Es braucht eine aktive Männer- und Väterpolitik
Erstellt von Hans-Georg Nelles am Samstag 1. Dezember 2018
Erich Lehner, Obmann des Dachverbands der Männerarbeit Österreichs (DMÖ), beschreibt in einem Kommentar in ‚Der Standard‘ die Vorteile aktiver Vaterschaft: „Über die Bedeutung des Vaters lässt sich trefflich streiten. Beklagt wird seine Abwesenheit und im Zusammenhang damit der „Vaterhunger“, der als schwerwiegendes Defizit in der Entwicklungsgeschichte Heranwachsender wahrgenommen wird. Seine Wichtigkeit wie sein Mangel werden oft stark an der Bedeutung seiner Männlichkeit festgemacht.
So betonte schon Sigmund Freud die Bedeutung des Vaters ab der ödipalen Phase, wenn das Kind den Geschlechterunterschied zwischen Mutter und Vater erkennen kann. Bis dahin hält er die Beziehung zur Mutter für bedeutsamer. Hinter dieser Sichtweise steckt die Struktur der bürgerlichen Kleinfamilie, die dem Vater die Versorgung der Familie durch außerhäusliche Erwerbstätigkeit und der Mutter die Ernährung, die emotionale Versorgung und den Schutz des Kindes zuschreibt. Auch heute noch ist diese traditionelle Ansicht präsent, wenn es etwa heißt, dass für ein Kind unter drei Jahren die Mutter am wichtigsten ist.
Dagegen sieht die moderne Entwicklungspsychologie das „primäre Dreieck“ als basale Beziehungsstruktur an, in der beide Elternteile und das Kind vom Anfang an miteinander verbunden sind. Damit ist einerseits gesagt, dass ein Neugeborenes von Anfang an nicht nur zur leiblichen Mutter, sondern zu mehreren Personen Beziehung aufnehmen kann. Andererseits hat in diesem Beziehungsdreieck auch jede Teilbeziehung – also Mutter/Kind, Vater/Kind, Mutter/Vater – ihre eigenständige Bedeutung und wirkt sich auf die Entwicklung des Kindes aus. Ein Vater ist wichtig von der Empfängnis an und seine Präsenz hat positive Auswirkung auf die Entwicklung von Kindern. „Umfassendes väterliches Engagement,“ so formuliert der Vaterforscher Wassilios Fthenakis, „wirkt sich insbesondere auf die Entwicklung kindlicher Eigenschaften wie Empathie, soziale Kompetenz, schulische Leistungsfähigkeit und Problembewältigungsfertigkeiten aus“.
Worin besteht nun seine Wirkmächtigkeit? Die von Fthenakis angesprochenen positiven Auswirkungen wurden bei Kindern festgestellt, deren Väter 40 Prozent und mehr der alltäglichen Versorgungsarbeit übernommen haben. Die Bindungsqualität zwischen Vätern und Kinder ist ab einem gewissen qualitativen Niveau durch vermehrte Anwesenheit nicht mehr zu steigern. Was jedoch zur Vertiefung der Beziehung beitragen kann, ist die Involvierung in reproduktive und pflegende Tätigkeiten. Je mehr sich also Väter zu Hause engagieren, desto unterstützender werden sie von ihren Kindern wahrgenommen. …“