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Gefragt ist eine Chancengleichheitspolitik, die auch von Männern mitgestaltet wird

Erstellt von Hans-Georg Nelles am Dienstag 5. Juli 2011

Was bewegt Männer heute in Bezug auf die Gleichstellung? Wo liegen für Sie die größten Herausforderungen in der Schweizer Gleichstellungspolitik? Diese und andere Fragen beantwortet Andreas Borter von männer.ch.

Wie sähe für Sie die ideale Gesellschaft der Zukunft aus?

Für mich beinhaltet eine ideale Gesellschaft der Zukunft mehr freie Wahl in Bezug auf den Lebensentwurf. Wir müssen wegkommen von der bipolaren Rollenverteilung. Dabei ist es mir auch wichtig, dass Männer zu Akteuren der Gleichstellung werden und ihre Lebensentwürfe selber mitbestimmen und erweitern können. Heute ist in den männlichen Lebensentwürfen immer noch vieles vorgegeben, z. B. das dominante Bild des Mannes als Ernährer der Familie. Selbst Frauen, die gut verdienen, erwarten in wirtschaftlichen Krisen auch heute noch die materielle Absicherung durch ihren Mann.

Was beschäftigt Männer heute am meisten?

Die Anforderungen und Erwartungen im Erwerbsleben stehen nach wie vor im Zentrum. Viele Männer würden gerne weniger arbeiten. Aber sie tun es nicht, weil sie materielle Einbussen befürchten. Die bisherigen Diskurse und Maßnahmen zur Verbesserung der «Work-Life-Balance» greifen oft zu kurz. Es fehlt die Diskussion der Werthaltungen dahinter: welche Werte vertritt ein Unternehmen in Bezug auf die Leistungserbringung von Frauen und Männern? Leitet es aus den Werten insbesondere Sondermaßnahmen für Frauen mit Betreuungsverpflichtungen ab? Oder sind die Werte Bestandteil der Unternehmenskultur, die von allen – Frauen wie Männern – gelebt werden? Das Denken müsste sich umkehren und ein Unternehmen, das nicht auch für Männer flexiblere Lösungen bereithält, sollte sich explizit dafür rechtfertigen müssen.

Das männliche Ernährermodell hält sich aber auch deshalb in der Schweiz so hartnäckig, weil es so viele schlecht bezahlte «Mütterjobs» gibt. Der Verdienst der Partnerin ist vielfach das «Extra» aus der Sicht der Männer. Der materielle Anteil der Männer am Familienbudget müsste aber massiv zurückgehen, um wirklich Gleichstellung zu erreichen. Wir brauchen neue Kulturen, neue Strukturen und eine Diskussion darüber, welche Arbeit wie viel wert ist. Männer müssen dabei lernen, für den von ihnen gewünschten Wertewandel auch selber klarer und mutiger einzustehen.

Aktuell laufen Gespräche zur Neuregelung von Sorgerecht und Unterhalt. Wofür kämpfen Sie dabei?

Wir setzen uns bei diesem Thema für eine geschlechterdialogische Regelung ein. In der aktuellen Praxis muss sich etwas ändern, damit Kinder auch nach einer Scheidung zu ihrem Recht kommen, den Kontakt zu beiden Elternteilen zu halten. Häufig greifen bei Scheidungen wieder die alten Modelle: Mann zahlt, Frau sorgt für die Kinder. Wichtig ist aber, dass im Trennungsfall alle Zuständigkeiten überprüft und neu geregelt werden. Es ist dabei von einer gemeinsamen Sorge der Eltern – sowohl finanziell wie auch fürsorglich – auszugehen. Folglich stellt sich die Frage, was das Potenzial der Mutter ist, um zum finanziellen Unterhalt beizutragen und was das Potenzial des Vaters ist, Fürsorgepflichten zu übernehmen. …

Die Berufs- und Studienwahl junger Menschen ist immer noch sehr stark nach Geschlecht segregiert. Welchen Beitrag können Ihrer Meinung nach die Väter zu diesem Thema leisten?

Das ist eine spannende Frage. Meinem Wissen nach fehlen hier fundierte Studien. Sicher müssen sich Männer überlegen, welchen Wert der Beruf der Tochter oder des Sohnes hat. Häufig wird unreflektiert das Ernährerbild an die Söhne weitergegeben, an die Töchter dafür häufig der Wert der «Work-Life-Balance». Ein erster Schritt jedes Vaters wäre sicher die Selbstreflexion, welche Erwartungen er in Bezug auf die Berufs- und Studienwahl gegenüber seinen Kindern hat.

Wo sehen Sie persönlich die grössten Herausforderungen und Handlungsfelder für eine zukünftige Gleichstellungspolitik in der Schweiz?

Die Gleichstellungspolitik kann nicht im bisherigen Sinne weitergeführt werden. Sie kommt zunehmend unter einen Legitimierungsdruck. Die Verengung auf Frauenförderungsmassnahmen greift zu kurz und entspricht nicht mehr den gesellschaftlichen Realitäten. Gefragt ist eine echte Chancengleichheitspolitik, welche auch von Männern mitgestaltet und mitgetragen wird. Es wird dabei weiterhin gezielte Maßnahmen zur Förderung der tatsächlichen Gleichstellung brauchen – dies aber sowohl für Frauen als auch für Männer. Von den Männern erwarten wir eine Unterstützung der Gleichstellungspolitik der Frauen, beispielsweise wenn es um Löhne geht. Im Gegenzug erwarten wir, dass Frauen beim Thema «Familie» oder «Militär» die Anliegen der Männer in der Gleichstellungspolitik unterstützen. …

Quelle

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