Angehende Väter sollen offen über ihre Ängste sprechen
Erstellt von Hans-Georg Nelles am 11. Dezember 2010
Über die neue Rolle der Väter sprach Nicole Dolif mit Dr. Michael Abou-Dakn (49), Chefarzt für Frauenheilkunde und Geburtsmedizin im Tempelhofer St. Joseph-Krankenhaus.
‚Berliner Morgenpost: Herr Abou-Dakn, müssen Männer unbedingt mit in den Kreißsaal?
Dr. Michael Abou-Dakn: Das ist natürlich keine Pflicht. Jedes Paar muss das ganz individuell für sich entscheiden. Ich spreche oft mit Männern, die sagen, sie könnten kein Blut sehen und würden bei einer Geburt in Ohnmacht fallen. Diese Männer bestärke ich darin, es wenigstens zu versuchen. … Es gibt keine Studien, die beweisen, dass eine Geburt besser gelingt, wenn die Väter anwesend sind. Dennoch zeigt meine Erfahrung, dass eine Geburt für Paare eine ganz wesentliche Lebenserfahrung sein kann und die Väter sehr wohl eine Unterstützung für ihre Partnerin sein können.
Berliner Morgenpost: Und wie?
Dr. Michael Abou-Dakn: Indem sie schauen, was ihrer Partnerin jetzt gut tut. Sie stärken, unterstützen, ihr zeigen, ,gemeinsam schaffen wir das‘. Allerdings sollten die Männer nicht unterschätzen, dass eine Geburt auch bedrohlich wirken kann. Viele Männer neigen dann dazu, in dieser Situation in die Beschützerrolle zu verfallen. Doch das belastet das ganze Team. Es ist viel wichtiger, mit der Partnerin zusammenzuarbeiten, damit das Kind zur Welt kommt. Vielen fällt das leichter, wenn sie wissen, was auf sie zukommt.
Berliner Morgenpost: Aber kann ein Geburtsvorbereitungskurs für Männer da helfen?
Dr. Michael Abou-Dakn: Ich glaube schon. Wir haben Erfahrung mit solchen Kursen – schon seit mehr als zehn Jahren, und wir machen damit gute Erfahrungen. Wir hatten uns unter den Kollegen auch schon vorher mit dem Thema beschäftigt. Doch den Ausschlag, die Idee auch wirklich umzusetzen, gab bei mir die Geburt meines Sohnes vor zehn Jahren. Ich hatte zu dem Zeitpunkt bereits mehrere tausend Geburten begleitet. Doch als meine Frau im Kreißsaal war und unser Kind auf die Welt kam, war ich plötzlich nicht mehr Fachmann, sondern zuallererst mal Partner – und ähnlich hilflos wie andere Männer.
Berliner Morgenpost: Was genau lernen die Männer denn in Ihren Kursen?
Dr. Michael Abou-Dakn: Es geht dabei nicht um spezielle Wickeltechniken, sondern vielmehr darum, offen über eventuell mit der Geburt verbundene Ängste zu sprechen. Welche Rolle kann der Mann im Kreißsaal einnehmen, wie kann er helfen, und was bedeutet eigentlich die Entwicklung vom Partner zum Vater? Viele Männer gehen selbstbewusster in den Kreißsaal und auch in die neue Lebensphase, wenn sie sich vorher mit ihrer neuen Rolle auseinandersetzen konnten. Allein, unter Männern. …’
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