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Archiv für September 25th, 2017

‚Teilzeitarbeit des Vaters bedeutet, dass die Mutter ihr Arbeitspensum aufstocken muss.‘

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 25. September 2017

Im Interview mit Sven Broder und Frank Heer zieht Andreas Borter in der Zeitschrift annabelle eine Bilanz seiner 30jährigen Tätigkeit als Väter- und Genderexperte in der Schweiz und wirbt vehement dafür, dass Männer die Chancen der Emanzipation für sich erkennen und nutzen.

„… Es ist schade, dass die Erstarkung der modernen Frau die Männer allgemein nicht auch gestärkt hat.

Sie sind also keiner dieser Maskulinisten, die über die Emanzipation und den Feminismus wettern und die Zeit am liebsten zurückdrehen würden?
Im Gegenteil. Die Emanzipation bietet auch für den Mann Chancen und Möglichkeiten. Das gesprengte Korsett der Frau kann man auch als den gesprengten Panzer des Mannes betrachten. Aber statt den Gewinn aus der Emanzipation für sich fruchtbar zu machen, deklariert er sich lieber zum Verlierer.

Sie haben schon in den Achtzigerjahren eine Selbsthilfegruppe für Männer und Väter gegründet – leisteten in diesem Bereich also Pionierarbeit.
Damals begannen wir auch damit, in der Arbeit mit Männern den Begriff Empowerment zu benutzen. Das Wort entlehnten wir der Frauenbewegung. Es bedeutet Ermächtigung. Wir forderten: Auch die Frau und Mutter muss ihre häusliche Rolle überdenken, in der sie sich installiert hat, nicht nur der Mann. Es kann keine Gleichstellung geben ohne die Ermächtigung des Mannes zum eigenständigen Vatersein. …

Nochmals grundsätzlich gefragt: Warum soll der Vater nicht 100 Prozent arbeiten dürfen, wenn die Mutter einverstanden ist und ihm der Job Freude bereitet?
Ich propagiere kein bestimmtes Familienmodell für unser Land. Doch die Zahlen einer Studie, die von Pro Familia in Auftrag gegeben wurde, sind eindrücklich: 90 Prozent der befragten Schweizer Männer wünschen sich eine Reduktion der Arbeitszeit, etwa um mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen zu können

Warum tun sie es nicht?
Vielleicht, weil sie den Mut nicht aufbringen, ihren Wunsch mit dem Arbeitgeber zu besprechen. Oder aus Angst vor höhnischen Bemerkungen von Arbeitskollegen. Es gibt aber auch Männer, die sich nicht trauen, ihre Bedürfnisse gegenüber ihren Partnerinnen zu formulieren. Statt mit ihnen ein Teilzeitmodell auszuhandeln, höre ich Sätze wie: «Meine Frau will lieber bei den Kindern sein.» Ich fragte dann: «Und was willst du?» In der Bundesverfassung ist die gemeinsame Verantwortung und die Gleichstellung von Mann und Frau in Beruf und Familie festgelegt. Es gibt kein Recht für die Partnerin, zuhause zu bleiben, so wenig, wie es eine Pflicht für den Partner gibt, die Ernährerrolle allein zu übernehmen. …

Im Herbst gehen Sie als Geschäftsleiter des Schweizerischen Instituts für Männer- und Geschlechterfragen (SIMG) in Pension. Haben Sie erreicht, was Sie wollten?
Mehr als das. Als ich vor über 30 Jahren in die Männerarbeit einstieg, hätte ich nicht zu träumen gewagt, dass sich in diesem Feld so viel bewegen würde. Darauf bin ich schon fast ein wenig stolz. Heute gehört es zum Selbstverständnis der meisten jungen Schweizer Männer, dass sie aktive Väter sein wollen und familiäre Beziehungen ernst nehmen. Sie reden mit, bringen sich ein. Erfüllung im Beruf ist immer noch wichtig, aber nicht mehr die absolute Priorität in einem Männerleben. Ich finde es auch gut, dass Genderfragen heute nicht mehr so verbissen ideologisch diskutiert werden wie damals. Wir waren eine Oppositionsbewegung, die sich dialogisch Schritt für Schritt vorangekämpft hatte. Heute ist die neue Väterlichkeit fast schon Mainstream geworden.

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