… vermutlich
sitzen Sie jetzt im Homeoffice oder halten mit wenigen Kolleg*innen die
Stellung in Ihrer Einrichtung. Die tägliche (Väter-) Arbeit hat sich in den
letzten 14 Tagen grundlegend verändert.
Auch für
unsere Zielgruppe: Väter, die zuhause arbeiten können oder müssen, fragen sich,
wie sie dies geregelt bekommen, wenn sie gleichzeitig Kinder betreuen und/ oder
beschulen sollen. Väter, die täglich noch zum Arbeitsplatz fahren machen sich
Gedanken wie lange das noch gut geht und die in den systemerhaltenden Berufen
arbeiten bis zum Limit oder darüber hinaus.
Das sind in
jedem Fall belastende und Konflikt befördernde Situationen für Väter (und
Mütter) in den Familien, vor allem vor dem Hintergrund, dass Freizeit-,
Bildungs- und Beratungsangebote in der herkömmlichen Form vorläufig nicht
zur Verfügung stehen. In den Medien sind bereits Berichte über die Zunahme von
Konflikten und Gewalt im häuslichen Umfeld zu lesen.
• Umgang mit
wirtschaftlichen Sorgen und Ängsten
• Gestaltung des Familienalltags in Zeiten der Schul- und Kitaschließungen
• Kommunikationstipps für die Partnerschaft in der Krise
• Unterstützung der Kinder beim Lernen
• Umgang mit Krisensituationen, insbesondere wenn die Kinder bei der Mutter
leben
• Unterstützung werdender Väter. Was tun, wenn ich als Vater nicht mit in den
Kreissaal darf?
• Das Positive nicht aus dem Auge verlieren …
• …
gibt es aber
gar nicht. Und auch väter- und männerspezifische Beratungsangebote sind eher selten
(www.männerberatungsnetz.de). Dazu
kommen für Sie Sorgen um die eigene Gesundheit und die Zukunft Ihrer
Einrichtung und deren Angebote.
Die
Geschäftsstelle der LAG Väterarbeit möchte diese ‚kontaktlose‘ Zeit nutzen,
gemeinsam mit Ihnen zu überlegen, was Väter jetzt brauchen, welche Angebote wir
ihnen machen können und wie wir und die Väter die Erfahrungen, die jetzt
gemacht werden, auch in Zukunft nutzen können.
Denn mehr
Zeit mit und für die Kinder zu haben ist ja (eigentlich) das, was sich die
große Mehrheit der Väter wünscht.
Ich lade Sie daher herzlich
dazu ein, Ihre Gedanken und Ideen aber auch Sorgen und Befürchtungen mit mir zu
teilen. Zunächst per Mail, wir werden uns in den nächsten Tagen aber auch
Gedanken zu interaktiveren Formaten machen. Alle die mitmachen bekommen die
gesammelten, anonymisierten Ergebnisse zurück und wir werden Sie dabei
unterstützen, die Ideen und Vorschläge bei Ihrer zukünftigen Arbeit umzusetzen.
In diesem
Sinne freue ich mich auf Ihre Rückmeldungen. In jeder Krise steckt auch eine
Chance und die können und müssen wir jetzt nutzen.
Aufgrund der Coronakrise wird das öffentliche Leben stark
eingeschränkt und es gilt die dringende Empfehlung, soziale Kontakte möglichst
zu vermeiden. Für Kinder fühlt sich die Zeit bereits jetzt wie eine Ewigkeit
an. Daher sollte klar sein: Die Rechtsordnung verbietet den Umgang des Kindes
mit beiden Elternteilen nicht, sondern sorgt für eine kindeswohlgerechte
Regelung des Umgangs.
1. Was bedeutet die Coronakrise für Umgang und Sorge mit
Kindern, wenn die Eltern getrennt leben?
