkungen auf die Gesundheit des Kindes,
wie z. B. einer besseren Gewichtszunahme bei Frühgeborenen und einer höheren
Stillrate.
Die
Einbeziehung des Vaters durch eine autoritative Erziehung (liebevoll und mit
klaren Grenzen und Erwartungen) führt zu besseren emotionalen, akademischen,
sozialen und verhaltensbezogenen Ergebnissen bei den Kindern.
Kinder,
die eine enge Beziehung zu ihrem Vater haben, gehen mit doppelt so hoher
Wahrscheinlichkeit aufs College oder finden nach der Highschool einen festen
Arbeitsplatz, haben eine um 75 % geringere Wahrscheinlichkeit einer
Teenagergeburt, eine um 80 % geringere Wahrscheinlichkeit, ins Gefängnis zu
kommen, und eine um die Hälfte geringere Wahrscheinlichkeit, an
Depressionssymptomen zu leiden, als Kinder, die dies nicht haben.
Väter
spielen eine entscheidende Rolle in der kindlichen Entwicklung. Die Abwesenheit
des Vaters wirkt sich negativ auf die Entwicklung vom frühen Säuglingsalter
über die Kindheit bis ins Erwachsenenalter aus. Der psychologische Schaden, der
durch die Abwesenheit des Vaters in der Kindheit entsteht, bleibt ein Leben
lang bestehen.
Die
Qualität der Vater-Kind-Beziehung ist wichtiger als die Anzahl der gemeinsam
verbrachten Stunden. Auch getrennt erziehende Väter können sich positiv auf das
soziale und emotionale Wohlbefinden der Kinder sowie auf die schulischen
Leistungen und die Verhaltensanpassung auswirken.
Ein
hohes Maß an väterlichem Engagement ist mit einem höheren Maß an
Kontaktfreudigkeit, Selbstvertrauen und Selbstbeherrschung der Kinder
verbunden. Bei Kindern mit engagierten Vätern ist die Wahrscheinlichkeit
geringer, dass sie sich in der Schule auffallen oder in der Pubertät riskante
Verhaltensweisen an den Tag legen.
Die
schulischen Leistungen von Kindern mit engagierten Vätern sind deutlich besser
und die Wahrscheinlichkeit, eine Klasse zu wiederholen, ist um 33 % geringer
als bei Kindern ohne engagierte Väter.
Väterliches
Engagement reduziert die Häufigkeit von Verhaltensproblemen bei Jungen und
verringert gleichzeitig die Kriminalität und die wirtschaftliche
Benachteiligung in einkommensschwachen Familien.
Das
Engagement von Vätern verringert psychologische Probleme und die
Depressionsrate bei jungen Frauen.
Felix hat einen 13 Monate alten Sohn Emil und war 5 Monate in Elternzeit. In dieser Zeit hat er ManyDads, ein Väternetzwerk in Düsseldorf, gegründet.
Was war der Anlass für dich, ManyDads zu gründen?
Der Anlass war, dass ich gemerkt habe, dass Väter meistens
alleine unterwegs sind. Als ich im Zoopark unterwegs war, habe ich gemerkt,
dass viele Väter, die mit dem Kind unterwegs sind, die Zeit maximal nutzen
wollen und sich viele Podcasts anhören. Viele Väter haben Ohrstöpsel drin und
laufen mit dem Kinderwagen durch die Gegend. Manchmal kommt ein müdes Lächeln,
wenn ein anderer Vater entgegenkommt. Aber im Prinzip bleiben Väter irgendwie
immer alleine. Und Mütter, die sich schon aus den Vorbereitungskursen kennen,
sind wesentlich kommunikativer. Deshalb wollte ich einfach eine Plattform
anbieten, auf der sich Väter vernetzen können. Nur diese Angebote, die es
derzeit gibt, sind gut, aber es gibt viel mehr für Frauen. Und die sprechen die
Männer nicht an. Insofern wollte ich einfach eine Möglichkeit anbieten, wo sich
Väter vernetzen können.
Wie bist du dabei vorgegangen?
Ich habe es zunächst zwei, drei befreundeten Vätern
vorgeschlagen, um Feedback zu bekommen, ob das Sinn macht oder nicht. Dann habe
ich ganz einfach eine Website gebaut und eine WhatsApp-Gruppe dahinter
geschaltet und habe dann Minikärtchen verteilt und verschiedenen Leuten
Bescheid gesagt: „Könnt ihr das bitte den Männern, die jetzt gerade Väter
geworden sind, geben?“ Und das hat Anklang gefunden. Auf einmal kamen dann 10
und dann 20 Leute dazu. Mit der Rheinischen Post ist das Ganze auf über 100
hochkatapultiert. Mittlerweile macht das Jugendamt Werbung für uns mit ihrem
Besuchsdienst. Die nehmen das in ihre Listen auf und bieten es den neuen Vätern
an. Aber viel mehr zählt eigentlich diese Mund-zu-Mund-Empfehlung. Wenn
irgendwer da schon drin ist oder wenn irgendwer irgendwen kennt, dann schicken
sie Leute vorbei, und wir haben wöchentlich neue Väter in der Runde.
Das klingt wie ein toller Schneeballeffekt. Was sind
jetzt die praktischen Erfahrungen? Springen die Väter darauf an? Rennen die dir
die Bude ein? Beziehungsweise, das Ganze läuft ja online, sind die Zahlen auch
entsprechend explodiert?
Es läuft gut an, wir haben mehrere Aktionen daraus gebaut.
Zum Beispiel gibt es auch eine Kooperation mit dem DRK, dort gibt es ein
Väterfrühstück. Dann gibt es einige Väter, die zum Beispiel zu Sportaktivitäten
aufrufen. Es gibt jemanden, der bei Regentagen in die Stadtbibliothek einlädt,
dass er dann dort vor Ort ist. Und dann treffen sich die Leute. Es wird sich
auch viel ausgetauscht, was der beste Kinderwagen ist, oder wo man bei Regen
mit den Kindern hingehen kann. Daraus ist zum Beispiel eine Ausflugsliste
entstanden.
