Im Gespräch mit Jochen Metzger berichtet Wassilios Fthenakis über seine für das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend durchgeführte Studie ‚Die Rolle des Vaters in der Familie‘ aus dem Jahr 2002
Herr Fthenakis, Sie haben vor einigen Jahren das Selbstbild der Väter untersucht. Wie sehen sich die Väter denn?
Etliche Forscher haben immer wieder gefragt: Wie viele Stunden verbringt der Vater mit den Kindern? Welche Aufgaben übernimmt er in der Familie? Von welcher Qualität ist die Vater-Kind-Beziehung? Mich hat dagegen das Idealbild, die subjektive Konstruktion von Vaterschaft interessiert, das Vaterschaftskonzept aus der Sicht der Väter und der Mütter. Und da habe ich mit meiner Kollegin Beate Minsel in der Tat etwas Überraschendes festgestellt: Zwei Drittel der Männer zwischen 22 und 45 Jahren definieren sich selbst im Sinne einer sozialen Vaterschaft. Das heißt: Nicht mehr das Brotverdienen steht an erster Stelle, sondern das Interesse an und die Beschäftigung mit den Kindern und der Familie. Das war ein völlig neuer Befund, den man bis dahin in dieser Form nicht kannte. Nur 33 Prozent haben das traditionelle Bild von Vaterschaft vertreten – nämlich das als Brotverdiener.
Dieses Vaterschaftskonzept entsteht, sobald sie Väter werden?
Nein, das beginnt schon deutlich früher. Dieses Idealbild von der sozialen Vaterschaft findet man bereits bei jungen Männern Anfang 20, die noch gar keine Kinder haben. Es entwickelt sich also sehr früh und bleibt dann im weiteren Familienverlauf bestehen.
Was erwarten denn die Frauen von ihren Partnern?
Auch das hat uns überrascht: Die Frauen waren mit den Männern einer Meinung. Die meisten hatten das Idealbild einer sozialen Vaterschaft – nur ein Drittel der Frauenvertrat ein traditionelles Ideal und sah ihren Partner in erster Linie als Brotverdiener.
Wie gut passt das väterliche Ideal zu dem, was in den Familien tatsächlich passiert?
Da sehen wir, dass das Selbstbild in keiner Weise mit der Realität übereinstimmt. Väter und Mütter sagen zwar: Wir wollen beide für die Kinder da sein. Wenn dann aber das erste Kind geboren wird, geht der Vater weiter arbeiten – und zwar in Vollzeit, nicht selten mit Überstunden. …
Der Mann verdient das Geld, die Frau kümmert sich um den Haushalt und die Kinder – dieses Modell hat über viele Generationen funktioniert. Was soll daran schlecht sein?
Es macht die Frauen unzufrieden, vor allem jene, die eigentlich gut ausgebildet sind und weiterarbeiten wollen, aber wegen der Kinder zu Hause bleiben. Diese Gruppe war in unseren Untersuchungen besonders unglücklich.
Die Männer haben damit kein Problem?
Doch, natürlich. Die Väter erleben denselben inneren Konflikt, den man von berufstätigen Müttern kennt. Es fällt ihnen schwer, Beruf und Familie zu vereinbaren. Das gilt für mehr als ein Drittel der Väter. Neuere Studien bestätigen diesen Befund.
Welchen Einfluss hat das für Familie und Partnerschaft?
Wir haben darin die wichtigste Quelle für Probleme innerhalb der Elternbeziehung entdeckt. Wenn ein Mann ein egalitäres Selbstbild vertritt, Beruf und Familie vereinbaren möchte, seine Frau aber zu Hause bleibt und ein eher konservatives Konzept vertritt, dann kann man sehen, dass dadurch das Wohlbefinden des Mannes beeinträchtigt wird, Konflikte in der Partnerschaft entstehen und seine Akzeptanz und Wertschätzung gegenüber der Frau leidet. Dies erfolgt aber nicht in gleicher Weise, wenn die Frau ebenfalls egalitär ausgerichtet ist.
Wie bewusst ist den Vätern ihr eigenes Selbstbild?
Das ist unterschiedlich. Es gibt eine Gruppe von Männern, die das reflektieren. Die meisten erleben es jedoch unbewusst. Sie kommen in eine diffuse Situation hinein, in der sie sich irgendwie unwohl fühlen. Aber sie können sich nicht rational erklären, woran das eigentlich liegt.
Sie sagen: Wenn Vater und Mutter unterschiedliche Idealvorstellungen von Vaterschaft haben, ergeben sich Konflikte. Was raten Sie Vätern konkret?
Ein guter Vater sollte sehr viel Zeit und Energie in die Qualität seiner Partnerschaft investieren. Wie gut er und seine Partnerin sich verstehen, ihre Beziehung auf gegenseitige Wertschätzung aufbauen – das sind die Dimensionen mit der stärksten Vorhersagekraft für die Entwicklung der Kinder. Vereinfacht gesagt: Glückliche Paare sind in der Regel auch gute Eltern. …“
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