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Was es heißt Vater zu sein

Erstellt von Hans-Georg Nelles am Dienstag 19. Juni 2012

Boeblinger-VaeterHüsnü Gülden hat seine Haare zu einem Zopf gebunden, der 38-Jährige hält eine Hantel in der Hand und hat einen Blick aufgesetzt, der signalisiert: leg dich nicht mit mir an! „Ich arbeite hart, mache viele Überstunden“, sagt er. 13war er, als er nach Deutschland kam, wo die Eltern schon lange arbeiteten. Zu alt, um noch eine vernünftige Schullaufbahn zu schaffen. Er lernte Deutsch und begann zu schaffen. Heute ist Gülden Lagerarbeiter in Holzgerlingen. Seine vier Kinder sollen es einmal besser haben. Der Älteste, 16 Jahre, besucht die Realschule, die zwei Jahre jüngere Tochter das Gymnasium.

Hüsnü Gülden gehört zur Böblinger Vätergruppe. Einmal im Monat treffen sich türkische Männer, um über ihre Rolle in der Familie nachzudenken. Sie sind zwischen Anfang 30 und Mitte 50. Bandarbeiter, Elektromechaniker, Versicherungsvertreter, ein Optiker, ein Pädagoge. Konservative Männer sind darunter, religiöse, liberale und moderne. Ihre Probleme unterscheiden sich kaum von denen deutscher Männer.

Mehr Zeit für ihre Kinder wünschen sie sich. Erfolg in Schule und im Beruf soll der Nachwuchs haben. Serdar Ertürk ist eine treibende Kraft der Gruppe. Er genießt den Respekt aller Teilnehmer, obwohl er als Einziger keine eigenen Kinder hat. Er sieht sich als „sozialer Vater“. Als Taekwandolehrer in Böblingen betreut er seit 20 Jahren Kinder und Jugendliche. Auch Hüsnü Gülden hat einst bei ihm trainiert, heute ist Serdar Ertürk der Lehrer seiner Kinder.

Die Vaterschaft ist für die meisten türkischen Männer etwas Selbstverständliches. Kinder gehören zum Leben. Man zerbricht sich – anders als die meisten Männer mit mitteleuropäischen Wurzeln – nicht lange den Kopf, welche Einschränkungen mit Nachwuchs verbunden sind. Wenn die Kleinen dann da sind, ist die Erziehung ja ohnehin Frauensache.

So war es zumindest bisher. Die Männer der Vätergruppe wollen anders sein als ihre eigenen Väter. Sie gehören zur zweiten Einwanderergeneration, sind hier geboren oder im Kindesalter nach Deutschland gekommen. Die Erziehungsmethoden und Wertvorstellungen, die die eigenen Eltern noch aus der Türkei mitbrachten, greifen für sie nicht mehr. Die Vätergruppe bietet die Möglichkeit, das eigene Verhalten zu reflektieren. Und es tut gut zu hören, dass auch in anderen Familien nicht immer alles glatt läuft.

Seit drei Jahren treffen sich die türkischstämmigen Männer in einem Raum am Böblinger Marktplatz, 20 bis 30 Väter kommen jedes Mal. Selbstbewusst sind die Teilnehmer mit der Zeit geworden, und sie möchten dieses Selbstbewusstsein nach außen tragen. „Wir wollen wahrgenommen werden als Väter, die sich einbringen“, sagt Hüsnü Gülden. So entstand die Idee für eine Ausstellung mit Porträts der Teilnehmer. Dafür engagierten die Männer den Fotografen Yakup Zeyrek aus Kornwestheim. Überwiegend in der Werbung arbeitet der 51-Jährige. Daneben hat er sich aber einen Namen als Fotograf für soziale Themen gemacht.

Die Bilder sind bis zum 13 Juli im Diakonischen Werk in Stuttgart zu sehen.

Quelle

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