Ich muss aber auch sagen, die Beteiligung war sehr hoch, als
die Kinder noch nicht in der Kita waren, also so ungefähr vor August. Da war
viel los. Da waren viele Männer, die wahrscheinlich auch die Eingewöhnung
übernehmen, auch in Elternzeit. Das sind typischerweise diese zwei Monate. Und
danach ist die Aktivität ein bisschen zurückgegangen. Aber ich glaube, dass die
bald wieder hochgeht. Und es gibt natürlich auch viele Väter, die immer sehr
gerne mitlesen, was man denn so alles machen kann, aber jetzt nicht den aktiven
Part in der Community haben.
Was erleichtert Vätern in der Community mitzumachen oder
eben andersrum, was meinst du, was hindert sie daran, aktiv zu werden?
Ich glaube, das sind die ganz einfachen, unkonventionellen
Angebote, bei denen man sich nicht drei Wochen vorher anmelden muss. Oder bei
denen es den Vätern auch leicht gemacht wird. In eine ganz neue Gruppe
reinzukommen und sich vorzustellen, ist für viele bestimmt ein Schritt aus der
Komfortzone heraus. Also es muss, glaube ich, viele Events geben, bei denen man
unkonventionell vorbeischauen kann und dann einfach Teil der Gruppe ist.
Gibt es auch Faktoren, wo du meinst, okay, wenn man die
wegräumen würde, dann wird es den Vätern auch leichter fallen?
Ich experimentiere gerade ein bisschen mit der Sprache. Weil
ich glaube, dass die Art und Weise, wie Dinge heutzutage angeboten werden,
Väter nicht anspricht. Ganz oft wird von ‚Hilfe‘ gesprochen. Und das ist etwas,
wo viele Väter sagen „Nein, ich brauche keine Hilfe, ich würde aber total gerne
Teil der Community sein.“ Oder ganz oft wird auch eine sehr starke Sprache, die
für Mütter sehr passend ist, genutzt. Das ist für Väter aber nicht so passend.
Ich habe noch nicht wirklich die Sprache gefunden, die funktioniert. Aber ich
glaube, man muss da ein bisschen rumexperimentieren und kann dann die Angebote
besser beschreiben.
Was meinst du, brauchen ‚frischgebackene‘ Väter, um ins
Vatersein gut reinzukommen?
Ganz viele haben gerade am Anfang sehr viele Fragen, sei es
so pragmatische Sachen, wie, wie komme ich eigentlich in die Elternzeit rein?
Welche Formulare muss ich ausfüllen? Aber viele sind natürlich auch dann gerade
in diesen zwei Monaten vor der Kita-Eingewöhnung dabei und fragen sich, wie
läuft das eigentlich? Wie viel Zeit muss ich da einplanen? Also, es sind sehr
pragmatische Fragen rund um die Planung.
Dazu kommt sowas wie, man will nicht allein mit dem Kind
draußen sein und trifft sich gerne mal mit ein, zwei Vätern.
Wir haben in unserer Community sehr unterschiedliche
Charaktere. Und vielleicht muss man auch so seine zwei, drei Leute finden, mit
denen man sehr gut klarkommt und die in der Nähe wohnen.
Die Nähe ist übrigens sehr, sehr wichtig. Wir haben diese
Community zunächst für ganz Düsseldorf aufgemacht. Aber jemand, der in Bilk
wohnt, fährt nicht mal eben zum Nordpark, um dort für ein, zwei Stunden zu
sein. Das ist ja meistens so dieses Zeitfenster mit ganz jungen Kindern. Das
bedeutet, es muss eigentlich sehr lokal sein. Es hat sich so eine Gruppe rund
um den Zoopark aufgebaut. Dann Leute eher im Stadtzentrum. Und es entstehen
gerade weitere Gruppen in Oberkassel, in Unterrath auch. Und mittlerweile gibt
es auch jemanden, der das für Köln vorgeschlagen hat.
Wenn du jetzt drei Wünsche offen hättest, was wären deine
Wünsche?
Ich würde mir wünschen, dass Arbeitgeber Väter noch stärker
in die Elternzeit pushen. Väter scheuen oftmals zu fragen, ob man auch mehr als
zwei Monate in Elternzeit gehen kann. Dabei müsste man ja eigentlich gar nicht
fragen.
Weitere Angebote für Väter wären ebenfalls super. Sowas wie
das Frühstück. Ein Väter-Grillen oder so ein Treff. Also weitere Angebote sind,
glaube ich, sehr, sehr gut. Das würde sehr gut angenommen werden.
Und ein dritter Wunsch wäre, dass es Unterstützung von
weiteren Organisationen gibt. Also sei es monetär, dass man vielleicht auch mal
hier und da ein bisschen mehr Werbung machen kann. Oder auch mal eine noch
bessere Community-Seite in die Hand nimmt, vielleicht mal eine App baut, etc.
Es wäre gut, wenn man Subventionen bekäme. Aber auch generell, zum Beispiel mit
euch, mit Väterarbeit in NRW, dass wir uns da gegenseitig bekannt machen. Das
Interview wird dann ja auch wieder bei ManyDads gepostet. Und das Angebot in
Kooperation mit dem DRK, das funktioniert super. Es gibt aber noch
weitere Organisationen. Ich glaube, wir müssen uns alle so vernetzen, dass es
ein Ökosystem wird. Dass es egal ist, ob der Vater bei ManyDads ist oder an
einem anderen Event teilnimmt. Es muss ein Ökosystem von guten Angeboten für
Väter sein. Sodass man nicht immer zwei Monate bis zum nächsten Event warten
muss.
Das ist eine schöne Vision, vielen Dank für das Gespräch.