Zunächst einmal: Die Coronakrise ändert nichts daran, dass
minderjährige Kinder auf ihre Eltern angewiesen sind, um eine Persönlichkeit zu
entwickeln. Der regelmäßige Umgang eines Kindes mit jedem Elternteil gehört
deshalb in der Regel zum Wohl des Kindes. Das Kind hat daher ein Recht auf Umgang
mit jedem Elternteil, das der andere Elternteil nicht ablehnen kann. Der Umgang
kann in Ausnahmefällen für das Kind schädlich sein. Das beurteilt im Einzelfall
das Familiengericht. Das Familiengericht kann den Umgang regeln, einschränken
oder ausschließen, wenn dafür die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind.
2. Was bedeutet die Empfehlung, soziale Kontakte zu
vermeiden, für den Umgang?
Die Empfehlung, soziale Kontakte möglichst zu vermeiden,
bezieht sich nicht auf die Kernfamilie, auch wenn die Eltern nach einer
Trennung in zwei getrennten Haushalten leben. Kinder sollen selbstverständlich
auch weiterhin sozialen Kontakt zum anderen Elternteil behalten. Hinzu kommt:
Gibt es eine Umgangsregelung oder eine gerichtliche Entscheidung zum Umgang,
gilt sie trotz der Coronakrise weiter. Bei der Frage, wie man die persönliche
Begegnung zwischen Eltern und Kind in Zeiten der Coronakrise am besten
organisiert, dürfte eine Rolle spielen, wie das Kind zum anderen Elternteil
gelangt und ob es auf dem Weg zu ihm mit weiteren Personen in Kontakt kommen
würde bzw. wie sich das vermeiden ließe.
3. Wie kann eine Umgangsregelung oder eine gerichtliche
Entscheidung an die aktuelle Situation angepasst werden?
Ergibt sich Bedarf für eine Änderung der Umgangsregelung,
sind alle Beteiligten aufgerufen, eine einvernehmliche Lösung zu finden. Der
Weg zum Familiengericht ist weiterhin möglich, wenn eine solche Lösung
scheitert. Das gilt auch für die Frage, ob das Kind von einem Elternteil zum
anderen Elternteil wechseln soll.
4. Was gilt, wenn eine Umgangsregelung krisenbedingt
nicht eingehalten wird?
Befindet sich das Kind bei einem Elternteil und tritt
vorübergehend ein Umstand ein, der dem Wechsel des Kindes zum anderen
Elternteil entgegensteht, so muss darin im Einzelfall nicht zwangsläufig eine
schuldhafte Verletzung der Umgangsregelung zu sehen sein. Ein Ordnungsgeld
wegen Umgangsverweigerung kann dann nicht verhängt werden. Der Elternteil, der
von der Umgangsregelung abweicht, muss aber in einem Ordnungsgeldverfahren darlegen,
dass er die Zuwiderhandlung gegen die Vereinbarung nicht zu vertreten hat.
5. Welche Umstände können eine Änderung der
Umgangsregelung notwendig machen?
Nicht jeder Umstand steht einem Wechsel des Kindes zum
anderen Elternteil entgegen.
Erkrankt das Kind beispielsweise an einer nicht hoch infektiösen Krankheit,
kommt es für den Wechsel etwa auf die Transportfähigkeit des Kindes an.
Grundsätzlich sind beide Eltern für die Betreuung des erkrankten Kindes
zuständig, so dass der Wechsel des Kindes zum anderen
Elternteilkindeswohlgerecht sein kann.
Durch die Coronakrise sind aber einige besondere Umstände denkbar:
Ein nur allgemeines Risiko – wie die Möglichkeit, auf dem Weg in einen
Verkehrsunfall zu geraten oder sich unterwegs trotz Vorsichtsmaßnahmen zu
infizieren – dürfte nicht zur Rechtfertigung einer Abweichung von der
Umgangsregelung ausreichen. Zudem dürfte eine landesweite Ausgangs- oder
Kontaktbeschränkung, die Kontakt zur Wahrnehmung des Sorge- oder Umgangsrechts
weiterhin erlaubt, kein Hindernis darstellen.
