Mit einem falschen Satz kann man vieles kaputtmachen
Erstellt von Hans-Georg Nelles am 30. April 2022
Das Projekt ‚Echte Väter‘ in Herne.
Das Angebot
… richtet sich an Väter mit und ohne Migrationshintergrund, deren Kinder die Grundschule besuchen. Der Kontakt wird über die Schulen vermittelt. Die angeleiteten Gesprächsrunden sollen den Vätern ein Forum bieten, wo sie sich mit ihren Fragen, Problemen, aber auch Anregungen und Vorschlägen austauschen können. Die Gruppen sind offen: Die teilnehmenden Väter können pausieren, aussetzen, wiederkommen.
Die Vätergruppentermine werden ergänzt durch gemeinsame Freizeitaktivitäten mit den Kindern wie Museumsbesuche, Picknicke oder Sportturniere. Alle vier Wochen findet zudem an einem Wochenende ein Aktionstag statt.
In den angeleiteten Gesprächsrunden geht es zunächst um die
klassischen Schul- und Erziehungs- und Familienthemen, darüber hinaus
ist immer auch Platz für Alltagsthemen wie Miet- oder Kündigungsrecht,
aber auch für Fragen zu Ernährung und Gesundheit. Besteht der Bedarf,
werden Experten eingeladen: etwa ein Arzt oder Psychologe erklärt, was
es mit der Diagnose ADHS auf sich hat, ein Jurist erläutert die
Grundregeln des deutschen Familienrechtes oder ein Konflikttrainer
vermittelt, wie man sich bei Konflikten gewaltfrei dennoch durchsetzen
kann.
Gegebenenfalls werden die Väter bei Ämter-Terminen begleitet. Wenn Väter
der besonderen Beratung bedürfen, werden mit ihnen Einzeltermine
verabredet. Möglich ist es auch, dass bei Problemen, die die ganze
Familie betreffen und wo Lösungen mit allen gesucht werden sollten, die
Familie hinzukommt und an der Beratung teilnimmt.
Die Gruppen werden angeleitet von zweisprachigen Teamern, die in den
Schulen hauptberuflich als Sprachlehrer arbeiten. Vertreten sind so als
Sprachen Türkisch, Polnisch, Russisch und Arabisch.
Die Abende finden nach Absprache wöchentlich bis zwei-wöchentlich statt,
sie beginnen zwischen 17.30 und 18 Uhr und enden um 21 Uhr.
Hintergrundinformationen
Das Projekt „Echte Väter“ entwickelte sich im Rahmen kommunaler
Elternarbeit/Elternbildung aus einem Pilotprojekt im Jahre 2007. Es
startete um migrantische Eltern von Schulkindern die Möglichkeit zu
bieten, sich mit ihren Fragen und auch Problemen auszutauschen und so
auch enger an das Schulgeschehen zu binden. Zu den Nachmittagsterminen
erschienen jedoch nur die Mütter. Erst als Termine am frühen Abend
angeboten wurden, kamen auch die Väter. „Es zeigte sich schnell, dass es
gut ist, wenn die Väter unter sich bleiben und einen eigenen Ort haben,
um sich zu treffen“, erzählt Gürkan Ucan, Gründer des Projektes.
Wichtig ist, dass die Abende für die Väter einen Nutzwert haben: „Nur
Themen besprechen, damit kann man langfristig die Väter nicht halten.
Der Abend muss ihnen etwas bringen.“
Von der grundsätzlichen Haltung her, wird bei den Vätern zuerst nach
deren Fähigkeiten und Kompetenzen geschaut, um diese auszubauen – später
kommen die Probleme, wenn es welche gibt. Dabei hat sich gezeigt, dass
in verschiedenen Kulturen das Angebot, sich auszutauschen, später auch
über Probleme sprechen zu können und dafür den eigenen Familienraum zu
verlassen, sehr unterschiedlich verstanden wird.
Gürkan Ucan nennt ein Beispiel: „Ich habe am Anfang ein junges
Elternpaar angesprochen, wollte für die Vätergruppe werben, aber die
beiden haben ganz erschrocken gesagt ‚Oh, haben wir denn so große
Probleme? Haben wir etwas falsch gemacht?‘.“ Gürkan Ucan sagt: „Man muss
mit viel Fingerspitzengefühl vorgehen, mit einem falschen Satz kann man
vieles kaputtmachen.“
Das Projekt äußert auch zu allgemeinen gesellschaftlichen Konflikten. So
hat man sich in der Vergangenheit im Rahmen von Schulveranstaltungen
wie Schulfesten gegen Salafismus und Rechtsradikalismus positioniert und
betreibt entsprechende Aufklärungsarbeit, was bei den oft
verunsicherten Eltern sehr gut angekommen sei.
Ziele des Projekts
Die Väter sollen sich im oft schwer verständlichen Feld der Institution Schule mit mehr Selbstbewusstsein bewegen und äußern.
Ziel ist auch, die Bindung zwischen Vätern und Kindern zu stärken. Väter
sollen erleben, dass es schlicht schön ist und Spaß macht, wenn man
Zeit mit seinen Kindern verbringt.
Gibt es Probleme, wird über Probleme gesprochen. Aber sie werden nicht
gesucht. Im Gegenzug wird bei jedem teilnehmenden Vater nach seinen
Kompetenzen und Fähigkeiten geschaut, damit er sie möglichst vielfältig
einbringen kann.
Kontakt
Kommunales Integrationszentrum, Rademachers Weg 15; 44649 Herne: Gürkan Ucan, Tel.: 02325 – 65 89 313 guerkan.ucan@herne.de
Die Webseite des Kommunalen Integrationszentrums in Herne.
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