‚Father Unknown‘
erzählt die Geschichte von Alfie, der während eines Englischkurses
herausfindet, dass er Vater werden wird. Alfies Leben bestand bisher
hauptsächlich aus Monsterdosen, U-Bahn-Sprüngen, Xbox-Spielen und dem knappen
Entgehen eines Rauswurfs aus der Klasse, aber die Dinge werden sich ändern…
und zwar schnell.
Diese Show
hat eine faszinierende Reise hinter sich. Geboren aus der Leidenschaft, ihre
Geschichte zu erzählen, haben die jungen Väter von The North East Young Dads
and Lads den Humangeographen Dr. Michael Richardson und den Kreativpraktiker
Jonah York für die Produktion ihrer Geschichte gewonnen. Beide Künstler haben
eine unglaublich enge Verbindung zu diesen jungen Männern, da sie in den
letzten drei Jahren in verschiedenen Funktionen für die
Wohltätigkeitsorganisation gearbeitet haben und von dem kreativen Potenzial
dieser jungen Männer und ihrer Geschichten inspiriert wurden.
Father
Unknown ist eine Zusammenstellung einer Auswahl von jungen Vätern, die an einem
langfristigen künstlerischen Projekt teilgenommen haben. Diese jungen Väter
durchdringen den gesamten kreativen Prozess von Father Unknown und treten als
Autoren, Interviewer, Schöpfer und Vermittler auf. Dies ist mehr als eine Show,
es ist Fürsprache, Jugendarbeit und eine Feier der Elternschaft, der Familie
und des Heranwachsens, der Höhen, der Tiefen und der unsterblichen Liebe, die
jeder junge Vater für sein Kind empfindet.
Father
Unknown ist ein witziger, herausfordernder und ehrlicher Blick auf die junge
Vaterschaft, der in Zusammenarbeit mit jungen Vätern der North East Young Dads
and Lads und der Newcastle University entstanden ist.
Das Stück
wurde am 15. Juni im Gala Durham und anschließend am 16. und 17. Juni 2023 im
Northern Stage aufgeführt. Diese digitale Theaterfassung der Show wurde am
Freitag, den 16. Juni, von Stephen Smith vom Threedom Theatre auf der Northern
Stage (Stage 3) gefilmt.
Vaterschaft wird zunehmend zu einer individuellen Option,
die immer weniger vorgegebenen sozialen Normen folgt. Diese Entwicklung führt
auch dazu, dass ein Mann im Verlauf seines Lebens Vaterschaft in verschiedenen
Familienformen, in unterschiedlichen Partnerschaften und auch mit Kindern erleben
kann, die einen anderen biologischen Vater haben. Diese Möglichkeiten sind mit
Herausforderungen verknüpft, auf die Väter oft nicht ausreichend vorbereitet
sind.
Es fehlen ihnen Möglichkeiten zur Vergemeinschaftung der
individuellen Lebenslagen in ihrer Vielfalt, zum Austausch mit anderen Vätern
über die Situation zum Beispiel als ‚aktiver‘ Vater, als Vater in Elternzeit,
als Vater mit einem partnerschaftlichen Verständnis von Kindererziehung usw.
Diese Möglichkeiten zur Verständigung und das Erleben der Bedeutsamkeit als
Vater sind von großer Bedeutung für ein geschlechtergerechtes Verständnisses
von Vaterschaft.
Väter benötigen also Orte und Gelegenheiten, an denen sie
sich über ihren Alltag als Väter verständigen und austauschen können, wo wie
sich vernetzen und den Gedanken der aktiven Vaterschaft weitertragen, sich
informieren und einander in ihrer Vielfalt und Unterschiedlichkeit begegnen
können.
Diese Orte und Angebote bieten Mitglieder der LAG-Väterarbeit
in NRW und zahlreiche weitere Initiativen in NRW, die wir an dieser Stelle in
lockerer Reihenfolge vorstellen möchten. Beginnen wollen wir mit zwei ‚Urgesteinen‘,
die auch zu den Gründern der LAG-Väterarbeit gehören.
Evangelische Kirche von Westfalen – Vater-Kind-Agentur
Das Institut für Kirche und Gesellschaft der westfälischen
Landeskirche bietet seit vielen Jahren in enger Kooperation mit
Familienzentren, Kindertageseinrichtungen, Grundschulen, Gemeinden und anderen
Partner*innen Angebote für Väter und Kinder, wie z.B. Erlebnis-Wochenenden und
Vater-Kind-Nächte durch. Jährlich finden über 100 Vater-Kind-Wochenenden und
300 Väterabende statt. Väter sind an deren Planung aktiv beteiligt und bringen
ihre Erfahrungen und die Wünsche der Kinder mit ein.
Alle Angebote der Vater-Kind-Agentur finden Sie hier.
Väter in Köln e.V.
wurde im Jahr 2010 von Vätern für Väter gegründet und macht seitdem Vätern vielfältige Angebote zur Vernetzung, Freizeitgestaltung und Selbst-Realisierung. Der Verein, der seit 2012 als Träger der freien Kinder- und Jugendhilfe anerkannt ist, versteht seine Arbeit als proaktiv, präventiv, inklusiv, interkulturell, systemisch und gleichstellungsorientiert.
Das Angebot ist umfangreich und wird kontinuierlich weiterentwickelt:
ein wöchentliches Vater-Kind-Café
Geburtsvorbereitung für Väter
Vernetzung von Elternzeit-Vätern über
Mailingliste und WhatsApp
Vater-Kind-Wochenenden und -Events
Väter-Gruppe „PapaPalaver“
Väterarbeit in Kitas
Coaching-Gruppe für Väter
Neben diesen Angeboten für Väter unterstützt der Verein auch Fachkräfte und Einrichtungen bei der Entwicklung und Umsetzung von Angeboten für Väter. Alle Angebote finden Sie auf der Webseite der Väter in Köln e.V.
(Nicht-)Anerkennung von Familien- und Erwerbsarbeit bei
Paaren
Mit dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz rückte die
Figur des aktiven Vaters in den Fokus. Gleichzeitig wirken traditionelle
Verweisungen in sozialpolitischen Regelungen, Normen und Betriebskulturen.