Anders könnte dies unter anderem zu beurteilen sein, wenn das Kind im anderen
Elternhaus Kontakt zu einer positiv getesteten Person zu erwarten hat oder wenn
das Kind, ein Elternteil oder eine andere dem Haushalt eines Elternteils
angehörige Person zu einer Risikogruppe gehört.
In jedem Fall sind diese Umstände im Hinblick auf das Wohl des konkreten Kindes
im Rahmen der elterlichen Entscheidung oder im Streitfall einer gerichtlichen
Entscheidung (über die Verweigerung des Umgangs bzw. Verweigerung der
rechtzeitigen Rückkehr des Kindes) zu bewerten. Dabei ist auch das Verhalten
der beiden Elternteile – insbesondere zur Risikobegrenzung – einzubeziehen.
6. Was ist, wenn keine persönliche Begegnung mit dem
anderen Elternteil, den Großeltern oder anderen Bezugspersonen möglich ist?
Das Umgangsrecht zielt vor allem auf die Ermöglichung einer
persönlichen Begegnung. Ist eine persönliche Begegnung eines Elternteils mit
dem Kind aber nicht möglich, kann es sich ggf. anbieten, verstärkt die
Möglichkeit des Umgangs „auf Distanz“ zu nutzen. Telefon und Videoanrufe können
dazu beitragen, dass der Kontakt zum anderen Elternteil in den kommenden Wochen
aufrecht erhalten bleibt. Dasselbe gilt, wenn die Entfernung zwischen den
elterlichen Haushalten womöglich bedingt durch die Auswirkungen des Virus
schwer zu überwinden ist. Selbstverständlich sind diese Kommunikationsformen
auch eine gute Möglichkeit, damit das Kind mit seinen Großeltern und anderen
Bezugspersonen Kontakt halten kann.
Experten sehen momentan keine Veranlassung, Väter von der
Geburt auszuschließen, sofern keine Covid-Erkrankungssymptome vorliegen.
Die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e. V. (DGGG) weist darauf hin, dass die World Health Organisation (WHO) und die europäischen gynäkologischen Fachgesellschaften keine Evidenz dahingehend sehen, die PartnerInnen von gebärenden Frauen von der Geburt auszuschließen, sofern sie nicht positiv auf SARS-CoV-2 getestet sind oder Krankheitssymptome haben.
„Gleichzeitig appellieren wir aber auch an das
Verantwortungsbewusstsein der Schwangeren und ihrer PartnerInnen, vorhandene
Symptome nicht zu verschleiern. Das würde andere Familien und auch das
Krankenhauspersonal unnötig in Gefahr bringen“, warnt DGGG-Präsident Prof. Dr.
Anton J. Scharl in Anbetracht der anhaltend hohen Infektionszahlen.
Die PartnerInnen im Kreißsaal erfüllen wichtige Funktionen
unter der Geburt. Nicht zuletzt leisten sie in diesem besonders vulnerablen
Moment essentiell wichtigen mentalen Beistand für die Gebärenden. Die DGGG
empfiehlt daher Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und den Landesministerien,
dies bei Ihren Erlassen und Verordnungen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie zu
berücksichtigen.
Unsere Empfehlung
Die
DGGG ruft alle Verantwortlichen des Bundes und der Länder dazu auf, die
wichtige Funktion der PartnerInnen der Gebärenden im Kreißsaal zu
unterstützen.
Die
DGGG empfiehlt den Kliniken, dafür Sorge zu tragen, dass die Gebärenden im
Kreißsaal durch ihre PartnerInnen während der Geburt unterstützt werden
können und entsprechende Regelungen zu schaffen, die gleichzeitig den
Schutz aller im Kreißsaal Tätigen unter diesen Bedingungen gewährleisten.
Empfehlungen zu Maßnahmen für die geburtshilfliche
Versorgung in deutschen Krankenhäusern und Kliniken sowie Hinweise für Schwangere
im Zusammenhang mit dem Coronavirus finden Sie auf www.dggg.de. Bitte beachten Sie
zudem die tagesaktuellen Warnhinweise des Robert-Koch-Instituts.
