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Das Dilemma der Väter

Erstellt von Hans-Georg Nelles am Mittwoch 16. Dezember 2009

Der bayerische Familienreport 2006 befasst sich mit dem Thema ‚Väter’ und arbeitet es in seinen vielfältigen Facetten auf. Der von Harald Rost und Tanja Mühling verfasste Bericht liefert grundlegendes Zahlenmaterial und zahlreiche Beiträge für das Verständnis der Vaterrolle.
Spannend ist, drei Jahre nach der Veröffentlichung die Entwicklungen mit den damals beschriebenen Wirklichkeiten von Vätern zu vergleichen:

‚Engagierte Väter sind heute zu einem selbstverständlichen Bestandteil der Alltagskultur geworden. Verschiedene Facetten, Väterlichkeit zu leben, existieren dabei nebeneinander: Es gibt ‚neue’ und traditionelle Väter, Ledige und Verheiratete, harmonisch getrennt Lebende und im Streit Geschiedene. Außerdem Stief-, Pflege- und Adoptivväter, Allein- und Haupternährer, Hausmänner oder Väter, die mit geteilter Elternschaft experimentieren. …

Die geringe Nutzung der Elternzeit durch Väter gilt in vielen öffentlichen Diskussionen als Gradmesser für die männliche ‚Verhaltensstarre’. … Aber auch Vollzeit arbeitende Männer können gute Väter sein. In Umfragen geben sie mehrheitlich an, nicht der Beruf, sondern Frau und Kinder seien für sie das Wichtigste im Leben. Das ist kein Widerspruch, denn sie betrachten das Geldverdienen als eine männliche Form der Sorge.

Einer stärkeren familiären Beteiligung steht bei vielen Vätern die große Unsicherheit am Arbeitsplatz im Wege. Das klassische Leitbild des finanziellen Versorgers hat weiterhin große Bedeutung: Stabile wirtschaftliche Verhältnisse sind Männern wichtig, bevor sie Vater werden wollen. Wer zu Hause nicht randständig sein will, gerät in eine Zwickmühle zwischen privaten Anforderungen und beruflichen Zwängen. Dieses „Väterdilemma“ beginnt gleich nach der Ausbildung: Selbst Hochschulabsolventen müssen sich über Jahre hinweg mit Zeitverträgen und befristeter Beschäftigung arrangieren. … Ist die gewünschte Position endlich erreicht, wird volle berufliche Verfügbarkeit erwartet.

Männern droht der Absturz auf der Karriereleiter, in extremen Fällen sogar die Kündigung, wenn sie versuchen, in Elternzeit zu gehen oder ihre Wochenstundenzahl zu reduzieren. Es braucht Mut und Selbstbewusstsein, in einer von traditionellen Normen geprägten Arbeitskultur abweichendes Verhalten zu zeigen. Viele Väter scheuen das Risiko, im Unternehmen eine ausgeprägte private Orientierung offen zu vertreten. Vorgesetzte interpretieren den Wunsch, weniger zu arbeiten, häufig als Ausdruck von Unzufriedenheit und mangelndem Engagement.

Trotz aller Blockaden ist das Thema „Männer zwischen Kind und Karriere“ in der Wirtschaft heute präsenter als in den neunziger Jahren. In den Debatten um Managementkonzepte wie „Diversity“ oder „Work-Life-Balance“ spielen Väter als Zielgruppe zwar keine zentrale Rolle. Familiäre Verpflichtungen von Mitarbeitern werden aber immerhin registriert und ernst genommen. … Ein „familienfreundliches“ Unternehmen sollte sich daher nicht auf „Mütterfreundlichkeit“ beschränken.

Die Trennung von Beruf und Privatleben in der Industriegesellschaft war in erster Linie eine Trennung der Väter von ihren Familien. Angesichts der gleichwertigen Qualifikationen ihrer Partnerinnen wächst jetzt der Druck auf Männer, sich in der Haus- und Fürsorgearbeit zu engagieren. Für einen (noch kleinen, aber wachsenden Teil) der Erwerbstätigen kehren in der Informationswirtschaft selbstständige und hoch individualisierte Arbeitsformen zurück, die in der Vergangenheit Künstlern oder Handwerkern vorbehalten waren. Die modernen Arrangements zwischen Erwerbsarbeit und Familie können zur Folge haben, dass die Grenzen von Job und Freizeit verschwimmen.

Im günstigen Fall kann das Nischen öffnen, die ein stärkeres familiäres Engagement für Männer zulassen. Alternierende Telearbeit und elektronische Vernetzung erweitern dann die Spielräume von Vätern, sich um das wichtigste „Projekt“ von allen zu kümmern: um ihre Kinder.’

Quelle

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