Stefanie Aunkofer analysiert väterliche Elternzeitnahmen
anhand von qualitativen Paarinterviews mit Blick auf Anerkennung von Familien-
und Erwerbsarbeit und zeigt: Erwerbsarbeit bleibt die Quelle von Anerkennung.
Vätern den Zugang zur familialen Sphäre partiell über Elternzeit zu öffnen
reicht nicht aus. Für eine tatsächliche Egalisierung ist vielmehr ein
grundlegender Wandel im Geschlechter- und Anerkennungsverhältnis notwendig.
Der Band ist im Beltz Verlag erschienen und kann als Print für 50 € bestellt oder mit OpenAcessLizenz als pdf heruntergeladen werden.
Der Essener Oberbürgermeister Thomas Kufen besuchte am
vergangenen Samstag den ersten VäterSummit NRW. Die Gleichstellungsstellen der
Städte Bonn, Dortmund, Essen, Münster und Recklinghausen sowie die
Landesarbeitsgemeinschaft Väterarbeit NRW hatten Väter und ihre Kinder sowie
interessierte Fachkräfte hierzu nach Essen eingeladen.
„Der heutige Tag zeugt von der Vielfalt und Bedeutung
des Vaterseins in der heutigen Zeit. Schon seit vielen Jahren ist klar:
Erziehung ist bei weitem nicht nur Frauensache. Dies hängt unter anderem mit
den – völlig berechtigten – Wünschen junger Mütter zusammen, sich beruflich zu
verwirklichen und eine eigene Karriere zu verfolgen. Hinzu kommt auch der
Wunsch vieler junger Väter, möglichst viel Zeit mit dem Nachwuchs zu verbringen
und ein großer und wichtiger Teil der Kindheit des eigenen Sprosses zu
sein“, so Thomas Kufen. „Es ist essenziell, dass Väter die
Möglichkeit haben, sowohl in ihrer beruflichen als auch in ihrer familiären
Rolle zu wachsen. Die Stadt Essen hat das erkannt und vor einigen Jahren ein
Sachgebiet für Männerspezifische Belange in der Gleichstellungsstelle
eingeführt, um genau diese zu unterstützen und zu fördern.“
Für die Väter und ihre Kinder gab es beim VäterSummit NRW über den ganzen Tag spannende Bastel-, Mal-, Spiel-, Sport- und Beratungsangebote sowie Workshops, die Themen, Fragen und Beiträge von (werdenden) Vätern in den Mittelpunkt stellten. Zudem gaben Impulsvorträge Einblicke in das Väterleben. „Der VäterSummit NRW ist ein deutliches Zeichen dafür, dass das Thema Vaterschaft in Nordrhein-Westfalen ernst genommen wird. Ich danke allen Organisatorinnen und Organisatoren sowie Unterstützerinnen und Unterstützern für ihre Arbeit und ihr Engagement und wünsche uns einen informativen, inspirierenden und freudigen Tag“, so der Oberbürgermeister. „Lassen Sie uns mit dem heutigen Tag gemeinsam dafür sorgen, dass die Rolle des Vaters in unserer Gesellschaft den Stellenwert erhält, den sie verdient.“
Der erste VäterSummit in NRW steht bevor und verspricht
einen Tag voller Erkenntnisse, Austausch und spannender Aktivitäten für Väter
mit ihren Kindern und Fachkräften aus der Familienarbeit.
Es gibt ein Kinderprogramm mit kostenloser Betreuung!
📆 26. Aug. 2023
⏳ 9:30 bis 16:30 Uhr
📍 Hövelstraße 71, 45236
Essen
Am 26. August in Essen erwartet euch ein inspirierender Tag
voller Diskussionen, Impulsvorträge und Sessions. Unter dem Leitthema
„Vater sein… mach, was du kannst!“ widmen wir uns den Fragen: Welche
besonderen Fähigkeiten bringen Väter mit? Was können sie noch dazulernen, um
ihre Rolle zu stärken? Und wie können Väter voneinander lernen und gemeinsam
wachsen? Was brauchen Fachkräfte für die Arbeit mit Vätern?
Keynote 🎤 Teresa Bücker arbeitet
als Journalistin und Autorin zu gesellschaftspolitischen und feministischen
Fragen der Gegenwart und Zukunft und wird in ihrem Vortrag die Frage behandeln,
ob es radikal ist, wenn Väter sich mehr Zeit für die Familie nehmen.
Stand-up & Satire 🎭 Florian Hacke ist der
Vater unter Müttern. Er nimmt euch mit auf eine amüsante Reise durch seine
Erfahrungen als Vater unter lauter Müttern beim Babyschwimmen und auf
Spielplätzen. Mit treffender Mimik, Gestik und satirischen Texten lässt er die
Herausforderungen und Kuriositäten des Elternseins humorvoll aufleben.
🎓 BarCamp Das BarCamp ist
eine Konferenz, in der die Teilnehmenden als Experten Sessions übernehmen. In
zwei Runden gibt es Gelegenheit, sich aktiv einzubringen und gemeinsam mit anderen
Vätern Ideen und Lösungsansätze zu entwickeln.
Jetzt kostenlos anmelden 🙏🏼
Der #VaeterSummitNRW wird von der @vaeterarbeitnrw in Zusammenarbeit mit den Gleichstellungsstellen in Bonn, Dortmund, Essen, Münster und Recklinghausen organisiert.
bedeutsame Ereignisse werfen ihre Schatten voraus:
… in knapp vier Wochen, am Samstag, den 26. August findet der 1. VäterSummit NRW, in Essen statt.
Die LAG Väterarbeit veranstaltet das Event für Väter und ihre Kinder
sowie an Väterarbeit interessierte Fachleute gemeinsam mit den
Gleichstellungsstellen in Bonn, Dortmund, Essen, Münster und
Recklinghausen.