Die Zeichen verdichten sich, dass die mit der Corona-Krise
verbundenen Einschränkungen zu einer Zunahme häuslicher Gewalt führen.
Deshalb veröffentlichen die drei Dachorganisationen der
Fachleute für Jungen-, Männer- und Väterarbeit in Deutschland (Bundesforum
Männer), Österreich (Dachverband
Männerarbeit Österreich) und der Schweiz (männer.ch)
am Mittwoch, 25. März, ein „Survival-Kit für Männer unter Druck“.
Das Merkblatt formuliert Empfehlungen zum Selbstmanagement,
damit Männer gewaltfrei durch die Krise kommen. Das Merkblatt liegt bereits in
acht Sprachen vor. Weitere neun werden folgen (Serbokroatisch, Portugiesisch,
Türkisch, Kurdisch, Arabisch, Farsi / Dari, Tigrinya, Russisch und Tamilisch).
Um der angespannten Lage in der Corona-Krise schnell
Rechnung zu tragen, wurde das Projekt in hohem Tempo aufgegleist: Zwischen Idee
und Umsetzung liegen nur gerade 48 Stunden: 6 erfahrene Fachmänner aus 3
Gewaltberatungsstellen (Agredis Luzern, mannebüro züri
und Fachstelle
Gewalt Bern) haben am Montag, 25. März, die Empfehlungen erarbeitet
und fachlich abgestützt. 16 Übersetzer_innen haben die Empfehlungen am Tag
darauf übersetzt.
Diese Initiative zur Prävention häuslicher Gewalt wurde von
männer.ch im Rahmen des nationalen Programms MenCare
Schweiz angeregt. Wir sagen ganz herzlich Danke an alle, die schnell
und unkompliziert dazu beigetragen haben.
‚Vater werden ist nicht schwer, Vater sein dagegen sehr …‘
dichtete Wilhelm Busch vor 150 Jahren. Zumindest der zweite Teil des Satzes
gilt bis heute und die Schwierigkeiten haben sich noch erhöht. Vater sein
reicht nicht mehr aus. Die allermeisten Männer die heute Vater werden nehmen
sich vor, ein guter Vater zu sein, es besser zu machen als sie es selbst erlebt
haben. Aber wie geht das, ein guter Vater zu sein, wenn es an erlebten
Vorbildern mangelt. Und, ist überhaupt ausgemacht, was ein Vater ist. Ist er
sowas wie ein Mupa? Eine Kopie der Mutter, oder zumindest ihr guter Assistent?
Es gibt inzwischen zahlreiche Väterratgeber und Erfahrungsberichte von Vätern,
die Elternzeit gemacht haben und davon berichten, vor welchen Herausforderungen
junge Väter und Mütter stehen, die sich aus alten Rollenvorstellungen
emanzipieren wollen und dabei über einen Rollentausch
Björn Vedder bearbeitet in seinem Buch ‚Väter der Zukunft‘ das
Thema völlig anders, in Form eines philosophischen Essays. Er ist von Beruf
Philosoph, Publizist und Kurator im Europäischen Künstlerhaus Oberbayern.
Außerdem ist er selbst Vater von zwei Töchtern und hat selber von den
Erfahrungen zwei grundverschiedener Väter profitieren können.
Mit seinem 150seitigen Essay möchte er Väter aus dem
Schatten des eigenen abwesenden Vaters befreien. Dazu braucht es eine
Beschreibung, wie und was Väter heute sein können und zwar ‚jenseits von
Überkommenen Männlichkeitsvorstellungen, patriarchalen Familienmodellen oder
der Idee einer geschlechtslosen Elternschaft‘. Um es vorwegzunehmen, diesen
Anspruch löst er auch tatsächlich ein und es lohnt sich wirklich, das Buch
Seite für Seite zu lesen, es regelmäßig zur Seite zu legen und die Thesen,
Geschichten und Berichte aus eigenen Erfahrungen, die Vedder virtuos verknüpft,
wirken zu lassen.
