Je besser, desto weniger
Erstellt von Hans-Georg Nelles am Freitag 26. Januar 2007
In einem Gespräch mit dem Online Magazin changeX äußert sich der Familienforscher Hans Bertram zu gängigen Meinungen zum Thema ‚Demographie und Männer‘ und skizziert Möglichkeiten.
Immer mehr Männer in Deutschland wollen keine Kinder und die Frauen verwenden trotz ihrer geringeren beruflichen Präsenz nicht mehr Zeit für Kinder auf als Frauen in den Nachbarländern. Stehlen sich die Deutschen aus der Verantwortung?
Ich weiß nicht, ob die Männer keine Kinder mehr wollen oder ob sie einfach keine Gelegenheit mehr haben – das ist ein Unterschied. In Europa ist die Zeitverwendung in den Haushalten recht ähnlich; und da bleibt nicht sehr viel zusätzliche Zeit zu investieren. Man sollte solche Fragen mit ihren moralischen Implikationen vorsichtig beantworten.
Woran liegt es dann, wenn die Geburtenrate so niedrig ist?
Es ist eindeutig, dass in den modernen Berufen, zum Beispiel in der Informationstechnologie, im Bankenwesen und in anderen Dienstleistungsberufen, die Partner- und Kinderlosigkeit eine ganz normale Lebensform geworden ist. In der Publizistik zum Beispiel sind rund 70 Prozent der 40- bis 50-jährigen Männer kinderlos – aber die Strafe folgt auf dem Fuße: 40 Prozent haben auch keine Partnerin. Wenn man dagegen Industriebetriebe oder den Fachhandel betrachtet, sind Partner und Kinder die Regel. Bei Frauen sieht das ähnlich aus … die Lebenssituationen sind einfach so geworden, dass keine Zeit für Liebe und Kinder da ist. …
Was kann man tun, wenn man etwas verbessern will?
Wir haben es in Deutschland vollkommen versäumt, darüber nachzudenken, wie man die Lebenszeit von jungen Erwachsenen vernünftig organisiert … Die dritte Möglichkeit ist, zu überlegen, wie man die Väter an der Fürsorge für Kinder beteiligen kann – denn das ist keine genetische Differenz, sondern eine kulturelle. Fürsorge ist nicht etwas Weibliches, sondern eine Gesellschaft kann das auch ganz anders organisieren, wie zum Beispiel der Zivildienst junger Männer zeigt. Man wird sehen, ob hier die Elternmonate etwas bewirken, oder ob man vielleicht zu anderen Lösungen greifen muss. Zum Beispiel erwarten amerikanische Finanzdienstleister von ihren Mitarbeitern, dass sie sich einen Nachmittag pro Woche sozial engagieren – was dazu geführt hat, dass die Bereitschaft, Fürsorge für andere zu übernehmen, deutlich gestiegen ist.
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