Es gibt sowohl für die Väter als auch die Kinder den ganzen Tag spannende Angebote:
So wird unter anderem der Comedian Florian Hacke in zwei Auftritten
Szenen aus dem Väterleben zum Besten geben und die Autorin und
Journalistin Teresa Bücker wird sich in ihrem Vortrag mit dem Thema ‚Ist
es radikal, wenn Väter sich mehr Zeit für die Familie nehmen?‘
auseinandersetzen.
Für die Kinder im Alter von 3 bis 12 Jahren gibt es den ganzen Tag
über Bastel-, Mal-, Spiel- und Sportangebote. Am Nachmittag wird Mr. Tom
seine Zirkus- & Zauber-Show aufführen, außerdem gibt es eine
FotoBox, mit der sich Väter mit ihren Kindern porträtieren lassen
können.
Informationen zum gesamten Programm und eine Anmeldemöglichkeit gibt es hier, der Flyer kann hier heruntergeladen werden:
Bei der Veranstaltung wird es auch einen ‚Markt der Väterangebote in
NRW‘ geben, auf dem Sie Mitglieder der LAG-Väterarbeit und Beschäftigte
der Gleichstellungsstellen persönlich kennenlernen können
Bitte geben Sie diese Informationen an die Väter in Ihren
Einrichtungen weiter und weisen andere über Ihre Kanäle auf den
VäterSummit hin
Kinder machen Väter
Vom 16. Mai bis zum 14. Juni zeigte die LAG Väterarbeit NRW in der
Zentralbibliothek in Düsseldorf Schwarz-Weiß-Fotografien von Vätern und
ihren Kindern. Martin Moog, Fotograf aus Frankfurt, der seit knapp 20
Jahren als ‚Tagesvater‘ arbeitet, hat Väter mit ihren Kindern und
Männer, die in verschiedenen Situationen für Kinder Verantwortung
übernommen haben, porträtiert. Seine Fotografien zeichnen ein Bild
davon, wie ‚engagierte Vaterschaft‘ aussehen kann und welche
Zufriedenheit Männer und Kinder in dieser Zweisamkeit ausstrahlen.
Einen Bericht über die Ausstellung und die Lesungen von Tillmann Prüfer und Fabian Soethof können Sie hier lesen.
Die Ausstellung kann ausgeliehen und an anderen Orten gezeigt werden. Nachfragen können Sie an die LAG-Väterarbeit stellen, wir unterstützen Ihr Vorhaben gerne.
Jetzt erst recht!
Vor einem Monat hat die Veröffentlichung von Umfrageergebnissen der
Organisation ‚Plan International‘ großen Wirbel verursacht. Begriffe wie
‚Retraditionalisierung‘ und ‚Rollback in Sachen
Geschlechtergerechtigkeit‘ waren noch die harmlosesten, die mit den
Antworten der befragten Männer im Alter von 18 bis 35 Jahren in
Verbindung gebracht wurden.
Bei den Vorstellungen zur Aufgabenteilung in der Familie sehen 52
Prozent der jungen Männer ihre Rolle darin, im Beruf genug Geld zu
verdienen, die Zuständigkeit für die Carearbeit weisen sie ihrer
Partnerin zu.
In seiner Stellungnahme hat der Vorstand der LAG Väterarbeit die Frage
gestellt, ob diese Rollenerwartung wirklich aus der Welt ist. Das
Gerangel um die Familienstartzeit, die als Vaterschaftsfreistellung im
Koalitionsvertrag verankert ist, Kürzungen im Bereich des Elterngeldes
und ausbleibende Reformen im Familienrecht wecken Zweifel am politischen
Willen.
Was Väter jetzt unbedingt brauchen, haben wir dort aufgeschrieben.
LAG Väterarbeit auf Instagram
Seit Anfang des Jahres gibt es auf dem Instagram Kanal
der LAG Väterarbeit wöchentlich spannende Hinweise zur Väterarbeit und
zum Vatersein. Falls Sie noch keine Follower sind, es lohnt sich.
Auch auf der Webseite gibt es aktuelle Informationen zu unserer Arbeit, zum Beispiel einen Bericht mit den Ergebnissen der Kurzumfrage zur Kinderbetreuung nach Trennung und Scheidung.
Termine
August 2023, VäterSummit in Essen mit einer Keynote von Teresa Bücker
November 2023 Mitgliederversammlung der LAG Väterarbeit in Düsseldorf
Lieselotte Ahnert beschreibt in ihrem Buch ‚Auf die Väter kommt es an‘, wie es Paaren gelingen kann, in gemeinsamer Verantwortung ein Kind großzuziehen und zitiert nach dem Modell von Mark Feinberg fünf Kernelemente:
Zufriedenheit mit der Arbeitsteilung in Haushalt
und Kinderbetreuung
Absprachen zum Umgang mit dem Kind
Aushandlungsprozesse
gegenseitige Unterstützung
Solidarität des Elternpaares
Zu dem Punkt der Arbeitsteilung, der ja seit einigen Jahren
unter der Überschrift ‚Mental Load‘ diskutiert wird, führte Feinberg 2003 unter
anderem aus:
Die zweite Komponente der gemeinsamen elterlichen Sorge
bezieht sich auf die Aufteilung der Pflichten, Aufgaben und
Verantwortlichkeiten im Zusammenhang mit der täglichen Routine bei der
Kinderbetreuung und den Aufgaben im Haushalt sowie auf die laufende
Verantwortung für finanzielle, rechtliche und medizinische Fragen im
Zusammenhang mit dem Kind.
Die meisten Untersuchungen in diesem Bereich haben sich auf
Familien mit zwei Elternteilen, Mutter und Vater, konzentriert. Mütter berichten,
dass die Frage der Hausarbeit der wichtigste Auslöser für Konflikte in der Zeit
nach der Geburt ist. Die Wahrnehmung der Mütter in diesem Bereich scheint von
entscheidender Bedeutung zu sein, wahrscheinlich weil Mütter im Allgemeinen die
meisten Aufgaben im Haushalt übernehmen und die letztendliche Verantwortung für
fast alle kinderbezogenen Fragen tragen.