Er betrachtet das, was er herleitet, als einen Vorschlag an
Männer, sich von der tradierten Rolle des Patriarchen zu emanzipieren, ohne
einfach die Mutterrolle zu kopieren. Eine angemessene Beschreibung der
Vaterrolle unterstützt sie dabei. Kinder brauchen, das zeigt die
Bindungsforschung, zwei verschiedene, sich ergänzende Bezugspersonen. Eine mit
der sie eine symbiotische Beziehung pflegen und eine andere, die diese
Beziehung nach außen, zur Gesellschaft, zur Welt hin öffnet. Letztere Aufgabe
nehmen die wahr, die üblicherweise ‚Vater‘ genannt werden.
Nach dieser kurzen Beschreibung des Selbstverständlichen
wird es schnell grundsätzlich. Eine Erziehung, die auf der Logik des
Kapitalismus, des Wachstums basiere bereite Kinder nicht darauf vor mit
zukünftigen Herausforderungen des Lebens vor. Das Leben sei keine Goldmine, die
es auszubeuten gelte. Es sei elementar auch mit Verlusten umgehen zu können
gerade weil die Logik des Kapitalismus derartige Erfahrungen ausschließe. An
dieser Stelle komme dem Vater eine zentrale Bedeutung zu: Vedder schlägt vor, ‚dass
sich in der Figur des Vaters ein Ort für diese Erfahrungen findet, … dass es
eine Aufgabe der Väter ist, den Umgang mit Verlust und Verzicht wieder in unser
Leben zu integrieren. Ebendas macht sie zu Vätern der Zukunft.‘
Damit dies gelingen kann, benötigen Väter eine Bedeutung in
der Erziehung der Kinder. Wie diese Rolle auf der ‚familiären Bühne‘ aussehen und
wie sie wahrgenommen werden kann beschreibt der Autor in den folgenden
Abschnitten. Ein roter Faden dabei ist Aspekt der Selbstbeschränkung und des
Verzichts. Er wendet sich explizit gegen eine ‚Eventisierung des Familienlebens‘:
‚Der einzige Ausweg daraus wäre freilich, in das Leben zurückzukehren. Eine
Grenze zu ziehen. Den Sprung in die Beschränkung zu wagen. Sich für das eine
Wirkliche gegenüber den vielen Möglichkeiten zu entscheiden. Entweder oder zu
sagen und zu leben.‘
Es ist Aufgabe des Vaters sich für das gute Leben anstelle
eines schönen Lebens zu entscheiden, nur dann werde er der Bedeutung des Kindes
als eigenständigen Subjektes gerecht. ‚Es ist ein Wesen, das nicht nur eine
Bedeutung für mich hat, sondern für das es selbst Bedeutung gibt.‘ Dieser
Perspektivwechsel auf die Unverfügbarkeit seiner Kinder ist gleichzeitig der
Wechsel ‚vom ästhetischen Standpunkt auf den ethischen, vom schönen Leben in
das gute Leben.‘
In diesem guten Leben gilt es, Entscheidungen zu treffen und
nicht einfach nach Gusto alles zu tun oder zu lassen. Um diese Freiheit,
entscheiden zu können wie ich mich den Dingen, die mir begegnen gegenüber
verhalte, ausüben zu können ist es aber wichtig so wie der Sänger das ganze
Lied vor Augen hat, als Vater das ganze Leben in den Blick zu nehmen, also zum
Tode vorzulaufen. ‚Zum Tode vorzulaufen heißt also, das eigene Leben in den
Griff zu bekommen, es zu leben und nicht nur zu erleben, es zu singen.‘
Was es konkret bedeuten kann, das ‚väterliche Sein zum Tode‘
einzusetzen um den Herausforderungen der Zukunft angemessen begegnen zu können,
verdeutlicht Vedder am Beispiel des Klimawandels. Mit dem Bild des von
Aristoteles skizzierten Hausvaters beschreibt er worauf es ankommt: es geht ‚weniger
um den Erwerb als um die Pflege der Dinge, weniger um ihren Konsum als um ihren
Erhalt. … Die Reflexion unseres Konsums in Bezug darauf, was er mit uns macht,
ist eine Möglichkeit für Väter, unser Wirtschaften zu verändern.
Das aus der Möglichkeit im Zuge der Corona-Pandemie so
schnell eine wirkliche Herausforderung, nicht nur für Väter geworden ist, hat
Vedder nicht ahnen können. Alle Eventgelegenheiten sind geschlossen, soziale
Kontakte außerhalb der Kernfamilie weitestgehend eingeschränkt und Krankheit
und Tod kommen via Bildschirm und soziale Medien in jedes Haus und Verzicht und
Verlust sind zum Alltag geworden. Die noch existierenden patriarchalen
Strukturen sind genauso ratlos wie die ansonsten so lautstarken Populisten. Sie
versuchen zwar noch mit haarsträubenden und erlogenen Geschichten Einfluss zu
nehmen, werden aber im weiteren Verlauf der Krise verstummen. Sie haben im
wahrsten Sinne des Wortes Nichts zu sagen.
Worauf es ankommt und diese Rolle kommt in den Familien den
Vätern zu, vom Ende der Krise her, im Rahmen einer Regnose, zurückblickend mögliche,
positive und mutmachende Szenarien zu beschreiben. Was das Klima angeht die
Tatsache, dass in diesem Jahr weltweit der CO² Ausstoß sinken wird. Die Bilder
aus Italien mit auf den Balkonen singenden Menschen und den neuen Solidargemeinschaften
die überall entstanden sind. All das sind Geschichten, die Väter erzählen
können, wenn sie mit ihren Kindern am Fluss des Lebens sitzen.
Der philosophische Essay von Björn Vedder ist absolut
empfehlenswert, weil er gerade heute, in dem alte Gewissheiten und Ordnungen
ins Wanken geraten, Männern eine Möglichkeit bietet für ihr Vatersein einen (Nach-)
Denkraum zu öffnen und vielleicht erstmalig Sicherheit in ihrer Rolle als Vater
zu gewinnen. Für diejenigen, die auch im Krimi zuerst das Ende lesen, das kurze
Resümee von Vedder findet sich im einseitigen 8. Kapitel.
In der Zeit unmittelbar vor der Geburt und in der Frühphase
der Elternschaft werden Entscheidungen getroffen, die richtungsentscheidend für
die Ausgestaltung des Familienlebens und die Aufteilung von bezahlter Erwerbs-
und unbezahlter Familienarbeit sind. Junge Familien wünschen sich seit langem
und gleichberechtigte Teilhabe sowie eine partnerschaftliche Aufteilung von
beiden Sphären. Damit sie ihre Wünsche und Lebenskonzepte realisieren können
brauchen sie passende Rahmenbedingungen. Dies ist seit langem bekannt und
politisch diskutiert.
Bereits in der ersten Lesung zur Einführung des
Mutterschaftsurlaubs im März 1979 wird unter Bezugnahme auf die Wünsche junger
Familien, eine partnerschaftliche Aufgabenteilung zu leben, von den Rednern und
Rednerinnen der Regierungsparteien (SPD und FDP) bedauert, dass aus
abstimmungstaktischen Gründen, Väter von dem geplanten Vorhaben ausgeschlossen
werden müssen. Bundesarbeitsminister Ehrenberg (SPD) bezeichnete das Gesetz aber
dennoch als „Beitrag zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie …
und bedauert, dass er nur den Mutterschutz für die leibliche Mutter
fortentwickelt und nicht die Väter und Adoptiveltern miteinbezieht.