Die Wahrnehmung der Mütter, dass die Beiträge der Väter fair
sind, steht in Zusammenhang mit einer höheren Ehequalität während des Übergangs
zur Elternschaft, während die Wahrnehmung von Ungerechtigkeit mit einer
geringeren Ehequalität verbunden ist. Die Wahrnehmung der Arbeitsteilung bei
der Kindererziehung durch Mütter oder Väter ist jedoch für sich genommen nicht
aussagekräftig für die Anpassung der Eltern oder des Paares. In diesem Bereich
geht es um die Zufriedenheit: Sind die Eltern sowohl mit dem Prozess des
Aushandelns von Verantwortlichkeiten als auch mit der daraus resultierenden
Aufteilung zufrieden?
Die Zufriedenheit ergibt sich daraus, inwieweit die
Arbeitsteilung mit den Erwartungen und Überzeugungen der Eltern in Bezug auf
ihren Beitrag zur Kindererziehung übereinstimmt. Die Diskrepanz zwischen den
Erwartungen beider Elternteile und der Wahrnehmung der Verantwortung für die
Kinderbetreuung steht in signifikantem Zusammenhang mit Depressionen und der
Anpassung der Ehe beider. Wenn die Erwartungen nicht erfüllt werden, kann ein
Gefühl der Ungerechtigkeit und des Grolls entstehen, was zu erhöhtem
elterlichen Stress führt, der eine warme, einfühlsame Interaktion mit dem Kind
beeinträchtigen kann.
Frau Jaque-Rodney, sie
arbeiten seit mehr als 30 Jahren als Familienhebamme und haben im Jahr 2000 das
Netzwerk der Familienhebammen in Deutschland mitbegründet. Was war Ihre
Motivation, diesen beruflichen Weg einzuschlagen?
Für mich war meine
Motivation wirklich, die Familie als System zu sehen, die Familie als Ganzes zu
sehen. Mann, Frau, Frau, Frau, Mann, Mann, egal welche Konstellationen das war.
Und hier reden wir von einer Mann-Frau-Konstellation. Das war für mich wichtig,
einfach das weiter zu verfolgen und das auch zu unterstützen, da ich schon
damals als Hebamme gemerkt habe, wie wenig Kontakt wir zu den Männern
eigentlich haben und wie schade das ist.
Und für mich, ich habe auch
Soziologie studiert und das ist etwas, was mich auch beflügelt hat als Hebamme,
viel, viel mehr mit den Männern, mit den Partnern in Kontakt zu kommen. Und
dann, als ich relativ früh in Deutschland war und mir diese Tätigkeit angeboten
wurde beziehungsweise die Qualifizierung erstmal, habe ich gedacht, das ist
genau das, was ich will. Dieses familiäre Feld, also wo sowohl Frau als auch
Mann als gleichwertige Ressource für das Kind angesehen werden und das will ich
unterstützen.
Aufgrund Ihrer Erfahrungen
waren Sie in den folgenden Jahren an der Ausarbeitung zahlreicher Curricula für
die Aus- und Fortbildung von Familienhebammen beteiligt. Welche zusätzlichen
Qualifikationen benötigen Hebammen, um als Familienhebammen tätig werden zu
können?
Auf jeden Fall braucht man
diese Qualifizierung, die vom Land angeboten wird, hier in Nordrhein-Westfalen umfasst
sie 400 Stunden. Das ist ein bisschen unterschiedlich, es gibt eine
Mindestqualifikation von 200 Stunden, aber die meisten Länder haben 400 Stunden
und diese Qualifikation beinhaltet unterschiedliche Lerneinheiten,
unterschiedliche Themen.
Da muss man über das
Systemische Bescheid wissen, da muss man auch über das Bild und überhaupt über
die Definition Familie wissen. Was bedeutet Familie, was ist eine Familie aus
dem Soziologischen, aber auch aus dem rein Statistischen? Was ist eine Familie,
wie bildet sich eine Familie ab? Das ist Thema oder eine Lerneinheit.
Was Familienhebammen auch brauchen
ist Kommunikation. Wie kann ich mit Eltern gut und wertfrei kommunizieren wo
möglich? Also sowohl die gewaltfreie Kommunikation als auch die motivierende
Gesprächsführung. Das sind Themen, die auch dann vorkommen und Themen wie die
Entwicklung des Kindes. Themen wie Kindeswohlgefährdung sind auch ganz wichtig,
aber auch Themen wie Lebenswelt, Familie, so was verstehe ich unter Lebenswelt
Familie?
Als Familienhebamme gehen
wir in unterschiedliche Lebenswelten und es kommt sie nicht einzuengen, weil
ich sie nicht kenne, sondern einfach zu verstehen, die Lebenswelt Familie ist
sehr divers und sehr vielfältig. Das sind so einige Themen,
Qualitätsmanagement, Dokumentation, das sind einige Lerneinheiten, die eine
Familienhebamme braucht, um umfassend Familien begleiten zu können.
Familienhebammen haben, noch mehr als Hebammen bei der
Geburtsvorbereitung und der Geburt das gesamte Familiensystem im Blick. Dabei
spielen Väter, ob sie anwesend sind oder nicht, eine wichtige Rolle. In welchem
Umfang wird diesem Thema bei der Aus- und Fortbildung von Familienhebammen
Rechnung getragen?
Ja, die spielt eine
wesentlich größere Rolle als bei der originären Hebammenausbildung. Es ist
gewachsen, am Anfang war das Thema Vater oder Väter vielleicht nicht so
präsent, aber in Nordrhein-Westfalen auf jeden Fall. Da ich die Qualifikation
auch durchführe, war das für mich von Anfang an ein sehr wichtiges Thema und es
spielt eine wichtige Rolle. Also es gibt unter der Lerneinheit Lebenswelt
Familie auch Einheiten, wo das Thema Väter, Vater, die Rolle des Vaters vorkommt.