In der zweiten Lesung am 10. Mai 1979 verstärkt die
Abgeordnete Matthäus-Maier (FDP) diesen Gedanken. Eine Wahlmöglichkeit der
Eltern wäre „ein guter Beitrag zur Auflockerung der starren Rollenverteilung
gewesen, … die wir ja heute immer noch haben. … bei einer alternativen
Möglichkeit für Vater oder Mutter wüßte ja ein Arbeitgeber, der eine junge Frau
einstellt, nicht, ob nicht möglicherweise, wenn die Frau schwanger wird, der
Vater den Elternurlaub in Anspruch nimmt, so daß auf diese Weise die Gefahr der
Benachteiligung verringert würde. … Aber eines ist klar: Bei der wachsenden
Erkenntnis gerade auch junger Väter, daß es für sie nicht nur eine Pflicht ist,
an der Kindererziehung teilzunehmen, sondern daß sie sich damit ein Recht
nehmen, das ihnen jahrhundertelang verweigert worden ist: sich um ihre Kinder
zu kümmern.“
Mit dem Inkrafttreten des BEEG zum 1. Januar 2007 ist den
Vätern dieses Recht zugesprochen worden und in den vergangenen 13 Jahren ist
das Gesetz durch verschiedene Änderungen den Bedürfnissen von jungen Müttern
und Vätern entgegengekommen.
Die jetzt vorgeschlagenen Novellierungen
Erhöhung der während der Elternzeit zulässigen
Arbeitszeit
Flexibilisierung des Partnerschaftsbonus sowie
der
Zusatzmonat für Eltern, deren Kind sechs Wochen
oder noch früher geboren wurde,
stellen weitere Schritte in diese Richtung dar.
Zu 1. Die während der Elternzeit mögliche Erwerbsarbeitszeit
wird von 30 auf 32 Stunden angehoben. Dies entspricht in etwa einem
Stellenumfang von 80% und wird vor allem Väter in verantwortungsvollen
Tätigkeiten ermutigen, ElterngeldPlus Monate in Anspruch zu nehmen.
Zu 2. Hier wird zum einen der Arbeitszeitkorridor von 24 bis
32 Stunden wöchentliche Arbeitszeit erweitert und die Mindestanzahl der
Partnerschaftsbonusmonate auf zwei reduziert. Eine wesentliche Reduzierung des
Rückzahlungsrisikos stellen die Regelungen in §4b Abs. 5 dar.
Durch diese Regelungen wird die Hürde, eine partnerschaftliche Aufgabenteilung
einfach mal auszuprobieren, deutlich abgesenkt.
Denjenigen, die aber bereits eine 50/50 Regelung leben, bleiben die
zusätzlichen Bonusmonate aber weiterhin vorenthalten.
Zu 3. Eine Frühgeburt vor der 34 SSW stellt Väter und Mütter
vor erhebliche Belastungen und ein zusätzlicher Elternzeitmonat ist ein
passendes Angebot, diesen Mehraufwand partnerschaftlich bewältigen zu können.
Die jetzt vorgeschlagenen Neuregelungen sind an den jeweiligen
Stellen sinnvoll, bleiben aber nach 30 Jahren Erfahrungen mit den bisherigen
Regelungen und vor allem vor dem Hintergrund des Anspruchs, Weichenstellung für
eine partnerschaftliche Arbeitsteilung zu sein, nicht gerecht.
Wir sehen weiteren Entwicklungsbedarf vor allem in folgenden
Punkten:
Ausweitung der für die Partner (Väter)
vorgesehenen Monate
Einführung einer Väterzeit unmittelbar nach der
Geburt im Sinne der europäischen Vereinbarkeitsrichtlinie
Anpassung der Einkommensgrenzen an den Preis-
bzw. Lohnentwicklungsindex
Ermöglichung des Elterngeldbezugs auch für
Getrennterziehende
Verhaltens- und Einstellungsänderungen werden am ehesten
durch eigene, neue Erfahrungen erreicht. Das Elterngeld ist im besten Falle ein
Experimentierfeld, dass Vätern und Müttern neue Erfahrungen ermöglicht;
Erfahrungen, die Sicherheit geben, neue Mischungsverhältnisse von Erwerbs- und
Fürsorgearbeit auch im Anschluss an die Elternzeit fortzuführen und die
nachhaltiger wirken als Forderungen und Appelle.