Das könnte vielleicht eine größere Rolle spielen. Aber sie spielt auf jeden
Fall im Vergleich zu der originären Ausbildung, finde ich, eine sehr wichtige
Rolle, die man dann ausbauen muss.
Jeder Anbieter macht das
ein bisschen anders. Ich habe von Anfang an dabei auch Männer wie Herrn Vonnoh eingeladen,
um über das Thema zu sprechen. Jürgen Grah war auch lange Jahre in meinem
Qualifizierungskurs. Also für mich spielt es eine größere Rolle, nicht nur zum
Thema Vater, sondern zum Thema überhaupt Kind kriegen, schwanger sein.
Wenn eine Frau mit
jemanden zusammen ist, dann ist der Partner auch zu sehen und auch
wertzuschätzen. Und auch die Fragestellung, wie können wir auch Väter
beflügeln, dass sie nicht nur sich als Ressource sich sehen, sondern sich auch als
wichtiger Bestandteil diese Einheit, diese Triade zu sehen. Wir reden viel zu
häufig darüber, dass die Väter eine Ressource sind. Ja, das stimmt, aber sie
sind eine wichtige Person einfach, wenn sie da sind.
Und auch die
unterschiedlichen Stile der Väter. Wir haben unterschiedliche Modelle, wir
haben Modelle, die sind sehr patriarchal, die sind sehr fürsorglich. Wir haben
Väter, die aus einem anderen Land kommen oder auch aus Deutschland kommen und
ein Verständnis vom Vater sein übernommen haben oder auch nicht. Und das auch
zu verstehen, es gibt die unterschiedlichen Modelle von Vatersein, von Vätern.
Und das müssen wir in den Kontext unserer alltäglichen Arbeit bringen.
Familienhebammen sind ja
dort im Einsatz, wo die frühen Hilfen sagen: Da ist eine Familie, die hat einen
besonderen Unterstützungsbedarf. Und da ist es vielfach so, dass aus dem
Blickwinkel der Familienhebammen Väter in dem Moment keine Ressource sind,
sondern ein Teil eines Problems. Und es gibt auch Studien, wo Familienhebammen
beobachtet worden sind, die sagen, dass dann Familienhebammen dazu neigen,
dieses „Problem“, also die Väter, erst einmal auszuklammern und zu sagen, jetzt
gucken wir doch erstmal, dass die Mutter mit dem Kind zurechtkommt. Und das
Problem mit dem Vater, das können wir vielleicht später angehen. Wie schätzen
Sie das ein?
Ja, diese Konstellation
gibt es auch, wo die Väter eine ganz schöne Herausforderung sein können für die
Entwicklung der Familie als solche, die gibt es auch. Ich schaue eher sehr
positiv da hin, wenn die Väter da sind, wie wir sie auch unterstützen und wie
wir sie auch beflügeln und befähigen können. Und bei den Vätern, die abwesend
sind, sie sind manchmal nicht da, aber sind trotzdem im Gedächtnis der Frau da,
es ist trotzdem ein Thema.
Und wenn die Frau mir auch
zeigt, dass das für sie wichtig ist, auch wenn er nicht da ist, der wohnt
woanders, da versuche ich trotzdem ihn auch mit einzubinden in einem Gespräch
mit der Frau. Mit der Fragestellung: Okay, was machen wir denn mit diesem
Vater, der nichts von seinem Kind wissen will? Ich frage die Frau, was ist ihre
Lösung? Aber ich bin eher sehr positiv auch von der Erfahrung. Die Väter, die
da sind und wirklich auch mit einbezogen werden wollen, da habe ich sehr gute
Erfahrungen gemacht.
Da, wo Gewalt
möglicherweise ein Thema ist da muss eine Frau geschützt werden. Und das mache
ich auch und darüber sprechen wir in der Qualifizierung, wie das gehen kann.
Also was und worauf wir achten können. Aber eher positiv denken. Das Hebammen
oft für die Mutter da sind und der Vater ihnen egal ist – das ist er für mich
nicht, das war für mich noch nie der Fall. Ich finde, wenn die Väter da sind,
dann sind sie so wertvoll und brauchen genauso eine Unterstützung wie manche
Frauen.
Also Unterstützung im
Sinne vom Familienleben, Unterstützung bei Themen wie, was ist Bindung, wie
kann ich das ermöglichen? Und wir wissen als Familienhebammen, dass Väter die
Informationen möglicherweise anders aufnehmen als eine Frau? Sie brauchen möglicherweise
Videos, vielleicht auch Studien, vielleicht andere Väter. Und da muss man
gucken, wie kann ich diesen Vater erreichen mit dem, was er braucht auf seine
Art und Weise?
Und selbstverständlich
Väter, die nicht gut für die Familie sind, wo die Frau sowieso mit dem nichts
zu tun haben will. Ich versuche sie nicht mit einzubeziehen in der Begleitung,
wenn die Frau von Anfang an das nicht will. Aber ein
abwesender Vater ist nicht immer ein Vater, der nicht gewünscht ist. Da
muss man schauen, wie ist das für die Frau und wie kann ich ihn einbeziehen in
meine Tätigkeiten.
Welche Erfahrungen haben Sie mit der Zielgruppe ‚jugendliche
Väter‘ gemacht und welche zusätzlichen Unterstützungsbedarfe sehen sie bei den
Jugendlichen?
Ja, also gerade am Anfang
meiner Tätigkeit als Familienhebamme viel, viel mehr als jetzt, muss ich sagen.
Aber die Statistiken, also die Evidenzen, sprechen auch dafür, dass jugendliche
Schwangerschaften, die Zahlen runtergegangen sind. Aber am Anfang hatte ich
sehr viel mit jugendlichen Eltern und jugendliche Väter zu tun. Das war nicht
immer einfach, da manche von diesen Jugendlichen mit 15, 16, 17 Vater geworden
sind. Und in ihrem Jugend sein und in ihrer Entwicklung und die Hormone und alles
Mögliche nicht immer sehr gut zu erreichen waren.
Was ich aber allerdings
gemerkt habe damals und auch jetzt, wenn sie sehr jung sind, also unter 18 sind
oder unter 21, ihnen erstmal zu sagen, als Familienhebamme bin ich auch für sie
zuständig, sie sind für mich auch wichtig. Und es gibt auch keine Frage, die zu
dumm ist und es gibt auch keine Frage, die sie nicht stellen können. Also ihnen
von Anfang an zeigen, dass sie wichtig sind. Und gerade bei den Jugendlichen,
bei den jugendlichen Väter, ist das echt sehr wichtig, dass sie den Eindruck
haben, okay, sie ist nicht nur für meine Freundin da, sondern sie interessiert
sich auch für mich. Sie also von Anfang an einzubeziehen.
Aber einfach ist es nicht,
einfach ist es nicht, da braucht man einen langen Zeitraum, wo Vertrauen
wächst. Da muss man auch das „jugendliche“ in dem Vater ansprechen und auch
anerkennen und auch mit einbeziehen. Das heißt, dass, wenn er darüber spricht,
dass er am Wochenende mit seinen Freunden „durch die Gemeinde ziehen möchte“,
das nicht zu verpönen, sondern auch die Frage zu stellen, okay, wie kann das
denn gehen? Also wie stellst du dir das vor? Also bei den jugendlichen Vätern
anzudocken.
Bei den jugendlichen
Vätern sind neben den Familienhebammen unter Umständen auch andere Hilfesysteme
eingebunden. Wie schätzen Sie das ein, sind diese Systeme auf jugendliche
Eltern vorbereitet oder sehen sie auch Handlungsbedarfe an Unterstützung für
die Hilfesysteme selber?
Ich glaube, dass wir auf
einem guten Weg sind im Vergleich zum Beginn meiner Tätigkeit, wo ich damit
konfrontiert worden bin auch mit anderen Systemen in Kontakt gekommen bin. Ich
glaube, dass es trotzdem noch nicht ausreichend ist. Die Jugendhilfe und auch
Sozialarbeiter oder Sozialarbeit grundsätzlich mit Jugendlichen, die braucht viel
mehr Wissen darüber, wie sie ticken und wie sie kommunikativ an sie herantreten
können. Ich glaube, da können wir uns auf jeden Fall verbessern. Aber im Vergleich
zu der 90iger-Jahren, wo ich angefangen habe, wo meiner Meinung nach in der
Jugendhilfe Väter nicht so wertschätzend behandelt worden sind, sind wir auf
jeden Fall in einer guten Entwicklung.
Zum Schluss ein Blick in die Zukunft. Viele junge Eltern
wünschen sich eine partnerschaftliche Aufteilung von unbezahlter Care und
bezahlter Erwerbsarbeit. Die Weichen dafür werden unmittelbar vor und nach der
Geburt gestellt. Welchen Beitrag könnten Hebammen und Familienhebammen Ihrer
Meinung nach leisten, um den Eltern die Verwirklichung dieses Wunsches zu
erleichtern?
Ich glaube, wir müssen
dazu viel, viel mehr Öffentlichkeitsarbeit machen, dass die jungen Familien
wissen, was kommt da auf sie zu, gerade bei Familienhebammen. Aber auch die
originäre Hebamme einbeziehen, wir müssen mehr Öffentlichkeitsarbeit machen im
Sinne von, wie können wir junge Eltern unterstützen und nicht immer so sehr von
der Mutter sprechen, sondern wirklich von jungen Eltern.
Heutzutage haben wir auch
den Transmann, der auch schwanger ist, hatten wir hier gerade vor ein paar
Monaten. Das heißt, dass ändert sich auch alles. Aber mehr
Öffentlichkeitsarbeit zu machen auch im Sinne von, warum brauchen Kinder denn
Väter, welche Grundbedürfnisse haben Kinder und was brauchen sie, um sich gut
zu entwickeln? So eine Art Aufklärung zu machen in Form von einem Video
vielleicht, nicht immer in Form von Vortrag oder Text. Aber solche bildlichen
Sachen zu entwickeln, die möglicherweise junge Eltern auch mehr ansprechen.
Ich erhoffe mir auch gerade
bei den jungen Eltern, dass wir sie über die Sozialen Medien anders erreichen
können, das sind die Medien, wo wir sie finden. Wir müssen uns öffnen, Facebook,
Instagram und TikTok, auch wenn man das nicht immer gut findet. Aber man kann
auch seine Stimme benutzen, um die jungen Eltern auch anzusprechen, um ihnen
Hinweise zu geben. Ich habe damit angefangen und ich habe ja auf jeden Fall ein
supergutes Feedback von den jungen Eltern.
Dieses kurz, knapp, aber
Klarheit über unterschiedliche Themen, Vitamin D, über postpartalen Babyblues,
was man machen kann, über Windeln wechseln. Junge Eltern müssen wir dort
abholen, wo sie sind und nicht wo wir denken wo sie sind. Und das auch unter
anderem über die sozialen Medien. Und dann können wir sie sicher machen, dann
können wir sie stark machen. Mir ist es wichtig, dass die jungen Eltern wissen,
dass wenn ich mit denen spreche, dass ich nicht so lehrhaft ankomme, dass sie
getriggert werden wie in der Schule.
Ich möchte mit ihnen sprechen,
so wie ich mit jedem anderen spreche. In der Regel geht es gut, manchmal geht
es nicht gut. Wenn es nicht gut geht, muss ich mir auch eingestehen, ich kann
die Energie nicht aufbringen für dieses Paar. Und dann muss ich sie
weiterleiten an ein anderes Angebot, an die Jugendhilfe oder dahin, wo sie die
Sache mehr ernst nehmen.
Vielen Dank, dass sie sich
die Zeit für das Gespräch genommen haben
Mehr Informationen zu Frau Jaque-Rodney finden Sie auf ihrer Webseite